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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.04.2025

Lässt viel Raum für Interpretationen

Schweben
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Amira Ben Saouds "Schweben" ist einer der Romane, die ihre LeserInnen schnell in die Geschichte hineinziehen. Dank eher kurzer Kapitel und eines erfreulich unprätentiösen Schreibstils lässt sich der Roman ...

Amira Ben Saouds "Schweben" ist einer der Romane, die ihre LeserInnen schnell in die Geschichte hineinziehen. Dank eher kurzer Kapitel und eines erfreulich unprätentiösen Schreibstils lässt sich der Roman flüssig und dadurch schnell lesen. Zumindest ich dachte mir immer wieder: "Ach, komm, ein Kapitel noch." Und dann war das Buch auch schon ausgelesen.

Amira Ben Saoud verwebt in ihrer Dystopie ganz alltägliche Fragen: Zum einen ganz offensichtliche Fragen wie "Wer bin ich?", aber auch Fragen, wo Gewalt beginnt und wo sie endet, die Dynamik toxischer Beziehungen und so weiter und so fort werden behandelt.

Das alles geschieht vor dem Hintergrund einer Siedlung, in der dem Anschein nach alles prima funktioniert. Aber unter der Oberfläche brodelt es.

Die Protagonistin und Ich-Erzählerin ist nicht unbedingt die sympathischste Person, aber sie ist ein interessanter Anker für die LeserInnen des Romans. Durch ihre Augen erleben und erfahren wir viel über das Leben in der Siedlung. Durch sie stellen sich auch die oben bereits erwähnten Fragen. Einfache Antworten gibt es nicht. Damit muss man leben können.

Zum Ende hin wird auch klar, warum der Titel des Romans "Schweben" lautet. Das fand ich sehr schön. Für mich war es ein bisschen zuviel des Guten, zumal auch darauf keine erlösenden Antworten geliefert werden. Immerhin wird im Epilog die Perspektive gewechselt. Das fand ich zur Einordnung des Vorangegangenen super, zumal er auch noch bissig-komisch war - zumindest habe ich ihn so empfunden.

Alles in allem ein Roman, der sicher nicht für alle geeignet ist - insbesondere wegen des tendenziell ziemlich "abgefahrenen" Endes, das so gar nichts mehr mit Realismus zu tun hat. 3,5 Sterne gibt's von mir.

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Veröffentlicht am 24.03.2025

Spannend und aktuell

Verdeckte Spuren
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Jochen Brunow legt mit "Verdeckte Spuren" seinen (wenn ich richtig informiert bin) zweiten Kriminalroman vor, der mir sehr gefallen hat.

Brunows Held Gerhard Beckman ist ein Ex-Polizist, der seinerzeit ...

Jochen Brunow legt mit "Verdeckte Spuren" seinen (wenn ich richtig informiert bin) zweiten Kriminalroman vor, der mir sehr gefallen hat.

Brunows Held Gerhard Beckman ist ein Ex-Polizist, der seinerzeit vor allem in Korruptionsfällen ermittelt hat. Nach dem Tod seiner Frau und seiner frühzeitigen und erzwungenen Pensionierung aufgrund seines Alkoholismus lebt er nun vor allem auf Sardinien. Als er einem jungen Journalisten Fragen zu seiner aktiven Polizistenarbeit in Berlin beantwortet, ahnt er nicht, dass damit eine Lawine losgetreten wird, die ihn unter anderem zurück nach Berlin, aber auch in seine eigene Vergangenheit führen wird.

Jochen Brunows Roman hat mir alles in allem sehr gut gefallen. Die Gegensätze zwischen Sardinien und Berlin könnten kaum größer sein, aber die Kontraste bilden einen faszinierenden Rahmen, in den die Handlung eingebunden wurde. Brunow gelingt es, beide Welten zum Leben zu erwecken und seinen Leser*innen Bilder in den Kopf zu projizieren, die zumindest bei mir dazu führten, dass ich am liebsten sofort sowohl nach Sardinien als auch nach Berlin gereist wäre. Man merkt dem Roman an, dass Brunow seine Zeit an beiden Orten verbringt und weiß, wovon er schreibt.

