Profilbild von Recensio

Recensio

Lesejury Star
offline

Recensio ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Recensio über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.03.2022

Herrlich-schaurige Story

Sheridan Manor. Band 1
0

Ich habe definitiv ein Faible für verlassene Anstalten, Hotels, Schlösser und Häuser. Deswegen wäre Sheridan Manor genau mein Ding. - Wenn es nicht gerade in einer Höllendimension stecken würde. Und dort ...

Ich habe definitiv ein Faible für verlassene Anstalten, Hotels, Schlösser und Häuser. Deswegen wäre Sheridan Manor genau mein Ding. - Wenn es nicht gerade in einer Höllendimension stecken würde. Und dort auch eigentlich gar nicht so "lost" ist, wenn ich an die furchterregenden Kreaturen denke, die das Anwesen auf der anderen Seite bewachen. Vermutlich ist dies also ein Ort, den man nicht freiwillig besuchen möchte. Pech für unseren Hauptprotagonisten Daniel, dass er unerwartet dort landet...

Wir schreiben das Jahr 1922. Es ist Winter in Quebec. Daniel Letendre brettert mit seiner Kutsche über einen zugefrorenen See, ängstlich, flüchtend, als das Eis plötzlich Risse bekommt und er einbricht. Nur knapp entkommt er dem Tode, denn er wird von einem Fremden in letzter Sekunde aus dem kalten Nass gezogen und in Sicherheit gebracht. Nach einigen Tagen der Bewusstlosigkeit kommt Daniel zu sich und lernt seinen Retter kennen: Mickhai, der Majordomus (Hausverwalter) von Sheridan Manor und somit Angestellter von Angus Mac Mahon.

Alle drei Figuren wurden derart authentisch dargestellt, dass ich direkt einen Bezug zu ihnen herstellen konnte. Dabei ist mir insbesondere Mickhai, der mich manchmal wegen seiner Statue und liebenswerten Art an Hagrid (Harry Potter) erinnert hat, sehr ans Herz gewachsen. Zunächst konnte ich ihn nicht so recht einordnen, aber dann entwickelte er sich für mich in eine überraschende Richtung.
Im weiteren Verlauf der Geschichte kommen noch ein paar Geschöpfe ins Spiel, die für herrlich-schaurige und teilweise melancholische Momente sorgen. Dabei spielt auch die junge Dame auf dem Cover eine tragende Rolle. Es hat mich richtig traurig gestimmt, zu erfahren, was mit ihr passiert ist.

Die Atmosphäre ist stets unheimlich und dadurch ziemlich sogartig. I luv it! Man fliegt förmlich durch die Seiten und muss sich regelrecht dazu zwingen, es nicht zu überstürzen, denn schließlich muss man solch eine Atmosphäre genießen. Sie fühlen.

Dazu trägt neben der Story auch das großartige Artwork bei. Was für coole Bilder! Man kann richtig in ihnen versinken, weil es da so viel zu gucken gibt und auf detailverliebte Feinheiten geachtet wurde. Zum Beispiel: ein verschwommener Blick, eine Hetzjagd über das Eis, Monster, die auf ihr Opfer zukrabbeln. Alles wurde großartig illustriert. Allein optisch macht diese Graphic Novel echt einiges her. Inhaltlich ist noch etwas Luft nach oben. Ich nehme an, dass in Teil 2 einige offene Punkte angegangen werden und freue mich schon jetzt darauf, Daniel weiter auf seinem abenteuerlichen Trip durch die Hölle zu begleiten.

Fazit: Die herrlich-schaurige Story und das detailverliebte Artwork machen diese Graphic Novel zu einer spannenden Grusellektüre für Gänsehaut-Abende.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.03.2022

Starker Fantasyroman

Roxy
0

Also mal ganz ehrlich: Allein das Cover ist doch schon der absolute Knaller, oder? Könntet ihr Roxy widerstehen, wenn sie euch so verführerisch um den Finger wickeln würde? Nach diesem außergewöhnlichen ...

