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Marakkaram

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.03.2018

düsterer Helgolandkrimi

Sturmfeuer
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Die Augen des Alten starrten sie an, als hätte er den Teufel selbst gesehen. Es war nicht einfach Angst oder Panik, es war der blanke Horror.

Während einer Segelbootregatta an Helgolands Küste, verschwindet ...

Die Augen des Alten starrten sie an, als hätte er den Teufel selbst gesehen. Es war nicht einfach Angst oder Panik, es war der blanke Horror.

Während einer Segelbootregatta an Helgolands Küste, verschwindet ein 10-Jähriger ~ aber nicht aus den Zuschauerreihen, sondern direkt vom Boot, das für ein paar Minuten ausser Sicht war. Eine sofortige grossangelegte Suchaktion bleibt ohne Erfolg. Und obwohl Nils ein sehr erfahrener Segler war, geht die Polizei weiterhin davon aus, dass er über Bord gegangen ist.

Nur bei der jungen Komissarin Anna bleiben Zweifel. Erst Recht, als kurz darauf erneut ein Unglück auf der Insel geschieht....

~ ~ ~ *

"Sturmfeuer" ist ein solider, sehr interessanter Krimi, der geschickt eine heutige Straftat mit dem 2. Weltkrieg in Verbindung setzt. Tim Erzberg streut seine kleine Parallelgeschichte aus den letzten Kriegstagen `45 immer nur in sehr kleinen Häppchen ein und so bleiben diese Rückblicke enorm spannend bis zum Schluss, wo sie dann gänzlich und umso verstörender aufgelöst werden.

Es ist der zweite Teil rund um die junge Polizistin, dennoch lässt er sich prima unabhängig davon lesen. Man erfährt zwischendurch alles was man wissen muss, so dass man auch der Rahmenhandlung vollständig folgen kann.

Die Kriminalgeschichte an sich gefällt mir unheimlich gut. Düster und mit Helgolandcharme, tolle Atmosphäre, clever durchdacht und in sich schlüssig.
Der Schreibstil ist sehr angenehm und spannend - selbst wenn man rasch eine leise Ahnung hat.

Im Polizeiteam hat es mir allerdings zu sehr gemenschelt und damit ist gar nicht mal das Zwischenmenschliche direkt gemeint, sondern eher die Ermittlungsarbeit und Kompetenz.
So richtig sympathisch war mir eigentlich niemand, aber Anna fand ich mit ihrer Migräne namens "Stalin", fast schon nicht mehr diensttauglich. Das war oftmals ein wenig too much, wenn auch mit spannendem Hintergrund. Die Person Anna ist schon interessant, hat aber einen unheimlich anstrengenden Charakter. Paul und Saskia blieben dagegen etwas blass.

Fazit: Zweiter Teil der düsteren Hell go land - Reihe, die ich auf jeden Fall weiterverfolgen werde.

Veröffentlicht am 13.03.2018

rasanter Wissenschaftsthriller

Der Schlüssel des Salomon
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Was unten ist, gleicht demjenigen, das oben ist, und was oben ist, wiederum demjenigen, das unten ist

Im Genfer CERN wird während eines Experiments die Leiche von Frank Bellamy gefunden. Der Wissenschaftsdirektor ...

Was unten ist, gleicht demjenigen, das oben ist, und was oben ist, wiederum demjenigen, das unten ist

Im Genfer CERN wird während eines Experiments die Leiche von Frank Bellamy gefunden. Der Wissenschaftsdirektor der CIA liegt in einem sabotierten Teilchendetektor, in seiner Hand ein Zettel mit dem Namen Tomas Noranha. Schnell ist allen Beteiligten klar, Bellamy hat seinen Mörder noch identifiziert - die Jagd beginnt.
Tomas einzige Chance, er muss schneller sein und das Rätsel um Frank`s Tod lösen.
Aber woran hat der Wissenschaftler zuletzt gearbeitet, was verbirgt sich hinter dem Projekt "Quantenauge"....

