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Veröffentlicht am 08.04.2018

Eine grausame Mordserie und ein Täter mit Fliegenmaske

Im Kopf des Mörders - Kalte Angst
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Es ist der erste Mordfall nach der Auszeit von Oberkommissar Max Bischoff: In Düsseldorf-Gerresheim wurden ein Junge und sein Vater vor den Augen der Mutter ermordet. Der Täter trug eine Fliegenmaske und ...

Es ist der erste Mordfall nach der Auszeit von Oberkommissar Max Bischoff: In Düsseldorf-Gerresheim wurden ein Junge und sein Vater vor den Augen der Mutter ermordet. Der Täter trug eine Fliegenmaske und hat mit verzerrter Stimme gesprochen. Max geht der Fall besonders nahe, sieht er doch immer wieder Jenny vor sich. Kurz darauf schlägt die Fliegenmaske erneut zu und bringt einen Mann um. Max und sein Partner Böhmer setzen alles daran, einen Ansatzpunkt zu finden, um weitere Morde zu verhindern. Ausgerechnet ein Insasse der Forensischen Psychiatrie in Langenfeld scheint voraussagen zu können, was als nächstes passiert. Doch er will nur gegen Freilassung kooperieren. Für Max und Böhmer entsteht ein nervenaufreibender Wettlauf gegen die Zeit…

Nach dem nervenaufreibenden ersten Fall für Max Bischoff, der für ihn persönlich tragisch endete, war ich neugierig auf den zweiten Band der Reihe. Die Handlung spielt erneut in Düsseldorf und setzt einige Monate nach den Ereignissen des ersten Bandes ein. Als Böhmer ihn zu einem Tatort ruft, ist es für Max der erste Mordfall seit dem Geschehenen. Dieses hat er noch immer nicht ganz verarbeitet, weshalb er sehr emotional auf die neuesten Ereignisse reagiert. Trotzdem oder vielmehr gerade deswegen will er unbedingt dafür sorgen, dass der Täter gefasst wird.

In kurzen Kapiteln werden dem Leser die Mordszenen aus der Sicht eines Opfers beschrieben. Diese Kapitel sind blutig und schockierend – für meinen Geschmack war das zu viel, sodass ich sie nur überfliegen konnte. Spannend fand ich hingegen die Ermittlungen, bei denen die SoKo Fliege bald unter großem Zeitdruck steht, um weitere Morde zu verhindern. Spurensuche und Befragungen nehmen nur wenig Raum ein. Stattdessen fokussieren sich Max und Böhmer schnell auf den Insassen der Forensischen Psychiatrie, der etwas über den Verlauf der Mordserie zu wissen scheint.

Das Tempo der Geschichte ist hoch und die Zeit, etwas über den Täter herauszufinden, ist mehr als knapp. Ich fand die Idee, das ausgerechnet ein eingesperrter Mörder als einziger Hinweise zu den laufenden Ermittlungen geben kann, gelungen. Die Gespräche mit ihm gestalten sich als zäh, da er zum einen in seiner eigenen Welt zu leben scheint und zum anderen nicht kooperieren will, wenn ihm keine Freiheit zugesagt wird. Immer wieder sprechen Max und Böhmer mit ihm und erhalten kleine Informationsbrocken, mit denen sie arbeiten müssen. Gut konnte ich die Verzweiflung und den Druck nachvollziehen, der auf der ganzen Soko und insbesondere Max lastet.

Etwas schade fand ich, dass für alle anderen Formen der Ermittlungen nur wenig Zeit bleibt. Max und Böhmer beschränken sich auf wenige Fragen und dem Täter gelingt es scheinbar, ohne irgendwelche Spuren zu den Tatorten zu gelangen und sie wieder zu verlassen. Zum Ende hin kann sich das Buch in Sachen Spannung noch einmal steigern. Schließlich erwartet den Leser eine große Überraschung, die mich in Sachen Plausibilität jedoch nicht hundertprozentig überzeugen konnte. Ein Cliffhanger auf den letzten Seiten zeichnete sich schon länger ab und konnte meine Neugier auf den dritten und wahrscheinlich letzten Teil der Reihe wecken.

In „Kalte Angst“ wird Max Bischoff zum ersten Mal seit seiner Auszeit mit Morden konfrontiert, die er aufklären soll. Ich fand es interessant, dass ausgerechnet ein nicht allzu kooperationswilliger, eingesperrter Mörder der einzige Hinweisgeber ist. Max ist ein authentischer Charakter, der sich trotz seiner emotionalen Schieflage für die Ermittlungen brennt und mit dem ich mitfiebern konnte. Wer interessiert daran ist, mehr über ihn und seine Fälle zu erfahren, der startet am Besten mit dem ersten Teil „Tiefe Narbe“. Eine bislang gelungene Reihe, die ihr Niveau im zweiten Band halten kann.

Veröffentlicht am 08.04.2018

Olgas Geschichte

Olga
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Olga hat schon als Kind gern ihre Umgebung beobachtet. Als ihre Eltern sterben, nimmt ihre Großmutter sie zu sich in ein kleines Dorf in Pommern. Dort lernt sie Herbert kennen, der am liebsten rennt, so ...

Olga hat schon als Kind gern ihre Umgebung beobachtet. Als ihre Eltern sterben, nimmt ihre Großmutter sie zu sich in ein kleines Dorf in Pommern. Dort lernt sie Herbert kennen, der am liebsten rennt, so schnell und oft es geht. Sie freundet sich mit ihm und seiner Schwester Viktoria an, Sprösslinge einer wohlhabenden Familie. Olga möchte Lehrerin werden, während Herbert sich zwar zu ihr hingezogen fühlt, aber immer wieder das Abenteuer in der Ferne sucht. Jahrzehnte möchte ein junger Freund Olgas das Unausgesprochene in ihrer Lebensgeschichte aufdecken, um zu verstehen.

„Olga“ ist ein Buch, das aus drei ganz verschiedenen Teilen besteht. Es gibt dem Leser Einblicke in das Leben von Olga Rinke und lässt ihn schließlich auch hinter die Kulissen schauen. Wer einen emotionalen Roman erwartet, muss sich ein wenig gedulden. Denn erst einmal beginnt ein personaler Erzähler, in recht nüchternem Ton über Olgas Leben zu erzählen.

In diesen Kapiteln lernte ich Olga als strebsame Persönlichkeit kennen, die aus bescheidenen Verhältnissen kommt. Ihr Ziel ist es, Lehrerin zu werden, wozu sie sich das nötige Wissen selbst beibringen muss. Herbert ist dabei oft an ihrer Seite, während sich Viktoria mit den Jahren von ihr entfernt und nach standesgemäßen Freundinnen sucht. In hohem Tempo erhält man einen Abriss ihrer Kindheit und Jugend, der sich entwickelnden Liebe zu Herbert und seinen immer neuen Abenteuern in der Ferne, ihrer Tätigkeit als Lehrerin, wie es ihr in den Weltkriegen ergangen ist und in der Zeit danach.

Nach dem ersten Teil hatte ich einen umfassenden Eindruck von Olgas Lebensweg. Wie auch Olga gern beobachtet, so steht man als Leser am Rand und blickt auf die Ereignisse. Offen bleibt die Frage, wie sie sich bei all dem gefühlt hat. Im zweiten Teil berichtet ein Ich-Erzähler, der deutlich jünger ist als Olga, von seiner Freundschaft zu ihr, die in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg begann. Er vermittelt dem Leser seinen persönlichen Eindruck der gealterten Olga, die ihm seit seiner Kindheit gern Geschichten über Herberts Abenteuer erzählt und zu der er auch als Erwachsener Kontakt hält. Sein Bericht hat sich für mich ein wenig in die Länge gezogen. Schließlich stößt er auf alte Briefe, die Olga an Herbert geschrieben hat.

Im letzten Teil des Buches sind eben diese Briefe abgedruckt und vermitteln dem Leser ein noch klareres Bild von Olga. Endlich kommt sie selbst zu Wort. Alles Unausgesprochene, ihre Gefühle und Geheimnisse, hat sie hier festgehalten. Ihre Worte konnten mich berühren und ich begriff das ganze Ausmaß ihrer tragischen Geschichte und wie sie an Scheidewegen im Leben zu ihren Entscheidungen kam. Herbert bleibt eine Figur in der Ferne, die mehr ab- als anwesend ist, ein Objekt der Sehnsucht und vergeblicher Hoffnungen. Mir hat die schrittweise Annäherung an die Figur Olgas sehr gefallen. Das Buch zeichnet das Portrait einer entschlossenen und intelligenten Frau und ihrer großen Liebe vor dem Hintergrund des 20. Jahrhunderts. Ich gebe eine klare Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 08.04.2018

Ein romantischer Kurzroman

Nachts an der Seine
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Die Engländerin Nell freut sich sehr auf ihren ersten Paris-Besuch. Gemeinsam mit ihrem Freund Pete will sie dort ein romantisches Wochenende verbringen. Doch am Bahnhof wartet die Enttäuschung: Pete schafft ...

Die Engländerin Nell freut sich sehr auf ihren ersten Paris-Besuch. Gemeinsam mit ihrem Freund Pete will sie dort ein romantisches Wochenende verbringen. Doch am Bahnhof wartet die Enttäuschung: Pete schafft es nicht rechtzeitig zum Zug. Zweifelnd macht sich Nell allein auf den Weg: Wie soll sie sich bloß in der fremden Stadt zurecht finden? Es droht, ein ernüchternder Ausflug zu werden. Doch dann lernt sie Fabien aus Paris kennen und handelt entgegen ihrer üblichen Art völlig spontan.

Das Cover zeigt die Silhouette einer Frau, die mit einem Glas Wein allein vor der nächtlichen Silhouette von Paris sitzt. Das könnte Nell an ihrem ersten Abend in der Stadt der Liebe sein. Versetzt von ihrem Freund Pete, der nicht weiß, ob er es überhaupt noch nach Paris schafft, erhält sie den Tipp für ein Café, in dem man auch gut allein sitzen kann. Ich konnte Nells Enttäuschung absolut nachvollziehen und auch ihre Überlegung, ob sie nicht doch zurück und zu ihren Freundinnen fahren soll, denen sie wegen des Paristrips abgesagt hat.

Nell ist ein zurückhaltender, nicht sonderlich abenteuerlustiger Charakter. Allein in einer fremden Stadt zu sein stellt für sie eine Ausnahmesituation dar, die sie verunsichert. Als erste Dinge schief gehen wächst ihr Wunsch, ohne großes Programm auf die Rückfahrt zu warten. Deshalb habe ich mich sehr für sie gefreut, als sie sich doch noch dazu erschließt, die Stadt zu erkunden. Dabei lernt sie den sympathischen Pariser Fabien kennen, von dem man sich als Leser in kurzen Kapiteln schon einen Eindruck verschaffen konnte.

Nells Abenteuer in Paris passt sehr gut zu dem Charakter, den ich bis dahin kennengelernt hatte. Erst zaghaft, dann immer mutiger lässt sie sich auf die Stadt und Fabien ein. Es kommt zu vielen einfach schönen Momenten. Doch auch der Gedanke an Pete lässt sich nicht ganz beiseite drängen und stimmt sie nachdenklich. Sie fragt sich, was sie wirklich will. Für die Umsetzung der Antwort muss sie über ihren eigenen Schatten springen, wodurch auch noch ein wenig Spannung aufkommt. Nells Ausflug nach Paris läuft ganz anders als geplant und ist genau deshalb ein absolut gelungener, romantischer Kurzroman!

Veröffentlicht am 08.04.2018

Lo hat einen Mord gehört – doch warum glaub ihr niemand?

Woman in Cabin 10
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In wenigen Tagen soll Lo Blackwood Teil einer exklusiven Kreuzfahrt zu den norwegischen Fjorden werden. Von diesem Plan lässt sie sich auch nicht abbringen, als jemand in ihre Wohnung einbricht und sie ...

In wenigen Tagen soll Lo Blackwood Teil einer exklusiven Kreuzfahrt zu den norwegischen Fjorden werden. Von diesem Plan lässt sie sich auch nicht abbringen, als jemand in ihre Wohnung einbricht und sie im Schlafzimmer einsperrt. Denn als Reisejournalistin macht sie die Reise stellvertretend für ihre Chefin – das ist ihre Chance, sich zu beweisen! Doch in der ersten Nacht an Bord glaubt sie zu hören, wie jemand über Bord geht, und sieht eine Blutspur. Und die Frau aus Kabine 10, mit der sie am Abend zuvor gesprochen hat, ist verschwunden. Doch niemand glaubt Lo – denn Kabine 10 ist leer, und keiner der wenigen Menschen an Bord hat die Frau je gesehen…

Wie viele Menschen jedes Jahr auf Kreuzfahrt gehen und auf hoher See verschwinden weiß ich spätestens seit Fitzeks „Passagier 23“. Deshalb war ich neugierig auf einen neuen Thriller in so einem vorübergehend vom Rest der Welt abgeschnittenen Schauplatz. Bevor Lo die Gangway betritt wird der Leser Zeuge eines traumatischen Ereignisses: Jemand bricht bei ihr ein und sie steht der vermummten Person einen Moment lang gegenüber, bevor diese ihr die Tür vor den Kopf schlägt und sie in ihrem Schlafzimmer einsperrt. Ich konnte absolut nachvollziehen, wie erschüttert Lo nach diesem Vorfall ist und ebenso, dass sie die Kreuzfahrt trotzdem antreten will.

Schon bald geht die Reise los und Lo findet sich zwischen anderen Reisejournalisten, Fotografen und millionenschweren Investoren an Bord der luxuriösen „Aurora Borealis“ wieder. Beim Networken weiß sie noch nicht so recht zu überzeugen, und ausgerechnet ihr Exfreund Ben ist als Journalist ebenfalls an Bord. Doch all das rückt bald in den Hintergrund, als sie glaubt, Zeugin eines Mordes geworden zu sein. Schnell ist klar, dass alle handfesten Beweise dafür vernichtet wurden – oder hat Lo sich das ganze nur eingebildet?

Obwohl ihr niemand glaubt lässt sie nicht locker und beginnt, die Passagiere und die Crew zu befragen, Vermutungen und Verdächtigungen aufzustellen. Dabei geht sie nicht sonderlich geschickt vor und das Ganze zog sich für mich ein wenig in die Länge. Immer wieder kommt es zu kleinen Vorfällen, die alle möglichen Ansatzpunkte vernichten. Das brachte ein wenig Spannung in die ansonsten eher mysteriöse Situation und ließen mich zweifeln, ob all das denn nun wirklich passiert oder sich nur in Los Kopf ereignet.

Im letzten Buchdrittel kommt es zu einem gelungenen Plot Twist, welcher Dramatik bietet und schließlich auch Antworten liefert. Hier beweist die Geschichte, dass doch noch ein Psychothriller in ihr steckt, und bietet Momente, die mich hoffen und bangen ließen. Die Seiten verflogen plötzlich im Nu und die spannende Frage, wem man überhaupt trauen kann, steht im Raum. Allerdings laufen durch den Twist einige Handlungsstränge ins Leere und werden nicht wieder aufgegriffen. Das Verhalten einiger Charaktere bleibt für mich nicht ganz nachvollziehbar. Ein beängstigendes Szenario wird aufgebaut, das leider nicht ganz rund geschliffen ist.

In „Woman in Cabin 10“ glaubt Lo, Zeugin eines Mordes geworden zu sein. Doch alle möglichen Beweise wurden vernichtet – oder gab es sie nie? Nach einem dramatischen Start weist das Buch bei Los Versuchen, irgendetwas über den Vorfall herauszufinden, trotz mysteriöser Zwischenfälle kleine Längen auf. Schließlich kann die Geschichte in Sachen Spannung noch einmal ordentlich punkten und bot ein psychologisch aufreibendes Finale. Ich vergebe knappe vier Sterne für Los persönliche Höllen-Kreuzfahrt.

Veröffentlicht am 08.04.2018

Skurril, berührend und unterhaltsam

Bittersüß wie Pecannüsse
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Willow ist das Nesthäkchen der Familie. Ihre Mutter Polly war schon achtundfünfzig Jahre alt und ihr Vater seit acht Monaten tot, als sie zur Welt kam. Weil Polly so viel älter ist als die Mütter von Willows ...

Willow ist das Nesthäkchen der Familie. Ihre Mutter Polly war schon achtundfünfzig Jahre alt und ihr Vater seit acht Monaten tot, als sie zur Welt kam. Weil Polly so viel älter ist als die Mütter von Willows Freundinnen, überdies raucht wie ein Schlot und zu viele Margaritas trinkt lebt Willow in ständiger Angst, dass ihre Mutter sterben könnte. Davon will Polly nichts hören. Sie ist vollauf beschäftigt mit der Pflege ihres Gartens, wobei sie in Südstaaten-Manier mit Platzpatronen und Elektroschocker Eichhörnchen vertreibt und mit ihren Zaun-Nachbarn ständig im Clinch liegt. Warum sie in ihrer Jugend aus Louisiana geflohen ist verrät sie nicht. Als Willow Hinweise auf eine alte Liebe findet ist sie entschlossen, mehr über die Vergangenheit ihrer Mutter herauszufinden.

