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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.06.2018

Spannend inszeniert

iCats Kamikatze
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Erst einmal vorweg: Der Titel wurde klasse gewählt, oder? Kamikatze! Gefällt mir - Achtung Wortwitz! - tierisch gut :)

Das Hörbuch startet quasi mittendrin und punktet auch zugleich mit einer actiongeladenen ...

Erst einmal vorweg: Der Titel wurde klasse gewählt, oder? Kamikatze! Gefällt mir - Achtung Wortwitz! - tierisch gut :)

Das Hörbuch startet quasi mittendrin und punktet auch zugleich mit einer actiongeladenen Szene. Katzenagentin Indy wird entführt. Oh nein! Dabei schafft es der Sprecher Simon Veredon eine angenehme Spannung aufzubauen. Die Hintergrundmusik spielt im angemessenen (üblichen) Zeitmaß (tempo giusto) und unterstützt den Suspense Effekt hervorragend. Hätte auch eine Szene aus "Mission Impossible" sein können. Die musikalische Begleitung dort gefällt mir ebenso gut wie hier. Und wer bitte kennt die Titel-Melodie nicht? summt
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Dass die Autorin mit einer guten Portion Humor ausgestattet ist, merkt man an vielen, wenngleich auch auf den ersten "Blick" unauffälligeren Details wie die Abkürzung KGB. Uns bekannt als der staatliche Geheimdienst Weißrusslands, hier jedoch bezeichnend für den KatzenGeheimBund. Passend also zur Katzenagentin, die mich oft an Catwoman erinnert. Sie ist ziemlich tough, selbstbewusst, intelligent und hat kein Problem damit die Krallen zu benutzen.

Die einzelnen Charaktere sind einzigartig, somit gänzlich verschieden und werden authentisch in Szene gesetzt. Am besten gefallen mir die Sächsisch sprechenden Brüder. Eine herrliche "Überraschung" in dem Katzen-Krimi. Ich habe die Stelle mehrmals angehört, weil sie so witzig ist.
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An wenigen Stellen empfinde ich die Neben- oder Hintergrundgeräusche unpassend. Wenn ich mich storytechnisch in einem Wohnzimmer befinde, in welchem sich zwei Kater unterhalten, erwarte ich nicht unbedingt lautes und belebtes Straßenleben. Das irritiert etwas.

Das Ankündigen von Gefahr hingegen wird von einem gut gewählten Crescendo (Dynamik der Musik) untermauert. Ich spüre förmlich die Bedrohlichkeit, der die mir sympathischen Akteure und deren Defensivkraft ausgesetzt sind.
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Die 25 Kapitel hören sich ratzfatz weg.

https://recensio-online.blogspot.com/2018/06/horeindruck-von-kerstin-fielstedde.html

Veröffentlicht am 20.05.2018

Was für ein Buch!

Im Blutrausch
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Auf Grund des Motives, entschied ich mich beim Cover für eine zensierte Version. Wer wissen möchte, wie dieses aussieht, kann beim Verlag nachsehen.

Jeder Fan von brutalen Thrillern mit Sex und Gewalt ...

Auf Grund des Motives, entschied ich mich beim Cover für eine zensierte Version. Wer wissen möchte, wie dieses aussieht, kann beim Verlag nachsehen.

Jeder Fan von brutalen Thrillern mit Sex und Gewalt kommt hier auf seine Kosten! Das Buch liest man nicht nebenbei, sondern hintereinander weg. Pageturner! Und was für einer, puh!

Manche Bücher sind so extrem, dass man nicht genau weiß, ob man sie weiterempfehlen sollte. Da ich jedoch in letzter Zeit auf viele Festa-Leser gestoßen bin und mitbekam, was sie mögen, ist eine Rezension zu "Im Blutrausch" sicher gut aufgehoben bei ihnen.

Ich habe dieses Buch nicht nur gelesen, sondern inhaliert. Es ist böse, derb, fies und ein ganz neues Terrain für mich. Meine ersten Gehversuche in diesem Bereich verliefen gut. Jetzt habe ich Blut geleckt :D

In dem Buch geht es um obsessive Gewalt, Folterungen, Kindesmisshandlung und Vergewaltigung einer Minderjährigen. Harter Tobak, Freunde!

Der betagte Ermittler Jack Eichord musste in seinem Leben schon mit mehreren Serienkillern Vorlieb nehmen und ist einiges gewohnt. Für ihn gibt es kaum noch Grenzen des Unfassbaren. Bis zu dem Tag X und einem Fall von grauenvoller Bestialität. Er jagt einen Mörder, der seine Opfer besonders grausam tötet. Zunächst scheint die Tat eher zufällig passiert zu sein, ohne tiefere Motive und ohne erkennbares Muster. Dann stellt sich jedoch heraus, dass es sich bei dem mutmaßlichen Killer um den Profi Frank Spain handelt. Dieser verfolgt persönliche Ziele und gilt daher umso gefährlicher.

Die Story wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, was - in einem vertretbaren Rahmen - ganz angenehm ist. So kann man etwas mehr hinter die Fassade der Figuren blicken und sich Gedanken um allerlei Häppchen machen, die uns der Autor im Laufe des Geschehens serviert. Der Schreibstil ist locker und trotz der Einfachheit ziemlich packend. Oder vielleicht genau deswegen?

Am Ende sitzt man da, die Kinnlade heruntergeklappt, die Augen vor Schreck geweitet und sich fragend, wozu das Tier "Mensch" eigentlich alles imstande ist.

Veröffentlicht am 20.04.2018

Unglaublich fesselnd!

Dann schlaf auch du
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Dieses soziologisch angelegte Buch beginnt schonungslos und ohne jegliche Vorwarnung mit einer schrecklichen Tat. Eine Babysitterin ermordet brutal die beiden Kinder, auf die sie eigentlich Acht geben ...

Dieses soziologisch angelegte Buch beginnt schonungslos und ohne jegliche Vorwarnung mit einer schrecklichen Tat. Eine Babysitterin ermordet brutal die beiden Kinder, auf die sie eigentlich Acht geben sollte. Im weiteren Verlauf erfahren wir rückblickend und mit fast chirurgischer Präzision, wie es zu dieser Tragödie kommen konnte. Dass man als Leser bereits weiß, wie das Ganze endet, tut der Spannung absolut keinen Abbruch.

Leila Slimani erzählt die Geschichte aus drei verschiedenen Perspektiven. So kommen die Eltern, die Babysitterin und Personen aus deren Vergangenheit zu Wort. Die psychologischen Hintergründe werden dabei ebenso gut und intensiv beleuchtet wie die gesellschaftskritischen Aspekte.

Die Autorin füttert uns mit Details zu den einzelnen Figuren, und zwar so punktgenau, dass man sich mühelos in deren Denkweise und Handlungen hineinversetzen kann. Dadurch entsteht eine Verbindung zu den Protagonisten, die es uns ermöglicht, einen Blick hinter die Fassade zu werfen. Wenngleich ich mir etwas mehr charakteristische Tiefe gewünscht hätte.

Man spürt beispielsweise förmlich die Labilität und Einsamkeit, die die Babysitterin seit Langem umgeben. Auch wenn man selbstverständlich nicht gutheißt, wie sie die Situation letztendlich eskalieren ließ, so kann man es doch ansatzweise nachvollziehen. Das typische Muster einer völligen Desozialisation, deren früh erkennbare Anzeichen von der Gesellschaft ignoriert wurden. Und das Bild einer Welt mit deutlich erkennbaren Unterschieden in den gesellschaftlichen Gegebenheiten und deren Schichten. Die trennende Kluft zwischen "oben" und "unten" wird stetig größer.

Mit der Mutter der beiden Kinder zu sympathisieren, fiel mir mal leicht, mal schwer. Natürlich empfinde ich Mitgefühl auf Grund ihres schmerzlichen Verlustes. Andererseits frage ich mich, ob sie es nicht hätte erkennen müssen, welch tragisches Szenario sich da anbahnt. Mütterlicher Instinkt. Gern würde ich sie packen, durchrütteln und ihr zurufen: "Schau doch endlich mal hin!"

Der Schreibstil ist äußerst flüssig und angenehm, die Sprache unkompliziert und daher leicht verständlich. Die ohnehin schon wenigen Seiten lesen sich weg wie nichts. Ein Buch, das von der ersten bis zur letzten Seite spannend ist und erschreckend realistisch daherkommt.

Das Cover ist wirklich nett anzusehen. Es zeigt ein zum Buch passendes Schwarzweiß-Foto von Kindern auf einem Karussell. Der Titelhintergrund ist in einem dezenten Roséton gehalten. Ein insgesamt recht auffälliges Cover.

Fazit: Ein beeindruckendes Buch über ein sensibles und schockierendes Thema, das nachhaltig in Erinnerung bleibt. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass mich ein Buch nach wenigen Seiten so sehr einnimmt. Leila Slimani gewann meiner Meinung nach zu Recht für dieses Buch den Prix Goncourt, den französischen Literaturpreis.

Veröffentlicht am 03.04.2018

Ein beeindruckendes Buch!

Ermordung des Glücks
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Den pensionierten Kriminalbeamten Jakob Franck kenne ich bereits aus dem ersten Teil "Der namenlose Tag". Ich nahm ihn als einen authentischen und liebevollen Charakter wahr, ohne Berührungsängste, jedoch ...

Den pensionierten Kriminalbeamten Jakob Franck kenne ich bereits aus dem ersten Teil "Der namenlose Tag". Ich nahm ihn als einen authentischen und liebevollen Charakter wahr, ohne Berührungsängste, jedoch mit viel Mitgefühl seinen Mitmenschen gegenüber ausgestattet. Dieses Bild von ihm blieb mir im zweiten Teil erhalten.

Um was geht es? Wie muss es sich für ein Ehepaar anfühlen, wenn der eigene Sohn nicht mehr nach Hause kommt?

Der 11-jährige Lennard verschwindet eines Tages nach dem Sport. Die Polizei hat keinerlei Anhaltspunkte. Aufgrund eines starken Unwetters, lassen sich weder Zeugen noch verwertbare Spuren finden. 34 quälende Tage lang warten die Eltern auf den einen tröstlichen Anruf. Die Wahrheit jedoch dringt kompromisslos und mit zerstörerischer Kraft in die Realität ein. Man findet die Leiche des Jungen in einem Waldgebiet. Jakob Franck ist es schließlich, der die schreckliche Nachricht den Eltern überbringt. Man spürt förmlich, wie die Hoffnung, an die sie sich bis zuletzt klammerten, mit einem Fingerschnipp entschwindet und erdrückende Trauer an ihre Stelle tritt. Während der Vater verzweifelt Halt bei seiner Frau sucht, zieht diese sich zunehmend zurück. Die neue Zweisamkeit scheint zu zerbrechen. Trotz aller Bemühungen der Beamten, stagnieren die Ermittlungen. Man will den Fall zu den Akten legen, doch Jakob Franck hat bereits für sich entschieden, so lange nach dem Täter zu suchen, bis dieser gefasst wird.

Die Charaktere sind authentisch, ihr Auftreten gut durchdacht. Friedrich Ani lässt beinahe jede Figur selbst zu Wort kommen. Wer den ersten Teil gelesen hat, weiß, dass der Autor den Fokus primär auf die einzelnen Protagonisten legt und den Kriminalfall sowie dessen Lösung absichtlich sekundär thematisiert. Weg von all den pauschalisierenden Klischees, die mit den Charakteren des Genres "Krimi" indes einhergehen.

Der Schreibstil ist auch im Nachfolgeband ziemlich anspruchsvoll. Dies ist keine Lektüre, die man vor dem Zubettgehen liest. Vielmehr sollte dem Buch besondere Aufmerksamkeit zuteil werden. Die Sprache glänzt mit einer atmosphärisch dichten, ergreifenden und unmissverständlichen Präzision.

Das Cover ist in einem dezenten Blauton gehalten, der Name des Autors in Schwarz, der Buchtitel in Weiß. Zu sehen sind die Silhouetten zweier Erwachsener und die eines Kindes. Passend, wie ich finde, wenn man den Inhalt kennt.

Fazit: Dieser Krimi hat mich emotional gepackt, hochgeworfen und wieder aufgefangen. Derart schwermütige Melancholie erlebe ich selten beim Lesen. Ein beeindruckendes Buch!

Veröffentlicht am 20.03.2018

Ein spannend inszeniertes Kunstwerk

Die Gestirne
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Um was geht es? Walter Moody landet im Jahr 1866 per Schiff in Neuseeland, genauer gesagt in Hokitika, der Goldgräberstadt. Das ganze Land steckt offenbar in einem gewaltigen Goldrausch. Im Crown Hotel, ...