~ ~ ~ *

"Der Schlüssel des Salomon" ist nicht nur für Physikbegeisterte interessant, sonder für alle, die ihre Neugier auf die Welt und das Leben nie verloren haben.

~ Die Realität ist weder das, wofür wir sie halten, noch so, wie wir sie gerne hätten; sie ist, wie sie ist. ~

...und wie sie ist, das versucht J.R. Dos Santos dem Leser Stück für Stück näherzubringen. Es ist wirklich phenomenal, wie es ihm gelingt, wissenschaftlich hoch komplizierte und komplexe Themen, Thesen und Experimente so zu erklären, dass sie nicht nur, auch einem Laien verständlich sind, sondern man auch noch Spass daran hat, es nachzuvollziehen. Das ist schon richtig klasse.

"Der Schlüssel des Salomon" ist nach dem "Einstein Enigma", der zweite ins Deutsche übersetzte Roman von Dos Santos. Zwar bauen sie in der Rahmenhandlung ein wenig aufeinander auf, aber sie können trotzdem völlig unabhängig voneinander gelesen werden. Ich war Quereinsteiger und hatte keinerlei Probleme damit.

Allerdings fand ich die Geschichte rund um die Jagd auf Tomas, jetzt nicht ganz so spannend. Diese kurzen Abschnitte sind wohl eher als wissenschaftliche und gedankliche Erholungspausen gedacht und so sollte man sie auch annehmen; einfach locker, dann hat man am ganzen Roman seinen Spass.

Fazit: Einstein, Bor & Co leicht und dennoch mit Tiefe vermittelt - so macht Physik Spass. Für alle, die ihre Neugier nie verloren haben!
Ich jedenfalls freue mich schon sehr auf die nächste Übersetzung des Autors.

Veröffentlicht am 10.03.2018

Die kranke Seele

Das geheime Leben der Seele
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Unser Gehirn ist eine Assoziationsmaschine. Immer wenn wir etwas erblicken, geht uns blitzartig durch den Kopf, was man damit alles machen kann. Auf dem Küchentresen zum Beispiel liegt das große scharfe ...

Unser Gehirn ist eine Assoziationsmaschine. Immer wenn wir etwas erblicken, geht uns blitzartig durch den Kopf, was man damit alles machen kann. Auf dem Küchentresen zum Beispiel liegt das große scharfe Messer. Wir wissen, dass wir damit prima Zwiebeln hacken können, aber theoretisch können wir es auch jemanden in den Bauch rammen.

Das geheime Leben der Seele.
Wieso wir sind, wie wir sind.

Ich finde das Thema "Seele" ~ was ist sie überhaupt, was weiss man mittlerweile über sie, was sind die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse über das "unsichtbare" Organ, das Wissenschaftler schon seit Jahrzehnten suchen ~ hochinteressant. Deswegen war ich auch begeistert, als ich dieses Buch entdeckt habe. Nur leider hält der Inhalt nicht, was der Titel verspricht; der hätte eher "Die kranke Seele" lauten müssen, denn um nichts anderes geht es der Verhaltenstherapeutin.
Okay, ist ja auch nicht uninteressant, da nochmal fundiert in die Tiefe zu gehen, habe ich gedacht....

Die Autorin gibt einen allgemeinen, für Laien verständlichen Einblick in die menschliche Psyche. Mir etwas zu oberflächlich, einseitig und allgemein gehalten - oftmals nur nach Schema F (Strategie ist nie eine bewusste Entscheidung), ohne auch mal über den Tellerrand zu schauen und vielleicht auch mal interessante Abweichungen darzulegen. Es geht viel um Glaubenssätze bzw. Schemata.

Zu Beginn gibt es eine kurze Übersicht über das limbische System und die einzelnen Botenstoffe. Eine Einleitung zum Thema "Seele" -was verstehen wir darunter- hat mir komplett gefehlt.

