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Veröffentlicht am 15.09.2016

Du kannst niemals ganz entkommen

The other Girl
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Als Lois und Carly May sich kennenlernen, geschieht das unter außergewöhnlichen Umständen: sie sind beide 12 Jahre alt und wurden von einem Mann, den sie “Zed” nennen, entführt. Sie sind monatelang in ...

Als Lois und Carly May sich kennenlernen, geschieht das unter außergewöhnlichen Umständen: sie sind beide 12 Jahre alt und wurden von einem Mann, den sie “Zed” nennen, entführt. Sie sind monatelang in einer Waldhütte.

Fast zwanzig Jahre später ist Lois Literaturprofessorin und Schriftstellerin und Carly May erfolglose Schauspielerin. Lois hat ein Buch geschrieben über ihre gemeinsame Geschichte und es als Fiktion dargestellt. Jetzt soll das Buch verfilmt werden und das Drehbuch führt die beiden Mädchen wieder zusammen …

Zugegeben, der Klappentext hat mir etwas anderes versprochen, als mir das Buch dann gegeben hat. Deshalb tue ich mich auch schwer mit einer gerechten Rezension.

Versprochen hatte ich mir wesentlich mehr Spannung und Dramatik. Bekommen habe ich eine interessante Geschichte aus der Sicht zweier Beteiligter, die mich am Ende mit sehr vielen Fragen stehengelassen hat.

Die beiden Mädchen haben sich nach ihrer Rettung (wenn man das denn so nennen möchte oder kann) nie wieder gesehen und ich frage mich: warum? Auch wüsste ich sehr gerne, warum Zed sie überhaupt entführt hat. Er hatte Akten über die Mädchen, hat sie nicht wahllos mitgenommen. Es tut mir leid, aber ich verstehe die Aussage des Buches wohl einfach nicht.

Doch lässt es sich sehr gut lesen und ist auch wirklich interessant. Die Mädchen sind Frauen geworden und man kann sie sehr gut unterscheiden, auch wenn beider Parts in der Ich-Form erzählt werden. Maggie Mitchell hat es sehr schön geschafft, die beiden Frauen völlig unterschiedlich erzählen zu lassen, sie dadurch individuell sein zu lassen. Beider Leben wird mal aus der Jetztzeit, mal aus der Entführungszeit erzählt. Aus Carly May wurde Chloe, aus Lois wurde Lucy (zumindest als Schriftstellerin, als Professorin blieb sie Lois). Sie haben sich also von ihrem damaligen Ich in gewisser Weise getrennt.

Auch gefällt mir der Abschnitt, der Lucy Ledgers Drehbuch beinhaltet. „Buch im Buch“ ist immer eine tolle Sache.

Die Annäherung der beiden Frauen und ihre persönlichen Lebenserfahrungen seit der Entführung sind schon wirklich bemerkenswert und interessant, aber dennoch erschließt sich mir nicht so recht, was Maggie Mitchell mit dem Buch aussagen möchte.

Ja, wie gesagt – es fällt mir sehr schwer, dieses Buch gerecht zu bewerten. Daher gebe ich drei Sterne und werde es in einiger Zeit ein zweites Mal lesen. Vielleicht verändert das dann meine Sicht darauf und ich komme zu besseren Erkenntnissen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Lydia ist tot

Was ich euch nicht erzählte
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Eine Chinesisch-Amerikanische Familie in den 1970ern in Amerika. Die scheinbar heile Welt der Lees wird ohne Vorankündigung aus den Fugen gehoben. Die Zweitälteste, Lydia, ist verschwunden. Alle ahnen ...

Eine Chinesisch-Amerikanische Familie in den 1970ern in Amerika. Die scheinbar heile Welt der Lees wird ohne Vorankündigung aus den Fugen gehoben. Die Zweitälteste, Lydia, ist verschwunden. Alle ahnen das kommende Unheil und versuchen doch, es nicht zuzulassen. Doch dann die Nachricht: Lydia ist tot. Die Familie sucht den Schuldigen und findet dabei Antworten, die sie nicht hören will …

Celeste Ng hat hier ein Thema angeschnitten, das noch immer aktuell ist, obwohl „Mischehen“ heute keine Seltenheit mehr sind. Dennoch haben die Kinder aus diesen Beziehungen auch heute noch allzu oft mit Vorurteilen und Ausgrenzung zu kämpfen. In „Was ich euch nicht erzählte“ geht es um eine solche Familie, aber auch um alle anderen Familien. Ng führt uns sehr eindringlich vor Augen, dass jeder seine Geheimnisse hat und dieses sehr leicht ein falsches Bild zeichnen können. Wie wichtig es ist, miteinander zu reden, offen zu sein und nicht einfach nur zu funktionieren, dass jeder Mensch ein Individuum mit eigenen Wünschen, Träumen und Hoffnungen ist, sollte selbstverständlich sein, ist es aber auch heute noch nicht.

Alle Familienmitglieder werden immer mal wieder zum Mittelpunkt des Erzählers. Aus jeder Perspektive wird das Verschwinden und der Tod von Lydia gesehen und geschildert. Erstaunlich, wie unterschiedlich das Mutter, Vater, Bruder und Schwester erleben und verarbeiten. Und doch ist alles logisch und sehr gut aufgebaut.

Der Stil ist manchmal ein wenig gewöhnungsbedürftig. Die Sätze sind oft sehr kurz. Dennoch passt alles super stimmig ineinander, denn Ng lässt den Leser einen heimlichen Beobachter sein, der betroffen und hilflos alles aus seinem sicheren Versteck miterlebt. Die Abgründe, die nicht nur mit der ethnischen Herkunft der Eltern zu tun haben, lassen besonders die jüngste Tochter immer wieder hilflos und allein zurück, aber die Bindung der Familie ist auch in den schlimmsten Zeiten stark genug, um jeden Tag neu weiterzumachen.

Ein wenig zieht dieses Buch runter, aber auf eine gute Weise, denn es ermöglicht dem Leser, vieles künftig anders zu sehen und anzugehen. Mir gefällt das. Ich lerne gern dazu. Und ich mag intensive Bücher. Dies ist eines. Und deshalb bekommt es von mir auch die vollen fünf Sterne.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Jeder kann es!

Die Fettlöserin
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Nicole Jäger wog zu Spitzenzeiten 342 Kilogramm. Dass das nicht gesund ist, wusste sie schon lange vor diesem Wert. Aber wie so viele, die ein paar oder ein paar mehr Kilo abnehmen wollen, wusste sie nicht, ...

Nicole Jäger wog zu Spitzenzeiten 342 Kilogramm. Dass das nicht gesund ist, wusste sie schon lange vor diesem Wert. Aber wie so viele, die ein paar oder ein paar mehr Kilo abnehmen wollen, wusste sie nicht, wie sie es schaffen sollte. Im Gegenteil – all die vielen Versuche mit immer neuen Diäten schlugen am Ende immer wieder ins Gegenteil um. Dann kam der Tag, der alles veränderte – Nicole Jäger brach mit Herzbeschwerden in ihrer Wohnung zusammen: halbnackt, bewegungsunfähig, erkennend, dass ihr Transport ins Krankenhaus massive Probleme bringen würde. Sie beschloss, einen Weg zu finden.

Heute ist Nicole Jäger mehr als 160 Kilo leichter. Dass sie noch einen weiten Weg vor sich hat, verschweigt sie weder sich selbst noch dem Leser. Sie verspricht auch keine Wunder. Nein, sie macht deutlich klar, wie schwer der Weg wird. Aber auch, dass es sich lohnt und man mit jedem Kilo bestätigt bekommt, dass es machbar ist und jede Anstrengung wert.

Sie erzählt davon, was sie alles erlebt und versucht hat und warum dies alles nicht geholfen hat. Die Vorgänge im Körper erklärt sie so, dass auch Nichtbiologen und Nichtärzte verstehen, wo die Fallen stecken und warum Diäten gar nicht funktionieren können. Dass man nicht eben mal massig Kilos abnimmt und danach wieder in alte Fehler fallen kann, weiß man schon vor diesem Buch, aber es raubt auf charmante Art die Illusionen und all die Lügen, die man sich selbst erzählt. Ihr Mut und ihre Energie sind für jeden ein Vorbild und eine Stütze.

Ja, ich gebe ihr Recht: ich will nicht abnehmen, sondern schlank sein. Und ich will das vorgestern und ohne Mühe erreichen. Ja, ich verschiebe es immer auf morgen. Aber ab heute nicht mehr. Solange das Buch in Sicht- und Griffweite ist, fallen mir immer all die Stolpersteine ein und dass mein Weg längst nicht so weit ist, wie der ihre. Also muss ich es schaffen, oder etwa nicht?

Diese Frau ist einfach großartig. Aus einem so tiefen Loch herauszufinden und quasi auf halber Strecke für tausende anderer da zu sein, deren Problem sehr viel geringer als das ihre ist (sie hatte recherchiert und glauben Sie mir, Sie finden niemanden, dessen Weg auch nur annähernd so lang ist, wie der von Nicole Jäger), die immer wieder aufgegeben haben – das ist bewundernswert. Und das gibt mir den Tritt in den Hintern, den ich wohl gebraucht habe. Auch wenn ich nicht jeden Tag mit Sport beginnen werde, habe ich mehr Bewegung in meinen Tag eingebaut. Der Anfang ist gemacht. Aber auch, wer nicht abnehmen muss oder möchte, wird ihr gerne zuhören.

Danke, Nicole Jäger! Dafür und für das Lachen und das Weinen, das dieses Buch ausgelöst hat, gibt es die vollen fünf Sterne.

Veröffentlicht am 15.09.2016

John Gills ermittelt

Wenn du mich tötest
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Julian Than macht mit seiner Frau Laura Urlaub in Schottland in der Sandwood Bay. Doch Laura ist verschwunden und Julian bittet in Kinlochbervie um Hilfe. Die Polizei ist schnell davon überzeugt, dass ...

Julian Than macht mit seiner Frau Laura Urlaub in Schottland in der Sandwood Bay. Doch Laura ist verschwunden und Julian bittet in Kinlochbervie um Hilfe. Die Polizei ist schnell davon überzeugt, dass Julian seine Frau ermordet hat. Dieser bestreitet die Tat, doch er verhält sich merkwürdig. Da wird eine weibliche, kaum noch zu identifizierende Leiche angespült. Außerdem findet man Blutspuren im Zelt und Zugang zu Lauras Online-Tagebuch. Und wieso hat sie ihr Handy nicht mitgenommen, wenn sie tatsächlich freiwillig gegangen ist? Die Suche nach der Lösung führt alle an ihre Grenzen …

Karen Winter zeichnet Julian Than so, dass man ihn definitiv nicht mögen kann. Aber auch zu Laura finde ich einfach keinen Zugang und keine Verbundenheit. Die Rückblenden sind so aufgebaut, dass man die Geschehnisse quasi rückwärts erfährt. Das strengt mich persönlich ein wenig an. Ich bin an der Geschichte drangeblieben, weil ich unbedingt wissen wollte, was denn nun geschehen ist. Das Ende ist sehr überraschend und wirklich mit gar nichts zu vergleichen, das ich bisher gelesen habe. Aber wirklich zufriedengestellt hat es mich nicht.

Wirklich gemocht habe ich John Gills. Von ihm hätte ich gern mehr gelesen. Seine Figur ist schön aufgebaut, sein Privatleben spielt mit, ist aber nicht der Mittelpunkt. Er ist eine Figur, die sehr ausbaufähig ist. Aber ob er Stoff für eine Serie bietet, bezweifle ich.

Schottland als Hintergrund für die Story ist interessant, jedoch hätte Karen Winter die Geschichte ebenso gut an jeder anderen Küste spielen lassen können.

Während des Lesens habe ich mich immer wieder gefragt, warum dies ein Psychothriller ist. Am Ende dann – ja, da habe ich es verstanden. Aber tatsächlich erst auf den letzten Seiten. Bis dahin fühlte sich alles wie ein normaler Krimi an.

Obwohl ich mich nicht durch das Buch quälen musste, kann ich nicht mehr als drei Sterne geben. Die Idee für den Plot gefällt mir noch immer sehr, auch die Wendung am Ende, aber dazwischen ist zu viel verlorengegangen. Trotzdem hatte ich eine angenehme Lesezeit und finde das Buch nicht schlecht.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Strömung

Die Strömung
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Ein kleines Mädchen wird im Sandkasten im heimischen Garten getötet. Keiner kann das Verbrechen verstehen, war das Mädchen doch keine drei Minuten alleine. Dann zwei Tage später wieder ein Mord an einem ...

Ein kleines Mädchen wird im Sandkasten im heimischen Garten getötet. Keiner kann das Verbrechen verstehen, war das Mädchen doch keine drei Minuten alleine. Dann zwei Tage später wieder ein Mord an einem Kind – und der Verdacht kommt auf, dass es sich um Rassismus handelt, denn beide Elternpaare wurden bedroht. Ausgerechnet jetzt fällt Tom Stilton ein alter Fall in die Hände: der Mord an einer Prostituierten, den er nicht aufklären konnte. Hat er etwas mit den neuen Fällen zu tun? Immerhin war auch sie eine Farbige …

Ich habe mich sehr auf ein Wiedersehen mit Olivia und Tom gefreut. Leider stellte sich sehr schnell heraus, dass diese neuerliche Begegnung nicht so verläuft, wie ich das gehofft hatte. Ich mag es, wenn sich Protagonisten weiterentwickeln und gerade Tom ist eine Figur mit großem Potenzial. Doch hier hat er verloren – war er mir als Obdachloser unheimlich sympathisch, wirkt er jetzt eigenbrötlerisch und arrogant. Auch Olivia ist mir regelrecht fremd geworden.

So ist es dann kaum noch verwunderlich, dass alle Protagonisten kühl und distanziert bleiben. Für keine Figur empfinde ich auch nur ansatzweise so viel Sympathie, dass ich großes Interesse an ihrem Schicksal entwickelt hätte. Nach dem ersten Drittel habe ich immer mehr die Lust am Buch verloren, zumal die Namen einfach zu fremdartig für mich sind. Die Bösewichte der Story sind einfach nur dumm und einfältig, aber ein echter Hass auf sie kommt nicht hoch. Das ist dann endgültig schlecht für ein Buch.

Leider hat mich das Autorenpaar im Laufe der Geschichte immer mehr verloren und auch nicht mit den beiden Knalleffekten am Ende wieder einfangen können. Ganz so überraschend kamen diese nämlich dann doch nicht und vor allem haben sie die Langeweile auf weiten Strecken nicht wettmachen können.

Die Idee des Plots ist sehr gut, es gibt gerade aktuell Grund genug, dieses Thema anzugehen. Auch die Aufarbeitung von Breiviks Attentat, die Ideologie, die er verbreitet und wie er für einige Verwirrte tatsächlich zum Helden werden konnte, ist gut geschildert. Trotzdem fehlt dem Buch an Tiefe und vor allem Spannung. Das ist sehr schade, denn ich mochte den ersten Band sehr.

Möglicherweise hätte es dem Buch gutgetan, wenn der Rotstift kräftig angesetzt und einiges gekürzt worden wäre. Zudem ist mir leider auch entgangen, wie der Anfang nun mit dem Ende zusammenhängt. Mag sein, dass es eigentlich Sinn macht. Ich hab den Sinn leider nicht gefunden – zu sehr habe ich mich ans Ende des Buches quälen müssen.

Auch wenn sich alles recht gut lesen lässt, fesselt es doch nicht, es interessiert auf weite Strecken auch gar nicht. In Kombination mit den ungewohnten Namen ist da schnell alles anders, als es sein sollte. Deshalb kann ich diesem Buch auch leider nur drei Sterne geben.