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Veröffentlicht am 02.10.2019

Anspruchsvolles, modernes Schauermärchen

Melmoth
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Bei dieser Rezension wusste ich lange nicht, wie ich beginnen sollte. Melmoth ist ein Buch, das mich zwiegespalten zurückgelassen hat. Es hat mich begeistert und enttäuscht, verfolgt und verwirrt. Ich ...

Bei dieser Rezension wusste ich lange nicht, wie ich beginnen sollte. Melmoth ist ein Buch, das mich zwiegespalten zurückgelassen hat. Es hat mich begeistert und enttäuscht, verfolgt und verwirrt. Ich werde versuchen diesen konfusen Eindruck in Worte zu fassen und hoffe, dass das irgendwie verständlich ist lach.

Meine Meinung


Ein sprachliches Meisterwerk
Wer Sarah Perry kennt, für den wird, wie ich so gehört habe, meine folgende Aussage kaum verwunderlich sein: Sarah Perry ist eine Wortkünstlerin. Für mich war es das erste Buch der Autorin und der Erzählstil faszinierte mich sofort. Er ist einzigartig, fast schon poetisch und scheut sich nicht davor, den Leser direkt anzusprechen, was uns selbst zu Beobachtern der tragischen Ereignisse macht.

Zudem gelingt es der Autorin, eine intensive, vor Anspannung trotzende Atmosphäre zu erschaffen. Die Umgebung, die sie schafft, fühlt sich dicht, wie eine dunkle Regenwolke an, voller Tragik und den Fragen nach Sünde und Schuld. Die Kulisse Prag wirkt dabei weniger als malerische Goldene Stadt, sondern vielmehr wie ein verhängnisvoller Ort, verliert dabei aber nicht seinen Wiedererkennungswert.

Eine Erzählung auf vielen Ebenen*
Doch nicht nur sprachlich hebt sich Sarah Perry von der Masse ab. Auch Erzählerisch ist Melmoth recht eigen. Erwartet habe ich eine moderne Adaption des Schauerrmärchens, welches im England des 19. Jahrhunderts so populär war (und in Austens Northanger Abbey wundervoll parodiert wird) und zu denen auch das 1820 erschienene Melmoth der Wanderer von Charles Robert Maturin, welches unzweifelhaft als Inspiration für Perrys Roman diente, gehört. Ich erwartete, dass das Buch mit denselben typischen Elementen dieser Literaturgattung spielen würde und Melmoth und ihre Geheimnisse das Zentrum der Ereignisse sein würde.

Zunächst erschien diese Erwartung erfüllt zu werden. Helen erhält ein geheimnisvolles Manuskript und spürt im Verlauf der Handlung weitere schriftliche Überlieferungen von Melmoth auf. Diese Überlieferungen nehmen einen Großteil des Buches ein und haben mir besonders gut gefallen. Es berichten unterschiedliche Leute von ihren Begegnungen mit Melmoth und welche Schuld sie auf sich geladen haben, dass diese überhaupt erscheint.
Doch ab der Hälfte des Romans wird klar, dass diese Geschichten, trotz ihres großen Anteils, nicht das Zentrum der Geschichte sind,auch Melmoth ist, wenn auch bedeutsam, nicht der eigenhändige Fokus. Vielmehr ist es eine Erzählung über Schuld, Sünde und eine Aufzeichnung wie Menschen mit diesen Umgehen und das über die Zeit hinweg geschildert.

Prinzipiell hätte ich dagegen nichts einzuwenden gehabt, doch leider verpasste die Autorin für mich den Moment, mich für diese Thematik zu öffnen. Das lag zum einen daran, dass für mich die Verknüpfungen zwischen Manuskripte und Gegenwart, die über den gemeinsamen Nenner Melmoth hinausgehen zu rar und zu spät gesät wurden. Durch die Sprache bedarf es bei diesem Buch ohnehin mehr Konzentration, und durch die zunächst sprunghaft erscheinende Handlung, erschließen sich Zusammenhängen erst relativ spät. Dabei entsteht jedoch auch kein interessanter Spannungsbogen, sondern ich hatte eher das Gefühl, dass alles gewollt kryptisch sein sollte. In einer spannenden Erzählung werden mehr oder weniger offensichtliche Hinweise über die gesamte Handlung hinweg gestreut, um am Ende den Zusammenhang verstehen zu können. Bei Melmoth fühlte es sich eher so an, als hätte mir die Autorin sämtliche Hinweise vorenthalten, und präsentiert mit den Zusammenhang am Ende kommentarlos, sodass ich am Ende mehr Fragezeichen, als vorher im Kopf hatte.

Fazit:


Melmoth in anspruchsvolles, modernes Schauermärchen, voll sprachlicher Eleganz, dass sich zu meiner Enttäuschung jedoch mit Voranschreiten der Handlung immer weiter von der Schauerliteratur entfernt und stattdessen sehr verworren und gezwungen kryptisch ist. Das Buch wird seine Liebhaber finden, leider jedoch nicht in mir.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Geschichte
  • Figuren
Veröffentlicht am 20.09.2019

Ein Kampf der Magier zwischen Gaslaternen und Theaterbühnen

Der letzte Magier von Manhattan
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Dieses Buch habe ich schon ein paar mal mit begeisterten Stimmen in der englischen Buchcommunty gesehen und habe mich daher sehr gefreut, als ich die deutsche Übersetzung erblickte, die ist dann auch gleich ...

Dieses Buch habe ich schon ein paar mal mit begeisterten Stimmen in der englischen Buchcommunty gesehen und habe mich daher sehr gefreut, als ich die deutsche Übersetzung erblickte, die ist dann auch gleich auf der Wunschliste gelandet. Ob es mir ebenso gut gefiel wie unseren Kollegen in Übersee, erzähle ich euch jetzt.

Meine Meinung:


Bowler Hüte, Gangster und Theaterbühnen
Das erste Highlight der Geschichte, ist der Schauplatz. Lisa Maxwell entführt den Leser in das New York des Jahres 1901, genauer gesagt nach Manhattan. Das Herz der Metropole ist zu dieser Zeit eine Welt voller Wiedersprüche. Im Lichte der Gaslaternen reiht sich die Supreme der New Yorker High Class Gesellschaft neben Armutsviertel, die vor allem von Emigranten der großen Einwanderungswelle bevölkert wird… und Magiern. Diese wurden nämlich von dem Orden des Ortus Aurea durch eine magische Barriere festgesetzt und können die Insel nicht verlassen. So wird die Downtown von Manhattan von Gangs bestimmt, deren Bosse häufig mehr sind, als sie zu sein scheinen.

Die Autorin hat sich offensichtlich ausgiebig mit dem News York um die Jahrhundertwende beschäftigt und erweckt gekonnt die Insel voller Widersprüche zum Leben. Ob die rauen Gassen und Spelunken der Gangsterbosse, oder die schillernde Theaterbühne, alles wirkt wunderbar ausgearbeitet und die Atmosphäre zieht den Leser tief in ihren Sog.

Weder schwarz noch weiß
Auch bei ihren Figuren beweist die Autorin ein geschicktes Händchen. Neben Protagonistin Esta, die vor allem durch ihre Gewitztheit, aber auch Übermut auffällt, reihen sich eine ganze Handvoll weiterer interessanter Figuren. Nicht alle sind sympathisch, bei weitem nicht, aber sie alle fügen sich sehr authentisch in die historische Kulisse ein. Zudem verfolgt im Grunde jeder seine eigenen Interessen, was dazu führt, dass man sich als Leser nie sicher sein kann, wer was im Schilde führt oder wer wen zu verraten plant. Es ist ein Katz und Maus Spiel, dass eine ganze Stadt umspannt. Gut gelungen fand ich auch, dass sich Zusammenhänge und die Relevanz einzelne Personen erst Stück für Stück offenbarten. Mein einziger Kritikpunkt ist das Alter der Personen. Selbst unter Berücksichtigung der damaligen Gegebenheiten, verhalten sie sich doch alle deutlich älter und nicht dem Teenager Alter, in dem sich die meisten befinden, entsprechend., das fällt besonders bei Esta auf, die um die 17 sein müsste, sich aber wie um die 25 verhält.

Die Spannungskurve mehr eine Berg- und Talfahrt
Bei all der tollen Atmosphäre und den gelungenen Figuren, kommen ich leider dennoch nicht umhin, Kritik an der Handlung anzubringen. Diese ist in 4 Teile eingeteilt. Während der erste noch relativ interessant beginnt, nimmt die Spannung während des 2. Und ein Teil des dritten Teils deutlich ab. Es geschehen zwar noch einige Dinge und man lernt die Vergangenheit besser kennen, trotzdem hatte ich das Gefühl, dass die Handlung ein bisschen vor sich hindümpelt. Das letzte Drittel ist dann wieder deutlich besser und kann auch mit interessanten Plot Twists aufwarten, durchhalten lohnt sich also. Positiv ist auch die Liebesgeschichte, die sich angenehm im Hintergrund hält. Mir persönlich hat sie zwar nicht ganz so gefallen, da ich den Love Interest nicht so sympathisch fand und Esta viel lieber mit einem anderen Charakter geshippt hätte, aber das ist eine reine persönliche Geschmackssache und kann nicht als Kritik gewertet werden.

Fazit:


Ein Kampf der Magier zwischen Gaslaternen und Theaterbühnen. Der letzte Magier von Manhattan entführt den Leser in ein magisches New York der Jahrhundertwende und kann mit dichter Atmosphäre und sich in dieser Kulisse hervorragend einfügenden Charakteren, überzeugen. Lediglich ein zäher Mittelteil trübt etwas den Lesespaß, insgesamt macht das Buch aber Lust auf mehr.

Veröffentlicht am 07.09.2019

Nicht Renèe Ahiehs Meisterwerk, aber immer noch sehr lesenswert

Das Mädchen aus Feuer und Sturm
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Auf dieses Buch habe ich mich dieses Jahr besonders gefreut, denn mit Zorn und Morgenröte hat Renée Ahdieh eines meiner absoluten Lieblingsbücher geschaffen. Klar wollte ich daher unbedingt auch diese ...

Auf dieses Buch habe ich mich dieses Jahr besonders gefreut, denn mit Zorn und Morgenröte hat Renée Ahdieh eines meiner absoluten Lieblingsbücher geschaffen. Klar wollte ich daher unbedingt auch diese neue Schöpfung aus ihrer Feder lesen.

Meine Meinung:


Abenteuer im feudalen Japan
Nachdem die Autorin uns bereits in eine Wellt aus 1001 Nacht entführt hatte, geht ist nun in diesem Auftakt nicht minder exotisch zu. Das Buch spielt im dem Kaiserreich Wan, was vom feudalen Japan inspiriert wurde. Schon beim Lesen der ersten Seiten wird klar: Frau Adieh hat hier sehr gut recherchiert. Die Geschichte ist angereichert mit allerhand japanischen Begriffen. Da ich in meiner Teenie Zeit eine ausgeprägte Anime, Mangas, Japan Phase hatte, konnte ich mit dem Großteil der Begriffe etwas anfangen. Ansonsten gibt es aber auch ein Glossar. Das die Autorin sich intensiver mit dem Land auseinander gesetzt hat merkt man auch, dass sie für den rituellen Selbstmord das Wort Sepukku benutzt und nicht das in Europa und Amerika verwendete Word Harakiri.

Allgemein beweist die Autorin wieder ihr Händchen für ein stimmungsvolles Worldbuilding. Ganz gleich ob man sich mit dem Land der aufgehenden Sonne, das hier als Vorbild diente, schon befasst hat oder nicht, man wird als Leser sofort in die fernöstliche Atmosphäre hineingezogen. Dabei hält sie wunderbar die Balance zwischen Umgebungsbeschreibungen und eigentlicher Handlung. Ich habe es sehr genossen in die Welt der Samurai und Shogun einzutauchen.