Auch von dem Thema Vorgängergenerationen und Kriegsschäden, habe ich mir mehr versprochen. Tatsächlich beruft man sich hier viel auf Erziehung und (unbewusste) Nachahmung, nichts von Vererbung, Genetik, kollektives Bewusstsein etc.

Wer noch nie von einer Persönlichkeits-, Angst-, oder Zwangsstörung gehört hat, für den wird die kurze Übersicht sicher interessant sein. Auch hier wiederholt die Autorin sich in Glaubenssätzen und dadurch enthält eine z.T. nur 1-seitige Zusammenfassung wenig Hintergrundinformationen.

Schräg finde ich solche Aussagen, wie: Wenn ich Mitgefühl mit Tieren habe, dann mache ich einen Umweg um den Hähnchengrill. Wer sich diesen Satz mal auf der Zunge zergehen lässt, erkennt ein wenig die Richtung und Tiefe der Aussagen. So gesehen, hat niemand, der Fleisch isst, ein Mitgefühl für Tiere und ich als Vegetarierin dürfte nicht in meinem Supermarkt einkaufen, weil davor ein Hähnchengrill steht. Jetzt mal ganz überspitzt.
Und ein gedankliches Abschweifen beim Autofahren als eine Light Version der Dissoziation zu bewerten, finde ich leicht übertrieben und wenn, dann sollte man da schon mal näher drauf eingehen.
Solche lapidaren Aussagen erwarte ich einfach nicht, in einem wissenschaftlich fundierten Buch.

Im letzten Abschnitt stellt die praktizierende Verhaltenstherapeutin dann noch kurz die Therapien vor. Scheinbar das Non plus Ultra, dabei kommt sie gefühlt richtig in Fahrt. Aber auch hier fehlen mir wieder alternative Denkansätze.

Fazit: Was mir an dem Buch wirklich gefällt, ist, dass die Autorin quasi eine Lanze bricht für die "unsichtbaren", die psychischen Erkrankungen, die halt nicht so einfach zu erkennen sind, wie Körperliche.
Und alles in allem ist das Buch auch ganz okay, aber ich persönlich habe mehr erwartet auf knapp 350 Seiten.

Veröffentlicht am 04.03.2018

Der etwas andere Vampirroman

Winter's Night
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Langsam wurde sie nervös. Jules atmete nämlich nicht. Und Nellie hatte bisher nicht bewusst darauf geachtet, ob er dies normalerweise tat, meinte sich aber daran zu erinnern.

Nellie ist Wissenschaftlerin ...

Langsam wurde sie nervös. Jules atmete nämlich nicht. Und Nellie hatte bisher nicht bewusst darauf geachtet, ob er dies normalerweise tat, meinte sich aber daran zu erinnern.

Nellie ist Wissenschaftlerin und geht völlig in ihrem Beruf auf.
Aufgrund ihrer Vergangenheit vermeidet sie allzu private Kontakte und an einer Liebesbeziehung ist sie schon gar nicht interessiert.

Auch Jules verlangt es nicht nach einer Beziehung, aber aus anderen Gründen. Der Vampir ist gelangweilt von der durchschaubaren Gier der Frauen. Sobald sie ahnen was er ist, geht es ihnen nur noch um die Unsterblichkeit.
Doch jetzt benötigt er dringend Hilfe. Jules hat sich ein Virus eingefangen und leidet seitdem unter immer heftigeren Anfällen.

Nellie scheint ihm perfekt für sein Vorhaben zu sein, eine Wissenschaftlerin ohne nennenswerte soziale Kontakte, die ein Heilmittel für ihn finden muss.

~ ~ ~ *

Es muss nicht immer "Edward" sein.

Mit Jules hat Sophie Oliver den klassischen, fliegenden Vampir wieder aus der Versenkung geholt, der mit dem Romantischen meist wenig gemein hat und damit umso unkonventioneller denkt und handelt.

Es war mein erster Roman sowohl von Sophie Oliver als auch aus dem Fabylon Verlag und ich war mehr als positiv überrascht. Die Autorin versteht ihr Handwerk. Der Schreibstil ist flüssig und spannend.
Anfangs noch etwas verhalten, nimmt die Geschichte mehr und mehr Fahrt auf und überrascht in der zweiten Hälfte mit so einigen Wendungen, die ich nicht habe kommen sehen.
Zudem wirken die Charaktere sehr authentisch, geheimnisvoll und man muss sie nicht mögen, um mit ihnen zu fühlen.

Fazit: Ein schöner Vampirroman, der ein paar Stunden angenehme Unterhaltung bietet.

Veröffentlicht am 04.03.2018

Mehr als eine Coming-out Story

Nackt über Berlin
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Jannik hat ein paar Kilo mehr auf den Rippen und ist absoluter Klassik-Fan. Zu kraftvollen Streichern und Bläsern, träumt er gern von seiner großen Liebe und bestem Freund: Tai. Der ahnt bislang noch nichts ...

Jannik hat ein paar Kilo mehr auf den Rippen und ist absoluter Klassik-Fan. Zu kraftvollen Streichern und Bläsern, träumt er gern von seiner großen Liebe und bestem Freund: Tai. Der ahnt bislang noch nichts von Janniks Gefühlen. Naja, wenn man es ganz objektiv betrachtet, ist dieses Schwul-sein Thema ja auch noch gar nicht in der Welt.

Dann, eines Abends, erhält er ein Handy-Video. Tai hat Schuldirektor Lamprecht aufgelesen und zwar so sturzbesoffen, dass er rein gar nichts mehr mitbekommt. Kurzerhand kidnappen ihn die Jungs und sperren ihn in seiner eigenen Wohnung ein. Dabei entwickelt Tai mehr kriminelles Potential, als Jannik seinem Freund je zugetraut hätte. Was ist da los? Und was hat das alles mit Melanie Heise zu tun, einer Mitschülerin, die sich im letzten Jahr umgebracht hat....

~ ~ ~ *

Axel Ranisch liest und das mehr als göttlich!
Allein ihm bzw. Jannik zuzuhören hat schon einen sehr hohen Unterhaltungswert. Mit Thorsten Merten, der den Lamprecht spricht, entsteht der perfekte Kontrast.

Der Einstieg beginnt mit einem ordentlichen "Wumms", aber davon sollte man sich nicht abschrecken lassen, denn dieses Buch/Hörbuch bietet soviel mehr. Die Geschichte geht um einiges tiefer und das hat mich mit jeder Wendung erneut überrascht.
"Nackt über Berlin" ist nicht nur eine Coming-out Geschichte. In diesem Seelenstriptease geht es um Liebe, um Schuld und Schuldgefühle, Verrat, Freundschaft und Mut. Um den Schmerz den das Erwachsen werden manchmal mit sich bringt und die Fallstricke des Erwachsen seins.

Und bei aller Ernsthaftigkeit der Themen, überzeugt Axel Ranisch mit so einem großartigen, lakonischen Humor, dass er einen das ein- oder andere Mal fast weghaut.

Sein Schreibstil ist unheimlich flüssig und lebendig, die Wortwahl dem jeweiligen Alter angepasst und authentisch. Dabei sind die abwechselnden Parts von Axel und Lamprecht oft sehr unterschiedlich in der Länge. Grade das macht auch die Spannung aus. Ich höre im Auto und habe ein paar Mal eine Extra-Runde gedreht.

Fazit: Ein kurzweiliges Hörvergnügen, das einem ernsteren Thema nachgeht, als es der Titel und Klappentext vermuten lässt, dabei aber nichts von seiner Leichtigkeit verliert.
Großartige Unterhaltung!