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Lymon

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.08.2020

Aufwühlend

Die Topeka Schule
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Die Lektüre von Ben Lerners Roman „Die Topeka Schule“ hat einen sehr ambivalenten Eindruck bei mir hinterlassen.
Zu Beginn muss sich der Leser erst gedulden, bis aus den zum Teil sehr verworrenen Wahrnehmungen ...

Die Lektüre von Ben Lerners Roman „Die Topeka Schule“ hat einen sehr ambivalenten Eindruck bei mir hinterlassen.
Zu Beginn muss sich der Leser erst gedulden, bis aus den zum Teil sehr verworrenen Wahrnehmungen Adams sich ein Verständnis über seine psychische Situation entwickelt. Der Schreibstil mit einer Vielzahl von psychologischen Fachbegriffen, von Begriffen und Zusammenhängen, die in den USA vielleicht sofort verständlich sind, für die Leser in Deutschland aber zum Teil erläuterungsbedürftig sind, sorgen streckenweise für eine unnötige Sperrigkeit. Um einige Beispiele zu nennen: Mir war am Anfang nicht bewusst, welche Bedeutung die Wannen haben, die die debattierenden Schüler mit sich schleppen, wenn sie zu Debattier-Duellen an andere Highschools fahren. Was ist ein Homburg (S. 90)? Auch die Vorliebe für sehr ungebräuchliche, zum Teil veraltete Fremdwörter wie das Verb „insultiert“ (S. 189) erscheinen mir völlig überflüssig, und wirken deplatziert. In den Zusammenhang einer intellektuellen, jedoch auch verstörend krankmachenden Welt passen sie jedoch gut hinein. Die eindrücklichen Passagen, die den Verlauf der diversen Arten von Debattier-Wettkämpfen mit ihren eigentümlichen Gesetzen von Schnellsen und einstudierten Choreografien in den Werte-Debatten und Extempt-Rededuellen, in denen die Jugendlichen lernen, wie Politiker den Schein von Wissen zu vermitteln, während das Sein, die Essenz, irrelevant bleibt, zeigen in der Tat sehr deutlich auf, dass in diesem Gesellschaftssystem etwas schief läuft.
Adam ist als Sohn von Eltern, die beide in einer psychiatrischen Einrichtung arbeiten, und die Privates und Berufliches kaum trennen können, nicht zu beneiden. Ihr ganzes Leben wird gemäß dem psychiatrischen Habitus ständig analysiert und hinterfragt. Eine gesunde Entwicklung zu nehmen, einfach „normal“ heranwachsen zu können, setzt voraus, dass Jugendlichen zugetraut wird, auch mal von den Eltern unbeobachtet zu sein, so dass sie nicht von deren überängstlichem helikoterhaften Verhalten erdrückt werden. Der Roman zeigt eindrücklich, wie der Schatten der nicht verarbeiteten traumatischen Kindheitserlebnisse der Elterngeneration auch auf die eigenen Kinder fällt und in ihnen weiterwirkt. Um diese Komplexe kreist der Roman sehr intensiv, um eine Neuorientierung zwischen den Geschlechtern, um ein Suchen und Austarieren von sozialen und gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten.
In wechselnden Perspektiven zwischen Adams Vater Jonathan, Adams Mutter Jane und Adam selbst entsteht zuerst aus einzelnen Puzzleteilen nach und nach ein sich immer klarer und dichter entwickelndes Gesamtbild auf diese Familie, in die auch die Großelterngeneration und die Folgegeneration mit hineingezogen wird. Der Erzählstil hält streckenweise auch Schwierigkeiten bereit, da phasenweise im Erzählen der Figuren zwischen der ersten und dritten Person gewechselt wird und nicht immer der Adressat klar zu erkennen ist. (Meint Jane, wenn sie von Dad spricht, mal ihren eigenen Vater, so kann sie im nächsten Moment mit Dad ihren Mann meinen, da sie zu Adam spricht.)
Eine Vielzahl von Leerstellen und nicht wieder aufgenommenen Erzählsträngen ist zudem festzustellen, was mir nicht so gut gefallen hat (vor allem im Zusammenhang mit Darren, aber auch Sima und Natalia).
Von der angeblichen Freundschaft zu Darren kann ich eigentlich nicht viel feststellen, abgesehen von der kurzen Episode im Kindergarten.
Ich habe beim Lesen vor allem mit Adam Mitleid empfunden. Zwar gibt es auch berührende Momente im Buch, die jedoch von der Übermacht der psychologisch-psychiatrischen Perspektive und dem intellektuellen Gewicht überfrachtet werden.

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Veröffentlicht am 16.08.2020

Sehr lustig

Ein Mann der Kunst
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„Ein Mann der Kunst“ heißt dieser Roman. Obwohl mich das Buchcover zuerst gar nicht ansprach und meine Erwartungshaltung in eine ganz andere Richtung lenkte, hat mich die Leseprobe sehr überzeugt. Die ...

„Ein Mann der Kunst“ heißt dieser Roman. Obwohl mich das Buchcover zuerst gar nicht ansprach und meine Erwartungshaltung in eine ganz andere Richtung lenkte, hat mich die Leseprobe sehr überzeugt. Die Handlung lässt den Leser zuerst dem Sohn auf der Baustelle folgen. Er hat sehr viel Stress, da der Zeitplan des Projektes durcheinander gewirbelt wird. Da kommt ihm dann auch noch der Hilfeanruf seiner Mutter dazwischen, für die er in einer Sitzung des Fördervereins des MuseumsKuratoriums einspringen muss. Wie die Vertreter aus den unterschiedlichen Bereichen und ihr Auftreten beschrieben werden, ist sehr amüsant. Und dann geht es auch noch um den streitbaren Künstler, KD Pratz, der zurückgezogen auf seiner Burg lebt und nun mit ins Boot geholt werden muss.

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Veröffentlicht am 16.08.2020

Abgedreht

Im nächsten Leben wird alles besser
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„Im nächsten Leben wird alles besser“ lautet der Titel dieses Romans, in dem es um Arnold Kahl geht, der von einem Tag auf den anderen damit klar kommen muss, dass das Leben ganz anders geworden ist, als ...

„Im nächsten Leben wird alles besser“ lautet der Titel dieses Romans, in dem es um Arnold Kahl geht, der von einem Tag auf den anderen damit klar kommen muss, dass das Leben ganz anders geworden ist, als er es kennt. Er wacht nämlich plötzlich im Jahr 2045 auf, das Leben ist hochtechnisiert, vieles ist dem Leben und den Dingen, wie Arnold sie kennt, nur nachempfunden. Ihm zur Seite steht ein liebenswürdiger Roboter, der Arnold hilft, sich in der Science Fiction-Welt zurechtzufinden. Es ist ratsam für Arnold, diese Hilfe anzunehmen, um überhaupt zurecht zu kommen. Auf sehr amüsante Weise wird dem Leser eine auch ihm noch unbekannte Zukunft vorgestellt, die so nicht wünschenswert ist. Ein interessanter Ansatz für die wirklich lesenswerte Romanhandlung.

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Veröffentlicht am 16.08.2020

Nachdenklich

Der letzte Satz
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„Der letzte Satz“ heißt dieser kurze Roman Robert Seethalers. Es ist wieder ein melancholischer Roman, in dem ein Protagonist, der am Ende seines Lebens steht, über das bereits Erreichte, das Vergangene ...

„Der letzte Satz“ heißt dieser kurze Roman Robert Seethalers. Es ist wieder ein melancholischer Roman, in dem ein Protagonist, der am Ende seines Lebens steht, über das bereits Erreichte, das Vergangene und sehnlich Vermisste reflektiert. Mir hat der Roman nicht so gut gefallen wie beispielsweise Seethalers „Der Trafikant“, der auf der reinen Handlungsebene viel mehr zu bieten hat. „Der letzte Satz“ ist besinnlicher, die wesentlichen Lebensbegleiter Gustav Mahlers werden durch Mahlers Blick für den Leser genauso lebendig wie die Persönlichkeit Mahlers. Sehr gelungen ist die Darstellung dessen, wie Mahler seine musikalischen Ideen entwickelt, wie er sich zum Beispiel durch den Vogelgesang inspirieren lässt zu bestimmten Kolloraturen in seinen Werken.

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Veröffentlicht am 16.08.2020

Einblick in Berlins Goldene Zwanziger Jahre

Fräulein Gold: Schatten und Licht
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„Fräulein Gold. Schatten und Licht (Die Hebamme von Berlin, Band 1)“ ist ein packender Roman um die junge engagierte Hebamme Hulda, die ihren Beruf als Berufung sieht und selbstlos Frauen rund um die Geburt ...

„Fräulein Gold. Schatten und Licht (Die Hebamme von Berlin, Band 1)“ ist ein packender Roman um die junge engagierte Hebamme Hulda, die ihren Beruf als Berufung sieht und selbstlos Frauen rund um die Geburt und die Pflege ihres Nachwuchses hilft. Das Leben im Berlin, vier Jahre nach dem 1. Weltkrieg wird sehr anschaulich in all seinen Schattierungen geschildert. Ganz nebenbei breitet sich vor dem Auge des Lesers das Elend und die Abgründe des Lebens hinter den Fassaden der Mietskasernen aus. Neben diesem Sitttengemälde auf das Leben vor einhundert Jahren wird dem Leser zusätzlich noch eine wirklich spannende Kriminalgeschichte geboten, in die die unerschrockene Hulda mit verwickelt wird. Sehr gute Unterhaltung auf hohem Niveau!

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