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Veröffentlicht am 25.04.2024

Gelungene Mischung aus Wissen, Unterhaltung und Beschäftigung ab 8 Jahren

Große Kunstgeschichten. Hokusai
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Katsushika Hokusai (1760 – 1849) ist einer der bekanntesten Künstler Japans. In seinem Leben erschuf er mehr als 30.000 Gemälde, Drucke und Zeichnungen, die er mit den verschiedensten Signaturen versah. ...

Katsushika Hokusai (1760 – 1849) ist einer der bekanntesten Künstler Japans. In seinem Leben erschuf er mehr als 30.000 Gemälde, Drucke und Zeichnungen, die er mit den verschiedensten Signaturen versah. Im Laufe seiner Karriere wechselte er etwa 30 Mal seinen Namen. Geboren und aufgewachsen in Edo (dem heutigen Tokio) als Kawamura Tokitarō, begann er als Teenager eine Ausbildung zum Holzschneider. Mit 18 Jahren kam er mit dem so genannten Ukiyo-e-Stil in Berührung, der das Lebensgefühl in den großen Städten Japans einfangen sollte. Hokusai malte, was er um sich herum sah und das nicht, wie es damals üblich war, idealisiert, sondern die Wirklichkeit.

Die Reihe „Große Kunstgeschichten“ ist eine Kooperation mit dem Metropolitan Museum of Art in New York und soll die Kunst aus den Museen in die Lebensrealität von Kindern bringen. Die Verbindung aus den klaren, verständlichen Texten von Susie Hodge (übersetzt von Dr. Claudia Wagner) und den wunderbaren, farbenfrohen Illustrationen von Kim Ekdahl schildern Hokusais Leben, sein Werk und Kunstverständnis. Zahlreiche kleine Aufgaben (z.B. „Illustriere eine Geschichte“) zwischendurch und zwei größere am Ende, regen zur aktiven Beschäftigung mit dem Inhalt an. Ein Zeitstrahl der berühmtesten Werke und Begriffserklärungen liefern zusätzliche Informationen.

Der Künstler, der „Die große Welle von Kanagawa“ schuf, hatte jedoch auch seine humorvollen Seiten. So soll er in seinem Leben 93 mal umgezogen sein, weil er es hasste, zu putzen und aufzuräumen. Bei einem Malwettbewerb am Hofe des Shoguns malte er zunächst einen Fluss und ließ dann ein Huhn mit roter Farbe an den Füßen über das Papier laufen. Das seien Ahornblätter, die im Wasser schwimmen, so seine Erklärung. Und ein weniger lustiger Fakt: mit 50 Jahren wurde er vom Blitz getroffen.

Hokusai experimentiere sein Leben lang mit den unterschiedlichsten Stilen. „Ich muss so malen, wie mein Herz es mir sagt“, soll er einmal gesagt haben und ebenso will dieses Buch Kinder ab 8 Jahren dazu anregen, es ihm gleich zu tun. Eine wirklich gelungene Mischung aus Wissen, Unterhaltung und Beschäftigung – für Kleine und Große.

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Veröffentlicht am 24.04.2024

Cozy Fantasy über Familie und Gemeinschaft

Miss Moons höchst geheimer Club für ungewöhnliche Hexen
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Mika Moon ist eine Hexe – und einsam. Da die Regeln ihrer Gemeinschaft es so vorsehen, ist ihr nicht erlaubt, andere Hexen zu treffen oder gar mit ihnen zusammenzuleben. Um trotzdem ihre Magie mit anderen ...

Mika Moon ist eine Hexe – und einsam. Da die Regeln ihrer Gemeinschaft es so vorsehen, ist ihr nicht erlaubt, andere Hexen zu treffen oder gar mit ihnen zusammenzuleben. Um trotzdem ihre Magie mit anderen teilen zu können, eröffnet sie einen YouTube-Kanal und gibt für ihre Follower*innen vor, mit Spezialeffekten zu arbeiten. Doch dann meldet sich eines Tages Ian bei ihr und bittet sie, nach Nowhere House zu kommen, um dort drei junge Hexen zu unterrichten. Also macht Mika sich mit ihrer Golden Retriever-Hündin Circe auf, um sich die Sache einmal anzusehen.

„Miss Moons höchst geheimer Club für ungewöhnliche Hexen“ ist der erste Cozy Fantasy-Roman der Autorin Sangu Mandanna, die zuvor bereits Kinder- und Jugendbücher sowie im Genre Science Fiction veröffentlicht hat. Erzählt wird die Handlung von einem personalen Erzähler, der hauptsächlich die Perspektive von Mika einnimmt, uns aber auch gelegentlich einen Blick in die Gedanken- und Gefühlswelt anderer Figuren werfen lässt.

Mika wird in Nowhere House unterschiedlich gut aufgenommen. Während ihre Schützlinge Altamira und Rosetta sich freuen, endlich auf eine andere Hexe zu treffen, sind das dritte Mädchen – Terracotta – und der Bibliothekar Jamie ungewöhnlich misstrauisch. Terracotta boykottiert den Unterricht mit Mika und Jamie wäre es wohl am liebsten, sie würde einfach wieder verschwinden. Warum will er sie unbedingt loswerden? Und wo ist eigentlich die geheimnisvolle Hausherrin, Hexe Lillian Nowhere?

In ihrer Kindheit wurde die Waise Mika (aufgrund eines Fluches sind alle Hexen Waisen) von den unterschiedlichsten Kindermädchen aufgezogen, die nichts von ihren Kräften wissen durften. Ihren Vormund Primrose sah sie nur selten und hat daher nicht gelernt, konstante Beziehungen zu Menschen aufzubauen. Umso schöner ist es zu sehen, wie sie in Nowhere House zum ersten Mal lernt, was es bedeutet, Teil einer Gemeinschaft, ja einer Familie zu sein und sich gegenseitig zu unterstützen. Hier erinnert mich der Roman stark an TJ Klunes „Mr. Parnassus Heim für magisch Begabte“ - wer dieses Buch geliebt hat, sollte hier unbedingt zuschlagen.

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Veröffentlicht am 17.04.2024

Eine Geschichte zum Wohlfühlen

Das Mondscheincafe
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In einer Vollmondnacht kann es zufällig irgendwo in Kyoto auftauchen: das Mondscheincafé. Betrieben wird es von sprechenden Katzen und die menschlichen Gäste erhalten dort, neben einem extra für sie ausgesuchten ...

In einer Vollmondnacht kann es zufällig irgendwo in Kyoto auftauchen: das Mondscheincafé. Betrieben wird es von sprechenden Katzen und die menschlichen Gäste erhalten dort, neben einem extra für sie ausgesuchten Getränk und Dessert, auch gleich eine astrologische Lebensberatung. Da ist beispielsweise Mizuki, die früher eine erfolgreiche Drehbuchautorin war und jetzt Texte für Nebencharaktere aus Videospielen schreibt. Oder Takashi, der mit seinem Freund eine IT-Firma gegründet hat und bei dem in letzter Zeit alles zu misslingen scheint.

Die Autorin Mai Mochizuki, bisher bekannt für ihre Mangareihen „Alice in Kyoto Forest“ und „Holmes of Kyoto“ wurde durch eine Illustration der Künstlerin Chihiro Sakurada zu ihrem Roman „Das Mondscheincafé“ inspiriert. Das Motiv ist auch auf dem Cover abgebildet, was ich als eine wirklich gelungene Zusammenarbeit empfinde. Die Handlung wird in Kurzgeschichten erzählt, in denen jeweils eine oder mehrere Personen gemeinsam das mysteriöse Café besuchen. Nach und nach stellen wir fest, dass die Figuren alle miteinander verknüpft sind und ihre Leben sich gegenseitig beeinflussen.

Jede der Figuren, die mit dem Café in Berührung kommt, steht in ihrem Leben gerade an einem Scheidepunkt. Manche von ihnen knüpfen neue Beziehungen, manche stehen vor beruflichen Schwierigkeiten oder einem Neuanfang. Behutsam analysieren die Katzen mit Hilfe der Sterne, wo jede*r von ihnen steht und wie die Zukunft aussehen könnte. Das wirkt zwar etwas esoterisch, wenn man sich nicht mit Astrologie beschäftigt, aber es wird dabei auch viel über Charaktereigenschaften und Fähigkeiten der Figuren gesprochen. Diese sind manchmal etwas klischeehaft (die Schauspielerin mit Affäre, der unbeholfene IT-ler, die immer freundliche Friseurin, der schrille Stylist usw.), das mindert den Lesespaß aber kaum.

Mit dem Prolog und Epilog gibt es noch eine kleine Rahmenhandlung, die dem „Mondscheincafé“ einen Sinn und Zweck gibt, der mir wirklich sehr gut gefallen hat. Insgesamt ist es ein ruhiger Roman zum Wohlfühlen, von dem hoffentlich auch die weiteren Bände übersetzt werden.

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Veröffentlicht am 15.04.2024

Ein gewaltiger Roman über Wut und Solidarität

Und alle so still
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Elin ist Anfang zwanzig und arbeitet seit der Pandemie als Influencerin. Sie hat zwar eine große Anzahl an Followern, aber auch mit Anfeindungen zu kämpfen, die in einer gewaltvollen Erfahrung mit einem ...

Elin ist Anfang zwanzig und arbeitet seit der Pandemie als Influencerin. Sie hat zwar eine große Anzahl an Followern, aber auch mit Anfeindungen zu kämpfen, die in einer gewaltvollen Erfahrung mit einem Mann gipfeln. Nuri ist neunzehn und hält sich mit zahlreichen Nebenjobs über Wasser: als Barkeeper, als Kurier oder als „Bettenschubser“ in einem Krankenhaus. In eben diesem arbeitet Ruth, Mitte fünfzig, als Pflegerin und sieht sich jeden Tag einer scheinbar unlösbaren Aufgabe gegenüber. Die Lebenswege dieser drei kreuzen sich, als eines Tages Frauen aus Protest auf der Straße liegen.

