Profilbild von Magnolia

Magnolia

Lesejury Star
offline

Magnolia ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Magnolia über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.06.2025

Südtiroler Auswandergeschichten

Heimat im Gepäck
1

Wahre Geschichten von Südtiroler Auswanderern erzählt Sabine Peer in ihrem sehr lesenswerten Buch „Heimat im Gepäck“. Es sind die Lebensgeschichten von vier jungen Südtirolern, die in ihrer Heimat keine ...

Wahre Geschichten von Südtiroler Auswanderern erzählt Sabine Peer in ihrem sehr lesenswerten Buch „Heimat im Gepäck“. Es sind die Lebensgeschichten von vier jungen Südtirolern, die in ihrer Heimat keine Zukunftsperspektiven haben.

Da ist Karl Fink aus Ritten, der 1942 hier geboren wurde. Der Hof, den seine Eltern bewirtschaften, gibt alles her, was sie zum Leben brauchen. Daneben betreiben sie eine Gastwirtschaft und auch eine Metzgerei gehört dazu. Karl findet in einer Druckerei einen Ausbildungsplatz, Zukunftschancen sieht er für sich hier dennoch nicht. 1962 verschlägt es ihn nach Stuttgart in einen modernen Druckereibetrieb.

„Ich will nicht zurück nach Bozen“ denkt Christiane Paugger Schanninger, die 1963 nach Ludwigshafen kommt. Herbert, den sie schon in Bozen kennengelernt hat und der schon länger weg ist, schwärmt davon, dass es in Deutschland reichlich Arbeit gibt, die auch noch gut bezahlt wird.

Luzia P. aus dem Pustertal schlägt einen ganz anderen Weg ein. Hinaus aus dem engen Tal möchte sie schon lange, nur muss sie noch ihren Vater dazu bewegen, sie gehen zu lassen. Das Argument, dass in Österreich und in Deutschland die Ausbildung zur Krankenschwester keine Kosten verursacht, überzeugt ihn dann doch.

Auch der 1943 in Seis am Schlern geborene Eduard Wörndle hat – wie auch die Vorgenannten - eine beeindruckende Vita. Schon mit acht Jahren war er Hüterbub, später Knecht. Den wissbegierigen, technisch äußerst begabten Jungen zieht es dann arbeitsbedingt in die Welt hinaus.

Jede einzelne Lebensgeschichte ist beeindruckend, jede ist prall gefüllt mit Leben. Anhand dieser Einzelschicksale entsteht ein gutes Bild der Zeit, als die jungen Südtiroler weg mussten, denn ihre Heimat bot ihnen kein gesichertes Auskommen, Arbeit war Mangelware. Hatte eine Familie mehrere Kinder, war der erstgeborene Sohn Erbe, so es denn etwas zu erben gab. Die Mädchen wurden verheiratet und die jüngeren Buben mussten sich oftmals als Knecht oder Hilfsarbeiter verdingen. Dass ein junger Mensch dem entfliehen will, ist verständlich.

Sabine Peer gelingt es, die Konflikte zwischen den deutschsprachigen Südtirolern und den Italienern, die hier jede einzelne Familie hautnah spürt, mit einzubeziehen. Die zugesicherte Autonomie wird als Scheinautonomie verunglimpft, der Befreiungsausschuss Südtirol, kurz BAS, wird gegründet, Widerstand formiert sich. Und da ist der Militärdienst, dem die jungen Männer auch im Ausland nicht entkommen. Erst wenn sie das Entlassungspapier, Congedo genannt, vorweisen können, sind sie in dieser Hinsicht frei. Viele weitere Themen werden angesprochen und auch die für diesen Landstrich typischen Begriffe erklärt das Glossar am Ende des Buches.

Geschichten, die das Leben schreibt – es sind vier bewegende Lebensgeschichten, die von einer schweren Zeit, von einem bitterarmen Südtirol erzählen, die aber auch den Blick hinaus in die Welt richten. Die Alten mussten bleiben, wo sollten sie auch hin. Sabine Peer hat sich viel Zeit für die Gespräche davor genommen, jede einzelne Geschichte ist in sich stimmig, sie erzählt unaufgeregt und behutsam über den Mut, die Heimat zu verlassen und in der Fremde neu anzufangen - es ist ein fesselnder Blick zurück in die 1960er Jahre.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 20.06.2025

Adios, Bahamas

Aber bitte mit Sonne
1

Lucy hasst Überraschungen, ihre beste Freundin Jacky dagegen liebt sie. Es kommt, wie es kommen muss – zu Lucys 29. Geburtstag lotst Jacky sie zur Garage ihrer Tante, die als Partyraum aufgemotzt ist, ...

Lucy hasst Überraschungen, ihre beste Freundin Jacky dagegen liebt sie. Es kommt, wie es kommen muss – zu Lucys 29. Geburtstag lotst Jacky sie zur Garage ihrer Tante, die als Partyraum aufgemotzt ist, sechs Leute warten schon auf sie.

Nun gut, dieser denkwürdige Tag hat noch mehr zu bieten. Jacky folgt einem heißen Typen nach Hamburg, auch ihre beruflichen Weichen sind dementsprechend gestellt und das Schlimmste überhaupt – Lucy befürchtet, ihren nächsten Geburtstag nicht mehr zu erleben, ihre Sorge ist durchaus berechtigt.

Nach dem ersten Schock will sie ihr Leben total umkrempeln. Sie will auf den Bahamas mit den Schweinen schwimmen, sie will den ganzen alltäglichen Ballast nicht länger mit sich herumschleppen, also zunächst auf nach Niederbayern zu ihrem Onkel Mike. Blöd nur, dass ein Unfall - kurz bevor ihr Flieger abhebt - sie dazu zwingt, ihren Traum von der Karibik hintanzustellen. Vorerst sitzt sie hier fest.

Schon der erste Blick aufs Cover macht Laune, dieser Urlaubsroman, der fast einer gewesen wäre, hat viel zu bieten. Denn der Urlaub fällt ins Wasser und Lucy in ein tiefes Loch, stimmt sie doch der Gedanke an die nächste Zeit nicht gerade froh. Was schon verständlich ist, nur versperrt sie sich der Realität in einer Weise, dass ich sie des Öfteren schütteln möchte.

Da sind Onkel Mike, seine Kneipe und sein neu eingestellter Koch Matteo. Mit den beiden muss Lucy auskommen, was ihr bei Mike nicht sonderlich schwer fällt. Matteo – naja, irgendwann erzählt auch er seine Geschichte, die nicht ohne ist. Und - er zaubert die leckersten Gerichte, die Gäste des Lokals sind begeistert und nicht nur sie, auch ich möchte mich bei der Beschreibung all dieser herrlichen Gaumenfreuden am liebsten zu ihnen an den Tisch setzen. Und als Zuckerl sozusagen sind am Ende des Buches einige dieser Rezepte abgedruckt – mein Magen knurrt schon beim Lesen ganz schön.

Sommer, Sonne, Romanik und noch mehr - Angelika Schwarzhuber hat einen zauberhaften Roman geschrieben mit durchaus ernstem Hintergrund. Und auch sind es diese wunderbaren, witzig-spritzigen Momente, launig und humorvoll in Szene gesetzt, die mich so manches Mal haben schmunzeln lassen, die mich bestens unterhalten haben. Die Charaktere haben Biss, sie sind jeder für sich einzigartig, sie haben Ecken und Kanten, sind nett und zuweilen ganz schön grantig, wie man in Niederbayern zu sagen pflegt. Aber allesamt sind sie herzlich und füreinander da. Und auch wenn es mit der Karibik nix wird, so ist es doch daheim mindestens genauso schön. Lucy ist bestimmt der gleichen Meinung, dessen bin ich mir ziemlich sicher, denn ich hab sie ganz gut kennenlernen dürfen. Ein wunderbarer Roman ist ausgelesen. Ein Roman, den ich uneingeschränkt empfehlen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 18.06.2025

Abseits der Wanderwege - der Albtraum schlechthin

Der Weg – Jeder Schritt könnte dein letzter sein
1

Julia und Lars sind mitten in den Hochzeitsvorbereitungen, als Nicki, Julias Freundin, überraschend mit zwei Flugtickets auftaucht. Mit ihrer Idee, den sagenumwobenen Königsweg in Schweden zu gehen, überrumpelt ...

Julia und Lars sind mitten in den Hochzeitsvorbereitungen, als Nicki, Julias Freundin, überraschend mit zwei Flugtickets auftaucht. Mit ihrer Idee, den sagenumwobenen Königsweg in Schweden zu gehen, überrumpelt sie Julia zunächst und doch greift sie sich spontan ihre Wanderausrüstung - der Flieger wartet nun mal nicht. Geplant ist eine Etappe über 78 km des Kungsleden-Wanderweges in Schweden, die sie in sechs Tagen bewältigen wollen.

Nach einer Nacht im Hotel brechen sie trotz des schlechten Wetters auf. Sie wollen die Hütten umgehen, lieber etwas abseits des Weges ihr Zelt aufschlagen. Schon der erste Zeltplatz auf einem Plateau erweist sich als ungünstig. Als Julia durch Sturm und heftigen Regen erwacht, ist der Reißverschluss des Zeltes halb offen und Nicki verschwunden. Julias Hoffnung, dass sie nur schnell mal in den Büschen war, zerschlägt sich bald. Was tun? Nun, sie hat lange genug gewartet, also macht sie sich auf die Suche nach Nicki. Ihren Trekkingrucksack lässt sie zurück - weit kann ihre Freundin nicht sein, denn auch ihr Rucksack ist noch da. Julias Albtraum beginnt.

Sie nimmt mich mit auf ihren Horrortrip, sie stolpert über Stock und Stein, sie sieht durch die ungünstigen Witterungsbedingungen so gut wie nichts, sie hat weder Nahrung noch Wasser, ihr Orientierungssinn scheint sie komplett zu verlassen. Zwischendurch lerne ich Lars in den kursiv gehaltenen Kapiteln näher kennen.

Der Prolog legt den Focus auf eine Person, die ganz allein umherirrt. Schon diese erste Szene erzeugt eine sehr beklemmende Atmosphäre, die sich durchs Buch zieht. Der undurchdringliche, regennasse, düstere Wald mit allem möglichen Getier gibt die unheimliche Kulisse gut wider, ein Herauskommen scheint nahezu unmöglich. Und dieser Schatten – ist dies eine Sinnestäuschung oder schleicht da jemand rum? Die Story hält mich durchweg gefangen, ich bin ganz nah bei Julia. Bei Nicki bin ich mir absolut unsicher, was sie zu diesem Trip motiviert hat. Gut, spät wird so einiges sichtbar…

Beide Erzählstränge – auch der kursiv gehaltene – sind spannend und bieten so einige Wendungen. Meine Nerven werden arg strapaziert, dem Ende zu bin ich dann nicht zu überrascht, denn so einiges war zu erahnen. Was mir nicht zusagt, ist der endgültige Schluss. Der hat für meine Begriffe nicht gepasst, ansonsten aber war es ein rasanter Thriller, den ich am Stück verschlungen habe.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.06.2025

Spannung pur

Ihr werdet sie nicht finden
1

„Isabell, Isabell, Isabell“ ruft er immer wieder. Verzweifelt sucht Jonas Waider seine 16jährige Tochter, die von einer Geburtstagsparty nicht wie vereinbart heimgekommen ist. Nicht nur er, Freunde und ...

„Isabell, Isabell, Isabell“ ruft er immer wieder. Verzweifelt sucht Jonas Waider seine 16jährige Tochter, die von einer Geburtstagsparty nicht wie vereinbart heimgekommen ist. Nicht nur er, Freunde und die ganze Nachbarschaft durchkämmen das Gelände. Es ist weit nach Mitternacht. Als sie dann ihren Rucksack finden, ist Jonas Verzweiflung groß, von seiner Tochter fehlt weiterhin jede Spur.

Sieben Jahre später engagiert Frau Dr. Frieling die Privatermittlerin Franca Lichtenwalter. Sie soll ihre Enkelin Silvia suchen, von der sie seit einem halben Jahr nichts mehr weiß. Silvia lebt bei ihrer Mutter, zu der Frieling jedoch schon lange keinen Kontakt mehr hat. Franca findet heraus, dass die beiden verschwundenen Mädchen sich gekannt haben. Sie vermutet einen Zusammenhang, stößt bei ihren Recherchen unweigerlich auf Jonas, den ehemaligen Polizisten. Seit dem Verschwinden seiner Tochter ist er ein anderer, er neigt gelegentlich zum Jähzorn, ihr Verschwinden hat er nie verkraftet. Franca dagegen ist eher diplomatisch und einfühlend. Beide sind sie charakterstark und hartnäckig mit einem ausgeprägten Spürsinn. Zusammen sind sie ein gutes Team, auch wenn es gelegentlich ordentlich kracht.

Andreas Winkelmann ist es wieder mal gelungen, mich nicht loszulassen. Natürlich lockt der neue Thriller, ein Hineinlesen stillt sozusagen den ersten Lesehunger. Aber – er hat seine Krallen nach mir ausgestreckt und mich nicht mehr losgelassen. Bis zum bitteren Ende. Denn erst ganz zum Schluss wird auch der letzte Knoten aufgedröselt, das ganze Buch ist Spannung pur.

