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Nadines_Buecher

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Veröffentlicht am 21.05.2017

Dem Rauch sei Dank

Smoke
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Was zunächst anmutet wie ein viktorianischer Roman um zwei Jungen adliger Herkunft, die in einem Internat aufeinandertreffen und unterschiedlcher nicht sein können - Charlie, Sproß einer wohlhabenden Adelsfamilie, ...

Was zunächst anmutet wie ein viktorianischer Roman um zwei Jungen adliger Herkunft, die in einem Internat aufeinandertreffen und unterschiedlcher nicht sein können - Charlie, Sproß einer wohlhabenden Adelsfamilie, wohlerzogen und gutherzig und Thomas, Sohn einer verarmten Adelsfamilie, nach dem Tod des Vaters, der als Mörder verhaftet wurde, und der an Krebs erkrankten Mutter leicht verwahrlost und wild aufgewachsen, dementsprechend düster und aufbrausend - entpuppt sich jedoch bald als sozial- und systemkritischer Roman, in dem es darum geht, Freund und Feind zu erkennen, aber auch die feinen Nuancen dazwischen zu entdecken, sich eine eigene Meinung zu bilden und zwischen eigenen, aber auch visionären und die Gesamtheit betreffenden Entscheidungen abzuwägen. Über allem schwebt der Rauch, den man bei der Lektüre beinahe schmecken, riechen, seine ölige Konsistenz fühlen kann. Der Rauch, der beim bloßen Gedanken an eine Sünde entsteht und dem Menschen entweicht. Doch sollte der Rauch, den es offenbar nicht bereits seit Anbeginn der Menschheit gibt - oder ist dies auch bloß erfunden? - nicht doch etwas sein, was es zu akzeptieren gilt, um sich anderen Problematiken - der sozialen Situation in London zu dieser Zeit beispielsweise - anzunehmen? Ist er nur Symbol oder greifbar, um auf andere Missstände hinweisen zu können, Mittel zum Zweck? Dies müssen Thomas, Charlie und Livia, die Tochter der Revolutionärin Lady Naylor und mit Thomas weitläufig verwandt, auf einem Langen Weg der Irrungen, Wirrungen, inneren und äußeren Herausforderungen und Gewissensprüfungen herausfinden.

Keine leichte Lektüre, sowohl thematisch als auch vom Aufbau der Geschichte her gesehen nicht. Leserin und Leser lernen viele verschiedene Perspektiven kennen, wobei nicht immer durch eine Kapitelüberschrift sofort klar wird, wer die nächste Sequenz erzählt. Kommen doch die meisten Charaktere, die im Buch auftauchen, zu Wort. Hinzu kommen inhaltsschwere Einleitungen zu den einzelnen Teilen des Buchs, Zitate aus historischen Werken und von bedeutenden Persönlichkeiten, fiktional und real. Daneben werden nicht alle losen Enden verknüpft, das Ende bleibt offen. Was zum Nachdenken anregen soll, lässt einen jedoch an einigen Stellen (leider) an eine Wand aus Rauch stoßen.

Keine leichte Lektüre zur bloßen Unterhaltung, der Rauch möchte, dass man sich mit ihm auseinandersetzt. Ebenso wie dies die handelnden Charaktere einfordern. Ein arbeitsintensives Werk, Respekt an den Autor.

Veröffentlicht am 13.05.2017

Ein Frauenroman: Gefundene Geschichten

Mr. Peardews Sammlung der verlorenen Dinge
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Verloren – hat Anthony die Frau seines Lebens, die er heiraten wollte, am gleichen Tag wie er auch das Medaillon mit der heiligen Therese der Rosen, das ihm seine Therese zum Dank für den für sie angelegten ...

