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Pantoffeltier

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.10.2025

Hatte mir mehr Informationen über die japanische Gesellschaft erhofft, aber es ist vor allem ein persönliches Selbsterfahrungsbuch.

Wie man in Japan Go-go-Girl wird
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Anna ist immer auf der Suche nach neuen Erfahrungen. Die Deutsche ist nach Japan gezogen, hat eine Ausbildung als (Show-)Ninja aufgegeben und arbeitet nun als eine Art Assistentin auf geringfügiger Basis ...

Anna ist immer auf der Suche nach neuen Erfahrungen. Die Deutsche ist nach Japan gezogen, hat eine Ausbildung als (Show-)Ninja aufgegeben und arbeitet nun als eine Art Assistentin auf geringfügiger Basis in einer Schule. Aus Neugier fängt sie an in einer Go-go-Bar zu arbeiten und reflektiert ihre Erfahrungen in diesem Buch.

In Japan ist der Rotlichtbezirk (zumindest in Annas Umfeld) stark reguliert. Berührungen sind tabu und für Küsse muss das Go-go-Girl eine Strafe zahlen. Das macht es für Anna zu einem guten Arbeitsplatz, da sie sich darauf konzentrieren kann, Pole Dance zu üben und Neues auszuprobieren. Im Gegensatz zu ihren Kolleginnen kann sie gelassen reagieren, wenn ihr zu wenig Geld ausgezahlt wird und hat einen Ausweg in der Hinterhand. Diese Privilegien reflektiert sie auch, ich hätte mir allerdings allgemein ein bisschen mehr Tiefe gewünscht.
Bewundernswert fand ich Annas neugierige und positive Art. Sie lässt sich auf Menschen und Erfahrungen ein, ohne sich gleich in Negativem zu verlieren. Schön ist auch, wie sie ihre Kolleg:innen und den Umgang untereinander beschreibt.
Es liest sich gut, ist aber kein literarisches Meisterwerk. Hier und da streut sie Zitate anderer Autoren ein, das wirkte für meinen Geschmack etwas gewollt.

Insgesamt hatte ich mir mehr Informationen über die japanische Gesellschaft erhofft. Das Buch ist aber eher ein persönlicher Selbsterfahrungsbericht. Wenn man mit dieser Erwartung an das Buch herangeht, ist es ein gut lesbarer, amüsanter Lese-Snack mit ein paar Denkanstößen, ohne zu sehr in die Tiefe zu gehen.

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Veröffentlicht am 11.10.2025

Unentschlossen

Schwanentage
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Das Kindermädchen Yu Ling arbeitet für ein wohlhabendes chinesisches Ehepaar. Da sie ein Geheimnis hütet, ist sie in dieser Arbeitssituation gefangen. Sie versucht, sich durch eine Entführung aus der Abhängigkeit ...

Das Kindermädchen Yu Ling arbeitet für ein wohlhabendes chinesisches Ehepaar. Da sie ein Geheimnis hütet, ist sie in dieser Arbeitssituation gefangen. Sie versucht, sich durch eine Entführung aus der Abhängigkeit zu befreien. Doch dann werden ihre Arbeitgeber unerwartet der Korruption bezichtigt, wodurch sich die Situation komplett ändert.
Yu Ling, die es gewohnt ist, sich selbst aufzuopfern, muss nun entscheiden, wie sie mit dem Kind in ihrer Obhut umgeht und welchen Weg sie geht.

Die Handlung hat Elemente aus Krimi, Thriller und Satire, kann sich aber nicht so recht für einee Richtung entscheiden. Das fand ich etwas schade, denn es spielt sich viel Handlung im Haus und bei Gesprächen mit verschiedenen Personen ab, was nicht so spannend ist.
Interessant ist jedoch der gesellschaftskritische Blick auf China. Die Eliten teilen die Macht unter sich auf und spinnen Intrigen gegeneinander. Das Gefälle zwischen reich/mächtig und arm/machtlos ist so groß, dass eine Veränderung unmöglich scheint.
Es gibt einige Überraschungen, die die Dynamik zwischen den Figuren verändern. Allerdings ist der Blick auf die Personen so distanziert, dass ich die Entwicklungen nicht immer nachvollziehen konnte. Dennoch ist es interessant zu erfahren, welche Geheimnisse die verschiedenen Personen verbergen und welche Konsequenzen diese für ihre Beziehungen zueinander haben. Gerade im Mittelteil zieht sich die Handlung etwas, aber es lohnt sich, dranzubleiben und sich dann über das ... interessante Ende zu wundern.

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Veröffentlicht am 15.09.2025

Satire auf die Leistungsgesellschaft mit etwas zu wenig Tiefgang

Gym
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Die Erzählerin bekommt durch die Lüge, sie sei frischgebackene Mutter, einen Job in einem Fitnessstudio. Bald wird klar, dass sie noch mehr aus ihrer Vergangenheit zu verbergen hat.

Der Anfang hat mir ...

Die Erzählerin bekommt durch die Lüge, sie sei frischgebackene Mutter, einen Job in einem Fitnessstudio. Bald wird klar, dass sie noch mehr aus ihrer Vergangenheit zu verbergen hat.

Der Anfang hat mir sehr gut gefallen. Das Fitnessstudio und die damit verbundene Zurschaustellung angeblich leistungsfähiger und gesunder Körper in den sozialen Medien sind natürlich ein gefundenes Fressen für eine ironisch-satirische Betrachtung. Zunächst ist die Protagonistin eher eine Außenstehende und macht sich die Vorstellungen anderer zunutze, indem sie ein Lügenkonstrukt aufbaut. Doch dann findet sie Geschmack an Disziplin und Selbstoptimierung und verliert sich immer mehr darin. Gegen Ende hat der Roman einige eklige Szenen parat, doch psychologisch hat er mich nicht überzeugt.
Die Protagonistin blieb mir zu fremd, als dass ich mich hätte berühren lassen können. Auch die Nebenpersonen sind nicht besonders tiefgehend ausgearbeitet und bleiben auf wenige Eigenschaften reduziert. Zudem fand ich es nicht glaubwürdig, dass die Hauptperson sehr lange mit ihrem Verhalten durchkommt auch bei Personen, die sie gut kennen oder eine therapeutische Ausbildung haben.
Es ist der Autorin wichtiger, Schockeffekte zu erzielen, als glaubwürdige Charakterentwicklung zu zeigen. Das fand ich etwas schade.
Trotzdem eine lesenswerte Satire auf die Leistungsgesellschaft. Ob das Buch bei mir einen tiefen Eindruck hinterlassen wird, wage ich zu bezweifeln. Als unterhaltsamer und etwas gruseliger Lese-Snack taugt es aber allemal.

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Veröffentlicht am 04.08.2025

nicht so meins

Moscow Mule
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Karina und Tonya sind Studentinnen an einer Moskauer Universität. Sie sind chronisch pleite, immer auf der Suche nach einem reichen Mann, den sie abschleppen können und träumen davon, nach Europa zu kommen.

Die ...

Karina und Tonya sind Studentinnen an einer Moskauer Universität. Sie sind chronisch pleite, immer auf der Suche nach einem reichen Mann, den sie abschleppen können und träumen davon, nach Europa zu kommen.

Die Autorin reiht flapsig geschriebene Momentaufnahmen aneinander. Der anfänglich erfrischende Stil ermüdete mich mit der Zeit und es ist mir nicht so recht gelungen Zugang zu den Hauptpersonen zu finden. Zwar wird erzählt, dass Karina von ihren Eltern eher als störend empfunden wird und sie wenig echte Liebe erfährt, aber es bleibt zu oberflächlich beschrieben, um echte Emotionen auszulösen. Der Stil wirkte auf mich auch etwas merkwürdig. Deutsch ist ja die Originalsprache, es kann also nicht an der Übersetzung liegen, vielleicht wurde versucht eine Art russischen Stil rüberzubringen? Ich hatte mir auch mehr Politisches gewünscht, aber darum geht es sehr wenig.
Insgesamt war es leider nicht so meins. Es liest sich zwar leicht, aber es bleibt wenig hängen.

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Veröffentlicht am 03.08.2025

Am amerikanischen Traum gescheitert

Der Kaiser der Freude
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Ehrlicherweise hätte ich dieses Buch ohne meinen Lesekreis nicht gelesen. Der Klappentext klang zu deprimierend. Wie gut, dass ich mich habe überzeugen lassen.

Protagonist ist Hai, der mit seinen Eltern ...

Ehrlicherweise hätte ich dieses Buch ohne meinen Lesekreis nicht gelesen. Der Klappentext klang zu deprimierend. Wie gut, dass ich mich habe überzeugen lassen.

Protagonist ist Hai, der mit seinen Eltern aus Vietnam in die USA kam. Statt, wie von seiner Mutter erhofft, den gesellschaftlichen Aufstieg zu schaffen, scheitert er am Studium und flüchtet sich in eine Medikamentenabhängigkeit. Als er Selbstmord begehen möchte, hält ihn eine ältere Dame auf. Sie bietet ihm an, dass er bei ihr wohnen kann, wenn er sich im Gegenzug um sie kümmert. Hai nimmt an, kümmert sich um Grazina, die sich mit der Zeit immer mehr in ihren Erinnerungen an den zweiten Weltkrieg verliert, und arbeitet in einem Fastfoodrestaurant.

Die Geschichte, die Ocean Vuong erzählt, ist tatsächlich traurig, aber trotzdem schafft er es, auch leichte, humorvolle Momente einzubauen. Die Hauptpersonen sind allesamt Verlierer, die hoffen ihr Leben verbessern zu können, aber meist scheitern. Trotzdem (oder gerade deswegen), unterstützen sie sich gegenseitig so gut sie können und flüchten sich in mehr oder weniger bewusst konstruierte Traumwelten.

Der Autor lässt viel von seinen eigenen Erfahrungen einfließen und das macht es noch einmal eindringlicher und es fühlt sich sehr realitätsnah an. Die Erzählweise ist episodenhaft und Vieles wird sehr subtil eingewoben (wie zum Beispiel die Queerness des Protagonisten) oder der Interpretation der Lesenden überlassen. Der Ausweglosigkeit des Schicksals der Protagonisten wird eine poetische Beschreibung der Natur und der heruntergekommen Stadt Gladness (die in der Übersetzung etwas verlorengehende „Freude“ aus dem Buchtitel) entgegengesetzt. Dafür passiert auf der Handlungsebene über weite Strecken nicht viel, was es zeitweise etwas mühsam macht. Ein paar Kriegserzählungen weniger hätten meiner Meinung nach nicht geschadet.

Trotzdem gebe ich volle Punktzahl, da mich die Erzählung sehr berührt hat und ich es beeindruckend fand, wie der Autor es schafft, auf dem schmalen Grad zwischen Poesie und Kitsch zu wandeln. Absolute lesenswertes Buch über die Verlierer, die nie den amerikanischen Traum leben werden und das Beste daraus machen.

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