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Veröffentlicht am 20.01.2019

Lebensgefühle der Millenials

Cat Person
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Die Studentin Margot lässt sich auf den deutlich älteren Robert ein, nachdem dieser sie bei ihrer Arbeit im Kino angeflirtet hat. In seinen Handynachrichten wirkt er locker und witzig, doch im echten Leben ...

Die Studentin Margot lässt sich auf den deutlich älteren Robert ein, nachdem dieser sie bei ihrer Arbeit im Kino angeflirtet hat. In seinen Handynachrichten wirkt er locker und witzig, doch im echten Leben stellt er sich ungelenk an. Sie will sich unwiderstehlich fühlen, doch er stößt sie zunehmend ab, sodass sie ihn nach dem ersten Sex nicht wiedersehen will. Hätte Margot trotz ihrer Zweifel so weit gehen sollen? Was sagt Roberts Reaktion über ihn aus? Fragen wie diese löste „Cat Person“ bei mir aus, die Kurzgeschichte der Autorin, die einen viralen Hype auslöste.

Neben dieser sind elf weitere Storys im Buch enthalten. Da geht es zum Beispiel um einen Herzensbrecher, der eigentlich nur nett sein wollte. Ein Paar, das seinen Couchgast beim Sex lauschen lässt oder einem Tinder-Date mit masochistischen Vorlieben. Einem kleinen Mädchen, das sich etwas Böses wünscht. Einer Frau mit einer mysteriösen Hautkrankheit, der alle sagen, dass es psychisch bedingt ist. Einer anderen, die mithilfe eines Zauberspruchs einen Mann heraufbeschwört und entscheiden muss, was sie mit ihm macht. Und schließlich einer Frau, die beharrlich vom Gedanken verfolgt wird, ihren neuen nervigen Kollegen zu beißen.

Was mich an dieser Sammlung von Storys begeistert hat ist die thematische Vielfalt und vor allem das Geschick, mit dem es der Autorin gelingt, ganz besondere Gefühle zu beschreiben. Zum Beispiel den Reiz des Verbotenen; ein scheinbar unstillbares Verlangen; das Gefühl der Ohnmacht in Anbetracht eines nicht greifbaren Kontrahenten; das Verrennen in eine fixe Idee oder das Gefühl, aus Versehen in einer Beziehung gelandet zu sein und nicht zu wissen, wie man aus der Nummer elegant herauskommt.

Die Ausgangspunkte der Geschichten sind meist alltäglich und die anfänglichen Entwicklungen nicht allzu abwegig. Doch schließlich überschreitet die Autorin immer wieder bewusst Grenzen, sie holt den Leser mit verstörenden und dunklen Szenen aus seiner Komfortzone und bringt ins Nachdenken. Dabei enden die Geschichten oft im Dramatischen und teils Surrealen, andere mit einem Augenzwinkern.

Die Mehrheit der Storys hat ein recht klares Ende und jede von ihnen ist alles andere als langweilig. Mir haben manche Geschichten deutlich besser gefallen als andere und bei einigen war ich schlichtweg verwirrt und fragte mich, was genau das jetzt sein sollte. Aber immer wieder trafen die beschriebenen Szenen bei mir einen Nerv und resonierten. Die Autorin übertreibt oft bewusst und fängt dabei gleichzeitig die Lebensgefühle der Generation der Millennials ein. Aus meiner Sicht ist für jeden Leser etwas dabei und ich tippe darauf, dass jeder einen anderen Favoriten haben wird. Insgesamt eine wirklich gelungene Sammlung von Storys, die ich gerne weiterempfehle.

Veröffentlicht am 16.12.2018

Ein Sommer in Speziale ist erst der Anfang dieses emotional packenden Romans

Den Himmel stürmen
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Jeden Sommer fährt Teresa gemeinsam mit ihrem Vater von Turin in den Süden nach Speziale, um dort einige Wochen im Haus ihrer Großmutter zu leben. Dort wecken die Nachbarjungen Bern, Tommaso und Nicola ...

Jeden Sommer fährt Teresa gemeinsam mit ihrem Vater von Turin in den Süden nach Speziale, um dort einige Wochen im Haus ihrer Großmutter zu leben. Dort wecken die Nachbarjungen Bern, Tommaso und Nicola ihr Interesse. Die drei gehen nicht zur Schule, sie werden auf dem Hof unterrichtet und helfen dort tatkräftig mit. Teresa taucht ein in ihr Leben und fiebert anschließend das ganze Jahr auf den nächsten Sommer hin. Schließlich beginnt sie eine heimliche Beziehung mit Bern. Doch im folgenden Sommer scheint er spurlos verschwunden, irgendetwas ist vorgefallen. Aber was? Nach mehreren Jahren Unterbrechung kommt Teresa schließlich wieder nach Speziale und trifft eine folgenreiche Entscheidung.

Gleich zu Beginn des Buches erlebt der Leser an Teresas Seite den Moment, an dem sie die drei Jungen vom Nachbargrundstück das erste Mal sieht. Sie sind nachts in ihren Pool eingedrungen und haben sich dort nackt ins Wasser gestürzt. Ihr Vater und der Hausmeister vertreiben sie, und so sieht Teresa Bern, Tommaso und Nicola am nächsten Morgen wieder, als sie kommen, um sich zu entschuldigen. Ich konnte ihre Neugier, mehr über die wagemutigen Nachbarjungs herauszufinden, gut nachvollziehen.

Das Leben auf dem benachbarten Hof fasziniert Teresa, die aus wohlsituierten Verhältnissen kommt. Dort muss jeder mit anpacken, damit sie sich möglichst selbst versorgen können. Die Jungen gehen nicht zur Schule, sondern werden von ihrem religiösen (Pflege-)Vater selbst unterrichtet. Teresas Vater und Großmutter beobachten mit Argwohn, wie sie dort immer mehr Zeit verbringt, ihnen sind die Nachbarn, die sich verhalten wie in einer Sekte, suspekt.

Das Buch macht viele Zeitsprünge und nimmt den Leser zunächst mit von Sommer zu Sommer. Die Charaktere werden älter und zwischen Teresa und Bern bahnt sich etwas an. Doch nicht alles läuft so, wie sie es sich vorstellt. Es kommt zu einem ersten Bruch in der Geschichte, als Teresa den Hof im folgenden Sommer verändert und ohne Bern vorfindet. Hier wird schließlich ein Perspektivenwechsel eingeschoben: Jahre später füllt Tommaso rückblickend Teresas lückenhaftes Wissen darum, was in der Zwischenzeit geschehen war. Allmählich kommt ans Licht, dass manche Geheimnisse jahrelang gehütet und fatale Ereignisse verschwiegen wurden.

Zurück in der Vergangenheit sind die Charaktere erwachsen geworden und müssen wegweisende Entscheidungen im Hinblick auf ihr berufliches Leben treffen. Teresa entschließt sich zum Entsetzen ihrer Eltern dazu, bis auf Weiteres in Speziale zu bleiben. Dort versucht sie mit anderen, mit begrenzten Mitteln ein möglichst naturverbundenes Leben zu führen. Doch auch diese Konstellation erweist sich als fragil. Unterschiedliche Vorstellungen, wie weit man für seine Überzeugungen gehen sollte, trennen die Charaktere erneut.

Der Autor erzählt eine Geschichte von Zusammenhalt und Liebe, dem Streben nach einem selbstbestimmten Leben und Verbundenheit, die zum Verhängnis werden kann. Neugierig las ich weiter, um zu erfahren, ob die Charaktere das erreichen werden, wonach sie streben. Die Atmosphäre wird dabei immer düsterer, denn manche Fehlentscheidungen lassen sich nicht wieder gutmachen. Die Beteiligten müssen mit den Konsequenzen leben und so treten Themen wie das Auseinanderleben und Loslassen ebenso wie Reue und Zorn in den Vordergrund. Wer wird vergeben können, und zu welchem Preis? Mich konnte das Buch emotional packen und begeistern. Sehr gerne empfehle ich diesen Roman weiter!

Veröffentlicht am 16.12.2018

Es geht etwas vor sich in dieser Bungalowsiedlung der 80er Jahre

Kampfsterne
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„Kampfsterne“ von Alexa Hennig von Lange nimmt den Leser mit in eine Bungalowsiedlung in den 80er Jahren. Nach außen hin will man den schein der Vorstadtidylle aufrecht erhalten, in der jedes Kind ein ...

„Kampfsterne“ von Alexa Hennig von Lange nimmt den Leser mit in eine Bungalowsiedlung in den 80er Jahren. Nach außen hin will man den schein der Vorstadtidylle aufrecht erhalten, in der jedes Kind ein Instrument lernt und seine Sonderbegabung gefördert wird, die Mutter am Herd die besten Kuchen zaubert und der Vater arbeiten geht und die Familie beschützt. Doch hinter dieser Fassade findet man eine ganz andere Realität. Die Autorin lässt verschiedene Kinder und Eltern zu Wort kommen. Jeder hat seinen ganz eigenen Blick auf die Situation. Da ist zum Beispiel kleine Lexchen, das alles wunder-wunderschön findet, aber auch weiß, dass ihre Mutter Ulla geschlagen wird und ihre große Schwester Cotsch, die sich von allen verarscht fühlt und in den Augen von Ullas Freundin Rita gefährlich wie ein fliegender Kampfstern ist. Rita, die auf Ullas Leben neidisch ist und für ihre eigene Familie keine Liebe übrig hat. Der Autorin gelingt es, die Figuren lebendig werden zu lassen und ließ mich in menschliche Abgründe blicken. Scheinbar unausweichlich steuert alles auf eine Katastrophe hin. Ich fand es spannend, die Ereignisse aus so vielen verschiedenen Blickwinkeln zu sehen, durch welche die unterschiedliche Wahrnehmung der Kinder und Eltern und ihre Meinung übereinander ans Licht kommen.

Veröffentlicht am 16.12.2018

Große Leseempfehlung!

Blasmusikpop oder Wie die Wissenschaft in die Berge kam
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Das Bergdorf St. Peter am Anger steht im Mittelpunkt dieses skurrilen literarischen Romans. In den 50er Jahren zieht es Johannes Gerlitzen, der sich bislang als Holzschnitzer betätigte, zum Unverständnis ...

Das Bergdorf St. Peter am Anger steht im Mittelpunkt dieses skurrilen literarischen Romans. In den 50er Jahren zieht es Johannes Gerlitzen, der sich bislang als Holzschnitzer betätigte, zum Unverständnis aller hinaus in die Stadt, wo er Doktor und Bandwurmforscher werden will. Jahrzehnte später eifert Johannes A. Irrwein seinem Großvater in Sachen Forschungsbestrebungen nach. Bald soll er jedoch herausfinden, dass ihm ein anderes Fachgebiet als die Biologie mehr liegt. Die Geschichte blickt mit einem Augenzwinkern auf das dörfliche Leben und konnte mich mit scharfzüngigen Dialogen und irrwitzigen Szenen begeistern. Irgendwo zwischen Gesellschaftsstudie und Entwicklungsroman bietet dieses Buch beste Unterhaltung. Große Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 16.12.2018

Ein lesenswertes Buch

Töchter
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In „Töchter“ von Lucy Fricke begeben sich die Freundinnen Martha und Betty auf eine ungewöhnliche Reise. Marthas Vater hat weit fortgeschrittenen Krebs und will von ihr in seinem alten Golf von Hannover ...

In „Töchter“ von Lucy Fricke begeben sich die Freundinnen Martha und Betty auf eine ungewöhnliche Reise. Marthas Vater hat weit fortgeschrittenen Krebs und will von ihr in seinem alten Golf von Hannover in die Schweiz gefahren werden, um dort zu sterben. Betty soll Martha zur Seite stehen. Aus der Fahrt mit klarem Ziel wird bald jedoch ein Roadtrip, auf dem sich die Beteiligten mit einigen essentiellen Fragen auseinander setzen. Wie sehr prägen die eigenen Eltern und deren Lebenswandel? Wie schließt man mit den Enttäuschungen der Vergangenheit ab? Und was passiert, wenn Rollen sich umdrehen? Die Sprache der Autorin hat mir sehr gut gefallen. Es gab viele Sätze, die ich bewusst mehrfach gelesen habe, weil ich sie so treffend und nur allzu wahr fand. Dennoch konnte mich das Buch emotional nicht so packen, wie ich es gern gewollt hätte. Das ernste Grundthema wird immer wieder durch turbulenten und skurrilen Szenen aufgelockert, es gibt aber auch viele rührende Momente. Insgesamt definitiv ein lesenswertes Buch!