Also mal ganz ehrlich: Allein das Cover ist doch schon der absolute Knaller, oder? Könntet ihr Roxy widerstehen, wenn sie euch so verführerisch um den Finger wickeln würde? Nach diesem außergewöhnlichen Leseerlebnis kann ich zumindest im Ansatz nachvollziehen, warum Isaac ihrem Charme und ihrer Schönheit erliegt. Doch Roxy ist toxisch. Und sie hat die Macht zu töten.

Neal und Jarrod Shusterman könnten kein aktuelleres Thema aufgreifen. Ein Thema, das nie an Brisanz verloren hat. Eines, das trotz des ständigen Wandels immer ein altbekanntes bleibt: unser Umgang mit Drogen. Dabei reduzieren die Autoren die Problematik nicht allein auf illegale Drogen und Klischees. Ganz im Gegenteil! Sie verdeutlichen auf erschreckende Art und Weise, wie leicht die Abhängigkeit jeden von uns treffen könnte.

Wirklich cool angelegt ist das Wechselspiel zwischen Mensch und Droge. Was die Story so greifbar und dadurch so erschreckend realistisch macht, ist die Tatsache, dass sämtliche Drogen ein menschliches Wesen einnehmen. Sicherlich können Drogen selbst nicht handeln, diese Erzählweise lässt uns aber nachvollziehen, was sowohl legale als auch illegale Drogen mit uns Menschen anstellen können; physisch und psychisch.

Ebenso genial zeichnen Vater und Sohn ihre menschlichen Figuren, die voller Ecken und Kanten sind, wie ganz normale Nachbarn von nebenan. Ich habe besonders mit Isaac und dessen Schwester Ivy mitgefiebert, denn die beiden sind, vielleicht gerade wegen des ganzen Drumherums, wahre Sympathieträger.

Neben der Story selbst fordern Neal und Jarrod Shusterman unser Hirn zu Beginn eines jeden Kapitels mit optischen Reizen, die nicht einfach nur schön aussehen, sondern auch inhaltlich bis ins kleinste Detail durchdacht sind. Na, wer von euch hat das Buch bereits gelesen und weiß, was ich meine?

Fazit: So spannend und genial Roxy auch ist, den Titel „Thriller“ verdient dieses Buch allerdings nicht. Es ist eher ein gelungener, intelligenter und zuweilen auch düsterer Fantasyroman. Wer sich an dem Wörtchen „Thriller“ festbeißt, wird nicht ganz das bekommen, was er erwartet. Mich jedenfalls wird Roxy noch eine Weile begleiten. Krasse Story!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.03.2022

Gruselgeschichte mit Gänsehautfaktor

Die Frau in Schwarz
0

Mr. Kipps ist ein junger Anwalt aus London, der für die Nachlassverwaltung ins kleine Örtchen Crythin Gifford geschickt wird, um das Anwesen Eel Marsh House seiner verstorbenen Klientin Mrs. Drablow zu ...

Mr. Kipps ist ein junger Anwalt aus London, der für die Nachlassverwaltung ins kleine Örtchen Crythin Gifford geschickt wird, um das Anwesen Eel Marsh House seiner verstorbenen Klientin Mrs. Drablow zu besichtigen und an ihrer Beerdigung teilzunehmen. Dort sieht er zum ersten Mal die Frau in Schwarz. Die Einwohner reagieren seltsam verschwiegen auf die Dame, doch Arthur Kipps ignoriert sämtliche Gerüchte um sie und Eel Marsh House. Dabei unterschätzt er jedoch die Gefahr, in die er sich begeben hat.

Das Buch beginnt zum Ende von Arthur Kipps' Leben. Erzählt werden die Erlebnisse in Eel Marsh House und von der Begegnung mit der schwarzen Frau in jungen Jahren, die folgenschwere Auswirkungen auf sein ganzes Leben hatte.

Zitat S. 28:

"Ich würde meine eigene Geistergeschichte schreiben. Vielleicht würde ich mich so befreien können und endlich genießen, was immer das Leben noch für mich bereithielt. Mir war von Anfang an klar, dass niemand außer mir die Geschichte je zu Gesicht bekommen sollte - zumindest nicht solange ich lebte."

