Cover-Bild Der Kaiser der Freude
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27,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Hanser, Carl
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 528
  • Ersterscheinung: 12.05.2025
  • ISBN: 9783446282742
Ocean Vuong

Der Kaiser der Freude

Roman
Nikolaus Stingl (Übersetzer), Anne-Kristin Mittag (Übersetzer)

Von der Kehrseite des amerikanischen Traums: Ocean Vuongs neuer, atemberaubender Roman nach dem Welterfolg von »Auf Erden sind wir kurz grandios«

Der queere Hai, Sohn einer vietnamesischen Mutter, lebt in East Gladness, einem heruntergekommenen Kaff in New England. Auf den Straßen hängen noch die Schilder der Obama-Kampagne »Yes, we can«, doch Hai schluckt Pillen und denkt an Selbstmord. Bis er Grazina aus Litauen kennenlernt, eine Überlebende des Zweiten Weltkriegs, in deren Kopf die unerlösten Geister ihres Lebens schwirren. Hai wird ihr Pfleger und fängt an, in einem Diner zu arbeiten, dessen Belegschaft alles Underdogs sind wie er, die »in dieser angeblich freien Welt aus Arbeit, Schlaf und beschissenen Kuchen gefangen sind.« Poetisch und komisch, eindringlich und mit außergewöhnlicher Intimität erzählt Ocean Vuong von der Freundschaft jenseits aller Grenzen von Identität und Familie.

»›Der Kaiser der Freude‹ gibt den USA ihre schillernde Vielfalt zurück.« Deutschlandfunk

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.08.2025

Ein bewegendes, sehr poetisches Porträt der Unsichtbaren

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MEINE MEINUNG
Mit „Der Kaiser der Freude“ legt Ocean Vuong nach seinem gefeierten Debüt einen weiteren außergewöhnlichen Roman vor, der die Schattenseiten des amerikanischen Traums eindrucksvoll beleuchtet ...

MEINE MEINUNG
Mit „Der Kaiser der Freude“ legt Ocean Vuong nach seinem gefeierten Debüt einen weiteren außergewöhnlichen Roman vor, der die Schattenseiten des amerikanischen Traums eindrucksvoll beleuchtet und all jenen eine Stimme gibt, die am Rand der gnadenlosen Konsumgesellschaft ums Überleben ringen.
Mit viel Feingefühl thematisiert Vuong zudem Themen wie Migration, Rassismus, Identität, Außenseitertum, soziale Marginalisierung sowie die Last von Trauma und Erinnerungen.

Angesiedelt ist die in vier Abschnitte gegliederte Handlung in der trostlosen fiktiven Kleinstadt East Gladness in Connecticut, die stellvertretend für das postindustrielle, abgehängte Amerika steht.
Im Mittelpunkt steht Hai, der neunzehnjährige Sohn einer vietnamesischen Einwanderin, der an der eigenen Ausweglosigkeit und Einsamkeit zu zerbrechen droht und kurz vor einem Suizid steht. Während er auf einer Brücke steht, hält ihn Grazina, einer älteren, an Demenz erkrankten Frau mit litauischen Wurzeln, von seinem Vorhaben ab. Aus dieser zufälligen Begegnung entwickelt sich eine fragile, aber tief berührende Beziehung, die für beide zu einem Wendepunkt wird. Hai findet als Grazinas Pfleger nicht nur Unterkunft und eine Aufgabe bei ihr, sondern auch eine neue Form von Zuneigung, Halt und Zugehörigkeit.

Vuong gelingt es, mit großer poetischer Kraft und Genauigkeit die trostlose Atmosphäre von East Gladness einzufangen - eine kontrastvolle Welt, in der Arbeits- und Perspektivlosigkeit, Drogenkrise und Armut allgegenwärtig sind. Äußerst beeindruckend ist Vuongs bildgewaltiger Schreibstil; voller Metaphern und sinnlich-intensiver Beschreibungen taucht er das Alltägliche in eine schmerzlich-melancholische Schönheit. Zudem versteht es hervorragend, uns die widersprüchliche Gefühlswelt seiner Figuren sehr plastisch nahe zu bringen.
Seine fragmentarische, von Rückblicken und inneren Monologen durchzogene Erzählweise ist von faszinierender Leichtigkeit, verlangt aber eine erhöhte Aufmerksamkeit.
Ein besonderes Highlight sind die vielschichtigen, liebevoll gezeichneten Charaktere, die in all ihrer Fragalität und ihren Eigenheiten sehr lebensnah eingefangen sind. Sie stellen keine klassischen Helden dar, sondern verletzliche, gebrochene und vereinsamte Figuren, die von der Gesellschaft ausgegrenzt werden, aber trotz aller Widrigkeiten auch in ihrer kleinen Zweckgemeinschaft Nähe, Freundschaft und Solidarität finden können.
Mit Hai hat der Autor einen beeindruckenden Protagonisten geschaffen, der mit seiner Identität, Herkunft und Erwartungen im Lebensalltag zu kämpfen hat. Mit großer Empathie und psychologischer Tiefe zeichnet er seine Unsicherheit, Sehnsucht nach Zugehörigkeit und seinen Kampf gegen seine Drogensucht und inneren Dämonen.
Auch Grazina ist eine sehr beeindruckende Hauptfigur. Eindrucksvoll führt Vuong uns vor Augen, dass ihre Demenz nicht nur individuelles Vergessen, sondern auch eine kollektive Komponente des Erinnerns an andere Zeiten und Traumata umfasst und manchmal einen befreienden Schutz bietet. Gekonnt verdeutlicht er, dass das kollektive Verdrängen von Geschichte, Leid und Verantwortung sinnbildlich für ein grundlegendes gesellschaftliches Klima steht. Einfühlsam und glaubwürdig schildert Vuong die zarte, freundschaftliche Beziehung zwischen Hai und Grazina, die neben den alltäglichen Problemen und Missverständnissen auch berührende Momente von menschlicher Nähe und gegenseitigem Verständnis aufweist.
Auch die Nebenfiguren wie Hais Cousin Sony und seine Arbeitskollegen im Diner sind vielschichtig und glaubwürdig ausgearbeitet. Sie stehen exemplarisch für die „Unsichtbaren und gesellschaftlich Abgehängten“ der amerikanischen Gesellschaft - Menschen, die von Armut, Sucht, Krankheit und Ausgrenzung gezeichnet sind, aber dennoch in der Gemeinschaft auch die faszinierende Kraft von menschlicher Verbundenheit erleben und die beflügelnde Hoffnung auf eine zweite Chance im Leben finden können.
Mit schonungsloser Klarheit kritisiert Vuong in seinem anspruchsvollen und sehr facettenreichen Roman die zerstörerischen Folgen des Spätkapitalismus, der Prekarisierung von Arbeit und der gnadenlosen Ausgrenzung der Schwächsten. Gleichzeitig gelingt es ihm, inmitten der Hoffnungslosigkeit Momente von Zärtlichkeit, Freundschaft und Solidarität zu zeigen, die dem gelungenen Roman eine besondere emotionale Kraft verleihen

FAZIT
Ein herausfordernder und berührender Roman über die Kraft von Gemeinschaft und über die Möglichkeit von Schönheit und Würde in einer oft grausamen Welt.
Ein ebenso schmerzliches wie hoffnungsvolles Porträt der Ausgegrenzten und Unsichtbaren in der amerikanischen Gesellschaft, das noch lange nachhallt!

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Veröffentlicht am 03.08.2025

Am amerikanischen Traum gescheitert

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Ehrlicherweise hätte ich dieses Buch ohne meinen Lesekreis nicht gelesen. Der Klappentext klang zu deprimierend. Wie gut, dass ich mich habe überzeugen lassen.

Protagonist ist Hai, der mit seinen Eltern ...

Ehrlicherweise hätte ich dieses Buch ohne meinen Lesekreis nicht gelesen. Der Klappentext klang zu deprimierend. Wie gut, dass ich mich habe überzeugen lassen.

Protagonist ist Hai, der mit seinen Eltern aus Vietnam in die USA kam. Statt, wie von seiner Mutter erhofft, den gesellschaftlichen Aufstieg zu schaffen, scheitert er am Studium und flüchtet sich in eine Medikamentenabhängigkeit. Als er Selbstmord begehen möchte, hält ihn eine ältere Dame auf. Sie bietet ihm an, dass er bei ihr wohnen kann, wenn er sich im Gegenzug um sie kümmert. Hai nimmt an, kümmert sich um Grazina, die sich mit der Zeit immer mehr in ihren Erinnerungen an den zweiten Weltkrieg verliert, und arbeitet in einem Fastfoodrestaurant.

Die Geschichte, die Ocean Vuong erzählt, ist tatsächlich traurig, aber trotzdem schafft er es, auch leichte, humorvolle Momente einzubauen. Die Hauptpersonen sind allesamt Verlierer, die hoffen ihr Leben verbessern zu können, aber meist scheitern. Trotzdem (oder gerade deswegen), unterstützen sie sich gegenseitig so gut sie können und flüchten sich in mehr oder weniger bewusst konstruierte Traumwelten.

Der Autor lässt viel von seinen eigenen Erfahrungen einfließen und das macht es noch einmal eindringlicher und es fühlt sich sehr realitätsnah an. Die Erzählweise ist episodenhaft und Vieles wird sehr subtil eingewoben (wie zum Beispiel die Queerness des Protagonisten) oder der Interpretation der Lesenden überlassen. Der Ausweglosigkeit des Schicksals der Protagonisten wird eine poetische Beschreibung der Natur und der heruntergekommen Stadt Gladness (die in der Übersetzung etwas verlorengehende „Freude“ aus dem Buchtitel) entgegengesetzt. Dafür passiert auf der Handlungsebene über weite Strecken nicht viel, was es zeitweise etwas mühsam macht. Ein paar Kriegserzählungen weniger hätten meiner Meinung nach nicht geschadet.

Trotzdem gebe ich volle Punktzahl, da mich die Erzählung sehr berührt hat und ich es beeindruckend fand, wie der Autor es schafft, auf dem schmalen Grad zwischen Poesie und Kitsch zu wandeln. Absolute lesenswertes Buch über die Verlierer, die nie den amerikanischen Traum leben werden und das Beste daraus machen.

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Veröffentlicht am 17.06.2025

Freundschaft am Rand der Welt

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Ocean Vuongs neuer Roman entfaltet sich leise, voller Tiefe und großer Menschlichkeit.

In der tristen Kleinstadt East Gladness trifft der junge Hai, kurz vor dem Abgrund, auf die demente Grazina. Eine ...

Ocean Vuongs neuer Roman entfaltet sich leise, voller Tiefe und großer Menschlichkeit.

In der tristen Kleinstadt East Gladness trifft der junge Hai, kurz vor dem Abgrund, auf die demente Grazina. Eine Begegnung, die ihr beider Leben völlig verändert. Mit zarten Worten erzählt Vuong von Freundschaft, Einsamkeit, Zusammenhalt mitten in einem grauen Amerika voller Schmerz und Hoffnung.

Die Sprache ist klar, fast schon zärtlich und gleichzeitig poetisch. Ich habe beim Lesen oft innegehalten, weil mich manche Sätze so begeistert haben. Manchmal ist das Buch traurig, aber nie hoffnungslos. Schön ist, dass nicht die großen Helden, sondern die leisen, verletzlichen Menschen im Mittelpunkt stehen. Underdogs, die trotz aller Widrigkeiten zueinander finden. Eine große Empfehlung für alle, die berührende Erzählungen und poetische Sprache lieben!

Veröffentlicht am 06.06.2025

Buchkunstwerk - roh und berührend

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Das Cover wird dem Inhalt des Buches leider kaum gerecht – es wirkt zu zurückhaltend, fast schon trist. Zwar spiegelt es in gewisser Weise die melancholische Grundstimmung der Geschichte wider, doch ein ...

Das Cover wird dem Inhalt des Buches leider kaum gerecht – es wirkt zu zurückhaltend, fast schon trist. Zwar spiegelt es in gewisser Weise die melancholische Grundstimmung der Geschichte wider, doch ein Werk von solcher emotionaler Wucht hätte ein Cover verdient, das mehr Aufmerksamkeit auf sich zieht. Dieses Buch sollte jeder gelesen haben – es verdient gesehen zu werden.

Ich würde jedes Werk von Ocean Vuong ungesehen kaufen. Sein Schreibstil ist unvergleichlich – poetisch, tief und durchdrungen von einer seltenen Schönheit. Für mich ist seine Sprache reine Kunst. Ich würde am liebsten bei ihm in die Schreiblehre gehen – so sehr berührt mich, wie er mit Worten Emotionen hervorruft, ohne je ins Kitschige abzudriften.

Noch nie hatte ich beim Lesen so stark das Gefühl, der Realität so nahe zu sein. Die Charaktere wirken greifbar, lebendig – fast, als würde ich sie persönlich kennen. Besonders Hai, Sony und Grazina haben mein Herz erobert.

Wieder einmal zeigt sich Vuongs unverwechselbare Handschrift: roh, zärtlich, erschütternd – und absolut einzigartig.

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Veröffentlicht am 29.05.2025

Alles rausholen

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„Der Kaiser der Freude“ von Ocean Vuong, lang erwartet und jetzt 2025 endlich erschienen im Carl Hanser Verlag, ist ein schon vorab gehypter Roman, was einem Roman ja das Leben schwer machen kann – doch ...

„Der Kaiser der Freude“ von Ocean Vuong, lang erwartet und jetzt 2025 endlich erschienen im Carl Hanser Verlag, ist ein schon vorab gehypter Roman, was einem Roman ja das Leben schwer machen kann – doch hier: Keine Sorge. Dieser Roman wird den Lesenden das Herz zerreißen.

Vuong erzählt die Geschichte von dem jungen Hai und der alten Grazina, die eine schicksalhafte Nacht als Notgemeinschaft zusammenwürfelt. Und wer jetzt schreit, diese Idee ist doch uralt! Der hat Recht und das Geniale an Vuongs Buch ist, dass die Idee völlig nebensächlich ist. Dieses Buch strahlt durch die Tiefe, in der Vuong Beziehungen auslotet und Leben beschreibt.

Wir befinden uns in einem furchtbar öden amerikanischen Ort, wo genau, ist vollkommen egal, nicht egal ist, wie perfekt und atmosphärisch der Autor die Trostlosigkeit und Ausweglosigkeit, das ewige Grau und den Beton, die Ballung von Diner und Imbiss in einer absoluten Tristesse beschreibt, sogar die Natur ist hier ständig nass und matschig. Und dennoch gelingt es Vuong, durchweg auch ein Gefühl von Lieben und Zugehörigkeit, von Heimat und merkwürdiger Geborgenheit einzufangen, so dass nicht umsonst irgendwann der Satz fällt: East Gladness ist der beste Ort der Welt.

Hai hat ein erstes Studium abgebrochen, weil er einen Freund verloren hat, seiner enttäuschten Mutter gaukelt er vor, nun zum Medizinstudium in Boston aufzubrechen, und als er sich zugedrogt auf einer Brücke befindet, die über einen Fluss geht und überlegt, allem ein Ende zu setzen, wird er von Grazina davon abgehalten und zieht bei ihr ein. Grazina ist alt, dement und voller wilder Gedanken und Erinnerungen. Allein können beide nicht weiter. Miteinander eigentlich auch nicht, wie soll der Blinde dem Tauben den Weg zeigen und andersherum, aber andererseits: Wenn zwei Experten des Chaos aufeinandertreffen, dann kann halt doch ein Schuh draus werden. Hai findet Arbeit in einem Schnellrestaurant, wo auch sein sehr spezieller Cousin Sony arbeitet (ja, wie die Firma) und natürlich auch noch eine große Handvoll weiterer gescheiterter Existenzen.

Wie sich diese Menschen in ihrem täglichen Versagen Halt geben, wie sie miteinander Dinge erleben, die vollkommen abwegig sind, wie sie eigentlich nie über Gefühle sprechen, weil sie die tief unten abgekapselt haben, aber beim Lesen so unendlich viel Gefühl erzeugen, wie Vuong zeigt, dass die wahren Außenseiter die Herrschenden, die Funktionierenden, die Reichen sind, die alle auch das Leben verlernt haben, es ist einfach unglaublich berührend. Getragen wird das alles von einer wahnsinnig schönen Sprache und einem subtilen, zärtlichen Humor, von einzigartigen Bildern und Gedanken. Vuong greift in seiner Erzählung Amerika perfekt, er spielt souverän auf der Klaviatur des Alltagsrassismus, macht transgenerationelles Trauma spürbar und zeigt, dass es Wunden gibt, die nie heilen werden, zeigt aber auch: „Okay“ wird gemeinhin unterschätzt. In East Gladness ist das Glück vielleicht nur in Fragmenten zu finden. Dafür wohnt hier eine Ehrlichkeit, die selten ist.

„Sag mir, was willst du anfangen / Mit deinem einzigen wilden und kostbaren Leben?“, fragt Ocean Vuong in „Der Kaiser der Freude“. Ich empfehle auf jeden Fall als Teil der Antwort dieses Buch zu lesen. Und auf Brötchen im Matsch herumzuhüpfen. Und Karotten zu essen. Und vielleicht den ein oder anderen Traum anzugehen und dabei zu scheitern. Aber dabei die beste Schicksalsgemeinschaft der Welt zu finden. Ein großartiges Buch, das mich zutiefst berührt hat. Das braucht keinen Hype. Das ist einfach: Gladness.

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