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Veröffentlicht am 15.09.2016

Nicht nur der Saphir ist kalt

Der kalte Saphir
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Nach jahrzehntelangem Schweigen öffnet sich Sebastian Winter der Journalistin Jule Sommer nach und nach. Nur ihr will er endlich die Story der Band „Klarstein“ und dem Tod von Jerome. Doch er erzählt nicht ...

Nach jahrzehntelangem Schweigen öffnet sich Sebastian Winter der Journalistin Jule Sommer nach und nach. Nur ihr will er endlich die Story der Band „Klarstein“ und dem Tod von Jerome. Doch er erzählt nicht nur den Kern der Geschichte, sondern er holt sehr weit aus.

Mich persönlich hat es sehr angestrengt, seinen Ausführungen zu folgen. Auch die kurzen Perspektivwechsel-Einschübe brachten mich ein wenig aus dem Fluss (wenn denn endlich mal einer da war). Die Reise, die Winter aufgrund von Briefen von Zed Anfang des Jahres des Interviews quer durch Europa unternommen hat, verwirrte mehr, als sie Dinge klar stellen konnte. Es war, als wolle er doch lieber nicht über die Sache reden. Das war zäh und … kalt!

Ja, das trifft es sehr: das Buch war/ist einfach durch und durch kalt. Ich konnte zu keiner einzigen Person eine emotionale Bindung aufbauen. Da war ständig noch diese Glaswand, die mich zurückhielt. Das Geschehen drehte sich irgendwie um alles, nur nicht um irgendetwas Interessantes. Jerome geriet mehr und mehr in den Hintergrund und alles drehte sich um Zed. Diese wurde mir nicht eine Sekunde sympathisch. Sie spielte mit allen und war einfach nur auf ihren Vorteil aus. Das ganze Zusammenleben in diesem Haus fand ich anfangs toll, doch immer mehr nervte es mich nur und machte das Buch zu einer Art irrem Drogentrip in den 1980ern.

Mich hat auch dieser „Zufall“ gestört, dass beide Interviewpartner einen Namen haben, der eine Jahreszeit bezeichnet. Ich mag es nicht, wenn durcheinander erzählt wird und die einzelnen Fäden kilometerweit auseinander sind und man nicht ahnt, wie nun was warum zusammenhängt. Und ich mag es nicht, wenn ich am Ende voller Fragen zurückbleibe.

Die Idee, eine Band im Netz „aufleben“ zu lassen zum Buch, ist gut. Das macht das Buch mysteriöser, als es ist. Aber alles in allem war mir das zu anstrengend und ich konnte die Lektüre nicht genießen. Die Idee ist super, aber das Buch passt schlicht nicht zu mir. Das ist schade. Da ich aber erkenne, welch Gespinst der Autor gewoben hat und das anerkenne, gebe ich drei Sterne. Ganz bestimmt findet diese Story ihre Freunde. Nur werde ich kein Klarstein-Fan. Ich habe die 80er auch völlig anders in Erinnerung.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Mich hat dieses Buch be- und verzaubert

Wir beide wussten, es war was passiert
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Drei völlig unterschiedliche Menschen treffen aufeinander: Billy, der 16Jährige Ausreißer, der seinem trinkenden und schlagendem Vater entflieht; Old Bill, der Penner, der eigentlich Anwalt ist und den ...

Drei völlig unterschiedliche Menschen treffen aufeinander: Billy, der 16Jährige Ausreißer, der seinem trinkenden und schlagendem Vater entflieht; Old Bill, der Penner, der eigentlich Anwalt ist und den Geistern seiner Vergangenheit entflieht und Caitlin, das Mädchen aus reichem Elternhaus, das freiwillig bei McDonalds arbeitet und dem Zwang und der Kontrolle ihres Vaters entflieht. Die drei Leben könnten unterschiedlicher nicht sein und doch sind sie miteinander verbunden. Alle drei profitieren voneinander und lernen durch ihre Begegnung mehr über das Leben, die Liebe und Familie, als sie sonst gelernt hätten.

Das Ganze ist eine poetische Geschichte, das stimmt. Doch damit ist nicht gemeint, dass die Kapitel in Versform geschrieben wären, sondern der Zauber der Geschichte. Denn die Wörter sind nur außergewöhnlich aufs Papier gebracht, eben optisch in Form eines Gedichtes. Doch liest man sie hintereinander weg, übersieht die Zeilenumbrüche, dann hat man eine wunderbare Geschichte, die durch die optische Gestaltung dafür sorgt, dass man bewusster liest.

Ohne diese optische Gestaltung wäre das Buch sehr viel dünner. Doch bestünde die Gefahr, dass man dann nicht so tief zwischen den Zeilen versinken würde und die alles überflutende Liebe zwischen den Menschen nicht in vollem Umfang erkennen würde. Alle drei Protagonisten können nur so sein, wie sie sind, weil es die anderen beiden gibt. Für sich genommen wären sie nicht mehr außergewöhnlich und könnten sich nicht so weiterentwickeln, wie sie es durch ihr Aufeinandertreffen tun.

Man kann das Buch in einem Rutsch durchlesen und staunt, wie sehr es bewegt hat. Sein Aufbau, die Idee, die Umsetzung und die Tatsache, wie wenige Worte so viel sagen können, fasziniert mich und das belohne ich mit den vollen fünf Sternen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Manipulationen

Dark Memories - Nichts ist je vergessen
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Alan Forrester ist Psychiater mit dem Spezialgebiet, Erinnerungen wieder auszugraben. Und zwar Erinnerungen, die durch ein Medikament ausgelöscht worden sind. Seine Patientin Jenny wurde brutal vergewaltigt ...

Alan Forrester ist Psychiater mit dem Spezialgebiet, Erinnerungen wieder auszugraben. Und zwar Erinnerungen, die durch ein Medikament ausgelöscht worden sind. Seine Patientin Jenny wurde brutal vergewaltigt und malträtiert. Ihre Mutter wollte Jenny mit dem Vergessen helfen und sorgte dafür, dass sie diese Medikamente bekam. Doch Jennys Körper hat nicht vergessen und Jenny kämpft mit den Geistern in ihrem Inneren. Um weiterleben zu können, muss sie sich unbedingt erinnern. Alan Forrester will ihr helfen. Doch dann verändern sich die Umstände und Jenny weiß nicht mehr, ob das, woran sie sich erinnert, wirklich geschehen ist.

Wendy Walker wendet hier ein paar Kniffe an, die ich so noch nicht gesehen habe und die einen erstaunlichen Effekt erzielen. Genauer darauf eingehen möchte ich nicht, denn das soll jeder selbst entdecken und genießen! Nur so viel: was zunächst verwirrt, fesselt später. Zumindest war es bei mir so.

Die Protagonisten sind sehr klar gezeichnet, ohne sie allzu ausführlich zu beschreiben. Ob Patienten oder Angehörige, Unbeteiligte oder der Ich-Erzähler – man hat schnell das Gefühl, sie zu kennen (auch wenn man definitiv einige der Personen des Buches überhaupt niemals kennenlernen möchte). Durch geschickt eingestreute Zeit- und Perspektivwechsel (bzw. Wechsel der Personen, um die es gerade geht und die gefühlt überhaupt nichts mit Jennys Fall zu tun haben) stutzt man zwar immer mal wieder und muss sich neu sortieren (wer war das noch mal?), aber diese Taktik hat ihren Grund und deshalb auch Sinn. Ganz langsam ahnt man, auf was man zusteuern wird.

Ich fand das Buch durchgehend interessant. Es hat eine Form der Spannung, die „von hinten kommt“ und mich in ihren Bann zieht, auch wenn ich das dann irgendwann gar nicht mehr will, weil es sich anfühlt, als würde man bei einem Unfall gaffen.

Das Thema „Erinnerungsauslöschung durch Medikamente“ ist keine Erfindung, es wird tatsächlich daran gearbeitet, diese Möglichkeit, die es schon gibt, auszubauen und gezielt einzusetzen. Das allein ist schon erschreckend. Was daraus werden kann, noch erschreckender. Wendy Walker hat dieses Thema in meinen Augen sehr gut dargestellt und noch eine Extraportion Erschrecken (Thrill) dazu gepackt. Mag sein, dass dieser Thrill erst ganz am Ende klar wird – mir hat das Buch gefallen! Vor allem wird es ja als Roman gehandelt, nicht als ausgesprochener Thriller.

So oder so – ich wurde von der Autorin prima an der Nase herumgeführt und zudem hat sie es geschafft, meine Einstellung zu dem einen oder anderen Protagonisten quasi auf links zu drehen. Das hat bisher noch kein Autor geschafft!

Für mich hat dieses Buch alles, was ich erwarte und brauche, um gefesselt zu werden und mich sehr gut unterhalten zu fühlen. Deshalb gibt es von mir auch die vollen fünf Sterne!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Lügen und ihre Folgen

Lügenprinzessin
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Mia ist fast 16 und steckt, wie ihre vier besten Freunde Vero, Chris, Felix und Diana, mitten in der Pubertät. Vero wird zum zarten Elfchen, Diana zur jähzornigen Emanze, Felix wird zum Klassenclown und ...

Mia ist fast 16 und steckt, wie ihre vier besten Freunde Vero, Chris, Felix und Diana, mitten in der Pubertät. Vero wird zum zarten Elfchen, Diana zur jähzornigen Emanze, Felix wird zum Klassenclown und immer kindischer und Chris mutiert zum altklugen Professor. Und Mias Hormone bringen sie dazu, auch dann zu lügen, wenn eigentlich gar kein Grund dazu besteht. Dazu noch die ersten zarten Gefühle für das andere Geschlecht – da kommt es notgedrungen zu Reibereien. Mia sieht all das, kann es aber nicht ändern. Kein Wunder, dass auf der Klassenfahrt zur Projektwoche in den Bergen seltsame Dinge geschehen. Nur sind diese Dinge nur anfangs lustig und werden immer bedrohlicher. Mia fürchtet um ihr Leben – doch ihr Klassenlehrer und der Rest der Klasse (bis auf ihre Clique) glauben ihr nicht. Die Clique will „die Psychopathin“ stellen …

Auf Nora Miedler wurde ich durch ihre beiden Frauenromane „Aschenpummel“ und „Schatzsuche“ aufmerksam. Eigentlich gar nicht mein Genre, aber diese beiden Bücher sind einfach genial. Also wollte ich mehr von dieser Autorin lesen und fand heraus, dass sie auch Jugendbücher und Kriminalromane schreibt. „Warten auf Poirot“ gefiel mir, „Funkentanz“ hat mich einfach umgehauen und jetzt endlich habe ich „Lügenprinzessin“ gelesen. Was soll ich sagen? Auch wenn es ein Jugendbuch ist, mich hat es von Anfang an in seinen Bann gezogen und bis zur letzten Seite gefesselt. Irgendwann dachte ich, zu wissen, wer all diese Dinge gemacht hat, aber dann kam eine Wendung, die sehr schlüssig war und ich stand ebenso baff da, wie unsere Protagonistin Mia! Das ist genial und so liebe ich Bücher!

Der Stil liest sich sehr flüssig und locker. Die Protagonisten sind klar gezeichnet, ohne dem Leser Raum für eigenes Kopfkino zu nehmen. Die Charaktere sind typisch für Teenager, aber nicht klischeehaft. Sehr gut! Besonders schön finde ich, dass Mia ihre Fehler genau kennt und auch versucht, nicht so zu sein – aber die Pubertät ist eben nicht einfach und man kann sich sehr schwer gegen sie wehren. Aber so nervig Mia sein kann, man muss sie einfach mögen. Und viele ihrer Fehler und Schwächen mag man als Mutter verurteilen, aber wenn man sich an die eigene Jugend erinnert, weiß man, dass man selbst auch nicht sehr viel anders war.

Ich meine, Jugendliche können sich aus diesem Buch ein Stückchen Hilfe für die eigene Pubertät ziehen und lernen, offen damit umzugehen. So viele Menschen haben genau diese schwere Zeit doch schon überstehen müssen – warum also nicht fragen und helfen lassen? Oder ein Buch lesen, das zeigt: Du bist kein Monster, das ist normal: aber Du darfst diese Zeit nicht als Entschuldigung für ALLES nehmen.

Fazit: ich liebe dieses Buch und empfehle es allen Teenagern in der Pubertät – und auch ihren Eltern! Von daher von mir volle fünf Sterne!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein weises, wundervolles Buch

Das Zehn-Minuten-Projekt
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Chiara liebt ihr Häuschen in einem Vorort von Rom, ihren Mann und ihren Job. Doch all das verliert sie, als sie ihrem Mann zuliebe in eine Wohnung mitten in Rom zieht. Für Chiara ist das zu viel, sie weiß ...

Chiara liebt ihr Häuschen in einem Vorort von Rom, ihren Mann und ihren Job. Doch all das verliert sie, als sie ihrem Mann zuliebe in eine Wohnung mitten in Rom zieht. Für Chiara ist das zu viel, sie weiß nicht, wie sie die Scherben ihres Lebens sortieren und wieder zu einem Ganzen zusammensetzen soll. Sie sucht Hilfe bei Dr. T., ihrer Therapeutin. Diese schlägt ihr ein Experiment vor: Chiara soll einen Monat lang jeden Tag für zehn Minuten etwas tun, das sie noch nie getan hat. Chiara darf keinen einzigen Tag auslassen. Und das ausgerechnet vom dritten Dezember an, also in der Vorweihnachtszeit und über den Jahreswechsel hinaus.

Das klingt so banal und nach „typisch Frauenbuch!“. Ist es aber nicht. Dieses Buch ist einfach wunderbar, zauberhaft, bewegend und aufbauend – es ist ein ganz besonderes Buch!

Die Autorin vermeidet im kompletten Buch, gewisse Namen – darunter den ihres Ex-Mannes – zu nennen. Das stört den Lesefluss kein bisschen und gibt dem Buch sogar noch mal eine zusätzliche besondere Note. Die Protagonisten haben fast ausschließlich nur Vornamen – darunter so einige, die man als Nicht-Italiener schwer behalten kann (zumindest geht es mir so). Dennoch reißt die Autorin den Leser mit ihrem Buch einfach mit. Außerdem lässt es stark vermuten, dass die Story tatsächlich autobiografisch angelegt ist. Dafür spricht auch, wie wunderbar selbstironisch und auch ironisch das Buch stellenweise ist. Auch wenn ich wohl als einzige davon überzeugt bin, dass die Autorin wirklich über sich selbst schreibt, bleibe ich dabei. So oder so – ich liebe es!

Kein wehleidiges Gejammer, kein überschwängliches Darüberhinwegspielen – Chiara Gamberale erzählt in ruhigem Ton einfach das, was sie/Chiara erlebt hat, wie sie es erlebt hat und wie eins zum anderen kam. Die dreißig Einfälle, was sie tun kann, das sie noch nie getan hat, sind mal witzig, mal kindisch, mal interessant, mal schräg – und ich gebe zu, ich hätte wohl echte Schwierigkeiten, die Aufgabe zu erfüllen. Es sind kleine Herausforderungen, eine dramatischen Veränderungen, wie beispielsweise eine Bergwanderung im Himalaya oder die Durchquerung der Wüste, sondern Dinge, die sie in ihrem normalen Leben jetzt und auf der Stelle ausprobieren kann. Darüber zu lesen hatte einen interessanten Effekt: ich habe mich innerlich von einigen Einstellungen gelöst, die mir selbst das Leben schwer gemacht hatten. Chiaras Weg hat in mir so vieles verändert, es ist nicht zu fassen.

Der Schreibstil ist dabei super eingängig. Man mag gar nicht wieder aufhören zu lesen. Die Menschen, die in Chiaras Leben eine Rolle spielen, sind so unterschiedlich, und doch erkennt man ihre Wichtigkeit. Jeder einzelne beeinflusst auf seine Weise Chiara und ihre Entscheidungen. Ihre vielen kleinen Schritte ergeben am Ende eine lange Reise. Und auf dieser Reise verliert sie ein wenig, gewinnt aber auch sehr viel.

Spannung im üblichen Sinne findet man weniger. Es ist eher eine Art Aufregung – man macht sich Gedanken, was Chiara besser tun oder lassen sollte, wohin der Weg nun führen sollte oder auch nicht. Aber das ist eher Neugier denn Spannung. Dennoch stört mich das nicht – ich wollte einfach nur weiter und weiter lesen, so sehr hat mich Chiara (als Autorin und als Protagonistin) begeistert.

Erstaunlich ist auch, dass so viel in den Zeilen des nur 204 Seiten dicken Buches steckt. Da haben mich wesentlich dickere Bücher schon wesentlich weniger beeindruckt und verändert. Es ist ein sehr kluges, sehr mutmachendes Buch, auch für alle, die in einer glücklichen Beziehung leben und auch sonst keine echten Probleme haben. Verbessern kann man seine Einstellung immer und genau dafür öffnet dieses Buch die Augen.

Es fällt mir schwer, einige Punkte nicht zu erwähnen, um nicht zu spoilern. Aber gerade diese Punkte wären wichtig, um meine Begeisterung verständlich vermitteln zu können. Deshalb hoffe ich, dass ich neugierig machen konnte und viele weitere Leser für dieses wunderbare Buch finden und begeistern kann. Ich habe die Lektüre sehr genossen und nehme einige Erkenntnisse mit, die ich niemals in diesem Buch gesucht hätte. Dafür danke ich der Autorin von ganzem Herzen!