Wer wir sind, wenn niemand zusieht
Before we were innocentMit dem Roman "before we were innocent" von Ella Berman habe ich mich seit Ewigkeiten an eine Geschichte ohne Lovestory, dafür mit einem rätselhaften Tod, gewagt.
Spoiler: Ich habe es zu keiner Sekunde ...
Mit dem Roman "before we were innocent" von Ella Berman habe ich mich seit Ewigkeiten an eine Geschichte ohne Lovestory, dafür mit einem rätselhaften Tod, gewagt.
Spoiler: Ich habe es zu keiner Sekunde bereut.
Like what?! Diese Story liest sich besser als jeder Thriller, den ich vor Jahren verschlungen habe. Aber alles zu seiner Zeit. Ihr fragt euch sicher, worum es überhaupt geht.
Bess lebt seit dem Tod ihrer Freundin Evangeline völlig abgeschieden in einem kleinen Örtchen namens San Jacinto Mountains inmitten einer Wüstenlandschaft. Sie hat es satt, sich ihrer Vergangenheit stellen zu müssen, welche medial komplett ausgeschlachtet wurde. Nach vielen Jahren des Alleinseins klingelt plötzlich Joni, ebenfalls Teil der 3er-Freundschaft, an der Tür und bittet sie um einen Gefallen. Jahrelang nicht mehr gesehen, reißt die Begegnung der einstigen Freundinnen alte Wunden auf und Bess fragt sich, was genau eigentlich damals alles passiert ist, was die Freundschaft derartig zerstören konnte.
Ich kann an dieser Stelle mit meinen Lobeshymnen fortfahren. Für mich war es ein rundum gelungenes Buch. Wir haben sehr starke Charaktere, wir haben ein super ansprechendes Setting mit wechselnden Orten aufgrund der Zeitsprünge, und wir haben eine fesselnde Story, die zwiebelartig entschält wird und somit Stück für Stück für die nötige Spannung sorgt.
Mit jedem Kapitel erfahren wir mehr, doch nur so viel, wie es für den Moment nötig ist. Genügend Spielraum also, um selbst "aktiv" zu werden und sich das Geschehene auf unterschiedliche Arten und Weisen vorzustellen. Das mochte ich besonders.
In der gesamten Geschichte dominiert der Charakter von Bess. Diese ist in der Ich-Perspektive geschrieben, wir erhalten also intensive Eindrücke ihrer Gefühlswelt. Trotzdem werden die Nebencharaktere derart detailliert beschrieben, dass auch sie eine gute Figur von der Autorin erhalten und uns auch deren Beweggründe nachhaltig interessieren. Allen voran Joni.
Egoistisch, direkt, mit Hang zur Wut. Das beschreibt sie wohl ganz gut. Dagegen agiert Bess unsicher, ängstlich und will bloß keine Veränderungen zulassen. In der Mitte von ihnen Evangeline: in sich gekehrt, kontrollsüchtig und aufbrausend. Eine absolute Todeskombi, wenn ihr mich fragt.
So kommt es wohl, wie es kommen muss. Doch lest bitte selbst!
Ella Berman ist auf jeden Fall eine talentierte Autorin, die mich mit diesem Buch auf ihre Seite ziehen konnte. Das Thema Freundschaft wird hier auf eine sehr ehrliche, schmerzhafte Art dargestellt, wie sie in ihren Jugendjahren wohl häufiger vorkommt. Ich erinnere mich an viele Situationen aus der Vergangenheit und glaube wirklich, dass man mit zarten 16 Jahren noch so viel aufgebrachter, leidenschaftlicher und manchmal auch im Kopf-Aus-Modus handelt.
Mein Highlight der Story: Joni's Artikel ab Seite 425.
Ich werde gerne an diese Geschichte zurückdenken und ziehe daraus den Schluss, dass Fehler machen zum Menschsein dazugehört.
"Es fühlt sich so an, als würde ich um jemanden trauern, den ich nie kennenlernen dufte."