Ein Plädoyer für`s Briefeschreiben
Der schönste Grund, Briefe zu schreiben"Wer braucht denn noch Briefträger in einer Welt, in der keine Briefe mehr geschrieben werden?" fragt die Briefträgerin Sara zu Beginn des Buches. Und das haben sich offenbar auch ihre Vorgesetzten gefragt, ...
"Wer braucht denn noch Briefträger in einer Welt, in der keine Briefe mehr geschrieben werden?" fragt die Briefträgerin Sara zu Beginn des Buches. Und das haben sich offenbar auch ihre Vorgesetzten gefragt, denn Sara soll von ihrem Heimatdorf Porvenir, in dem sie mit ihren 3 Kindern lebt, nach Madrid versetzt werden und die Postfiliale in Porvenir geschlossen werden. Saras Nachbarin, die 80-jährige Rosa, möchte das verhindern und startet eine Briefkette, damit wieder mehr Briefe geschrieben werden und Sara bleiben kann. Sara ahnt nichts von der Initiative und berichtet ihrem Chatfreund verwundert, über die neuerdings gehäuft zuzustellenden Briefe. Und während die Briefkette Schicksale und Leidenschaften der Dorfbewohner enthüllt, entflammt zwischen Sara und ihrem Chatfreund allmählich auch eine Leidenschaft...
Ich bin über das Buch sozusagen gestolpert, als ich auf der Suche nach neuer Lektüre in der Buchhandlung war. Der Titel ließ mich aufmerken, auch wenn ich ihn etwas holprig fand und ich im Nachhinein sagen muss, dass ich ihn unpassend finde. Als ich dann die Überschrift des Klappentextes auf der Rückseite las, "Niemals wird eine Träne eine E-Mail verwischen", war mein Interesse als Briefenthusiast endgültig geweckt. Und die Idee der Briefkette gefiel mir. Auch wenn mir nach dem Kauf auffiel, eigentlich habe ich gar keine richtige Idee, was mich bei dem Buch erwartet.
Das Buch wird aus wechslenden Perspektiven erzählt, zu Beginn immer aus der des aktuellen Briefeschreibers. Zunächst erfährt man immer was über den Empfänger des Briefes und wie er den Brief bekommt, dann folgt der nächtste Brief. Dabei bekommt man auf bewegende Art das Schicksal der Menschen im Ort geschildert und fühlt sich ihnen sehr nahe, so dass es dann sehr bedauerlich ist, zum nächsten überzugehen und die Menschen nicht weiter zu verfolgen. Zunächst wirkt es, als ginge es immer so weiter und das wurde mir fast ein bisschen langweilig. Dann jedoch treten die Briefeschreiber zunehmend in Beziehung und man erfährt, wie es weitergeht und wie sich alles fügt.
Die Charaktere sind sehr lebensecht und nachvollziehbar dargestellt und man kann sich als Leser gut mit ihnen identifizieren. Man kann sich gut vorstellen, dass es diese Personen wirklich gibt in diesem Dörfchen in Spaniens Bergen. Und es ist schön, ein Stück ihres Weges mit ihnen zu gehen. Die Handlung birgt keine großen Dramen, sondern vor allem Alltagsprobleme sowie schöne Momente "normaler" Leute. Dadurch fühlt man sich wie "dabei", nicht als bloßer Beobachter. Viele Kapitel beginnen mit einem Zitat oder Gedicht, teilweise findet man sie auch im Text. Das ist einerseits sehr bereichernd (schließlich verspricht der Klappentext ja auch einen Roman über den Zauber der Worte), andererseits war es mir manchmal ein bisschen zuviel und störte mich im Lesefluss. Aber das ist sicher Geschmacksfrage.
Alles in allem ist "Der schönste Grund, Briefe zu schreiben" eine sympatische Geschichte über Poesie, Freundschaft, Liebe und menschliche Schicksale, die ich gern gelesen habe und auch weiter empfehlen kann. Die Idee dahinter finde ich ganz originell. Und auf alle Fälle macht es unheimliche Lust, selbst gleich wieder Briefe zu schreiben. Ein absolutes Muss auf der Bücherliste ist es aber nicht.