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Mianna

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.07.2018

Prägnante Satire!

Guten Morgen, Genosse Elefant
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Juri Zipit, ein einfältiger Junge, wird mit seinem Vater, einem Tierarzt, eines Nachts in Stalins Datscha gebracht. Dieser ist körperlich krank und paranoid, weswegen Juris Vater, wie alle Ärzte zuvor, ...

Juri Zipit, ein einfältiger Junge, wird mit seinem Vater, einem Tierarzt, eines Nachts in Stalins Datscha gebracht. Dieser ist körperlich krank und paranoid, weswegen Juris Vater, wie alle Ärzte zuvor, bald verschwindet. Juri verbringt getrennt von seinem Vater mehrere Wochen mit dem „Stählernen“, wird zu seinem Vorkoster. Und plötzlich ist er mittendrin im sowjetischen Machtzentrum. Er erlebt politische Intrigen, bekommt Einblicke in Stalins verquere Weltsicht und dessen körperlichen und geistigen Abbau.

Eine verworrene und absurde Geschichte, die Christopher Wilson in „Guten Morgen, Genosse Elefant“ geschrieben hat. Auf spannende Weise erzählt Wilson von politischen Absurditäten, einem paranoiden und wahnsinnigen Mächtigen und gleichzeitig von brutaler und menschenverachtender Realität. Eine gelungene und vielschichtige Erzählung.

Seine überzeichneten Charaktere werden immer wieder durch den Kakao gezogen, lächerlich gemacht und wirken dabei so einschüchternd und real. Die Geschichte wird in ihrer ganzen Tragik und Komik erlebbar. Neben den anderen Akteuren spielt Juri eine übergeordnete Rolle. Dieser naive Junge, mit seinen banalen Einschätzungen, seinen entwaffnenden Beobachtungen macht die Geschichte erlebbar. Er wirkt sympathisch und drollig. Die Geschichte aus der Sicht dieses Jungen zu erzählen macht den besonderen Reiz des Romans aus. Er bietet in dieser wahnwitzigen Geschichte Halt.

Wilson schreibt seine Geschichte mit viel Witz. Eine ganz große Satire, die all die brutale Realität enthält. Die Ereignisse gehen nahe und erschüttern. Er überzeichnet, verdeutlicht und schreibt leichtfüßig. Insgesamt ein gut lesbarer Text, der mitnimmt und begeistert. Seine Dialoge sind absurd und lustig, bieten kluge Einsichten, gehen ins poetische und sind vulgär. Der Autor erschafft über diese besondere Ausdrucksweise eine spürbare Atmosphäre.

Eine sehr prägnante und eindrückliche Satire. Leichtfüßig aus der Sicht des Jungen Juri erzählt. Spannende Einsichten in die Sowjetunion zu Zeiten Stalins. Insgesamt sehr gelungen!

Veröffentlicht am 19.07.2018

Zauberhaft

Der Duft des Lebens
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Die Autorin hat unter ihrem Pseudonym Clara Maria Bagus den zweiten philosophischen Roman veröffentlicht. In „Der Duft des Lebens“ geht es um den Jungen Aviv, der mit einem weitreichenden Schicksal geboren ...

Die Autorin hat unter ihrem Pseudonym Clara Maria Bagus den zweiten philosophischen Roman veröffentlicht. In „Der Duft des Lebens“ geht es um den Jungen Aviv, der mit einem weitreichenden Schicksal geboren wird. Ein Mensch mit schwarzer Seele bedroht die Heimat des Jungen, alles verkommt und wird Seelenlos. Aviv soll den bösen Plan verhindern und wird dabei vom Jungen zum Mann.

Frau Bagus hat einen wunderbaren Roman mit Zügen eines Erwachsenenmärchen geschrieben, das sehr eindrücklich existenziellen Lebensfragen nachgeht. Es geht um Menschlichkeit in einer Gesellschaft, den Sinn des Lebens, die eigenen Träume und die Seele. Wie findet man seine Bestimmung? Wie wurde man zu dem, der man ist? Was macht das Mensch-sein aus? Wie lässt sich (Mit-)Menschlichkeit bewahren? Thematisch erinnert das Buch an „Momo“ von Michael Ende, die Reihe um „Hector“ von François Lelord und „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry. Ähnlich fantastisch entwickelt sich diese Geschichte.

Die Entwicklung des Jungen Aviv wird gemächlich und tiefgründig geschildert. Die Lesenden bekommen einen umfassenden Einblick in seine Empfindungen und Gedanken. Er gehört zu den sympathischen Figuren. Im Gegensatz zu dem abgrundtief bösen Kaminski, der seinen mörderischen Plan verfolgt. Dies lässt den Eindruck einer Märchenerzählung entstehen. Zwischen diesen platten und überzeichneten Gegensätzen versucht die Autorin jedoch zu vermitteln und die Schattierungen jedes Einzelnen aufzuzeigen. Die Sehnsüchte des Kaminski, die schlimmen Erlebnisse, die er gemacht haben muss, das zögerliche an Aviv. Damit macht Bagus eine Gratwanderung zwischen dem märchenhaft platt und eindeutigen gegenüber dem Versuch des vielschichtig und differenziertem. Die Geschichte bietet inhaltlich also eine interessante Mischung und geht über das Märchenhafte hinaus.

In kurzen nummerierten Kapiteln wird abwechselnd aus der Sicht von Aviv und Kaminski erzählt. Die Entwicklungen sind gut nachvollziehbar, wenn auch langwierig. Die Sprache ist sehr poetisch und bildreich. Die vielen Sprachbilder schaffen Atmosphäre und bleiben lange in Erinnerung. Es finden sich viele kluge Sprüche mit moralischen Botschaften, die in ihrer Menge fast schon übersättigend wirken. Die Sprache lädt also dazu ein sich darin zu verfangen und hängen zu bleiben, nachzudenken. Zudem stolpert der Text vereinzelt über deplatziert wirkende Wörter, wie „volles Bukett“, „glänzender Gagat“ und „panathenäische Preisamphore“. Insgesamt sprachlich eine ungewöhnliche Mischung, die auch irritierend wirken kann.

Trotzdem schafft es die Geschichte Spannung zu erzeugen, nimmt die Lesenden für sich ein und lässt sie darin abtauchen. Die Geschichte ist traurig, nachdenklich, macht ärgerlich und verzweifelt, erzeugt Hoffnung und Entsetzen. Emotional also vollkommen einnehmend.

Ein vielschichtiger Roman - mehr als ein Märchen. Mit großen Botschaften und einem Appell an die Menschlichkeit. Emotional einnehmend, sprachlich teilweise irritierend.

Veröffentlicht am 16.07.2018

Gehaltvoll bis überladen

Die Kunst, einfache Lösungen zu finden
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Der Journalist und Autor Christian Ankowitsch schreibt erneut ein Sachbuch zu menschlichen Grundsatzfragen. Diesmal befasst er sich mit dem Lösen von Problemen und zwar auf möglichst einfache Weise. In ...

Der Journalist und Autor Christian Ankowitsch schreibt erneut ein Sachbuch zu menschlichen Grundsatzfragen. Diesmal befasst er sich mit dem Lösen von Problemen und zwar auf möglichst einfache Weise. In drei Teilen geht er auf einfache Lösungen im Allgemeinen, dann auf konkrete Lösungsideen und abschließend auf den Wert von Problemen ein.

Ankowitsch schafft es schon auf den ersten Seiten seines Buches Interesse zu wecken. Obwohl das Buch teilweise langatmig wirkt und sich der Text ohne Unterbrechungen dahinzieht, kann der Inhalt immer wieder begeistern. Es gelingt dem Autor gut diesen Inhalt mit anschaulichen Beispielen zu durchsetzen. Zudem fördern einzelne hervorgehobene Sätze als Randbemerkung und die Endnoten den Lesefluss. Trotzdem ist es ein sehr „kopforientiertes“ Buch, das verstanden werden muss.

In dem Format des Sachbuches ist wohl begründet, dass der Text nur von den Überschriften unterbrochen wird. Das kann das Lesen herausfordernd machen. Anders als in Ratgebern, müssen die Lesenden selbst für „Verschnaufpausen“ sorgen. Denn: Hier wird Information an Information gereiht. Entsprechend nüchtern und gehoben ist die Sprache. Hat man sich daran gewöhnt, ließt sich der Text fließend.

Das Reizvolle an diesem Sachbuch ist die Bandbreite der angebotenen Lösungsansätze. Diese können zuerst banal erscheinen, werden von Ankowitsch jedoch immer verständlich und glaubwürdig in den Alltag eingeordnet. Weiter entsteht der Eindruck, dass die Lösungsansätze sinnhaft und praktikabel sind. Dies erreicht der Autor vor allem durch die vielen Experten, die er zitiert. Angenehm ist auch, dass Ankowitsch auf unaufdringliche Art überzeugt.

Das Buch ist sehr gehaltvoll und umfassend. In seiner Theorie zu einfachen Lösungen erfasst Ankowitsch die unterschiedlichsten wissenschaftlichen Richtungen und gibt einen ausführlichen Überblick über Erkenntnisse aus Psychologie, Soziologie, Evolutionsbiologie, Wirtschaftwissenschaft, u.a. Das Lesen macht Spaß, da das eigene Wissen wiederholt und erweitert werden kann.

Ankowitsch gibt einen umfassenden Überblick über einfache Lösungsansätze aus den verschiedensten Wissenschaftsbereichen. Bewährtes anschaulich zusammengefasst. Informativ aber überladen.

Veröffentlicht am 11.07.2018

Starke Frauen auf Sinnsuche

Helle Tage, helle Nächte
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Hiltrud Baier hat in ihrem ersten Roman eine berührende Geschichte zweier Frauen geschrieben, die sich nach Auflösung eines lang gehüteten Geheimnisses neu finden müssen. Als ihre Tante Anna sie bittet ...

Hiltrud Baier hat in ihrem ersten Roman eine berührende Geschichte zweier Frauen geschrieben, die sich nach Auflösung eines lang gehüteten Geheimnisses neu finden müssen. Als ihre Tante Anna sie bittet nach Lappland zu reisen, um dort einem Mann einen Brief zu übergeben ist Frederike dazu bereit. Obwohl ihr dies doch unnötig aufwendig für einen einfachen Brief an einen Unbekannten erscheint. In den Vierzigern, nach der Trennung von ihrem Mann und deshalb in der Sinnfindung macht sie sich auf die Reise, um der krebskranken Anna diesen Wunsch zu erfüllen. Das diese Reise ihre Ansichten auf ihr Leben ändern wird, ahnt sie zu dem Zeitpunkt noch nicht.

Die Autorin hat eine berührende Geschichte zweier sympathischer Frauen geschrieben, die sich und ihre Familie neu finden. Anna und Frederike sind zwei interessante und vielschichtige Charaktere, die mit ihren Zweifeln, Hoffnungen und Realitäten umfassend beschrieben werden. Abwechselnd werden die Kapitel aus Sicht der beiden Frauen geschildert. Dies lockert die eher nachdenklich – schwere Erzählung auf und vermittelt zwischen den Frauen.

Zusätzlich entsteht durch die Beschreibungen der Landschaften und Umgebungen eine schöne Atmosphäre. Die Autorin schafft es durch diese Beschreibungen eine Verbindung zwischen den beiden Frauen in Süddeutschland und Nordschweden herzustellen. Der Roman hat seine Stärken eindeutig in der Charakterisierung, der Frage nach dem Sinn und der Atmosphäre.

Sprachlich ist der Roman dagegen eher schlicht und unaufgeregt. Die Erzählung lässt sich fließend lesen und ist gut nachvollziehbar. Dies sorgt dafür, dass sich die Lesenden voll auf den Inhalt konzentrieren können. Für ungeduldigere und spannungsliebende Lesende ist dies jedoch nichts. Es entsteht wenig Spannung und zusammen mit dem schwermütigen Geschehen wird die Erzählung lang. Ähnlich wie für die Charaktere geht es für die Lesenden darum das gemächliche Tempo und die belastenden Gefühle auszuhalten. Zudem wirkt das Buch schon bald durchschaubar, das Geheimnis schnell aufgedeckt.

Eine schwermütige Geschichte mit leisen Töne, die sich in den starken Frauencharakteren verliert. Atmosphärisch, aber ohne Spannung.

Veröffentlicht am 11.07.2018

Ehrlich aber öde

Paula kommt
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Paula Lambert lädt in ihrem Sex-Buch zu einem Austausch über Sexualität und Liebesbeziehungen ein. In drei Teilen geht sie auf Alles ein von dem sie glaubt, das man es schon immer wissen wollte, aber nie ...

Paula Lambert lädt in ihrem Sex-Buch zu einem Austausch über Sexualität und Liebesbeziehungen ein. In drei Teilen geht sie auf Alles ein von dem sie glaubt, das man es schon immer wissen wollte, aber nie zu fragen gewagt hat. Von ersten Dates, Trennungen geht es zu Sextechniken und dann zu ungewöhnlichen Sexpraktiken. Ihre Erzählungen speist sie einerseits aus persönlichen Erfahrungen, Allgemeinwissen und ihren Erlebnissen aus ihrer gleichnamigen Fernsehsendung.

Die Autorin trifft in ihrem Buch einen vertraulichen und humorvollen Ton. In ihren Texten kommt sie ins Plaudern, gerät dabei von einem Thema ins Nächste. Ihr Frage-Antwort-Schema erinnert stark an die Dr. Sommer-Seiten in der Bravo. Inhaltlich wirken die Fragen und Antworten doch eher banal, wenig aussagekräftig und fad. Immer wieder geht die Autorin zu persönlichen Erfahrungen und den Aussagen befragter Frauen und Männer über. Ihre „Plaudereien vom Set“ sind da schon etwas interessanter und machen neugierig auf die Sendung selbst.

Anders als erwartet gibt es kaum Erklärungen zu Begrifflichkeiten, wie z.B. Squirting. Es fehlt an greifbarem Wissen. Der Fokus der Buches liegt auf dem wenig nachhaltigen Darstellen ihrer Meinung und ihrer Wahrnehmung. Die Frage, die sich durchgehend stellt ist an wen sich dieses Buch richtet. Vielleicht können jüngere Frauen am Ehesten Interesse an diesem Sex-Buch haben. Alle anderen könnten dagegen enttäuscht werden.

Nicht wie erwartet. Ein Buch das an BRAVO-Zeiten und Dr. Sommer erinnert. Banal aber mit einem gewissen Unterhaltungswert.