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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.09.2021

Ekel Walter

Barbara stirbt nicht
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Barbara stirbt nicht, zumindest redet Herr Schmidt sich das selbst ein und reagiert unwirsch auf die lästigen Nachfragen von Barbaras zahlreichen Bekannten nach dem Befinden seiner Frau. Umso beharrlicher ...

Barbara stirbt nicht, zumindest redet Herr Schmidt sich das selbst ein und reagiert unwirsch auf die lästigen Nachfragen von Barbaras zahlreichen Bekannten nach dem Befinden seiner Frau. Umso beharrlicher versucht der alte Grantler, der bislang um alles, was mit Haushaltsführung auch nur im Entferntesten zu tun hat, einen weiten Bogen gemacht hat, seine Frau, die nach einem Schwächeanfall das Bett nicht mehr verlässt, wieder auf die Beine zu bringen und diesen tückischen Haushalt in den Griff zu bekommen.

Barbara macht allerdings keine Anstalten, wieder aus dem Bett zu kommen, und alle anderen scheinen das auch zu wissen, Herr Schmidt jedoch schaltet auf stur, was er offenbar am besten kann.

Am Anfang hat er noch nicht einmal eine Vorstellung davon, wie man Kaffee kocht, am Ende meistert er selbst komplizierte Gerichte mit Bravour, immer in der Hoffnung, Barbara zum Essen zu bewegen. Dass ihm dabei ausgerechnet zynische Kochsendungskommentatoren im Internet und ein gelangweiltes, mürrisches Mädchen helfen, hätte er sich sicher früher nicht träumen lassen. Wie eine Zwiebel schält man beim Lesen Schicht um Schicht von der Ehe zwischen Barbara und Herrn Schmidt und erhält erst gegen Ende einen vollständigen Einblick in die Geschichte der beiden, was die Geschichte so gut konstruiert und lesenswert macht, dass man das Buch kaum aus der Hand legen möchte. Herr Schmidt erinnert mich ein wenig an Ekel Alfred aus der Fernsehserie „Ein Herz und eine Seele“ und ist bedauerlicherweise noch ein wenig unsympathischer als dieser, das ist für mich der einzige Wermutstropfen an der Geschichte.

Ein wenig sympathischer hätte die Autorin ihre Hauptperson meiner Meinung nach doch darstellen dürfen, ohne dem mürrischen Alten die Glaubwürdigkeit zu nehmen, man würde gerne Mitleid mit ihm haben, aber er ist halt ein widerlicher Mensch. Der bisweilen trockene Humor der Autorin, wenn es um die Schilderung seiner Eigenheiten und Ideen geht, ließ mich das Buch dennoch gerne zu Ende lesen.

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Veröffentlicht am 20.05.2021

Witzig und Spannend

Der Donnerstagsmordclub (Die Mordclub-Serie 1)
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Im Mittelpunkt der Geschichte stehen die Mitglieder des titelgebenden Donnerstagsmordclubs, Elizabeth, die früher beim Geheimdienst war, der, Ex-Psychiater Ibrahim , der rote Ron, Ex-Gewerkschaftsführer, ...

Im Mittelpunkt der Geschichte stehen die Mitglieder des titelgebenden Donnerstagsmordclubs, Elizabeth, die früher beim Geheimdienst war, der, Ex-Psychiater Ibrahim , der rote Ron, Ex-Gewerkschaftsführer, und Joyce, Ex-Krankenschwester und Chronistin der Gruppe. Zusammen leben sie in Coopers Chase, einer gehobenen Seniorenresidenz.
Besitzer von Cooper's Chase, ist der reiche und zwielichtige Geschäftsmann Ian Ventham, der großartige Expansionspläne für das Gelände hat, die die Sanierung des verlassenen Klosters und die Entfernung der Knochen aus dem Garten der ewigen Ruhe beinhalten.
Und damit beginnt das Spektakel, das einige Todesfälle in der Gegenwart zur Folge hat und andere aus der Vergangenheit ans Tageslicht holt.
Die Mitglieder des Donnerstagsmordclubs beschließen, der Polizistin Donna einen Karriereschub zu verpassen und ihr, sowie dem etwas unglücklichen DCI Chris Hudson in dem Fall unter die Arme zu greifen.
Da ganze ist sehr unterhaltsam geschrieben, auch weil Richard Osman es schafft, mit der Chronistin Joyce eine Art Miss Marple zu zeichnen, die mit den Augen einer achtzigjährigen auf das 21. Jahrhundert blickt und sich über Errungenschaften wie Tinder Gedanken macht, ohne dass man als Leser in die Tischkante beißen möchte.
Hinzu kommen allerlei Verdächtige, Motive und Wendungen, die eine spannenden Kriminalgeschichte ausmachen und fertig ist ein klassischer britischer Krimi, der ohne blutrünstige, psychopatische Serienkiller auskommt. So sind die 464 Seite ohne einen einzigen Hänger in Windeseile um und man hofft darauf, dass der Donnerstagsmordclub noch in weiteren Fällen ermitteln wird.

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Veröffentlicht am 06.09.2020

Fesselnder Reihenauftakt

Der Untergang der Könige
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enn Lyons präsentiert in ihrem Debüt eine epische Fantasyerzählung, die als Rückblende präsentiert wird – eine "vollständige Darstellung der Ereignisse, die zur Verbrennung der Hauptstadt geführt haben" ...

enn Lyons präsentiert in ihrem Debüt eine epische Fantasyerzählung, die als Rückblende präsentiert wird – eine "vollständige Darstellung der Ereignisse, die zur Verbrennung der Hauptstadt geführt haben" – zusammengestellt von einem Mann, der, wie wir später erfahren werden, kaum ein desinteressierter Beobachter war. Damit erhält sie die Lizenz für die freie Verwendung von Fußnoten, die mit gelegentlichem Sarkasmus die Weltanschauungen der anderen Hauptfiguren erschweren.

Der Untergang der Könige erzählt die Geschichte von Kihrin, genannt Krähe, die abwechselnd von Kihrin selbst und seiner Gefängniswärterin Klaue erzählt wird, die die Gabe hat, in seinen Geist zu blicken und seine Gedanken zu stehlen.
Kihrin ist vieles: Waise, Dieb, lang verlorener Sohn eines Prinzen, Kern einer Prophezeiung, Zerstörer der Welt? Doch zu Beginn treffen wir ihn im Gefängnis und sind gespannt, zu erfahren, welche Ereignisse ihn an diesen Punkt gebracht haben.

Kihrins Berichts wirft uns mitten ins Geschehen, seinen Verkauf in einer heiß umkämpften Sklavenauktion. Klaues Erzählung beginnt weiter zurück – als Khirin Zeuge eines sadistischen Mordes wurde und die Kette von Ereignissen in Gang setzte, die sein Leben völlig verändert hat, von dem eines Diebes und Musiklehrlings, der in einem Bordell lebt, zu seiner (unglücklichen) Anerkennung als Spross einer der mächtigsten Familien seines Landes. Khirin ist ein komplexerer Charakter, als es zunächst scheint, und je mehr der Leser über ihn erfährt, desto interessanter wird er.

Mit gutem Schreibstil, faszinierenden Charakteren, einer fesselnden Erzählung und einem gut durchdachten, tiefründigen Setting ist „Der Untergang der Könige“ ein vielversprechender Beginn einer mehrteiligen Buchreihe. Ich freue mich darauf zu sehen, wie die Geschichte weitergeht.

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Veröffentlicht am 06.09.2020

Schade um die gute Idee

Die Reinsten
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Aufbauend auf den wirtschaftlichen, politischen und ökologischen Zustanden auf der Erde in unserer Gegenwart des 21. Jahrhunderts erschafft Thore D. Hansen die Dystopie einer Zukunft, die bei aller Science ...

