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Veröffentlicht am 16.07.2022

Die dunkle Seite des Internets

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Hanna Vervoets hat mit "Dieser Beitrag wurde entfernt" keinen Wohlfühlroman geschrieben. Auf schmalen 107 Seiten bekommen die Lesenden Einblicke in den (Arbeits-)alltag von sogenannten Contentmoderatorinnen ...

Hanna Vervoets hat mit "Dieser Beitrag wurde entfernt" keinen Wohlfühlroman geschrieben. Auf schmalen 107 Seiten bekommen die Lesenden Einblicke in den (Arbeits-)alltag von sogenannten Contentmoderatorinnen - Menschen, die täglich verstörende Bilder und Videos mit Inhalten wie Tierquälerei, Gewalt, Selbstverletzung und Hassreden aus den Userbeiträgen auf den sozialen Medien herausfiltern.

Die Protagonistin Kayleigh ist eine solche Contentmoderatorin und arbeitet unter prekären Bedingungen für ein Unternehmen, das von ihr verlangt, mindestens 500 Beiträge pro Tag zu sichten und ihr maximal 7 Minuten Pause während der Arbeitszeit gewährt. Selbst beim Toilettengang läuft die Stoppuhr. Zunächst gefällt Kayleigh die Arbeit, sie wird besser bezahlt als in ihrem vorherigen Job in einem Callcenter und sie schafft es, die schrecklichen Bilder mit professioneller Distanz zu behandeln. Schließlich verliebt sie sich in ihre Kollegin Sigrid und ihr Leben scheint gut zu laufen. Doch plötzlich brechen Kollegen zusammen, hängen Verschwörungstheorien an und Sigrid distanziert sich zunehmend von ihr. Auch für Kayleigh verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen richtig und falsch und ihre Sichtweise auf die Welt verschiebt sich nach und nach gefährlich durch die täglichen Bilder der Gewalt.

Trotz der Kürze des Romans schafft es die Autorin, dieses wichtige Thema ins Bewusstsein der Lesenden zu rücken. Besonders gefallen hat mir am Ende ihre Liste mit Empfehlungen von Quellen für Leser
innen, die sich zu diesem Thema näher informieren möchten. Der Roman schildert teilweise drastische Beiträge auf den sozialen Medien. Dies ist nichts für schwache Nerven oder Leserinnen mit einer lebhaften Phantasie. Aber auch Themen wie Drogenkonsum, prekäre Arbeitsbedingungen, extreme politische Einstellungen, psychische Erkrankungen und LGBT-Beziehungen kommen zur Sprache. Ich finde dieses intensive Buch als Denkanstoß dazu, wie bestimmt und manipuliert wird, wie und was wir in den Medien zu sehen bekommen sehr wichtig. Die Autorin versteht es, geschickt die persönliche Geschichte von Kyleigh mit aktuellen gesellschaftlichen Themen zu verbinden.

Der Roman hat mich teilweise verstört und aufgerüttelt. Ich habe es in einem Zug durchgelesen, doch er wirkt noch immer nach. Meiner Meinung nach sollte jede
r, der soziale Medien nutzt und / oder frequentiert sich mit diesem Thema auseinandersetzen. Das Buch ist ein guter Beitrag in diese Richtung. Aufgrund der eindringlichen, gut verständlichen Schreibweise der Autorin und der gesellschaftlichen Relevanz des Themas, erhält der Roman von mir 5 Sterne und eine absolute Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 04.07.2022

Eine Zeitreise in die deutsche Sprache

Die außergewöhnliche Geschichte unserer Wörter
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Der DUDEN Verlag hat unter dem fulminanten Titel „Die Aussergewöhnliche Geschichte unserer Wörter“ ein 191 Seiten schmales Buch herausgebracht, in dem es um die deutsche Sprach- bzw. Wortgeschichte geht.

Die ...

Der DUDEN Verlag hat unter dem fulminanten Titel „Die Aussergewöhnliche Geschichte unserer Wörter“ ein 191 Seiten schmales Buch herausgebracht, in dem es um die deutsche Sprach- bzw. Wortgeschichte geht.

Die Epocheneinteilung beginnt 9000 v. Chr. und endet in der Gegenwart. Besonders gefallen hat mir, dass die Geschichte der Wörter in dem jeweils zeitlich stimmigen geschichtlichen und kulturwissenschaftlichen Kontext erklärt werden. Die Auswahl der erklärten Wörter ist vielseitig und interessant, was in meinen Augen angesichts der Kürze des Buches eine beachtliche Leistung darstellt.

Etwas irritiert haben mich die Anthropomorphismen in der Einleitung. Da reagiert die deutsche Sprache u. a. mit „großer Gelassenheit, umsichtigem Weitblick und Großzügigkeit“ auf Veränderungen oder „unterwirft sich nicht unkritisch jeder Mode“.

Besonders ins Auge fällt die auffällige, neonfarbene Gestaltung des Buches sowie der gesetzte Text. Die vielen Wortbilder verteilen sich großzügig über das Buch, stehen in sinnvollem Zusammenhang zum Text, haben mich aber letztendlich beim Lesen gestört.

Alles in allem finde ich das Buch interessant für Leser*innen, die einen allerersten Einblick in das Thema Wortgeschichte suchen. Aufgrund der Gestaltung, des Umfangs und der Farbwahl vermute ich, dass es eher für jüngere Leser/innen konzipiert wurde. Und den / die eine(n) oder andere(n) regt es sicher an, sich ausführlicher mit dem Thema zu beschäftigen.

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Veröffentlicht am 07.06.2022

Nimm eins, bekomme zwei!

Tod zwischen den Zeilen
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Das Hörbuch von V.M. Burns „Tod zwischen den Zeilen“ wurde von der Sprecherin Chris Nonnast fantastisch eingelesen. Das schön gestaltete Cover vermittelt eindeutig Cosy-Crime-Vibes.

Die Hörer*innen folgen ...

Das Hörbuch von V.M. Burns „Tod zwischen den Zeilen“ wurde von der Sprecherin Chris Nonnast fantastisch eingelesen. Das schön gestaltete Cover vermittelt eindeutig Cosy-Crime-Vibes.

Die Hörer*innen folgen in zwei verschiedenen Erzählsträngen zwei verschiedenen Kriminalfällen an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten. Es geht um Mord, Diebstahl, Trauer, Bücher, die große Liebe, Familie, Freunde, und die Verwirklichung eines Lebenstraumes. Die Personen sind größtenteils so sympathisch, dass man das Gefühl hat, sie persönlich zu kennen. Trotz der teilweise bedrückenden Themen verliert der Roman an keiner Stelle seine humorvolle Leichtigkeit in der Erzählweise. Durch den Wechsel der beiden Geschichten entsteht eine Spannung, die sich bis zum Ende hält. Die Frage, wer die Morde begangen hat und ob es für beide Geschichten ein Happy End gibt, haben mich bis zum Ende ausgezeichnet unterhalten. Eine absolute Leseempfehlung für gemütliche Hörstunden!

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Veröffentlicht am 05.06.2022

In der Zukunft überleben!

Die neue Wildnis
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In ihrem Roman „Die neue Wildnis“ beschreibt Diane Cook einen wissenschaftlichen Feldversuch, bei dem eine Gruppe von Menschen aus unterschiedlichen Gründen von der Stadt in die neue Wildnis, eine Art ...

In ihrem Roman „Die neue Wildnis“ beschreibt Diane Cook einen wissenschaftlichen Feldversuch, bei dem eine Gruppe von Menschen aus unterschiedlichen Gründen von der Stadt in die neue Wildnis, eine Art Naturschutzpark, übersiedelt und dort ohne Hilfe von außen überleben muss. Allerdings gibt es mehr oder weniger freundliche Ranger, die auf die Einhaltung der zahlreichen Regeln achten und diese notfalls mit Drohung und Gewalt durchsetzen.

Die Protagonisten in diesem Text waren mir ausnahmslos zu keinem Punkt der Handlung sympathisch. Auf mich wirkte die Szenerie wie die Beobachtung einer Gruppe von Individuen aus der Zeit der Sammlerinnen und Jägerinnen, in der hin und wieder Dinge und Menschen aus der Zukunft erscheinen. Viele Fragen, die sich im Verlauf der Geschichte stellen, werden von der Autorin nicht beantwortet. Natürlich gibt mir das als Leser*in die Möglichkeit, darüber nachzudenken. Doch worüber? Über die zunehmende Verrohung der Menschen, die Verschmutzung der Umwelt, Überbevölkerung, Natur und Menschen im allgemeinen… Diese Dystopie beschreibt für mich eigentlich nichts Neues oder Ungewöhnliches. Auch der Blickwinkel auf das Thema hat mich nicht vollends überzeugt.

Die 3 Sterne meiner Bewertung erhält die Autorin für die meisterhafte und dichte Beschreibung der Menschen und der Natur. Wer kein Buch zum Wohlfühlen mit einem Happy End sucht, ist mit diesem Buch sicher gut beraten.

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Veröffentlicht am 19.05.2022

Inspirierende Gespräche mit einem etwas anderen Freund

Gespräche mit einem Baum
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Nachdem der Autor Matthias Strolz feststellt, dass er mit seinem Lieblingsbaum kommunizieren kann, dokumentiert er diese einzigartigen Gespräche in seinem neuen Buch „Gespräche mit einem Baum“.

Besonders ...

Nachdem der Autor Matthias Strolz feststellt, dass er mit seinem Lieblingsbaum kommunizieren kann, dokumentiert er diese einzigartigen Gespräche in seinem neuen Buch „Gespräche mit einem Baum“.

Besonders gefallen hat mir, dass diese Gespräche in Dialogen stattfinden. Der Autor stellt dabei Fragen an den Baum, die dieser dann aus „Baumperspektive“ beantwortet, d.h. aus der Sicht eines Lebewesens, dass deutlich länger lebt als ein Mensch und von anderer Natur ist. Das Buch ist thematisch gegliedert und beinhaltet Reflexionen zu Themen wie Geburt und Tod, Gott und Religion, Schmerz und Freude, die Liebe etc. Die Kapitel sind in sich geschlossen und haben den Vorteil, dass die Lesenden die Gespräche gezielt auswählen können.

Der Schreibstil des Autors ist leicht und durchgängig gut zu lesen. Leider wirken die Dialoge mit dem Baum auf mich oft wie Selbstreflexionen des Autors, so dass der Baum nur die Funktion einer zwischengeschalteten erzählerischen Instanz zu haben scheint, die das ganze etwas auflockert, damit es nicht als Selbstgespräch rüberkommt.

Insgesamt gibt das Buch, durch die Auswahl der Themen und die veränderte Perspektive darauf, jedoch viele Impulse zum Nachdenken. Menschen, die die großen Lebensfragen interessieren, finden hier neue und inspirierende Ansätze.

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