„Und alle so still“ ist der vierte Roman aus der Feder der österreichischen Autorin Mareike Fallwickl. Erzählt wird wechselnd aus der Perspektive von Elin, Nurin und Ruth in der dritten Person und der Gegenwartsform, die dem Geschehen eine enorme Unmittelbarkeit verschafft. Wir befinden uns mitten im Geschehen und entdecken nach und nach mit den Figuren selbst, was sich da draußen in der Welt gerade abspielt. Zwischen die Kapitel der Charaktere sind immer wieder andere Erzählstimmen eingeschoben, die einer Pistole z.B. oder die einer Gebärmutter, die auf eine drohende Eskalation hinzuweisen scheinen.

Der Kern der Handlung mutet zwar dystopisch an, ist aber von erschreckender Realität. Die Mehrheit der Frauen hat im Roman genug von einem Leben im Patriarchat und protestiert, in dem sie von Zuhause fortgeht, Beruf, Mann und manchmal auch Kinder zurücklässt und still auf der Straße liegt. Vor einer Bestrafung fürchten die Frauen sich nicht, denn was soll man ihnen noch antun, was ihnen nicht schon längst angetan wurde? In diesem Chaos finden Elin, Nuri und Ruth zueinander, werden in Beziehung gesetzt und spielen, jede*r auf ganz eigene Art, eine große Rolle im Protest. Auch alte Bekannte aus „Die Wut, die bleibt“ treffen wir wieder.

„Und alle so still“ ist ein gewaltiger Roman über die Wut auf das Patriarchat und Solidarität untereinander, besonders aber unter Frauen. Er stellt sich die Frage, was alles möglich wäre, wenn wir irgendwann einfach nicht mehr mitmachen – was gleichzeitig Hoffnung und Schrecken bedeutet.

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Veröffentlicht am 15.04.2024

Eine nette kleine Geschichte

Frau Yeoms kleiner Laden der großen Hoffnungen
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Frau Yeom besitzt in Seoul einen kleinen 24 Stunden-Laden, den sie zum Leidwesen ihres Sohnes noch immer betreibt, obwohl er nur wenig Gewinn abwirft. Der würde stattdessen lieber verkaufen und das Geld ...

Frau Yeom besitzt in Seoul einen kleinen 24 Stunden-Laden, den sie zum Leidwesen ihres Sohnes noch immer betreibt, obwohl er nur wenig Gewinn abwirft. Der würde stattdessen lieber verkaufen und das Geld in seine eigenen Ideen investieren. Doch dann lernt Frau Yeom durch Zufall den Obdachlosen Dok-go kennen und bietet ihm die Nachtschicht in ihrem Laden an. Schon bald hat er sich eingelebt und beeinflusst das Leben seiner Kundschaft auf die ein oder andere Weise.

„Frau Yeoms kleiner Laden der großen Hoffnungen“ ist der erste Roman des Redakteurs und Drehbuchautors Kim Ho-yeon. Er ist der erste Band einer Reihe und wird in Korea derzeit als Theaterstück und fürs Fernsehen adaptiert. Erzählt werden im Prinzip lauter kurze Begegnungen in der Vergangenheitsform, die sich in bzw. im Zusammenhang mit Frau Yeoms Laden abspielen. Die Personen wechseln dabei ständig, im Fokus stehen aber sicherlich die Ladenbesitzerin selbst und Dok-go, die beide mit ihrem Wesen und Verhalten ihre Umgebung beeinflussen.

Frau Yeoms Entscheidung, einen Obdachlosen in ihrem Laden arbeiten zu lassen, trifft nicht nur auf Verständnis. Während die junge Angestellte Si-hyeon ihre Vorbehalte schon bald aufgeben kann, bleibt die ältere Frau Oh lange Zeit misstrauisch und verhält sich Dok-go gegenüber abweisend, wenn sie ihn beim Schichtwechsel im Laden trifft. Überhaupt hat mir nicht gefallen, wie über den Obdachlosen gesprochen wird. Er wird von beinahe allen als ein zotteliges Tier beschrieben, das auch die entsprechenden Laute von sich gibt. Diese Vorurteile werden leider erst spät von den handelnden Figuren selbst herausgefordert oder überdacht.

Thematisch gesehen erzählt der Roman viele kleine Geschichten. Da geht es um berufliche Träume, um das schwierige Verhältnis zur eigenen Familie, um Alkoholsucht und um das verlorene Gedächtnis von Dok-go, dessen Name übrigens „einsam und allein“ bedeutet. Erst gegen Ende der Handlung kann dieser die Bruchstücke seines Lebens wieder zusammensetzen – dieser Teil wirkt seltsam „angehängt“ und relativiert Aussagen, welche die Handlung eigentlich transportieren will. Schade!

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