Atmosphärisch topp, Figurenbindung kaum vorhanden
Der Bote aus Staub und Asche – Dunkle Talente „So war das mit Monstern: Den echten sah man es nicht an.“
Was habe ich mich auf dieses Buch gefreut. Auf ein Wiedersehen mit all diesen fantastischen Charakteren und diese düstere Atmosphäre, verwoben ...
„So war das mit Monstern: Den echten sah man es nicht an.“
Was habe ich mich auf dieses Buch gefreut. Auf ein Wiedersehen mit all diesen fantastischen Charakteren und diese düstere Atmosphäre, verwoben mit der dunkelknospenden Fantasie von J. M. Miro.
Wir schreiben das Jahr 1883 - eine Zeit voller dunkler Magie und spektakulärer Wunder. Nach den grausigen Ereignissen, die im letzten Band geschehen sind, begegnen wir den jungen Talenten ganz verstreut wieder. Sie alle Sinnen auf Rache und jeder hat seine spezielle Aufgabe erhalten. Außerdem müssen sie ihre Trauer und Schuldgefühle bewältigen, neben der dunklen Bedrohung, die sich über ihren Köpfen zusammenbraut.
Die Atmosphäre ist bestechend und düster, ganz so wie wir es aus dem ersten Band gewohnt sind und wie ich es geliebt habe. Dunkle enge Straßen, Knochenfinger, Knochenvögel und Geister, knarrende Holzstufen und ein bedrohliches Ambiente. Perfekter Handlungsboden für die Dunklen Talente, auf die ich mich so gefreut habe.
Doch was machen Charlie, Komaku und all die anderen? Die sind in ganz Europa verstreut und versuchen verzweifelt, einen Weg zu finden um Marlowe zurück zu holen, hinter das Gheimnis des Staubs zu kommen und düstere Geheimnisse zu entschlüsseln.
Das hat mich nur leider so viel weniger in seinen Bann gezogen, als ich eigentlich gehofft hatte. Ich bin eine Lesende, die sich sehr an Charaktere bindet. Miro hat im ersten Band einige meiner liebsten Charaktere aus dem Spiel genommen (nicht alle!) und ein Trümmerfeld hinterlassen, auf dessen Räumung ich sehr gespannt war. Der Autor hat jedoch dafür einen Weg gewählt, der für mich sehr umständlich war. Er hat neue Bösewichte, von denen ihm ersten Teil noch nicht ein Wort bzw. wenig Worte gefallen sind (Die Exilanten, die Äbtissin o.ä.) eingeführt, die er vollkommen neu aufbauen musste um gingen Leben einzuhauchen und sie grau genug erscheinen zu lassen, das sie in seine Welt passen. Da war zum Beispiel Jeta, eine Knochenhexe, die eine große Rolle im Buch spielt und die samt ihrer Fähigkeiten und ihrer Vergangenheit sowie ihrer Bindungen erst mal etabliert werden musste. Ich, die sich immer sehr an die Figuren klammert, wollte aber lieber mehr über Charlie oder Komaku erfahren, über ihre Interaktion und ihre Abenteuer.
Die beiden waren aber anfangs an unterschiedlichen Enden von Europa und suchten getrennt nach Spuren, reisten umher. Ich hatte beständig das Gefühl, dass Miro versuchte, sie in die richtige Position zu bringen - und das hat mich halb wahnsinnig gemacht.
Keine Frage, es gab genug Aktion, Blut, gebrochene Knochen und Leichen - aber sie haben mich wenig berührt. Und das war mein ganz persönliches Problem in diesem 2. Band, das mich immer wieder aus dem Lesefluss herauskatapultiert hat.
Die düstere Atmosphäre hat mich über die Hälfte des Buches getragen, aber schon auf den hunderten von Seiten, musste ich mich anspornen um nach dem Buch zu greifen. Es konnte mich einfach nicht fesseln oder mich berühren. Zu losgelöst waren die einzelnen Plotstränge voneinander. Ich mag mich nicht durch ein Buch arbeiten, dass Seite um Seite seinen düsteren Zauber verliert. Deshalb habe ich mich entschlossen, es abzubrechen.
Die Atmosphäre und der Stil waren herausragend, die Struktur des Buches hat mich ernüchtert zurückgelassen und die Charakterbindung war praktisch nicht vorhanden. Ich vergebe knappe 3 Sterne.