Im Vordergrund stehen aber die Ereignisse an sich. Kurz nach dem Interview wird Beckmann überfallen, seine Haushälterin wird schwer verletzt. Beckmann sieht einen Zusammenhang zu seinem letzten - nicht abgeschlossenen, weil abgewürgten - Fall und beginnt zu ermitteln. Ihm zur Seite stehen vor allem ein sardischer Kommissar, der bereits erwähnte junge Journalist nebst Mentor und sein ehemaliger Untergebener/Kollege. Mit letzterem hatte Beckmann kurz vor seiner Pensionierung noch einige Dokumente, die sie im Zuge eines Korruptionsfalles rund um den BER sichern konnten, versteckt. Diese gewinnen nun an Bedeutung.

Die Frage aller Fragen ist natürlich: Hätte Beckmann - oder sein Kollege Schäfer - überhaupt den Fall noch einmal aufgerollt, hätte es den Überfall nicht gegeben? Ich glaube nicht - zumindest hat nichts darauf hingedeutet -, insofern ist der Überfall keine besonders schlaue Tat gewesen. Überhaupt gibt es in dem Roman immer mal wieder Momente, die etwas konstruiert wirken.

Allerdings wurde ich alles in allem gut unterhalten. Es war spannend, gemeinsam mit Beckmann und seinen Helfern herauszufinden, was genau in den sichergestellten Dokumenten zu finden ist. Besonders gut gefallen hat mir, dass Jochen Brunow es schafft, das scheinbar Offensichtliche nach und nach aufzudröseln, wodurch der Fall eine völlig neue Wendung bekommt.

Brunow präsentiert aber nicht nur einen interessanten und aktuell anmutenden Fall sowie die eingangs erwähnten tollen Beschreibungen Sardiniens und Berlins. Auch seine Charaktere sind sorgsam angelegt. So ergibt sich ein stimmiges Bild und ich konnte streckenweise mitfiebern, weil mir die Charaktere dank Brunows guter Arbeit nicht egal waren.

Auch das Tempo war im Verlauf des Krimis gut gewählt. Mir hat gefallen, wie unaufgeregt Brunow die Ereignisse erzählt und wie gut er Spannungsspitzen platziert hat.

Jochen Brunow hat einen spannenden Kriminalroman abgeliefert, dessen Setting reizvoll und die behandelten Themen sehr aktuell sind. Die Charaktere sind sauber ausgearbeitet, so dass man mit ihnen mitfiebern kann. Mich hat der Roman sehr gut unterhalten!

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Veröffentlicht am 20.03.2025

Ein Pageturner für Kinder mit einer super erzählten Geschichte

Impossible Creatures – Das Geheimnis der unglaublichen Wesen
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Mit "Impossible Creatures - Das Geheimnis der unglaublichen Wesen" hat Katherine Rundell einen spannenden, witzigen und toll erzählten Roman für LeserInnen ab 10 Jahren geschaffen. Der Roman bildet den ...

Mit "Impossible Creatures - Das Geheimnis der unglaublichen Wesen" hat Katherine Rundell einen spannenden, witzigen und toll erzählten Roman für LeserInnen ab 10 Jahren geschaffen. Der Roman bildet den Auftakt zu einer geplanten Trilogie. Und dieser Auftakt hat es in sich!

Katherine Rundell schafft es, ein von Anfang an schnelles Erzähltempo zu bieten, so dass keine Langeweile aufkommt. Gleichzeitig schafft sie es aber, die einzelnen Charaktere des Romans zum Leben zu erwecken, so dass wir während der Lektüre eine Beziehung zu ihnen aufbauen können. Dadurch war es uns möglich, mitzufiebern, mitzuleiden und mitzulachen. Der Roman ist eine echte Achterbahn der Gefühle!

Ein bisschen schwächelt Katherine Rundell leider bei der Beschreibung der Welten bzw. der Inseln und Städte. Allerdings ist das Tempo dermaßen rasant und die Geschichte ansonsten so gut erzählt, dass das kaum auffällt und nur wenig ins Gewicht fällt.

Im Gegensatz dazu sind wiederum die mythischen Wesen super ausgearbeitet. Es macht richtig Spaß, die Kreaturen und ihre Eigenheiten kennenzulernen. Einige Lacher sind garantiert, aber auch viele spannende Momente.

Auch die sich schnell entwickelnde Freundschaft zwischen Christopher und Mal wird super beschrieben. Die Entwicklung der beiden (sowohl gemeinsam als auch individuell) im Lauf des Romans ist meiner Meinung nach gelungen.

Besonders gut fanden wir das mehrseitige Bestiarium, das der Geschichte vorangestellt ist. So gewannen mein Sohn und ich einen ersten Eindruck einiger der Kreaturen, die uns später im Buch begegneten - und wir konnten schon einmal überlegen, auf welche wir uns besonders freuen. Das war ein super Einstieg.

Fazit: "Impossible Creatures - Das Geheimnis der unglaublichen Wesen" ist ein toll geschriebener Roman. Wir können es kaum abwarten, bis endlich die Fortsetzung erscheint. (Erfreulicherweise ist Katherine Rundell eine so gute Autorin, dass sie gänzlich ohne Cliffhanger am Ende des Romans auskommt.)

Ein Hinweis sei mir gestattet: In dem Roman werden Waffen genutzt und damit einhergehend Verletzungen und Tod. Mein Sohn kam gut damit klar, aber Kinder/Menschen reagieren ganz individuell auf diese Themen.

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Veröffentlicht am 17.03.2025

Spannender Auftakt zur Serie

Aliya und die Unendliche Stadt
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Aliya ist dem Anschein nach ein ganz normales ägyptisches Mädchen, bis an ihrem elften Geburtstag plötzlich ihre Welt Kopf steht. Wie sich herausstellt, entstammt sie einer Familie Zeitreisender. Nicht ...

Aliya ist dem Anschein nach ein ganz normales ägyptisches Mädchen, bis an ihrem elften Geburtstag plötzlich ihre Welt Kopf steht. Wie sich herausstellt, entstammt sie einer Familie Zeitreisender. Nicht nur verlässt sie das ihr bekannte Ägypten, um fortan in der titelgebenden Unendlichen Stadt zu leben und die unliebsame Schulbank zu drücken, sie muss auch noch diversen Herausforderungen und Gefahren trotzen - und schwere Entscheidungen treffen.

"Aliya und die Unendliche Stadt 1" ist der Auftakt zu einer neuen Fantasy-Buchreihe. Mich haben viele Komponenten des Romans an die "Harry Potter"-Reihe erinnert. Trotz einiger Parallelen ist "Aliya und die Unendliche Stadt" aber keine billige Kopie, sondern entwickelt schnell eine eigenständige (Roman-) Welt.

Besonders gut gefallen hat mir, dass der Roman in Ägypten spielt und die "Unendliche Stadt" entsprechend ägyptisch geprägt ist. Das ist selten genug. Zudem hat die Autorin Laila Rifaat sehr gekonnt ägyptische Mythologie in die Handlung eingewoben. Sie vermengt Selbstfindung, Verlusterfahrungen, Zeitreise, Magie und eben ägyptische Mythologie zu einer spannenden und sehr lesbaren Mixtur. Gelungen fand ich auch, dass die Autorin es geschafft hat, sehr subtil auch noch Themen wie (britischen) Kolonialismus und Vorurteile einzuweben. Das mag sich nach einem wilden Mix anhören, ist aber alles so geschickt ineinander verwoben, dass es einen Riesenspaß macht.

Der Roman wird LeserInnen ab 10 Jahren empfohlen. Meiner Meinung nach trifft diese Einschätzung zu. Zwar tauchen im Roman Gestalten auf, die normalerweise eher furchteinflößend sind - zum Beispiel Ghule. Diese werden aber so dargestellt, dass sie eher witzig als gruselig sind.

Die Autorin hat das Rad gewiss nicht neu erfunden und vieles ist aus Sicht Erwachsener vorhersehbar, aber das Wichtigste schafft der Roman: Er liefert spannende Unterhaltung. Dass die Schauplätze zudem nicht das übliche Einerlei bieten, trägt ebenso zum Charme der Geschichte bei wie die vielen passenden Wortschöpfungen, die sich durch das gesamte Buch ziehen. Mehr davon, bitte!

Fazit: Gelungener Auftakt zu einer ägyptisch geprägten Fantasy-Reihe. Ich bin gespannt auf die Fortsetzung!

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Veröffentlicht am 15.03.2025

Ein Roman, der gut tut

Die Magnolienkatzen
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Manche Romane sind Balsam für die Seele. "Die Magnolienkatzen" von Noriko Morishita ist so ein Roman.

Die über 50 Jahre alte Ich-Erzählerin Noriko Morishita lebt mit ihrer Mutter gemeinsam in einem Haus. ...

Manche Romane sind Balsam für die Seele. "Die Magnolienkatzen" von Noriko Morishita ist so ein Roman.

Die über 50 Jahre alte Ich-Erzählerin Noriko Morishita lebt mit ihrer Mutter gemeinsam in einem Haus. Als eines Tages Norikos Mutter unter ihrem Magnolienbaum Katzenbabys findet, steht für beide Frauen fest, dass die Kätzchen schnellstmöglich verschwinden sollen. Schließlich sind sie eher Hundemenschen und können rein gar nichts mit Katzen anfangen...

Noriko Morishitas Schreibstil ist unprätentiös, aber dennoch poetisch, was ich während des Lesens genossen habe. So wurde die Geschichte für mich glaubwürdig. Tatsächlich stellte sich mir immer wieder die Frage, was von dem Roman Fiktion und was Realität ist. Letztlich zählt aber nur, wie Mimi und ihr Wurf das Leben von Noriko und ihrer Mutter verändern.

"Sachiko sprach entzückt von einem 'Segen' und einem 'Wunder', aber ich selbst sah bloß finstere Wolken am Horizont, wenn ich an unsere Zukunft dachte."

Empfinden Noriko und ihre Mutter die Katzen anfangs noch als Belastung, entwickeln sie schnell Zuneigung zu Katzenmama Mimi und ihren Babys. Und wie das so ist: Plötzlich merken sie, wie viele Menschen in ihrem Verwandten-, Freundes- und Bekanntenkreis Katzen hatten und/oder haben. Und so sind nicht nur viele Katzen in ihrem kleinen Haus, sondern immer wieder auch zahlreiche BesucherInnen, die ganz begeistert von den Kitten sind und ihre eigenen Katzengeschichten erzählen.

"Ich fühlte mich, als würden in unserem Haus lauter Blumen blühen."

Wir erleben auch, wie sich das Verhältnis von Noriko und ihrer Mutter bessert. Die ewig grantige Mutter wird liebevoller und rücksichtsvoller, nicht nur gegenüber den Katzen, sondern auch gegenüber ihrer Tochter. Noriko selbst erlebt dank der Katzen viele Glücksmomente. Die Katzen zu beobachten, tut ihr gut. Sie entspannt sich dank der Katzen - obwohl diese sie naturgemäß auch ganz schön auf Trab halten - und findet zu sich selbst.

Die Momente des Glücks und der Zufriedenheit transportiert Noriko Morishita sehr gut. Es gibt viele wunderbare Szenen, die wahrscheinlich jede/r KatzenhalterIn gut nachvollziehen kann. Es tut gut und entspannt ungemein, Norikos (Katzen-) Geschichte zu lesen, auch wenn sie mir persönlich die Katzen teilweise zu sehr vermenschlicht hat. Und doch ist der Roman eine so wunderbare Liebeserklärung an das Leben mit Katzen, dass ich ihn unbedingt weiterempfehle. Katzen gehen schließlich immer!

Der Roman ist schnell gelesen, wirkt aber positiv nach, und dank der Episodenhaftigkeit ist es kein Muss, den Roman am Stück zu lesen. Meiner Meinung nach ist es sogar besser, sich Zeit zu lassen. Denn auch darum geht es letztlich in diesem Roman: den Moment zu genießen, ein bisschen achtsamer zu sein, Liebe und Glück - in welcher Form auch immer - zuzulassen.

"Von Lebewesen umgeben zu sein, die man ins Herz geschlossen hatte, schien uns Menschen auf ganz natürliche Weise ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Und sobald man von sich selbst aus lächelte, lachte das Leben zurück."

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