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Veröffentlicht am 04.12.2025

Einer der besten Bände bisher

Die Spatzenmorde von Onikobe
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Sommer, 1955. Eigentlich will Privatdetektiv Kosuke Kindaichi nur einige ruhige Tage auf dem Land verbringen, wozu er sich bewusst ein kleines Dorf mit einem Onsen, dem Schildkrötenbad, ausgesucht hat. ...

Sommer, 1955. Eigentlich will Privatdetektiv Kosuke Kindaichi nur einige ruhige Tage auf dem Land verbringen, wozu er sich bewusst ein kleines Dorf mit einem Onsen, dem Schildkrötenbad, ausgesucht hat. Doch schon bald geschehen dort furchtbare Dinge: der Dorfvorsteher verschwindet spurlos, eine Totgeglaubte wird mehrfach im Dorf gesehen und schließlich passiert der erste Mord. Kommissar Isokawa, ein alter Freund Kindaichis, vermutet sofort einen Zusammenhang zu einem über 20 Jahre alten, ungelösten Mordfall.

„Die Spatzenmorde von Onikobe“ ist bereits der fünfte, im Deutschen erschienene Band aus der Feder von Seishi Yokomizo. Die Übersetzung des ursprünglich 1957 im Original veröffentlichten Romans stammt von Ursula Gräfe. Die Handlung wird erneut von einem uns unbekannten, fiktiven auktorialen Erzähler geschildert und gibt sich so den Anschein, als würde ein guter Bekannter uns von den Vorfällen erzählen. Die Morde nehmen starken Bezug auf ein japanisches Volkslied über drei Spatzen (= drei Frauen), die getötet werden und dementsprechend ist auch der Roman gegliedert.

Im Zentrum der Vorfälle stehen drei Familien: Die Familie Yura, von Beruf Böttcher, die Nires, eine Waagenbauerfamilie und die Familie Bessho, von Beruf Schlosser. Sie stehen zueinander in Konkurrenz und wetteifern stets um den höchsten Status in Onikobe. Seit Chieko Bessho unter dem Namen Yukari Ozora eine bekannte Sängerin geworden ist und ihre Familie nun mit teuren Dingen beschenken kann, hat sich dies nur verstärkt. Etwas im Abseits bleibt dabei die Familie Aoike, die das Schildkrötenbad betreibt und deren Tochter sich vor den Blicken der Außenwelt verbirgt.

Für mich war dieser Fall Kosuke Kindaichis einer seiner besten. Der Detektiv ermittelt gewohnt zurückhaltend mit einer Kombination aus Recherchen und Gesprächen und präsentiert am Ende überraschend den Mörder. „Die Spatzenmorde von Onikobe“ sind dabei besonders spannend und bieten eine gelungene Mischung aus Folklore, Ermittlungsarbeit und komplexen zwischenmenschlichen Beziehungen. Zudem gewährt die Reihe einen tollen Einblick ins Japan der 50er Jahre.

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Veröffentlicht am 30.11.2025

Endlich eine Fortsetzung

Die Katze, die unsere Bücher rettete
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Die 13-jährige Nanami verbringt ihre Zeit am liebsten in der Bibliothek. Ihr alleinerziehender Vater vergräbt sich nur in der Arbeit und ist selten zuhause. Zudem ist Nanami Asthmatikerin und wird daher ...

Die 13-jährige Nanami verbringt ihre Zeit am liebsten in der Bibliothek. Ihr alleinerziehender Vater vergräbt sich nur in der Arbeit und ist selten zuhause. Zudem ist Nanami Asthmatikerin und wird daher von beinahe allen um sie herum in Watte gepackt. Nur ihre beste Freundin Itsuka nimmt sie für voll und traut ihr Dinge zu. Als Nanami dann eines Tages feststellt, dass aus der Bibliothek Bücher verschwinden, muss sie einfach etwas unternehmen, auch wenn ihr niemand glauben will. Gemeinsam mit einem seltsamen Kater macht sie sich auf den Weg, die Bücher zu retten.

Mit „Die Katze, die unsere Bücher rettete“ setzt Sosuke Natsukawa seine Reihe um den magischen Kater endlich fort. Die deutsche Übersetzung verfassten Sabine Mangold und Yukiko Luginbühl. Die Handlung spielt dabei ziemlich genau 10 Jahre nach den Ereignissen des ersten Bandes und wir treffen somit auch Rintaro, den damaligen Protagonisten, wieder und erfahren, was aus ihm und Klassenkameradin Sayo geworden ist.

Auch in diesem Band braucht der mysteriöse Kater wieder die Hilfe eines jungen Menschen, um die Bücher vor dem Verschwinden zu retten. Mehrmals muss Nanako dabei durch die Bibliothek in eine andere Welt reisen, um einen bösen Herrscher davon zu überzeugen, die Literatur nicht auszulöschen. Diese empfindet er nämlich als gefährlich, weil sie die Menschen dazu anregt, eigene Gedanken und Vorstellungen zu entwickeln. Nanako hält stets an ihrer Liebe zu Büchern fest und beweist, dass sie stärker ist, als alle um sie herum annehmen.

„Die Katze, die unsere Bücher rettete“ hat etwas Märchenhaftes an sich: eine Heldin, die über sich hinauswächst, eine geheime Welt und einen tierischen Begleiter. Allerdings werden Konflikte hier eher durch Worte und eine bestimmte Haltung gelöst, als durch Tat oder gar Kampf, was mir gut gefallen hat. Im Prinzip kann dieser Band unabhängig vom ersten gelesen werden, wer aber den Vorgänger kennt, freut sich über ein Wiedersehen mit dem erwachsenen Rintaro, der nun zum Mentor für jemand anderen werden kann. Mit seiner Unterstützung beginnt auch für Nanako ein anderes Leben, in dem sie sich mehr zutraut.

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Veröffentlicht am 20.11.2025

Cleverer Krimi im Stil von Agatha Christie

Die Morde im Dekagon-Haus
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Sieben Studenten und Studentinnen, alle Mitglieder eines Krimiclubs, wollen eine Woche auf der Insel Tsunojima verbringen. Auf ihr steht das seltsame zehneckige Dekagon-Haus, in dem sie übernachten werden. ...

Sieben Studenten und Studentinnen, alle Mitglieder eines Krimiclubs, wollen eine Woche auf der Insel Tsunojima verbringen. Auf ihr steht das seltsame zehneckige Dekagon-Haus, in dem sie übernachten werden. Doch die Insel hat auch eine grausame Geschichte, denn vor einigen Monaten wurden hier im niedergebrannten Haupthaus vier Leichen entdeckt und der Täter bisher nicht gefasst. Das alles ist für Ellery, Carr, Agatha, Van, Orczy, Poe und Leroux, wie die Clubmitglieder sich nach ihren literarischen Vorbildern nennen, allemal ein interessantes Rätsel – bis auf der Insel die Morde beginnen. Auf dem Festland hingegen erhalten zwei Mitglieder, die nicht mitgefahren sind, seltsame Briefe.

„Die Morde im Dekagon-Haus“ von Yukito Ayatsuji erschien im Original bereits im Jahr 1987; die Handlung ist daher 1986 angesiedelt, wirkt aber recht zeitlos. Die deutsche Übersetzung verfasste Sabrina Wägerle und neben dem Roman existiert auch noch eine Manga-Adaption. Literarisches Vorbild ist, wie der Autor auch selbst angibt, Agatha Christies „Und dann gab’s keines mehr“. Dabei spielt die Handlung immer abwechselnd auf der Insel und auf dem Festland, wo man bereits versucht, dem Geheimnis der Briefe auf die Spur zu kommen. Die scheinen nämlich vom früheren Hausherrn der Insel zu sein, der aber eigentlich in dem Feuer vor einigen Monaten umkam.

Der Roman ist mit seinem abgeschlossenen Handlungsort und den mysteriösen Morden sehr klassisch aufgebaut. Ein starker Fokus liegt dabei auf den jungen Krimifans auf der Insel, die schon bald beginnen, einer zu misstrauen und sich gegenseitig zu verdächtigen, was eine sehr spannungsgeladene Atmosphäre zur Folge hat. Der Autor legt im Verlauf der Geschichte gekonnt falsche Spuren und die Auflösung am Ende ist wirklich clever. Einzig die Figuren bringt man, abgesehen von den beiden Frauen Agatha und Orczy, leicht durcheinander, da sie nicht besonders individuell gezeichnet sind. Für mich hat das den Lesespaß aber keinesfalls gemindert und ich würde mich freuen, wenn noch weitere Werke von Yukito Ayatsuji übersetzt werden.

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Veröffentlicht am 10.11.2025

Schöne, weihnachtliche Geschichte(n)

Weihnachten im Mondscheincafé
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Das Mondscheincafé hat keinen festen Standort, mal erscheint es mitten in einer Einkaufspassage, manchmal an einem ruhigen Strandabschnitt. Und jetzt, wo bald Weihnachten ist, haben die liebenswerten Katzen, ...

Das Mondscheincafé hat keinen festen Standort, mal erscheint es mitten in einer Einkaufspassage, manchmal an einem ruhigen Strandabschnitt. Und jetzt, wo bald Weihnachten ist, haben die liebenswerten Katzen, die dort arbeiten, alle Pfoten voll zu tun. Denn die Gäste, die zu ihnen kommen, erhalten nicht nur ein speziell für sie ausgesuchtes Getränk oder Gericht, sondern auch den Rat der Sterne. Aber auch unter den Katzen selbst gibt es Konflikte und Verwicklungen.