Verloren – hat Anthony die Frau seines Lebens, die er heiraten wollte, am gleichen Tag wie er auch das Medaillon mit der heiligen Therese der Rosen, das ihm seine Therese zum Dank für den für sie angelegten Rosengarten schenkte, so dass es ihn immer an sie erinnert, verloren hat.
Verloren – hat Laura ihr Selbstbewusstsein, als die Ehe mit Dandy Vince scheitert, für den sie auf ein Studium verzichtete und immer mehr Kompromisse einging.
Verloren – wenn auch im übertragenen Sinne, hat Eunice an ihrem 21. Geburtstag den Mann, den sie Zeit ihres Lebens lieben wird.
Gefunden – hat Anthony seither eine Menge Dinge, die er liebevoll aufbewahrt, um sie irgendwann an ihre Besitzer zurückzugeben. Dies in der Hoffnung, dass er selbst irgendwann auch Thereses Anhänger zurückbekommen wird. In der Zwischenzeit schreibt der Schriftsteller Geschichten rund um die gefundenen Gegenstände.
Gefunden – hat Laura eine Anstellung bei Anthony, die ihr Leben verändern, ihr neue Freunde und eine Aufgabe bescheren wird.
Gefunden – hat Eunice den für sie wunderbarsten Job der Welt beim charismatischen Verleger Bomber.
Zwei Handlungsstränge, die Sequenzen aus dem Leben von Anthony, Laura, Eunice und Bomber nachzeichnen, kapitelweise nicht zu viel verraten, so dass immer wieder lose Enden zusammenfinden. Eingestreut sind die Momente des Verlusts der Gegenstände, die Anthony akribisch verwahrt, und die einen Einblick in die Schicksale ihrer Besitzerinnen und Besitzer geben.
Themen wie – unter anderem – Freundschaft, Behinderung, Homosexualität, ältere Frau liebt jüngeren Mann, unerwiderte Liebe, Krankheiten, Tod und Verlust in allen möglichen Facetten sind Teil der Geschichte.
Emotional, wunderhübsch erzählt, mit runden und interessanten Charakteren.

Veröffentlicht am 08.04.2017

Auftakt einer Mafia-Bad-Boy-Trilogie

Dark Mafia Prince
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Die Triologie um die Erben eines albanischen Mafia-Königs der Chicago beherrschte beginnt mit der Geschichte des ältesten Sohnes Aleksio. In den folgenden Bänden wird über Viktors und Kiros Geschichte ...

Die Triologie um die Erben eines albanischen Mafia-Königs der Chicago beherrschte beginnt mit der Geschichte des ältesten Sohnes Aleksio. In den folgenden Bänden wird über Viktors und Kiros Geschichte berichtet. Nach dem Mord an den Eltern durch den eigentlichen Freund der Familie, dem Mafioso Aldo Nikolla, werden die Jungen getrennt. Aleksio wird vom Mafia-Jünger Konstantin zur Kampfmaschine ausgebildet, um sich eines Tages seinen Thron zurückzuholen. Viktor, in einem russischen Waisenhaus aufgewachsen und von der dortigen Mafia rekrutiert, wird von Aleksio gefunden und folgt ihm nach Chicago. Um auf Kiros Spur zu kommen, kidnappen die Brüder Mira, die Tochter Aldos und einstige Spielgefährtin Aleksios. Doch der Mafia-Prinz hat die Lady und seine Gefühle für sie unterschätzt. Auch Mira, die mit einigen brutalen Wahrheiten konfrontiert wird, wird von Aleksio magisch angezogen. Die Story ist ok, wäre würde sie zu einem anderen Genre gehören ausgearbeiteter und runder dahergekommen. Doch schließlich geht es hier ja um die knisternde Erotik zwischen Aleksio und Mira.
Das Cover passt zum Titel und zur Beschreibung von Aleksio; man weiß also, was man bekommt.

Veröffentlicht am 08.04.2017

Zukunftsszenario, Gegenwartskatastrophe und Vergangenheitsdrama

Die Geschichte der Bienen
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Ein viele Generationen umspannendes und die ganze Welt beeinflussendes Thema: Die Leben ermöglichende Arbeit der fleißigen Honigbienen. Während der Forscher William in den 1850er Jahren in England die ...

Ein viele Generationen umspannendes und die ganze Welt beeinflussendes Thema: Die Leben ermöglichende Arbeit der fleißigen Honigbienen. Während der Forscher William in den 1850er Jahren in England die Bienen und ihre Zähmung erforscht, aber anderen Wissenschaftlern immer einen Schritt hinterherzuhinken scheint was ihm nicht nur eine Depression beschert und nicht erkennen lässt, welches seiner Kinder seine Leidenschaft für die Wissenschaft teilt , kämpft Imker George in den 2000er Jahren in den USA gegen das Bienensterben und um die Gunst seines Sohnes Tom, der mehr am Journalismus als an Landwirtschaft interessiert scheint. Tao, die junge Chinesin aus einer unheilvollen Zukunft - dem Jahr 2098-, in der Europa und USA untergegangen und die chinesischen Städte dem Verfall preisgegeben sind, muss ihren Sohn Wei-Wen, der nicht die Eigenschaften seiner Mutter teilt, für China, die ganze Menschheit opfern. Doch um dies zu begreifen muss die verzweifelte Mutter grausames erleben, allerdings kann sie endlich wieder ihren Intellekt und ihre Wissbegierde einsetzen. Ausgerechnet die Neuauflage und Überarbeitung eines Buchs, mit dem George fragte man ihn nach seinem Sohn nie gerechnet hätte, das William im Original kannte und aufgrund dessen er "seinen" Bienenstock entwickelte, der es über Jahrhunderte nicht zum Standard unter den Imkern brachte, nun aber einzig überliefertes und damit hoffnungsvolles Muster ist, bringt Tao auf die richtige Spur.
Eine Geschichte, die zum Nachdenken anregt was Nachhaltigkeit, Ökologie und der Erde bereits zugefügte Schäden betrifft, die in ein unheilvolles Szenario münden. Aber auch eine Geschichte über Eltern und ihre Kinder, Auflehnung und Enttäuschung darüber, über das Erbe der Leidenschaft, der Wissenschaft und des Familiensinns. Sehr gut zu lesen durch den angenehmen Sprachduktus und die Kapitel, die aus den Leben von William, George und Tao berichten - auch wenn das Berichtete gerade wenn es um Tao geht keinesfalls angenehm ist. Gerade die Kapitel ihrer Geschichte brechen die sonst angenehm dahinplätschernde Generationengeschichte auf, brutal und erschreckend.
Das Cover brilliert durch die detaillierte Darstellung der Biene, die auf der Seite liegt, offenbar tot ist. Und gleich möchte man herausfinden, was ihr geschehen ist. Der Titel verspricht dies durch die Geschichte der Bienen - und hält es auch.

Veröffentlicht am 13.03.2017

Generation Selbstzerstörung

Die Zeit der Ruhelosen
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"Ja, lesen ist das Einzige, was mich vollkommen glücklich gemacht hat." Damit rückt die Autorin Karine Tuil das geschriebene Wort, alle Autorinnen und Autoren seit der Verbreitung von literarischen Werken ...

"Ja, lesen ist das Einzige, was mich vollkommen glücklich gemacht hat." Damit rückt die Autorin Karine Tuil das geschriebene Wort, alle Autorinnen und Autoren seit der Verbreitung von literarischen Werken und die lehrende, heilende und euphorisierende Wirkung von Büchern in den Vordergrund.
Ihre Geschichte allerdings ist verstörend, erschreckend und - wie der Titel bereits verrät - ruhelos. Umso krasser, dass sie nur zu wahr sein könnte.
Macht, Geld, Politik in ihren facettenreichen Ausprägungen der Besessenheit, des Reichtums, der Willkür, des psychischen Drucks, der Diskriminierung, der Manipulation, des Opportunismus und der Liebe sind das Schicksal dreier Männer - dem französischen Telekommunikationsmogul Francois Vély, dem Soldaten Romain Roller und dem Nachwuchs-Politiker Osman Diboula, aber auch der Journalistin und Schriftstellerin Marion Decker, deren Wege sich im Roman kreuzen. Sie zerstören sich selbst oder werden zerstört - durch ihre Entscheidungen, die Entscheidungen anderer, das Erbe ihrer Vorfahren und ihrer Vergangenheit. Interessant zu lesen, wer der ruhelosen Protagonisten am Leben bleiben wird und sich auch lebendig fühlen wird.
Eine gesellschaftskritische Studie unserer Zeit, wie sie vielfältiger und abgründiger nicht sein könnte. Bis zur letzten Seite spannend zu lesen.
Das Cover spiegelt die Ruhelosigkeit, von der in Titel und Werk zu lesen ist, anhand der verschwommenen Figuren, wie sie einer der Protagonisten beim Vorbeihasten sehen aber nicht wahrnehmen würde.