Das Buchcover ziert ein Pecannuss-Baum, wie er in Pollys Garten steht. Ich war gespannt auf die bittersüße Geschichte, die mir der Titel versprach. Gleich zu Beginn erklärt Willow, warum die Angst um ihre Mutter bei ihr stets präsent ist – Polly ist so viel älter als die anderen Mütter, dass sie in der Schule sogar behauptet, sie wäre die älteste Mutter auf der Welt. Es könnte zum Beispiel der Bär – in der Familie wird das Wort Krebs nicht in den Mund genommen – kommen und sie erwischen. Ihr Vater ist kurz nach ihrer Zeugung gestorben und ihre beiden Geschwister sind längst erwachsen und ausgezogen, sodass sie das Gefühl hat, die Geschichte ihrer Familie verpasst zu haben. Willow denkt sich gern Geschichten aus und neigt zu Übertreibungen, was sie in so manche verzwickte Situation bringt.

Die rund 300 Seiten decken einen Zeitraum von mehreren Jahren ab. Willow ist elf Jahre alt, als sie von ihrem Bruder den Tipp erhält, nach alten Briefen zu suchen, die Hinweise auf die Vorfälle in Pollys Jugend geben. Gemeinsam mit ihrem besten Freund Dalton macht sie sich auf die Suche und wird prompt erwischt – alles, was ihr bleibt, ist ein Vorname und eine Absendeadresse in Louisiana. Ich hatte erwartet, dass Willow hier intensiver nachforscht, doch die Suche nach Antworten kommt nur schleppend voran und gerät immer wieder in den Hintergrund.

Stattdessen lernt man insbesondere Polly besser kennen. Sie ist ein echter Südstaaten-Charakter und stolz darauf. Es gibt viele amüsante Szenen, in denen sie zum Beispiel mit Willow über den Elektroschocker gegen Eichhörnchen streitet oder die Nachbarskinder verflucht, die ihr gegenüber keinerlei Respekt zeigen. Mit ihrer schroffen Art wurde sie mir bald sympathisch. Ihre drastischen Handlungen gingen mir manchmal etwas zu weit, bringen aber auch sie selbst ins Nachdenken.

Die gelegentlichen Besuche von Willows Geschwistern Shed und Lisa geben Einblicke, wie das Familienleben vor Jahren ausgesehen hat. Doch einen echten Zugang findet Willow zu beiden nicht und ich konnte gut verstehen, warum sie immer wieder das Gefühl hat, eine Außenstehende zu sein. Immerhin hat sie ihren besten Freund Dalton, der ihr jederzeit bereitwillig seine Hilfe anbietet. Doch mit den Jahren müssen sich die beiden Fragen, ob sie nur Freundschaft verbindet oder da mehr ist.

Die verschiedenen Szenen konnten mich unterhalten, liefern aber leider keinerlei Antworten auf die Fragen nach Pollys Vergangenheit. Als es zu einer von Willow gefürchteten Entwicklung kommt wird der Ton schließlich ernster. Der Geschichte gelingt es trotzdem, nicht zu dramatisch zu werden. Der letzte Teil hat mir schließlich am Besten gefallen, denn endlich wird das große Geheimnis auf einen Schlag gelüftet und ich erhielt ordentlich Stoff zum Nachdenken. Es kommt zu berührenden, aber auch skurrilen Szenen, die ein schöner Abschluss sind und das offen lassen, auf das ich vom Buch auch keine Antwort haben wollte.

In „Bittersüß wie Pecannüsse“ lebt Willow in ständiger Angst, dass ihre Mutter Polly bald sterben könnte. Über mehrere Jahre hinweg werden oft amüsante und skurrile, aber auch nachdenklich stimmende Episoden erzählt, in denen es um Pollys Philosophie als Südstaaten-Lady, die Familie und Willows Erwachsenwerden geht. Willows Suche nach Antworten bezüglich Pollys Geheimnis hat leider nicht so viel Platz eingenommen hat wie erwartet. Die ungewöhnlichen Charaktere haben mich mir ihren nicht alltäglichen Weltansichten unterhalten können. Dafür vergebe ich vier Sterne.