Aufbauend auf den wirtschaftlichen, politischen und ökologischen Zustanden auf der Erde in unserer Gegenwart des 21. Jahrhunderts erschafft Thore D. Hansen die Dystopie einer Zukunft, die bei aller Science Fiction doch vorstellbar ist. Eine künstliche Intelligenz bestimmt nach der Zerstörung der uns bekannten Gesellschaften das Leben eines Großteils der Menschheit in neuen Metropolen. Unterteilt in Angepasste und Reinste, letztere durch ein Hirnimplantat direkt mit der KI Askit verbunden und durch diese ständig überwacht und "optimiert" folgt das Leben in den Metropolen dem Ziel, die Klimakatastrophe aufzuhalten und umzukehren. Außerhalb dieser Metropolen kämpfen aus jenen vertriebene "Degradierte" und frei geborene Kolonisten um das tägliche Überleben in einer nahezu unbewohnbaren Welt. Bis eines Tages die Besten der Reinsten nicht mehr gefeiert, sondern degradiert werden und sich die Reinste von allen, Eve Legrand, fragen muss, ob dies alles von Askit geplant war und welche Rolle sie in diesem Plan spielt.
So weit so gut, leider vermag es der Autor zwar, wissenschaftliche Zusammenhänge in der Geschichte glaubhaft und durchaus eindringlich zu vermitteln und die Wichtigkeit des Themas Erderwärmung erschreckend realistisch darzustellen, bedauerlicherweise fehlt dem Wissenschaftler und Theoretiker Hansen das Gefühl für Sprache und Stil und damit das Handwerkszeug eines Schriftstellers, so dass an keiner Stelle des Buches der Hauch von Spannung aufkommt. Auch die Figuren bleiben, wie durch eine KI optimiert seltsam fremd so dass man sich nur schwer in eine der Personen hineinversetzen kann.
Alles in allem ist es schade um das wirklich spannende und gut ausgearbeitete Thema, das man Ende so dröge an den Leser / die Leserin gebracht wird, da hätte man mehr raus machen können.

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Veröffentlicht am 06.09.2020

Geschichte einer Familie

Ein Sonntag mit Elena
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Aus der Perspektive der mittleren, entfremdeten Tochter Giulia wird die Geschichte eines Mannes erzählt, der seit wenigen Monate Witwer ist. Ein Ingenieur im Ruhestand in Turin, der sein ganzes Leben damit ...

Aus der Perspektive der mittleren, entfremdeten Tochter Giulia wird die Geschichte eines Mannes erzählt, der seit wenigen Monate Witwer ist. Ein Ingenieur im Ruhestand in Turin, der sein ganzes Leben damit verbracht hat, Brücken in aller Welt zu bauen.
Er hat drei Kinder: Sonia, Giulia und Alessandro, weit weg von Turin. Sonia ist mit Marco verheiratet und hat zwei kleine Mädchen: Greta und Rachel. Sie lebt auf dem Land, in der Nähe von Biella. Giulia lebt in Rom und arbeitet für das Theater, was ihr Vater nie gebilligt hat. Sie verschafft sich nie Gehör, und auch aus diesem Grund ist sie die schwierigste Tochter. Schließlich gibt es noch Alessandro, der Chemiker ist, in Helsinki lebt und nur per Computer kommuniziert.
Zum ersten Mal seit dem Tod seiner Frau hat er für seine Tochter mit ihrer Familie ein Sonntagsessen aus dem Rezeptbuch seiner Frau zubereitet, wobei er sich beim Betrachten der Rezepte in ihrer Handschrift, ihren Erinnerungen, Gedanken und etwas Reue verlor. Doch das Mittagessen fällt aus, die Enkelin hat sich den Arm gebrochen und um dem Bewusstsein seiner eigenen Einsamkeit zu entfliehen, begibt er sich auf einen Spaziergang.
Im Skatepark trifft er eine junge Frau mit ihrem Sohn, sie sitzt auf der Bank, er spielt.
„...es war kaum jemand da. Nur ein kleiner Junge mit einem zwei Nummern größeren Sweatshirt und einer gelben Mütze, der darum kämpfte, sein wildes schwarzes Haar, das herausrutschte, einzudämmen... Auf einer der beiden Bänke vor den Rampen saß eine gelangweilt aussehende junge Frau. Mein Vater saß auf der Bank neben ihr mit den Händen in den Jackentaschen.“
Elena ist erst 35, ebenfalls verwitwet und auf ihre Weise einsam, und diese zufällige Begegnung verändert das Leben dieser drei Menschen, deren Seelen sich begegnen und sich gegenseitig Glück und eine neue Zukunft schenken.
Die Geschichte erzählt abwechselnd mit der Gegenwart viele Episoden aus der Vergangenheit, eine Art Bilanz des langen Lebens des Vaters, der Familie, einer jener ganz normalen Familien, in denen all diese menschlichen Missverständnisse, Eifersüchteleien und sogar Geheimnisse herrschen.
Fabio Gedas Schreibstil ist ruhig und unaufgeregt, die Geschichte leicht melancholisch und trotzdem positiv und genau das Richtige für eine Sonntagslektüre.

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