Um was geht es? Walter Moody landet im Jahr 1866 per Schiff in Neuseeland, genauer gesagt in Hokitika, der Goldgräberstadt. Das ganze Land steckt offenbar in einem gewaltigen Goldrausch. Im Crown Hotel, wo er sich ein Zimmer mietet, trifft er in einem Raucherzimmer auf zwölf unbekannte Männer. Die zwölf Sterne. Die gesamte Handlung samt Protagonisten steht unter dem Aspekt der Sterne und Planeten. Man ahnt, dass jeder dieser Männer etwas zu verbergen hat. Eine Reihe von rätselhaften Verbrechen, verbindet die Zwölf schließlich. Eine Hure wird halbtot auf der Straße aufgefunden, ein wohlhabender Geschäftsmann verschwindet spurlos und ein beträchtlicher Schatz wird im Zuhause eines armen Alkoholikers entdeckt. Zufälle? Zusammen widmen sich die Männer den ungelösten Fällen und versuchen, ihnen auf den Grund zu gehen.

Drei verschiedene, oft statische Handlungsstränge führen also die Charaktere dieses Buches wie Fäden eines Netzes zusammen. Jeden einzelnen Strang hier nun kurz wiederzugeben, erscheint mir nicht passend und beinahe unmöglich, denn die Autorin selbst brauchte dafür immerhin über 1000 Seiten. Nur so viel sei noch gesagt: Erst wenn man "Die Gestirne" gelesen hat, weiß man wirklich, was Komplexität bedeutet. Uffz! Gerüst um Gerüst baut sich das Finale auf und verlässt die Bühne mit einem beeindruckenden Knall. Wumms!

Eine Freundin gab mir den Rat, mir ausgiebig Zeit zu nehmen für dieses Buch. Ich hab ihren Rat leichtfertig abgetan. "Was sind schon 1040 Seiten?". An dieser Stelle, liebe Maya: Touché! Der nächste Caipirinha geht dann wohl auf mich ...

Die Charaktere sind grundverschieden in ihren Persönlichkeiten und Eigenarten. Charlie Frost zum Beispiel zeichnet sich durch eine dominante Ichbezogenheit aus. Passend zum Sternzeichen Stier arbeitet er als Bankier. Man sagt den Stieren nach, dass sie mit ihren goldenen Nasen dort Geld riechen, wo auch immer es zu finden ist. Die vermutlich stereotype Reaktion auf ihn ist: wie unsympathisch! Bäh!

Anna Wetherell wirkt hingegen äußerst naiv und unbeholfen. Als Hure fristet sie ihr Dasein in Gegenden und bei Leuten, die man als junge Frau unbedingt versuchen sollte zu vermeiden. Man möchte sie am liebsten in flauschige Watte packen und beschützen. Eine Frau mit schwächeren Charakterzügen, leider, wenngleich sie mir äußerst authentisch und sympathisch erscheint.

Die zweite weibliche Hauptprotagonistin Lydia bringt jede Menge Intrigen, Manipulationen und Unberechenbarkeit in die Geschichte. Ich erlebe sie als eine autarke und resolute Person.

Der Schreibstil ist zeitgenössisch angehaucht und trägt dazu bei, dass man gefühlt durch den Roman fliegt. Auf einer magischen Wolke zwischen Zeit und Raum, Gut und Böse, Schicksal und Bestimmung. Dennoch bedacht darauf, den ernsten und ironischen Unterton zu bewahren, denn dies ist keine Lektüre, die man "mal eben so" liest. Man muss sie verinnerlichen und ihr die notwendige Aufmerksamkeit schenken. Die astrologische Struktur der Geschichte gefällt mir besonders. Sie weckt in mir den Gedanken, dass jedes Schicksal der Protagonisten nicht zufällig, sondern vorherbestimmt sein könnte. Und doch finden sie beinahe en passant zueinander. "Alle Wege führen nach Rom", kommt mir in den Sinn. Wobei Rom hier ein ziemlich verworrenes Labyrinth darstellt.

Das Cover ist schlicht gehalten mit einem hellen Cover, einem künsterlisch abstrakt wirkenden Gesicht einer jungen Frau sowie dem in goldenen Buchstaben geschriebenen Buchtitel.

Fazit: Ein spannend inszeniertes literarisches Kunstwerk.

Tipp: Geduldig sein und durchhalten! ;)