Einige Passagen sind kursiv dargestellt, was zunächst vermuten lässt, dass es sich um den Täter, den Entführer, den Mörder – wie auch immer, man weiß es ja nicht – handelt. Nie hätte ich vermutet, wer denn wirklich dahintersteckt. Das sind diese kleinen Feinheiten, die Winkelmann beherrscht. Und nicht nur dies, die komplette Story, die sich aus den zwei Fällen speist, ist raffiniert in Szene gesetzt. Viel erfahren wir über den privaten Jonas, einiges auch über den ehemaligen Polizisten und warum er heute keiner mehr ist. Auch verfolgen wir Franca, die ziemlich cool auftritt. Und natürlich wird Silvia und ihre Familie auf eine Weise durchleuchtet, dass ich dabei so manches Mal hart schlucken musste. Abgründe tun sich auf.

„Ihr werdet sie nicht finden“ hat mir wiederum gezeigt, warum ich jeden Winkelmann lesen muss. Eine raffiniert konstruierte, nicht durchschaubare Story, dazu der schnörkellose, gut lesbare Schreibstil, all dies spannend in Szene gesetzt – ein Winkelmann eben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.06.2025

Interessant und informativ

Schatten Brüder
1

Die Familiensaga geht weiter. „Schatten Brüder“ ist das zweite Buch der O’Brian-Familien-Trilogie. Das Autorenpaar Rüdiger und Sonja Lehmann hat mir wiederum spannende Lesestunden beschert wie auch schon ...

Die Familiensaga geht weiter. „Schatten Brüder“ ist das zweite Buch der O’Brian-Familien-Trilogie. Das Autorenpaar Rüdiger und Sonja Lehmann hat mir wiederum spannende Lesestunden beschert wie auch schon mit „Zwei Federn“, dem informativen Auftakt der Trilogie.

Es sind mehrere Erzählstränge, jeder ist für sich interessant. Ich beginne mit der charismatischen Religionswissenschaftlerin Dr. Mauritia Albioni, die in Rom lebt. Erzbischof Dr. Lorenzo Monteverdi ist ihr Vorgesetzter im Vatikan, der mir im Gegensatz zu ihr nicht sehr vertrauenserweckend scheint. Nun, das ist meine subjektive Meinung, ich möchte niemanden beeinflussen. Mauritia fühlt sich mit dem geheimnisvollen Bodhi Bai verbunden, er ist sehr mysteriös, ihn beobachte ich sehr genau und kann mir doch lange kein rechtes Bild von ihm machen.

„Bloß weil wir das Unmögliche und Unsichtbare kategorisch ausblenden, heißt es nicht, dass es nicht dennoch existiert.“ O-Ton Bodhi Bai.

Wir lesen von Devon O‘Brian, der von Irland nach Indien fährt und den dortigen Weinbau voranbringt, er gründet eine Familie, seinen Weg und seine Wurzeln könnte man zum Teil als abenteuerlich bezeichnen. Mehr möchte ich dazu nicht verraten.

Und dann ist es auch Bridget, die sich zunächst mit ihrem frisch angetrauten Ehemann Rian auf die Spuren ihrer Vorfahren begibt. Später dann begegnet sie Allen „Dakota“ Brantfort in Kanada. Um nochmal auf Mauritia zurückzukommen – für sie und Bridget wird es richtig gefährlich, als sie an Unterlagen kommen, die nicht für sie bestimmt sind.

Alles hängt mit allem zusammen, in Rückblenden erfahren wir viel Wissenswertes und nicht zuletzt durch die Kapitelüberschriften behält man den Überblick zwischen dem Gestern und dem Heute und zu den einzelnen Personen. Das Schicksal nimmt seinen Lauf, ich werde hier nicht vorwegnehmen, denn die Spannung soll ja erhalten bleiben.

Hilfreich finde ich die dem Buch vorangestellte Auflistung der fiktiven Hauptpersonen, geordnet nach deren Wohnsitz. Die Familie O’Brian lebt in Irland, in Indien und in den USA, auch in Kanada finden sich Familienangehörige und es kommen noch weitere Personen in diesem Roman vor, auch die realen Persönlichkeiten sind aufgeführt. Gerade anfangs, bis ich im Lesefluss bin, blättere ich immer gerne vor.
Auch dieses zweite Buch ist spannend. Wer sich für Geschichte interessiert, ist hier richtig, allerdings würde ich empfehlen, vorher „Zwei Federn“ zu lesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere