Profilbild von Muchacha

Muchacha

Lesejury-Mitglied
offline

Muchacha ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Muchacha über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.04.2024

Vielleicht könnte alles gut werden

Alles gut
2

"Alles gut", das ist sowohl der Titel des Romans von Cecilia Rabess als auch eine in unserer Zeit äußerst überstrapazierte Redewendung, die kaum Spielraum für Antworten lässt.
Was soll man sagen, man fühlt ...

"Alles gut", das ist sowohl der Titel des Romans von Cecilia Rabess als auch eine in unserer Zeit äußerst überstrapazierte Redewendung, die kaum Spielraum für Antworten lässt.
Was soll man sagen, man fühlt sich rasch überfordert und antwortet oft ebenso unehrlich und nur floskelhaft. Vorgeschoben, aufgesetzt und nur vordergründig ehrlich scheint auch im Leben von Jess so einiges zu sein.

Auf großartige und dynamische Weise, in flottem Sprachstil und durchaus sehr einfühlsam und mitreißend, zeigt uns die Autorin einen weichenstellenden Ausschnitt aus deren Leben.

Der berufliche Werdegang von Jess mit Studium und scheinbarem Traumjob in einer der oberen Etagen bei Goldmann Sachs in New York, sowie ihre private Geschichte mit Josh, dem Ekel aus Studienzeiten, der sich im Job vom anfänglich arroganten Konkurrenten zum Freund und Liebhaber entwickelt und zunehmend Sympathiepunkte sammeln kann, wären eine gute Basis für eine reine Liebesgeschichte.

Doch beide Handlungen durchlaufen wirklich verschiedene Ebenen und haben mit Vorurteilen und enormen Problemen bezüglich Herkunft, Hautfarbe, Geschlecht, Ehrgeiz, Karriere und Geldgier und privater Verletzlichkeit zu kämpfen.
Jess tut sich schwer, ihren Weg zu finden und auf die richtigen Menschen zu setzen, mitunter agiert sie sogar etwas pubertär und fühlt sich zu schnell in die Ecke gedrängt. Dabei könnte sie schon aufgrund ihrer Ausbildung doch viel offener und klüger argumentieren und handeln. Manchmal hätte ich gerne das Wort für sie ergriffen oder ihr geholfen.

Das Ganze vor dem Hintergrund der politischen Lage Amerikas zwischen Obama und dem „Jetzt“. Durch immer wiederkehrende Exkurse in die Vergangenheit ihrer Darsteller verdeutlicht uns die Autorin sowohl die Gefühlslage im Jetzt, als auch die Ursachen für Verletzlichkeit und somit das Dilemma, in dem Jess sich befindet. Karriere um jeden Preis, gut für die Vita? Oder doch ein Fokus auf persönlicher Zufriedenheit und Harmonie? Dieses Buch wühlt auf und beschäftigt den Leser.

Zu dem sehr auffälligen Cover, der zerquetschten Erdbeere auf gelbem Grund, das auf den ersten Blick etwas aus der Luft gegriffen scheint, kann man nur sagen: So muss Jess sich fühlen: Hin- und hergerissen zwischen Wunsch und Realität, ausgelutscht, benutzt und zerquetscht wie die Erdbeere. Meiner Meinung nach ist noch nicht alles gut!

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 20.03.2024

Atemberaubende Ermittlungen in stimmungsvoller, französischer Urlaubidylle

Mörderisches La Rochelle
0

Kommissar Chevalier entspannt im zweiten Teil der Chevalier-Krimis gerade mit Frau und Töchterchen an der Küste seiner neuen Heimat auf der Ile de Roc, als ihn ein brutaler Dreifachmord vor atemberaubender ...

Kommissar Chevalier entspannt im zweiten Teil der Chevalier-Krimis gerade mit Frau und Töchterchen an der Küste seiner neuen Heimat auf der Ile de Roc, als ihn ein brutaler Dreifachmord vor atemberaubender Kulisse in seiner Gegend ohne Vorwarnung aus dem Urlaub an seinen Arbeitsplatz zurückkatapultiert.

Das schöne Örtchen La Rochelle dient als Schauplatz grausamer, undurchsichtiger Morde.
Die Ermittlungen fordern Chevalier, doch mit seiner warmherzigen und kompetenten Art, einem engagierten und loyalen Team und ungewöhnlichen Wegen ermittelt er zielstrebig und konsequent.
Seine Querelen mit dem selten kooperativen und gerne quengelnden Vorgesetzten beleben die polizeiliche Ermittlungsarbeit immer wieder auf wohltuende, amüsante Weise, denn die diversen Verdächtigungen, diffusen Verbindungen bis hinein in den familiären Bereich und raffinierten Handlungswendungen fordern den Leser. Er befindet sich mit den Protagonisten auf gefährlichem französischem Pflaster.
Am Ende gibt es in dieser atemberaubenden Urlaubskulisse sogar noch einen Toten mehr und natürlich auch einen Täter, mit dem wohl kaum jemand gerechnet hätte.

Spannung pur, auf glaubwürdiger Basis detail- und facettenreich erzählt! Ein sympathischer, gewiefter Ermittler mit einem sympathischen Team sowie einem familiären Rückzugsort vermitteln neben der kriminalistischen Handlung auch ein Gefühl von Wärme und Menschlichkeit.

Eine große Portion Lokalkolorit ermöglicht das Eintauchen in die französischen Schauplätze an der Atlantikküste und schürt definitiv riesige Lust auf den nächsten Frankreichurlaub wie auch auf einen nächsten Teil der Chevalier-Reihe.
Ein Krimi, in und mit dem man sich sehr wohl fühlt.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 10.02.2024

Großes Gefühlskino am Chiemsee

Das Erbe der Greiffenbergs - Zu neuen Ufern
0

Familie Greiffenberg führt ein exklusives Feinkostunternehmen in dritter Generation, lebt in einem luxuriösen Anwesen direkt am Chiemsee und verkehrt in besten High-Society-Kreisen zwischen München und ...

Familie Greiffenberg führt ein exklusives Feinkostunternehmen in dritter Generation, lebt in einem luxuriösen Anwesen direkt am Chiemsee und verkehrt in besten High-Society-Kreisen zwischen München und dem Chiemgau. Nach dem Tod bzw. dem Verschwinden des Familienoberhauptes ist sie jedoch kurz davor, alles zu verlieren: Geschäft, Anerkennung, Familienzusammenhalt und auch Beziehungen in gewisse Kreise.
Mutter Therese und die jüngste Tochter Antonia sind vorrangig mit der Trauer um den verschwundenen Familienvater beschäftigt.
Die ältere Tochter Pauline trauert einsam und kämpft alleine an allen Ecken und Enden. Sie versucht, die Firma zu retten, für ihre Kinder da zu sein und sich selbst ein neues Leben, sprich eine neue Beziehung aufzubauen.
Dabei wird sie von ihrem Onkel, dem Greiffenbergschen Möchtegern-Chef sabotiert, wo immer es geht und auch ihr Seelenverwandter, ihr Bruder Ferdi ist keine echte Hilfe. Er ist nach einem schweren Autounfall mit seiner Reha beschäftigt, trauert mitunter seinen Zeiten als einer der begehrtesten Junggesellen nach und fängt dennoch an, endlich für eine echte Liebesbeziehung bereit zu sein. Doch die Auserkorene, eine andere Reha-Patientin, die sich auch in ihn verliebt, ist ausgerechnet die Frau, die er bei dem Unfall verletzt zurückgelassen hat. Probleme in Massen, Beziehungsstatus offen. Doch trotz aller Besinnung auf echte Gefühle und wahres Leben und trotz aller Ablehnung von Verantwortung für das Familienunternehmen streckt Ferdi seine Fühler noch einmal in Richtung Schickeria aus und bringt die Firma Greiffenberg durch einen geschickt eingefädelten Hollywood-Dreh am Chiemsee, bei seiner Familie wie auch im Geschäft, wieder aus den roten Zahlen.
Einzig Oma Else ist die Dame, bei der viele Fäden zusammenlaufen. Zäh und in vielen Dingen unerbittlich und hält sie die Familie zusammen. Sie ist den anderen meist einen Schritt voraus und weiß bald, dass der Betrauerte sich nur abgesetzt hat und noch lebt. Bald schon steht dieser vor der Türe.
Im letzten Teil dieses, in 44 überschaubare Kapitel unterteilten Buches überschlagen sich die Ereignisse dann nahezu. Es gibt sehr viel Input und wenig Lösungsansatz, was der Geschichte aber nicht abträglich ist. Liebe, Frust, Trauer, Wut und Missgunst machen Lust auf Teil drei der Familiensaga.
Isabell Schönhoff beschreibt die Handlungsorte präzise und der Ortskundige erkennt sie sofort. Dies ist jedoch keinerlei Voraussetzung, denn auch ohne inhaltliche oder örtliche Vorkenntnisse hat dieses Buch, Dank des flüssigen und flotten Schreibstils einen stets einladenden und mitreißenden Charakter, der auch die Unterteilung in einzelne Kapitel überhaupt nicht erfordert, denn man mag diesen Roman sowieso nicht mehr aus den Händen legen und würde am liebsten gleich im nächsten Teil dieser Familiensaga weiterlesen.

Großes Kino am Chiemsee eben, aber keinesfalls kitschig!

Darum muss ich das Cover dieses Bandes leider kritisieren. Es wird dem Inhalt nicht gerecht und ist in meinen Augen, wie auch bei Band eins, einfach nur kitschig, Die Farben und die Frau mit dem Band im Haar spiegeln in meinen Augen weder die Greiffenbergs, das Chiemsee-Flair noch moderne junge Menschen wider. So schaut die Protagonistin in meinen Augen leider überhaupt nicht aus.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 09.01.2024

Aus Fremden werden Verbündete fürs Leben

Die Wolkengucker
4


Der Roman „Die Wolkengucker“ von Kristina Fritz schenkt sein Interesse lauter grundverschiedenen, in sich gekehrten Menschen, von denen jeder sein eigenes Päckchen auf individuelle Weise trägt bzw. erträgt. ...


Der Roman „Die Wolkengucker“ von Kristina Fritz schenkt sein Interesse lauter grundverschiedenen, in sich gekehrten Menschen, von denen jeder sein eigenes Päckchen auf individuelle Weise trägt bzw. erträgt.

Wilma natürlich, die reiche Grande-Dame, die die Strippen zieht, ihre verstorbene Freundin Margarete und Ayla, die unscheinbare Putze und Haushälterin, die Wilma von Margarete sozusagen „geerbt“ hat. Der tieftraurige und unorganisierte Matt, der in der Trauer um seine verstorbene Frau manchmal seine kleine, nur schwarze Klamotten tragende Tochter Mia fast zu vergessen scheint, ein anfänglich fieser Nachbar und ein paar weitere Teilnehmer der Wolkengucker.

Auf Wunsch von Wilmas verstorbener Freundin Margarete treffen sie sich regelmäßig bei Wilma, einer wohlhabenden älteren Dame, um Wolken am Münchner Himmel zu beobachten und zu interpretieren.
Aufgrund der äußerst verschiedenen Charaktere der Protagonisten scheint dieses Unterfangen zuerst schier unmöglich. Doch allmählich entwickelt sich eine illustre Gemeinschaft von Menschen mit ähnlichen Wünschen und Zielen.

Unterteilt ist das Buch in übersichtliche Kapitel, den einzelnen Protagonisten gewidmet und aus Erzählersicht verfasst.
Nur die Kapitel von Ayla sind in der Ich- Form geschrieben, sodass ich den Eindruck hatte, dass sie, die kleine Haushälterin mit dem gesunden Menschenverstand und dem Herz am rechten Fleck die eigentliche Erzählerin ist, da es nur Dank ihres Engagements gelingt, den bunten Haufen von Wolkenguckern zu einer Gemeinschaft zu formen.
Alle diese Menschen entwickeln und ändern sich in unterschiedlichem Tempo und treten in Beziehungen zueinander. Es entstehen Freundschaften und Verbindungen und, obwohl zum Ende hin alles ziemlich absehbar ist, tut es der angenehmen Atmosphäre dieses Romans keinen Abbruch.
Denn es gelingt der Autorin mit sanften und leisen Tönen, ohne jegliche Art der Reißerei , jeden einzelnen ihrer Hauptdarsteller lebendig zu gestalten und so wachsen zu lassen, dass der Leser mitunter das Gefühl hat, auf weichen, positiven Wolken zu schweben und immer weiter lesen zu wollen.
Der Sprachstil ist stets klar, flüssig und stimmungsvoll und unterstrichen wird die Grundstimmung aus Hoffnung und Aufbruch durch ein farblich schön , aber zurückhaltend gestaltetes Cover: Schlicht und einfach, aber mit einer bunten, fröhlichen Botschaft des Aufbruchs, da die kleine Mia hier nämlich bunt gekleidet ist.
Schade, dass auch dieses Buch irgendwann ein Ende hatte.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 29.11.2023

Mordermittlungen im nostalgischen Traminer Fasching

Commissario Tasso treibt den Winter aus
2

Gianna Milanis dritter Kriminalroman um Commissario Tasso ist wieder im schönen Südtiroler Retro-Flair der 60-er Jahre angesiedelt. Mit einem sehr nostalgisch anmutenden Cover in herrlichen Farben, das ...

Gianna Milanis dritter Kriminalroman um Commissario Tasso ist wieder im schönen Südtiroler Retro-Flair der 60-er Jahre angesiedelt. Mit einem sehr nostalgisch anmutenden Cover in herrlichen Farben, das den Ermittler und andere Personen im typischen Look dieser Zeit zeigt, wird das Interesse für das Buch „Commissario Tasso treibt den Winter aus“ durchaus schnell geweckt, mancherorts vielleicht auch eine schöne Erinnerung an die alte Zeit.
Neben den drei Hauptprotagonisten Commissario Tasso, einem suspendierten Mordermittler, seinem bereits in Ruhestand befindlichen Kollegen Johann und der eifrigen Praktikantin Mara kommen noch sehr viele andere Personen vor, zu deren Einordnung jedoch ein Verzeichnis vorhanden ist, das auch immer wieder bemüht wurde, da diese Menschen eher etwas farblos im Hintergrund bleiben. Auch ohne Kenntnis von Tassos Vorgeschichte der ersten beiden Bände wird der Leser gut mitgenommen. Besonders schön finde ich die einzelnen Kapitelüberschriften, die mit dem immer gleichen Satz „…Kapitel, in welchem….“ beginnen und den Leser irgendwie umarmen und weitertreiben.
Als von den Menschenmengen eher genervter Besucher des Traminer Egetmann-Umzugs von 1963 findet sich Commissario Tasso plötzlich direkt neben einem schrecklichen Blutbad mit Todesfolge wieder. Zusammen mit dem Ex-Kollegen und Ruheständler Josef sowie der Praktikantin Mara ermittelt Tasso auf einmal, obwohl er sich ja eigentlich der Anhörung wegen einer Schießerei in einem vorausgegangenen Mordfall unterziehen muss. Es gibt eine Vielzahl von Ungereimtheiten und polizeiliche Rivalitäten, doch die drei Protagonisten leisten bodenständige und analoge Ermittlungsarbeit, unaufgeregt, aber pflichtbewusst.
Dank detailreicher, bildlicher Beschreibungen taucht man unwillkürlich in die damalige Zeit, ihre Gesellschaft, Kultur, ihre Ansichten und auch Anfeindungen gegen Fremde ein. Die Autorin gestaltet hier anschaulich und zeigt neben der Kriminalgeschichte auch die Bedeutung von Heimat, Akzeptanz und Freundschaft auf.
Nach der fulminanten ersten Hälfte hätte ich mir jedoch für den zweiten Teil, obwohl noch immer keinerlei Klarheit über den Täter besteht, doch etwas mehr Spritzigkeit erwartet, um den Spannungsbogen komplett aufrecht zu erhalten. Dank des sehr offenen Endes verirrt sich der Leser aber immer wieder in diversen falschen Verdachtsfallen und bleibt doch dabei, bevor das Ende mit einer Überraschung garniert wird. Ich zumindest war dauernd auf der völlig falschen Fährte und hätte nicht damit gerechnet.
Alles in allem ein Kriminalroman, entschleunigt, entspannend, leicht und flüssig zu lesen und ohne große kriminalistische Schauermomente. Für Fans regionaler Kriminalkost mit Südtiroler Flair und einem Faible für Retro-Geschichten sehr empfehlenswert.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung