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Veröffentlicht am 04.11.2025

Atmosphärisch topp, Figurenbindung kaum vorhanden

Der Bote aus Staub und Asche – Dunkle Talente
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„So war das mit Monstern: Den echten sah man es nicht an.“

Was habe ich mich auf dieses Buch gefreut. Auf ein Wiedersehen mit all diesen fantastischen Charakteren und diese düstere Atmosphäre, verwoben ...

„So war das mit Monstern: Den echten sah man es nicht an.“

Was habe ich mich auf dieses Buch gefreut. Auf ein Wiedersehen mit all diesen fantastischen Charakteren und diese düstere Atmosphäre, verwoben mit der dunkelknospenden Fantasie von J. M. Miro.

Wir schreiben das Jahr 1883 - eine Zeit voller dunkler Magie und spektakulärer Wunder. Nach den grausigen Ereignissen, die im letzten Band geschehen sind, begegnen wir den jungen Talenten ganz verstreut wieder. Sie alle Sinnen auf Rache und jeder hat seine spezielle Aufgabe erhalten. Außerdem müssen sie ihre Trauer und Schuldgefühle bewältigen, neben der dunklen Bedrohung, die sich über ihren Köpfen zusammenbraut.

Die Atmosphäre ist bestechend und düster, ganz so wie wir es aus dem ersten Band gewohnt sind und wie ich es geliebt habe. Dunkle enge Straßen, Knochenfinger, Knochenvögel und Geister, knarrende Holzstufen und ein bedrohliches Ambiente. Perfekter Handlungsboden für die Dunklen Talente, auf die ich mich so gefreut habe.

Doch was machen Charlie, Komaku und all die anderen? Die sind in ganz Europa verstreut und versuchen verzweifelt, einen Weg zu finden um Marlowe zurück zu holen, hinter das Gheimnis des Staubs zu kommen und düstere Geheimnisse zu entschlüsseln.

Das hat mich nur leider so viel weniger in seinen Bann gezogen, als ich eigentlich gehofft hatte. Ich bin eine Lesende, die sich sehr an Charaktere bindet. Miro hat im ersten Band einige meiner liebsten Charaktere aus dem Spiel genommen (nicht alle!) und ein Trümmerfeld hinterlassen, auf dessen Räumung ich sehr gespannt war. Der Autor hat jedoch dafür einen Weg gewählt, der für mich sehr umständlich war. Er hat neue Bösewichte, von denen ihm ersten Teil noch nicht ein Wort bzw. wenig Worte gefallen sind (Die Exilanten, die Äbtissin o.ä.) eingeführt, die er vollkommen neu aufbauen musste um gingen Leben einzuhauchen und sie grau genug erscheinen zu lassen, das sie in seine Welt passen. Da war zum Beispiel Jeta, eine Knochenhexe, die eine große Rolle im Buch spielt und die samt ihrer Fähigkeiten und ihrer Vergangenheit sowie ihrer Bindungen erst mal etabliert werden musste. Ich, die sich immer sehr an die Figuren klammert, wollte aber lieber mehr über Charlie oder Komaku erfahren, über ihre Interaktion und ihre Abenteuer.

Die beiden waren aber anfangs an unterschiedlichen Enden von Europa und suchten getrennt nach Spuren, reisten umher. Ich hatte beständig das Gefühl, dass Miro versuchte, sie in die richtige Position zu bringen - und das hat mich halb wahnsinnig gemacht.

Keine Frage, es gab genug Aktion, Blut, gebrochene Knochen und Leichen - aber sie haben mich wenig berührt. Und das war mein ganz persönliches Problem in diesem 2. Band, das mich immer wieder aus dem Lesefluss herauskatapultiert hat.

Die düstere Atmosphäre hat mich über die Hälfte des Buches getragen, aber schon auf den hunderten von Seiten, musste ich mich anspornen um nach dem Buch zu greifen. Es konnte mich einfach nicht fesseln oder mich berühren. Zu losgelöst waren die einzelnen Plotstränge voneinander. Ich mag mich nicht durch ein Buch arbeiten, dass Seite um Seite seinen düsteren Zauber verliert. Deshalb habe ich mich entschlossen, es abzubrechen.

Die Atmosphäre und der Stil waren herausragend, die Struktur des Buches hat mich ernüchtert zurückgelassen und die Charakterbindung war praktisch nicht vorhanden. Ich vergebe knappe 3 Sterne.

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Veröffentlicht am 03.11.2025

Herausragendes Porträt vom Japan der Nachkriegszeit

RAINBOW 01
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„Auf Wahrscheinlichkeiten und gute Chancen bauen nur verwöhnte Glückspilze. Wir als Abschaum der Gesellschaft müssen noch auf die kleinste Chance unser Leben setzen, sonst sind wir verloren. Deswegen ist ...

„Auf Wahrscheinlichkeiten und gute Chancen bauen nur verwöhnte Glückspilze. Wir als Abschaum der Gesellschaft müssen noch auf die kleinste Chance unser Leben setzen, sonst sind wir verloren. Deswegen ist unser letzter Rettungsanker unser Mut.“

Der Regenbogen hat sieben Farben - Sieben Jugendliche sind für unterschiedliche Delikte in einer Jugendstrafanstalt inhaftiert. Es ist 1955, Japan hat den 2. Weltkrieg verloren und es herrscht Armut vor allem unter den Schwächsten der Gesellschaft. In der Jugendstrafanstalt sollte das Recht für Ordnung sorgen. Doch die Wahrheit sieht ganz anders aus: Sadistische Wärter, perverse Ärzte und gewalttätige Mithäftlinge splittern die Seele der Jugendlichen und verwandeln den Aufenthalt in die Hölle selbst. Doch es gibt auch Licht in all der Dunkelheit.

Der Autor ist Jahrgang 37 und hat den erbärmlichen Zustand Japans und dessen Bevölkerung in der Nackriegszeit hautnah miterlebt. Er thematisiert im Manga seine persönlichen Erfahrungen.

„Rainbow“ erzählt eine Geschichte über Gräultaten und Sadismus, darüber wie die Mächtigen ihre Macht missbrauchen um Schutzbefohlene zu misshandeln und zu drangsalieren - teilweise nach dem Motto „Ich gebe die Tritte, die ich von oben erhalte nach unten weiter“. Insbesondere die ersten Szenen, in denen die Jugendlichen in der Strafanstalt ankommen, gibt dem Lesenden einen grausigen Vorgeschmack auf die Brutalität des Manga. Bei der Leibesvisitation musste ich tief durchatmen. Aber auch die Ausgrenzung aus der Gesellschaft wird gleich zu Beginn sehr deutlich - durch die Sprache und Story von George Abe und durch die realistischen Zeichnungen von Masumi Kakizaki.

Der Manga ist voller Gewalt - psychischer wie physischer. Doch eines hat mich bei der Lektüre wirklich beeindruckt. Der Zusammenhalt der Jugendlichen, die unabdingbare Brüderlichkeit. Ihr Lachen im Angesicht der Dunkelheit. Mut und Freundschaft - das ist es, was das Licht in „Rainbow“ strahlen lässt und letztendlich auch die Umrisse der Figuren voneinander abhebt. In diesem ersten Band ist die Backstory von einigen aufgerollt worden, manchmal eng verknüpft mit den Kriegsgeschehnissen und ihre Einzelschicksale haben mich bewegt.

Der Artstyle ist wirklich herausragend - ich wurde so in die Geschichte herein gezogen, als würde ein Film vor meinem Auge ablaufen. Aber wirklich großartig fand ich die ganzseitigen Formate, auf denen die sieben Jugendlichen gemeinsam zu sehen waren. Diese Zeichnungen sind das Herz von „Rainbow“- denn genau darum geht es: Um den festen Zusammenhalt im Angesicht des Schreckens.

Der Auftakt ist ein Meisterwerk, das uns das Schicksal der Bevölkerung Japans in der Nachkriegszeit mit einer Mischung aus thematischer Dunkelheit und Hoffnung näher bringt.

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Veröffentlicht am 03.11.2025

Actionfeuerwerk

MOBILE SUIT GUNDAM THE ORIGIN 02
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„Wirst du am Leben bleiben im Angesicht des Krieges?“

Der interstellare Konflikt zwischen dem Herzogtum Zeon und der Föderation geht mit unverminderter Härte weiter. Das Trojanische Pferd, das Raumschiff ...

„Wirst du am Leben bleiben im Angesicht des Krieges?“

Der interstellare Konflikt zwischen dem Herzogtum Zeon und der Föderation geht mit unverminderter Härte weiter. Das Trojanische Pferd, das Raumschiff mit den Gundams an Bord nimmt Kurs auf die Erde. Doch Char Aznable ist der Föderation dicht auf den Fersen und scheut keine Mittel.

Auch der zweite Doppelband der Gundam Origin Reihe wartet mit einem trollen Schutzumschlag, dem großen Format und der Wertingen Qualität auf. Ein besonderer Augenschmaus sind die zahlreichen Farbseiten über den Manga verteilt. Der Inhalt knüpft nahtlos an den ersten Band an - mit einer delikaten Mischung aus Aktion, Charakterentwicklung, Verrat und Strategie.

Mich hat insbesondere der Wechsel zwischen actiongeladenen Schlachten einerseits und dem Fokus auf Amuro, dem Gundampiloten, andererseits gefesselt. Die Actionszenen waren so detailliert ausgestaltet, dass es praktisch wie ein Actionfilm anmutete, teilweise habe ich es genossen, teilweise musste ich auch zwischen all den Explosionen und herumfliegenden Stahlschrott ganz schön puzzeln, welche Seite jetzt in die Luft geflogen ist.

Amuro hat mich besonders begeistert. Er ist kriegsmüde, überspielt das mit Ignoranz gegenüber seinen Freunden und stumpft so immer mehr ab. Seinen Plot habe ich mit dem größten Interesse verfolgt - und die Szenen mit seiner Mutter empfand ich als die Stärksten im gesamten Band.

Wie schon im ersten Teil bekommen wir hier nicht nur Einblick in die Geschehnisse bei der Föderation, sondern werfen auch einen Blick auf die Gegner.

Trotzdem - der Manga konnte mich nicht genauso fesseln wie der erste Band. 4 Sterne für die actiongeladenen Schlachten und die wohl dosierten Charakterentwicklung.

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Veröffentlicht am 21.10.2025

Hoffnung ist der Tod der Tapferkeit

Das Lied des Dionysos
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„Hoffnung ist der Tod der Tapferkeit.“

Der junge Krieger Phaidros rettet einem Baby das Leben, das ihn eigenartig fasziniert. Jahre später, er selbst ist Soldat, sammelt er auf der Schifffahrt nach Theben ...

„Hoffnung ist der Tod der Tapferkeit.“

Der junge Krieger Phaidros rettet einem Baby das Leben, das ihn eigenartig fasziniert. Jahre später, er selbst ist Soldat, sammelt er auf der Schifffahrt nach Theben einen seltsam schönen Jüngling auf. Ihm droht das unweigerliche Schicksal als Skalve verkauft zu werden. Doch plötzlich sprießt längst totgeglaubtes Holz, Blumen erblühen auf dem Schiff - und es geht unter. Doch nicht genug. Über Theben breitet sich eine nie dagewesene Dürre aus. Die Einwohner werden wahnsinnig - und Phaidros begegnet der Mann, der eigentlich ein Gott ist, in mannigfacher Gestalt.

Ein neuer Roman von Natasha Pulley. Natürlich musste ich ihn früher oder später lesen. Und was für ein Roman. Zurück in antike Zeiten entführt uns Pulley diesmal. In eine Zeit, in der sich Götter und Menschen näher waren. Seltsam verwoben und durchtränkt von Legenden und Mythen - in eine solche Realität entlässt mich Pulley.

„Das Lied des Dionysos“ ist wie wir es schon von ihr kennen, sehr charakterbezogen. Im Mittelpunkt treffen sich der Krieger Phaidros und der Gott Dionysos immer wieder und üben aufeinander eine merkwürdige Anziehungskraft aus. Die Handlung an sich, die Intrigen und politischen Spielchen gruppieren sich darum herum, sind leise und treten nur dann in den Vordergrund, wenn sie gebraucht werden. Wie Statisten in einem griechischen Drama.

Die Beziehung selbst zwischen den beiden Protagonisten entsteht nur langsam und zwischen den Zeilen. Phaidros und Dionysos sind unglaublich gut ausgearbeitet. Der Krieger hat seiner Jugend zum Trotz viele Verluste erlitten, die Kriegsmüdigkeit zehrt an ihm und er fühlt sich vor seiner Zeit verbraucht. Der Gott des Weines ist ungestüm und wild, verrückt und überlegend und erscheint Phaidros in vielen Gestalten. Die Nähe der beiden baut sich langsam auf und hat genau das Tempo, das mir gefällt. Das Sehnen fällt insbesondere Phaidros schwer zuzugeben.

Natasha Pulley ist es gelungen, aus der Ich-Perspektive eine Erzählung zu schreiben, die mich mitgenommen hat. Die Fragen aufwirft. Die fragile Erzählkonstrukte erschafft und mit Emotionen und Leben füllt, die mich mitnehmen. Ihre Kunst ist es, die Zeilen schwer greifbar und unwirklich erscheinen zu lassen, mich aber trotzdem mitzunehmen.

Es sind die Gegensätze, die mich angezogen haben. Die ruhigen Gespräche an moosbewachsenen Brunnenrändern. Erinnerungen an geschlagene Schlachten, gefährlich-wilde Tänze rund politische Intrigen - und die Handlung bewegt sich immer zwischen Realität und Magie.

Ich hatte viel Spaß an dem Buch, doch irgendetwas hat mir gefehlt. Im Vergleich mit ihren anderen Büchern landet „Das Lied des Dionysos“ bei mir nur auf den hinteren Rängen unter den Pulley-Büchern.

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Veröffentlicht am 16.10.2025

Wenn sich die Leben an verschiedenen Punkten treffen

Morgen, morgen und wieder morgen
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Wie ist es, wenn die Leben sich an verschiedenen Kreuzpunkten treffen, sich gegenseitig verändern und sich wieder in andere Bahnen drängen. So ist es mit dem Leben von Sam und Sadie. Sadie trifft Sam in ...

Wie ist es, wenn die Leben sich an verschiedenen Kreuzpunkten treffen, sich gegenseitig verändern und sich wieder in andere Bahnen drängen. So ist es mit dem Leben von Sam und Sadie. Sadie trifft Sam in der Kindheit und hilft ihm über eine schwere Zeit hinweg. Ihre gemeinsame Leidenschaft zu Videospielen schweißt sie zusammen. Jahre später treffen sie sich wieder, als Sam gerade mit einem Studium in Harvard beginnt. Gemeinsam arbeiten sie zusammen an einem PC-Spiel, an ihrer Freundschaft und ihrem Durchbruch als Videospiel-Designer.

Der Roman besticht durch die Verschränkung von Videospieldesign und einem Einblick in den kreativen Prozess der Entwicklung eines Spiels, inklusive schlafloser Nächte und schmerzenden Händen auf der einen Seite, und wunderbaren Figuren mit ihren ganz eigenen Abgründen.

Ich mag den Geist des Buches sehr gerne. In dieser nerdigen wundervollen Videospieldesignwelt fühle ich mich als Zelda-Fan wirklich wohl. Ich möchte Saddie, Sam und Marx knuddeln und eine Runde Ishigo zocken. Auf mich wirkt die Beziehung der drei so wirklich und ungekitscht.
Vor allen Dingen Marx ist der Kleber, der die beiden anderen kreativen Köpfe zusammenhält und sich um die wichtigen Dinge kümmert, damit der Traum der anderen wachsen kann. Für mich war er damit der stärkste Charakter im Buch. Er hat all die Dinge gesehen, die jenseits von Sams und Saddies Bildschirmen lagen. Großes Kino!

Ich bin ihnen gerne durch die Jahre gefolgt, an die Punkte, die sie verändert haben. Manche waren voller Pixelmagie, manche tragisch und dramatisch, doch alle authentisch. Die Autorin schafft es, trotz des sich entwickelnden sozialen Beziehungsgeflechts, die Gamerwelt nicht aus den Augen zu verlieren. Denn das ist das verbindende Element, worüber die Figuren immer wieder zusammenfinden und sich gegenseitig zeigen, dass sie nicht allein sind.

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