Renèe Ahdieh: The queen of dialogues
Doch nicht nur die Welt kann sich sehen lassen, nein auch die Charaktere wissen zu überzeugen. Mariko ist eine starke, authentische Protagonistin. Sie ist intelligent und schlagfertig, aber auch impulsiv und in manchen Belangen etwas naiv. Dank dieser Mischung aus Stärken und Schwächen ist sie ein ausgewogener und gut konstruierter Charakter, den ich sehr gerne begleitete. Darüber hinaus zeigt die Autorin auch wieder, warum sie für mich im Jugenbuchbereich die unangefochtene Königin der Dialoge ist. Die diversen verbalen Auseinandersetzungen zwischen Mariko und Okami waren sehr amüsant und gelungen. Zwar reichen die Dialoge in ihrer Raffinesse noch nicht ganz an denen aus Zorn und Morgenröte heran, aber sie sind immer noch pfiffiger und gescheiter als bei den meisten anderen Jugendbüchern und was der größte und wichtigste Unterschied ist: sie wirken nicht aufgesetzt.

Das alles führt dazu, dass das Buch trotz einer etwas langsame voranschreitenden Handlung überaus lebendig und dynamisch wirkt. Einziger Wehrmutstropfen: An zwei Stellen machte mir die Handlung einen zu großen Sprung nach vorne. Eine dieser Stellen betrifft leider die Liebesbeziehung, denn während diese zunächst in einem äußerst angenehmen, vorsichtigen Tempo beginnt, macht sie im zweiten Drittle eben diesen gerade erwähnten und für mich nicht ganz nachvollziehbaren Sprung. Insgesamt hat mich das Buch aber trotzdem super unterhalten.

Fazit:


Auch wenn der neue Auftakt nicht mit Ahdiehs Debüt Dilogie (Zorn und Morgenröte/Rache und Rosenblüte) mithalten kann, lohnt sich dieser Ausflug nach Fernost. Eine authentische Protagonistin, gewitzte Dialoge und eine toll beschriebene, exotische Umgebung, machen das Buch zu einem Lesegenuss.

Veröffentlicht am 03.09.2019

Düster, brutal und absolut mitreißend!

Die Quellen von Malun - Blutgöttin
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Meine Meinung:

Eine Welt, in der niemand glücklich sein kann
Das erste was ich sagen möchte, ist eine Warnung: Magst du lieber sanftere Storys und verabscheust es von Gewalt und Sex zu lesen? Dann ist ...

Meine Meinung:



Eine Welt, in der niemand glücklich sein kann
Das erste was ich sagen möchte, ist eine Warnung: Magst du lieber sanftere Storys und verabscheust es von Gewalt und Sex zu lesen? Dann ist dieses Buch nichts für dich, denn ja es ist brutal, aber verdammt nochmal, auch unheimlich packend!
Aber zurück zum Anfang. Daniela Winterfeld porträtiert eine Welt, die im Sterben liegt. Das Wasser wird immer knapper und die Landschaft verkommt zur Ödnis, gerade in den aktuellen Zeiten ein beklemmendes Szenario. In dieser trockenen Welt ist das Volk der Sapioner auf dem Vormarsch und bestrebt, alle anderen Völker zu unterwerfen. In ihren Wasserbergwerken müssen Sklaven dem Felsen die letzten Tropfen abringen und nun fällt der Blick des machthungrigen Reiches auf die letzten wenigen grünen Flecken.

In Blutgöttin begleiten wir vier Charaktere in dieser Welt. Alia ist eine Sklavin in einem Wasserbergwerk, Dorgen und Tailin Krieger in der Sapionischen Armee und Feyla die Tochter des einflussreichsten Mannes in Sapion. Nun könnte man meinen, das Schicksal Alias sei das Schlimmste, immerhin stehen die anderen auf der Seite der Eroberer, doch die Autorin hat eine Welt geschaffen, in der niemand glücklich sein kann. In Sapion sind Frauen nichts wert und den Männern wird vom Kindesalter an mit brutalem Drill das Mitgefühl sprichwörtlich ausgeprügelt. Dementsprechend sind auch die Schicksale von Dorgen, Tailin und Feyla erschütternd. Daniela Winterfeld gelingt es, auf eindrucksvolle Art zu schildern, wie eine Spirale aus Hass entsteht und welche Auswirkungen sie auf die Menschen hat. Sie nimmt sich Zeit zu verdeutlichen, dass aus Hass immer mehr Hass entsteht. Damit dienen die brutalen Darstellungen nicht einfach nur als unterhaltsame Schocker, sondern sind vielmehr Stilmittel zur Darstellung von komplexen Zusammenhängen in einer Welt voller Missstände, wobei vereinzelte Lichtblicke dazwischen, immer wieder die Hoffnung wecken, dass die Charaktere eine Veränderung herbeiwirken könnten.

Packend, von der ersten, bis zur letzten Seite
Die Komplexität des Buches findet sich jedoch nicht nur im Weltenentwurf, sondern auch in der Handlung wieder. Bei mehr al einen Protagonisten kommt es mir ja meist so, dass ich langfristig den einen Handlungsstrang lieber mochte als den anderen. Blutgöttin hat sogar vier Protagonistin und ich mochte alle handlungsstränge! Alle Charaktere sind ausgereift und ihre Geschichten interessant und spannend. Auch wenn ich zum Ende hin eine Präferenz hatte, kann ich nicht sagen, dass ich einen Handlungsstrang als weniger spannend als die anderen empfand. Das Buch ist einfach von vorne bis hinten packend. Es beginnt im Prolog mit einem Paukenschlag und endet im Epilog mit einem weiteren. Dazwischen werden Fragen aufgeworfen, Geheimnisse bruchstückhaft enthüllt und auch einige Plottwists sorgen für Spannung. Ereignisse die zunächst trivial erscheinen, erhalten später eine Bedeutung und Zusammenhänge erschließen sich Stück für Stück. Die Autorin schafft es wunderbar ihre Geschichte ausführlich zu erzählen und dennoch nie das große Ganze aus den Augen zu verlieren. Es fiel mir unglaublich schwer, das Buch aus der Hand zu legen. Im Grunde kann ich nur einen „Kritikpunkt“ aufführen: Trotz Erscheinungstermin im November, dauert das Warten auf den zweiten band zu lange. Ich will jetzt weiterlesen!

Fazit:


Düster, brutal und absolut mitreißend! In einer sterbenden Welt suchen vier Menschen ihren Weg. Die Quellen von Malun: Blutgöttin ist Fesselnd und komplex erzählt, mit interessanten Charakteren und spannenden Wendungen. Mein Monatshighlight.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Erzählstil
  • Fantasie
  • Lesespaß
Veröffentlicht am 05.08.2019

Mitreißend, raffiniert, düster.

Der Onyxpalast 1
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Marie Brennan ist für mich zusammen mit Christelle Dabos die Entdeckung des (bisherigen) Jahres. Ihre Lady Trent Reihe habe ich in einem Zug verschlungen und es ist die erst reihe, die über eine Dilogie ...

Marie Brennan ist für mich zusammen mit Christelle Dabos die Entdeckung des (bisherigen) Jahres. Ihre Lady Trent Reihe habe ich in einem Zug verschlungen und es ist die erst reihe, die über eine Dilogie hinausgeht, wo ich allen Bänden die volle Punktzahl gab. Klar, dass der neue Reihenauftakt sofort einziehen musste und was soll ich sagen: She did it again!

Meine Meinung:


Englands Gloriana
Bevor ich loslege, möchte ich einen Ratschlag loswerden: Der Onyxpalast spielt zum ende der Regierungszeit von Elisabeth I in den späten 1580ern/ Anfang 1590ern. Marie Brennan hat ihren historischen Schauplatz sehr genau recherchiert und es tauschen viele historische Namen, Schauplätze und Persönlichkeiten auf. Ich würde daher jedem empfehlen, sich vor dem lesen zumindest den Wikipedia Eintrag zu Elisabeth I anzuschauen. Es ist zwar nicht so, dass man das Buch nicht versteht, wenn man es nicht tut, aber ich persönlich fand, dass dadurch vieles einfacher wurde.

Damit komme ich auch schon zu dem ersten Punkt, von dem ich euch vorschwärmen will: dem historischen Schauplatz. Die Autorin erweckt den englischen Hof des späten 16. Jahrhunderts bildhaft zum leben. Auf jeder einzelnen Seite spürt man, dass Marie Brennan sich intensiv mit ihrem Schauplatzt beschäftigt hat. Sie verknüpft historische Ereignisse, reale geschichtliche Persönlichkeiten und englische Folklore auf eine so meisterliche Art mit Fantasy Elementen, dass es sich völlig natürlich anfühlt und man bei seinem nächsten London Besuch fast schon Ausschau nach einem Eingang zum Onyxpalast hält. Das Buch ist nicht nur historische Fantasy, sondern auch eine Hommage and Londons Geschichte und die englische Sagenwelt. So erweckt man Geschichte zum Leben und wenn ich wüsste, wer genauso toll schreiben kann wie Marie Brennan, wäre ich durch dieses Buch sogar fast schon gewillt, es mal mit einem reinen historischen Roman zu probieren.

Raffiniertes Katz und Maus Spiel zwischen Mensch und Fae
Der nächste Punkt wird einer sein, von dem ich weiß, dass er nicht jeden ansprechen wird: Das Buch ist sehr politisch. Die politischen Ereignisse, die Diplomatie und Intrigen an Elisabeths Hof spielen eine zentrale Rolle und werden noch durch ein ebenso komplexes Spinnennetzt aus Machtspielen der Fae ergänzt. Gut die Hälfte des Buches wird von einem Katz und Maus Spiel zwischen Elisabeths menschlichen Agenten Devon und der Fae Spionin Lune eingenommen, wobei jeder versucht, dem anderen auf die Schliche zu kommen.

Habe ich letzten noch bei Flammenflug dessen starken politischen Fokus bemängelt, hat er mich hier völlig in seinen bann gezogen, denn ist ist einfach raffiniert gemacht. Mir wurde zu keinem Zeitpunkt langweilig, da das Versteckspiel der beiden einfach einnehmend ist, denn immer wenn man das Gefühl hat, wenn jetzt nichts kommt, wird es langweilig, kommt ein neues Detail, eine neue Wendung in dem Schachspiel hinzu und verändert das Brett für alle.

Ein Händchen für Charaktere
Dass das Spiel der Intrigen für mich so mitreißend war, lag auch an den tollen Charakteren. Mit Luen hat die Autorin wieder eine starke Frauenfigur erschaffen, deren Intelligenz ihre stärkste Waffe ist. Aber auch Devon war mir gleich sympathisch und ich habe seine Parts ebenso genossen wie die von Lune.
Ebenso kann sich die Antagonistin sehen lassen, denn sie bekommt eine ordentliche Hintergrundgeschichte. Etwas, was leider bei vielen Antagonisten in der Bücherwelt fehlt. Viel mehr möchte ich aus Spoilergründen aber nicht sagen.

In der zweiten Hälft des Buches zieht das Tempo der Geschichte dann an. Geheimnis werden gelüftet, neue Bedrohen tauchen auf und insgesamt steigt die Spannung, bis zum packenden Finale, welches von einem Ende gekrönt wird, dass zwar rund und in sich abgeschlossen ist, den Leser aber dennoch neugierig auf den zweiten Band macht.

Fazit:


Mitreißend, raffiniert, düster. Ich habe diesen Reihenauftakt in vollen Zügen genossen. Marie Brennan schreibt anspruchsvolle Fantasy und zieht ihre Leser mit einem beeindruckenden historischen Schauplatz, tollen Charakteren und einem packenden Machtkampf in ihren Bann.