Was unterschwellig gruselig beginnt, wird schon bald zur greifbaren Bedrohung. Die Autorin hat ein Händchen für den passenden Schreibstil und ein Gespür für eine außerordentlich beklemmende Atmosphäre. Obwohl eigentlich nicht wirklich etwas Greifbares passiert, steigern sich die Spannung und der Gruselfaktor enorm.

Zitat S. 105:

"Die Geräusche des Pferdewagens wurden schwächer, dann verstummten sie plötzlich, und draußen auf der Marsch ertönte ein seltsam saugendes, blubberndes Geräusch, zu dem sich das panische Wiehern eines Pferdes gesellte [...] Vollkommen hilflos stand ich im Nebel, der mir jegliche Sicht raubte."

Die schwarze Frau nimmt man als Leser absolut beängstigend wahr, obwohl sie offensichtlich niemandem Schaden zufügt. Und als man ihre persönliche (Hintergrund)Geschichte erfährt, hat man sogar Mitleid mit ihr. Man denkt, dass die Gruselgeschichte damit zu einem Ende kommt, doch die Autorin lässt erst auf den letzten Seiten den Hammer fallen und schockiert mit einem ergreifenden Ende, das einen sowohl überrumpelt als auch kopfschüttelnd zurücklässt.

Fazit: Eine neu aufgelegte Gruselgeschichte aus den 80ern, die mir ordentlich Gänsehaut bereitet hat. Absolut zu empfehlen! Und wenn wir schon beim Thema sind, möchte ich euch außerdem ein anderes Buch von Susan Hill ans Herz legen, das mich ebenfalls überzeugen konnte - und optisch prima zu ihrem neuen Titel passt: Die kleine Hand. Viel Spaß beim Lesen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.02.2022

Zeitloses Meisterwerk

Das Phantom der Oper
0

Mit einer Freundin hatte ich vor einigen Jahren eine Aufführung von "Phantom der Oper" gesehen. Ich liebe den Mythos um jenes entstellte Phantom des Pariser Opernhauses, von dem es heißt, es habe wirklich ...

Mit einer Freundin hatte ich vor einigen Jahren eine Aufführung von "Phantom der Oper" gesehen. Ich liebe den Mythos um jenes entstellte Phantom des Pariser Opernhauses, von dem es heißt, es habe wirklich existiert. Dank des Journalisten und Romanciers Gaston Leroux, der ein großer Theaterfreund und zudem ein gerissener Fuchs war, sprach in Paris irgendwann jeder über "Erik in den Katakomben". Die Geschichte wurde mehrmals verfilmt; am 9. Oktober 1986 feierte Andrew Llyod Webbers Musical in London seine glanzvolle Premiere.

Kürzlich hat Panini die lang erwartete Graphic Novel herausgebracht, die natürlich bei mir einziehen musste. Auf 112 Seiten, die sich ob ihrer Intensität wie 500 anfühlen, wird das tragische Schicksal der jungen Opernsängerin Christine Daaé erzählt, die einen heimlichen Verehrer hat. Jemanden, der ihre Karriere vorantreiben möchte und dafür sogar über Leichen geht. Christine genießt die Aufmerksamkeit, steht plötzlich im Rampenlicht.

"Er sang sobald ich schlief
und kam mir nach.
Mir schien, dass er mich rief
und mit mir sprach."

Als Erik ihr eines Tages erklärt, dass Liebe – zur Kunst und zu ihr – die treibende Kraft all der Verbrechen ist, begreift Christine endlich, in welcher Situation sie steckt - und reißt ihm die Maske herunter. Ein Moment - egal ob im Buch oder Film -, bei dem mir jedes Mal das Herz in die Hose rutscht! Doch was sie dann für Erik empfindet, ist so zwiegespalten, dass man förmlich ihre innere Zerrissenheit spürt. Und auch als Leser selbst durchlebt man die verschiedensten Emotionen: Verständnis, Besorgnis, Angst, Mitgefühl, Hoffnung, Mut, Bedauern.

Das Artwork ist großartig gelungen und sehr ausdrucksstark! Sämtliche Illustrationen vermitteln eine düstere, leicht melancholische und dennoch romantische Stimmung, die die wenigen, aber ausreichenden Textpassagen gekonnt abrunden. Auch die Charakterzeichnungen im Nachwort sind jeden Blick wert.

Fazit: Eine einzigartige Geschichte, die zeitlos wirkt und nie ihren ganz speziellen Zauber verloren hat. Man wird hier mit zwischenmenschlichen und gesellschaftskritischen Aspekten konfrontiert, die zum Nachdenken anregen. Und ganz nebenbei entdeckt der Eine oder Andere eventuell seine Liebe zur Oper (wieder).

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.02.2022

Sehr berührende Story

Wo der Wolf lauert
0

Lilach lebt das perfekte Familienleben. Im teuren Silicon Valley hat sie ein Haus mit Pool, ist glücklich mit ihrem Mann Uri und Sohn Adam scheint sich auch prima eingelebt zu haben. Lilach kommt eigentlich ...

Lilach lebt das perfekte Familienleben. Im teuren Silicon Valley hat sie ein Haus mit Pool, ist glücklich mit ihrem Mann Uri und Sohn Adam scheint sich auch prima eingelebt zu haben. Lilach kommt eigentlich aus Israel, ist jedoch nach Amerika ausgewandert, um ihrer Familie Sicherheit zu bieten. Doch was Lilach sich so sehnlichst wünscht, wird ihr leider nicht gegönnt. Als ein Mitschüler von Adam auf einer Party stirbt, gerät dieser ins Visier der Ermittlungen. Für Lilach bricht eine Welt zusammen und sie erkennt, dass der Wolf wohl doch überall lauern kann…

Selten hat mich eine Story von Anfang an so dermaßen gepackt wie diese. Sobald Milena Karas die ersten Sätze gelesen hat, war ich schon in der Handlung versunken. Ihre angenehme, ruhige und warme Stimme hat einen wesentlichen Teil dazu beigetragen, dass ich mich zurücklehnen und mitreißen lassen konnte. Insbesondere weil sie die Betonungen und Atempausen perfekt gesetzt hat.

Dabei erleben wir die Geschichte aus der Perspektive von Lilach. Eine bewundernswerte Frau und Mutter, die niemandem was Böses will. Im Gegenteil – ihre Familie zu schützen, geht ihr über alles. Ihr Sohn Adam ist mit seinen 16 Jahren ein pubertierender Teenager, der sich nichts mehr sagen lassen will und sich völlig von seiner Mutter distanziert. Ein ganz normales Verhalten, was Lilach um den Verstand bringt und ihr Mutterherz verständlicherweise bluten lässt. Die eine oder andere Mutter unter euch kann das sicher nachvollziehen.

Alle Charaktere werden auf ganz besondere Weise beschrieben und dargestellt. Vor allem zu Lilach hatte ich gleich eine Verbindung aufbauen können und hätte sie manches Mal gerne in den Arm genommen. Adam war etwas unscheinbar, aber für sein Alter normal entwickelt. Sein Verhalten gegenüber seiner Mutter ist weiß Gott nicht vorbildlich, jedoch total der Pubertät geschuldet. Mutter und Sohn sind super authentisch, nichts wirkt over the top, sondern gut konzipiert und ausgetüftelt.

Fazit: Mich hat diese Story wahnsinnig berührt und mir passagenweise eine Gänsehaut beschert. Der psychologische Schreibstil der Autorin packt den Leser und löst ein Gefühlschaos aus, das ich selten erlebt habe. Eine Geschichte über Vertrauen, Liebe, Akzeptanz, Unglück und Selbsterkenntnis, die grandios umgesetzt wurde und daher in jedes Bücherregal bzw. auf jedes Abspielgerät gehört.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere