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Veröffentlicht am 10.08.2020

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen

Lehrerin einer neuen Zeit
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Maria Montessori wurde 1870 geboren, ihren Namen kennt fast jeder. Doch wofür steht er? Als sie 1894 ihr Studium begann, war es in der männerdominierten Welt eine Seltenheit, dass eine Frau Medizin studieren ...

Maria Montessori wurde 1870 geboren, ihren Namen kennt fast jeder. Doch wofür steht er? Als sie 1894 ihr Studium begann, war es in der männerdominierten Welt eine Seltenheit, dass eine Frau Medizin studieren konnte. Viele Repressalien warteten auf die ehrgeizige Maria: so durfte sie erst den Hörsaal betreten, wenn alle männlichen Kollegen darin saßen, musste ihn als Erste verlassen. Sezierübungen allein, im dunklen Raum, zusätzliche Prüfungen, verächtliche Kommentare weniger erfolgreicher Studiosi. Trotzdem bestand sie mit Bravour. Als erste italienische Dottoressa konnte sie überzeugen, wurde berühmt. Auch fuhr sie zu einem Kongress nach Berlin, wo sie für die Rechte der Frauen eintrat. Sie arbeitete unter anderem in psychiatrischen Einrichtungen und wollte sich nicht mit der Vernachlässigung der dort eingeschlossenen Kinder abfinden. Maria griff die Ideen anderer Mediziner wie z.B. Fröbel auf und bot den kleinen Patienten anregende Materialien. Sie kreierte neue Methoden im Lesen, Schreiben, Rechnen, setzte auf fühlen, begreifen, lernen mit allen Sinnen. Damit weckte sie Neugier, Interesse am Wissenserwerb und erzielte beachtliche pädagogische Erfolge.
Ein charmanter und ebenso engagierter Arzt wirbelte ihr Leben durcheinander. Mit Folgen....
Laura Baldini beschreibt ausführlich und sehr positiv das Leben einer außergewöhnlichen Frau, einer Kämpfernatur, einer überzeugenden Rednerin. Mutig, zielstrebig und kompomisslos meistert sie ihr Leben, beeindruckend sind ihre Leistungen.
Interessante Romanbiografie aus dem Piper Verlag.

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Veröffentlicht am 21.04.2020

Absolut packend

Samariter
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Jilliane Hofmann hat wieder einen packenden Thriller geschrieben, der mich von der ersten Seite an gefesselt hat.
Zunächst eine verletzte Frau auf der Flucht, dann eine gut situierte Mutter in einer unangenehmen ...

Jilliane Hofmann hat wieder einen packenden Thriller geschrieben, der mich von der ersten Seite an gefesselt hat.
Zunächst eine verletzte Frau auf der Flucht, dann eine gut situierte Mutter in einer unangenehmen Situation. Man bangt, ob die gehetzte Frau ihren Peinigern entkommt, wird dann aber mit der Situation der Autofahrerin konfrontiert und verfolgt neugierig, warum sie in einem Sturm mit kleiner Tochter ohne Orientierung unterwegs ist. Ein Horrorszenario entwickelt sich.... Wie hätte man wohl selbst in dieser Lage gehandelt? Wie handelt Faith? Ihre Gewissenskonflikte verschärfen sich, dann trifft sie eine Entscheidung. Mit fatalen Folgen, eine Schicksalslawine bricht los.
Ich kann die Reaktionen teilweise nachvollziehen, aber mit den Auswirkungen hätte ich in dieser Art nicht gerechnet.
Spannend beschreibt die Autorin die Entwicklung, Abgründe tun sich auf. Die Gefühle der Protagonistin schwanken von Hoffnung bis zur Verzweiflung. Ist sie schuldig? Wie verkraftet ihr Kind die Vorkomnisse? Wie ihr Partner? Und da ist etwas in ihrer Vergangenheit...
Bis zum Ende immer wieder neue, unerwartete Wendungen, man versteht, hofft.
Großartig geschrieben, authentisch, absolut lesenswert.

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Veröffentlicht am 18.04.2020

Selbstmordattentäter

Die Todesliste
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Wie akribisch der "Spürhund" den "Prediger" jagt! Der Prediger: ruft in Hassreden dazu auf, bei Selbstmordattentaten angesehene bzw. wichtige Nichtmoslems in Amerika, England, in der gesamten westlichen ...

Wie akribisch der "Spürhund" den "Prediger" jagt! Der Prediger: ruft in Hassreden dazu auf, bei Selbstmordattentaten angesehene bzw. wichtige Nichtmoslems in Amerika, England, in der gesamten westlichen Welt zu töten. Leider mit Erfolg. Der Spürhund soll ihn ausschalten. Nicht leicht, hat doch der Hassprediger einen Computerkünstler, der genial alle Spuren verwischt, und wohlhabende Freunde als Unterstützer. Raffinierte, exakt geplante, risikoreiche Aktionen bringen den Spürhund auf die gesuchte Fährte. Doch trotz der Zusammenarbeit mehrerer Geheimdienste tauchen immer neue Probleme auf.
Politische Hintergründe werden beleuchtet, historische Fakten eingeflochten, Zusammenhänge dargestellt. Bewundernswert, wie der Spürhund sich an sein Ziel herantastet.
Ein tolles Buch, wenn auch nicht leicht zu lesen. Konzentration ist nötig, ein gutes Gedächtnis ebenso. Nicht .

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Veröffentlicht am 05.04.2020

Schicksale in der Salpetriere

Die Tanzenden
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Zitat aus Wikipedia: „Das Hôpital de la Salpêtrière in Paris war im 19. Jahrhundert die wohl bekannteste psychiatrische Anstalt Europas. ...
Für die öffentlich zur Schau gestellten Patientinnen und ihre ...

Zitat aus Wikipedia: „Das Hôpital de la Salpêtrière in Paris war im 19. Jahrhundert die wohl bekannteste psychiatrische Anstalt Europas. ...
Für die öffentlich zur Schau gestellten Patientinnen und ihre behandelnden Ärzte war eigens ein Amphitheater auf dem Gelände der Salpêtrière gebaut worden.“
Genau dort ist die Handlung des Romans „Die Tanzenden“ angelegt.
Ein erschütterndes Bild der Rechtlosigkeit der Frauen wird aufgezeigt. Egal ob Vater, Bruder, Ehemann oder Schwiegermutter - jeder von ihnen konnte eine Frau als geistesgestört bezeichnen und zwangseinweisen lassen. Jahre- oder lebenslang. Ärzte konnten an ihnen herumexperimentieren, über sie verfügen, sie bei einem sogenannten Ball reichen Leuten zur Schau stellen. Nervenkitzel für die Wohlhabenden, eventuell bekam so eine Verrückte sogar Krämpfe, wie aufregend! Für die Insassinnen dennoch ein herbeigesehntes Ereignis, nahm doch endlich Jemand von ihnen Notiz. Wie in einem Zoo.
Einige wenige fühlten sich sicher, andere verzweifelten.
Im Mittelpunkt steht Eugénie, Tochter eines angesehenen Notars. Sie kann Verstorbene „hören“. Das schickt sich nicht, ihr Vater schiebt sie in die sogenannte Heilanstalt für Geisteskranke ab. Oberschwester Geneviève erfasst ein ungutes Gefühl. Zwischen beiden entwickelt sich eine besondere Beziehung. Mit gravierenden Folgen.
Victoria Mas schildert die unfassbaren Zustände in der gefängnisartigen Anstalt.
Selbstverliebte, despotische Männer behandeln die Frauen als rechtlose Wesen. Das wird von der Gesellschaft nicht nur toleriert, sondern auch als selbstverständlich akzeptiert.
Historische Gegebenheiten werden zu einem phantasievollen Geschehen gegeben, ein beeindruckender Roman ist entstanden. Interessant zu lesen. Fazit: im Paris der 80-er Jahre des 19. Jahrhunderts möchte man als Frau keinesfalls gelebt haben.
Aus dem Französischen übersetzt von Julia Schoch, herausgegeben vom Piper Verlag.

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Veröffentlicht am 21.07.2019

Wenn dir Eichhörnchen zuwinken

Wir von der anderen Seite
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Du wachst auf. Siehst ein Gespenst. Und stellst fest, dass dieses Gespenst du selbst bist. Gespickt mit Schläuchen, klapperdürr, schwach. So ergeht es Rahel. Ein überlasteter Arzt hatte nicht erkannt, ...

Du wachst auf. Siehst ein Gespenst. Und stellst fest, dass dieses Gespenst du selbst bist. Gespickt mit Schläuchen, klapperdürr, schwach. So ergeht es Rahel. Ein überlasteter Arzt hatte nicht erkannt, dass ein Nierenstein lebenswichtige Prozesse unterbrach, multiples Organversagen folgte. Rahel wurde ins Koma, aus dem sie fast nicht mehr erwachte, gelegt. Es folgt: eine langwierige Behandlung, in deren Verlauf das Essen eines Joghurts einen Riesenerfolg darstellt und höchsten Genuss bringt. Zäh, selbstironisch und mit klaren Worten beschreibt Anika Decker, wie mühsam der Weg von „der anderen Seite“ zur Gesundung ist. Ärzte, die sich als Götter wähnen, Patienten unnötig Angst einjagen, sind nicht hilfreich. Aber es gibt sie auch, die kompetenten und einfühlsamen Ärzte sowie Krankenpfleger.
Eine starke Stütze sind Bruder Juri, die extravagante Mutter und der besonnene Vater.
Wunderbar, wie die Buchheldin den Anspruch vertritt, dass einmal nicht die Befindlichkeiten von Freunden, Vorgesetzten oder beliebigen anderen Menschen im Vordergrund stehen. Das braucht Kraft!
Dieses Buch ist teilweise nur schwer zu ertragen, macht aber Mut und lässt eigene Verhaltensweisen überdenken.