„Weihnachten im Mondscheincafé“ ist bereits der zweite Band der Reihe der japanischen Autorin Mai Mochizuki, die deutsche Übersetzung stammt von Yukiko Luginbühl. Der Roman ist in drei größere Kapitel aufgeteilt, in denen jeweils eine Figur im Fokus steht. Zunächst ist da Satomi, die genau weiß, dass ihr Partner ihr an Weihnachten einen Heiratsantrag machen möchte. Sie ist jedoch noch nicht bereit, ihr Berufsleben in Tokyo aufzugeben. Koyuki hingegen fühlt sich wie ein Fremdkörper in der eigenen Familie, seit ihre Mutter nach dem Tod des Vaters wieder geheiratet hat, und hat ein einsames Weihnachten vor sich. Junko hat den Kontakt zu ihrem Vater schon vor Jahren abgebrochen, fragt sich aber, ob sie ihrer kleinen Tochter Ayu wirklich den Opa vorenthalten sollte.

Alle drei Frauen sind in der Handlung miteinander verbunden, denn Satomi ist sowohl die Vorgesetzte von Koyuki, als auch die Schwägerin von Junko. Und ihnen allen hilft das Mondscheincafé weiter, die richtige Entscheidung für ihr zukünftiges Leben zu treffen. Die Astrologie rückt dabei für mich in den Hintergrund, denn sie ist zwar eine nette Ausschmückung der Geschichte, aber eigentlich erfahren die drei Frauen im Gespräch und in der Auseinandersetzung mit sich selbst, was sie wirklich wollen.

Der Ausgang aller drei Geschichten ist sehr harmonisch und vor allem familienbezogen. Das mag eine kulturelle Sache sein oder auch der Tatsache geschuldet, dass ein gewisses weihnachtliches Gefühl vermittelt werden soll. So oder so haben mir die Geschichten jedoch gut gefallen, vor allem die über Junko, ihre Tochter Ayu und den neuen Familienhund.

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Veröffentlicht am 06.11.2025

Schöne, kurzweilige Lektüre

Matcha-Tee am Montag
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Am ersten Montag im Monat veranstaltet das Café Marble eine besondere Tee-Verkostung mit zwei Sorten Matcha und klassischem japanischem Gebäck. Hinein platzt unverhofft Miho, die sich seit dem Neujahrsfest ...

Am ersten Montag im Monat veranstaltet das Café Marble eine besondere Tee-Verkostung mit zwei Sorten Matcha und klassischem japanischem Gebäck. Hinein platzt unverhofft Miho, die sich seit dem Neujahrsfest vom Pech verfolgt fühlt. Im Café findet sie nicht nur einen neuen Blickwinkel, sondern verliebt sich auch ein wenig in Kellner Kippei. Doch der hilft heute eigentlich nur aus und arbeitet sonst im Familienunternehmen in Kyoto. Werden die beiden sich wiedersehen?

Das ist nur eine von insgesamt 12 kleinen Geschichten, die Michiko Aoyama in „Matcha-Tee am Montag“ erzählt; die deutsche Übersetzung verfasste, wie auch in den zwei bisher veröffentlichten Werken, Sabine Mangold. Die Autorin entführt uns erneut in das kleine Café Marble in Tokio, in dem der mysteriöse Besitzer, den alle nur Master nennen, und sein Personal sich um ihre Gäste kümmern. Jedes Kapitel spielt dabei in einem anderen Monat des Jahres, die alle mit alten Namen wie „Eismond“ oder „Taumond“ bezeichnet werden. So erleben wir einen ganzen Jahreszyklus rund um das kleine Café.

Neben Miho ist da zum Beispiel noch Mitsu, die in der Kunst des kamishibai, also des japanischen Schaukastentheaters, ihre Berufung gefunden hat, sich von ihrer Großmutter aber nicht ernst genommen fühlt. Oder Takaharu, der glaubt, seine wahre Natur vor anderen verbergen zu müssen, weil man ihn ansonsten verspottet. Dann ist da noch Antiquar Yoshihara, der fürchtet, mit seiner Berufswahl seine Frau enttäuscht zu haben. Ein Kapitel wird sogar aus dem Blickwinkel einer Katze erzählt und wir treffen auch alte Bekannte aus „Donnerstags im Café unter den Kirschbäumen“ wieder.

„Matcha-Tee am Montag“ ist ein kleiner Reigen aus Alltagsgeschichten. In jedem Kapitel steht eine Figur im Fokus und eine Nebenfigur wird dann in der nächsten Geschichte zum Mittelpunkt. Dabei behandelt die Autorin die unterschiedlichsten Probleme zwischenmenschlicher Beziehungen, lässt dabei aber ganz schwere Themen aus. Darüber hinaus kann man noch so einiges über Matcha und seine Zubereitung, japanische Süßigkeiten oder bestimmte Feste lernen. Eine schöne, kurzweilige Lektüre.

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