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Veröffentlicht am 19.03.2019

Ein tolles Buch!

Die Farben des Feuers
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Ich habe bisher noch nie etwas von Herrn Lemaitre gelesen, werde das aber nachholen, sobald ich dazu komme. Also vermutlich nicht so bald, weil mein Stapel mit ungelesenen Büchern wächst und wächst und... ...

Ich habe bisher noch nie etwas von Herrn Lemaitre gelesen, werde das aber nachholen, sobald ich dazu komme. Also vermutlich nicht so bald, weil mein Stapel mit ungelesenen Büchern wächst und wächst und... Es ist zum Heulen!

"Die Farben des Feuers" wird angepriesen als "spektakuläres Sittengemälde". Das klingt erst einmal, nun ja, dämlich. Sittengemälde hätte vollkommen gereicht, aber wer auch immer verantwortlich ist für Buchzusammenfassungen auf Buchumschlägen, muss wohl zu Übertreibungen neigen. Trotzdem: Diese Wortkombination hat mich tatsächlich erst einmal abgeschreckt. Und natürlich der verfluchte Buchpreis.

Ich schweife wieder ab.

Tatsächlich ist Lemaitre ein tolles Sittengemälde gelungen - und zwar eines, das zeitweise dermaßen witzig ist, dass ich laut auflachen musste. Allein die Beerdigungsszene ganz am Anfang - so tragisch die Geschehnisse währenddessen sind - ist mit einem so herrlich ironischen Unterton geschrieben (der sich übrigens durch das ganze Buch zieht), dass selbst ein versuchter Selbstmord erst einmal witzig ist. Die Tragik ergibt sich erst später, dann aber mit geballter Macht. Ich glaube das ist es, was mich an dem Buch am meisten fasziniert hat: Wie Lemaitre uns durch die locker-leichte, ironische und teilweise sarkastische Sprache in Sicherheit wiegt, uns zum Schmunzeln und Grinsen bringt, um dann (mir persönlich etwas zu selten) - mit nicht weniger Wucht - Spannung, Tragik oder Trauer zu präsentieren.

Um das Buch vollends genießen zu können, bedarf es vor allem folgender Voraussetzungen: Grundkenntnisse der französischen Geschichte zwischen den beiden Weltkriegen (natürlich geht es letztlich auch ohne, aber es geht ja ums "vollends" genießen), die Fähigkeit, sich selbst Dinge zusammenreimen zu können und ein marginales Verständnis für Ironie.

Tja, und es wäre nicht schlecht, "Der Graf von Monte Christo" gelesen oder als Film gesehen zu haben. Denn der Knaller ist, dass "Die Farben des Feuers" im Prinzip eine Neuerzählung des Abenteuerklassikers ist. Zumindest habe ich mich während der Lektüre immer wieder an "Der Graf von Monte Christo" erinnert gefühlt.

All das hilft, den Roman besser zu verstehen, aber ganz ehrlich: Natürlich kann man dieses Werk auch ohne Vorkenntnisse lesen. Es wird nur meiner Meinung nach nicht so viel Spaß machen, denn einiges wird nicht explizit erzählt, manches muss man sich denken. Aber genau das hat mir Freude bereitet, dass ich nicht betrogen werde, nicht als geistig minderbemittelt wahrgenommen werde, sondern das Lemaitre mir und allen anderen Leser*innen zutraut, dass wir allem folgen können, ohne dass er uns alles bis ins kleinste Detail vorkaut.

Manches in dem Roman ist arg konstruiert, mir war es auch streckenweise zu seicht und ab einem gewissen Punkt, lief mir auch alles zu perfekt, aber Lemaitre wollte keinen Thriller abliefern, insofern war das für mich letztlich okay, zumal mich sein Schreibstil immer bei der Stange gehalten hat. Und dann kam noch der Epilog - und diese fünf Seiten haben es in sich. Da bleibt mir nur noch zu sagen: Endlich mal ein Epilog, der dieses Wort verdient hat! Das ist mittlerweile auch selten genug.

Merci (übrigens auch an den hervorragenden Übersetzer, Herrn Tobias Scheffel)!

Veröffentlicht am 06.11.2023

Eine kulinarische Reises durch das Schwabenländle

Schwaben. Meine kulinarische Heimat
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"Schwaben. Meine kulinarische Heimat" von Matthias F. Mangold ist ein Buch, wie es mir gefällt: Es enthält nämlich nicht nur Rezepte, sondern auch Geschichten rund um diese Rezepte herum.

So streifen ...

"Schwaben. Meine kulinarische Heimat" von Matthias F. Mangold ist ein Buch, wie es mir gefällt: Es enthält nämlich nicht nur Rezepte, sondern auch Geschichten rund um diese Rezepte herum.

So streifen wir mir Matthias F. Mangold ein bisschen durch das Schwabenländle, lernen Menschen und ihre Geschichten kennen, lernen quasi nebenbei etwas über Linsen, "Sine" und natürlich Maultaschen sowie viele weitere Themen rund um die Rezepte kennen. Das Buch zu lesen, hat mir Freude bereitet. Einziger Wermutstropfen war, dass die Texte streckenweise wie Werbetexte rüberkamen.

Richtig klasse ist die Bebilderung des Buches. Die Bilder machen Lust, doch mal wieder dem Schwabenländle einen Besuch abzustatten. Noch mehr bereiten sie aber Lust, die Rezepte nachzukochen bzw. nachzubacken, weil alles - sogar die Dinkelseelen und der sehr simple Kartoffelsalat - so schmackhaft abgelichtet wurden, dass man das Gezeigte unbedingt zu sich nehmen möchte. Wunderbar!

Besonders gut hat mir vor allem das Kapitel über die Alb-Linsen, "Lauter Leisa" gefallen. Das bot mir so viel Neues, dass mir dieses Kapitel besonders in Erinnerung geblieben ist. Wenig überraschend widmet sich ein Kapitel ausschließlich den Maultaschen. Dieses Kapitel bot zwar wenig Neues, dafür aber eine Vielzahl Maultaschen-Rezepte, darunter sehr zu meiner Freude auch ein Rezept für vegetarische Maultaschen.

Ich habe noch nicht alles nachgekocht, aber die Rezepte für die Dinkelseelen, den Kartoffelsalat und den salzigen Rahmkuchen kann ich empfehlen. Nicht nur sind diese Gerichte leicht zuzubereiten, sondern sie sind auch ausgesprochen schmackhaft! Vor allem die Dinkelseelen haben es mir angetan, so dass ich diese öfter backen werde.

Auch wenn die Mehrzahl der Rezepte Fleischgerichte sind, so gibt es doch auch überraschend viele vegetarische Rezepte. Das ist etwas, was mich besonders gefreut hat. Es muss nicht immer Fleisch sein.

Alles in allem eignet sich "Schwaben. Meine kulinarische Heimat" sehr gut, um die eigene Kochbuch-Sammlung zu erweitern, mehr noch bin ich der Meinung, dass man das Buch auch sehr gut verschenken kann.

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Veröffentlicht am 28.09.2023

Toller Roman, aber zum Ende hin etwas überhastet

Die Regeln des Spiels
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Mit "Die Regeln des Spiels" (im Original heißt sein Roman - wesentlich treffender - "Crook Manifesto") legt Colson Whitehead den zweiten Teil einer geplanten Trilogie rund um Ray Carney, seines Zeichen ...

Mit "Die Regeln des Spiels" (im Original heißt sein Roman - wesentlich treffender - "Crook Manifesto") legt Colson Whitehead den zweiten Teil einer geplanten Trilogie rund um Ray Carney, seines Zeichen Möbelhändler und Hehler in Harlem, vor.

"Die Regeln des Spiels" kann man auch dann gut lesen und verstehen, wenn man den Vorgänger "Harlem Shuffle" noch nicht gelesen hat. Mehr Spaß wird "Die Regeln des Spiels" aber auf jeden Fall machen, wenn man den ersten Teil der Trilogie bereits gelesen hat, gibt es in "Die Regeln des Spiels" doch immer wieder Verweise auf diesen Roman.

Wie schon in "Harlem Shuffle", schafft es Colson Whitehead auch in diesem Roman, seine Leserinnen sofort ins Geschehen zu ziehen. Tatsächlich lässt Whitehead das New York und vor allem Harlem der 70er Jahre dermaßen plastisch auf die Leserinnen los, dass man das Gefühl hat, mittendrin zu sein. Ich liebe das sehr!

"Die Regeln des Spiels" wird in drei Teilen serviert: Zunächst folgen wir in "Ringolevio" vor allem Ray Carney, dem wir schon in "Harlem Shuffle" - allerdings noch in den 60er Jahren - begegnet sind. Ray hat sein Leben mittlerweile unter Kontrolle, sein Laden floriert, alles ist super. Bis - natürlich - mal wieder alles aus den Fugen gerät.

Wie Whitehead das alles präsentiert, ist meiner Meinung nach eine hohe Kunst: Einerseits werden die Menschen, die Stadt, die Gaunereien und die Gewalt schonungslos präsentiert, andererseits bleibt genug Zeit für humoristische Einlagen, die sich aber immer aus der Situation bzw. aus den Gedanken (insbesondere Ray Carneys) ergeben. So bleibt das, was wir lesen, erträglich. Nicht nur das, es macht einen Riesenspaß und es gab immer wieder Momente im Roman, in denen ich mir wünschte, er würde kein Ende nehmen - einfach, weil er so toll geschrieben ist.

Im zweiten Teil - Nofretete T. N. T. - steht Ray nur an der Seitenlinie, während Pepper, der schon kurz in "Harlem Shuffle" auftauchte, ins Zentrum rückt. Er muss die Hauptdarstellerin eines Films, der unter anderem in Rays Möbelgeschäft gedreht wird, ausfindig machen. Dieser zweite Teil hat es mir besonders angetan. Er ist ein tolles Zwischenspiel und zeigt, wie gut Whitehead darin ist, Charaktere zu schaffen, die - wie im echten Leben - voller Widersprüche stecken. Auch hier gibt es nicht nur das rein Gute und das rein Böse und gerade das macht Whiteheads Carney-Romane so lesenswert. Die Menschen werden in all ihren Facetten dargestellt und das macht "Harlem Shuffle" ebenso wie "Die Regeln des Spiels" so wunderbar.

Klar, es gibt in diesen Romanen natürlich Menschen, mit den wir sympathisieren und Menschen, denen wir ablehnend gegenüber stehen, aber alles in allem wird hier eine tolle Bandbreite facettenreicher Menschen präsentiert.

Der dritte Abschnitt des Romans - "Die Abwickler" - ist meiner Meinung nach leider auch der schwächste - das aber ehrlich gesagt auf verdammt hohem Niveau. Hier macht sich bemerkbar, dass es sich um den zweiten Teil einer geplanten Trilogie handelt. Zwar gibt es keinen Cliffhanger, aber so richtig befriedigend ist der dritte Abschnitt nicht. Das liegt auch daran, dass das Finale viel zu schnell abgehandelt wird. Whitehead, der sonst ein stets gut gewähltes Tempo an den Tag legt, präsentiert plötzlich ein überhastet wirkendes Romanende, das alles in allem unbefriedigend ist.

Nun ist das Jammerei auf hohem Niveau: "Die Regeln des Spiels" ist ein verdammt guter Roman, der die 70er Jahre in New York bzw. Harlem auf eine Weise aufleben lässt, wie man das selten erlebt. Whitehead vermengt so viele Zutaten - die Black Panthers, Korruption, Gewalt, Gaunereien, Rassismus, Freundschaft, Liebe, Hoffnung und so weiter - zu einem funktionierenden, immer wieder witzigen und vor allem unterhaltsamen Gemisch, das seinesgleichen sucht.

In diesem Kosmos entwickelt sich Ray und wir schauen seiner Entwicklung zu: vom jungen Mann, der bloß nichts mit den Gaunereien seines Vaters zu tun haben will, zu einem Mann, der akzeptiert hat, dass er nicht nur ein Möbelverkäufer, sondern auch ein Gauner ist.

Ich bin sehr gespannt auf den finalen Roman der Trilogie!

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Veröffentlicht am 17.05.2023

Kriminalroman mit Pageturner-Qualitäten

Der Bojenmann
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Mit der "Bojenmann" liefern Kester Schlenz und Jan Jepsen ihre erste Gemeinschaftsarbeit ab. Diese ist zugleich Auftakt einer Reihe um Kommissar Knudsen und seinen Freund Oke "La Lotse" Andersen.

Die ...

Mit der "Bojenmann" liefern Kester Schlenz und Jan Jepsen ihre erste Gemeinschaftsarbeit ab. Diese ist zugleich Auftakt einer Reihe um Kommissar Knudsen und seinen Freund Oke "La Lotse" Andersen.

Die Handlung des Kriminalromans spielt in Hamburg, entsprechend sind viele der beschriebenen Orte sehr wahrscheinlich vielen Leser*innen bekannt. Mir unbekannt waren allerdings die titelgebenden Bojenmänner. Die Autoren schaffen es aber nicht nur, unbekanntere Orte in Hamburg zum Leben zu erwecken, sondern einen interessanten Kriminalfall zu konstruieren. Ich habe das Buch praktisch verschlungen, was auch auf die die ironisch-lockere Erzählweise zurückzuführen ist, die mir sehr gefällt.

Die einzelnen Charaktere sind gut herausgearbeitet und ich habe deren Handlungen im Prinzip immer gut nachvollziehen können. Für mich war die Charakterzeichnung in sich schlüssig.

Am wichtigsten ist aber natürlich die Handlung und die wird in gutem Tempo erzählt. Schlenz und Jepsen kommen ohne allzu blutige Details aus, im Fokus stehen Charaktere, Hamburg und die Suche der Polizei nach dem Mörder. Für mich war die jeweilige Dosierung genau richtig.

Einziges Manko ist für mich das Ende des ersten Teils, denn zum Ende hin handelt der Mörder ohne erkennbaren Grund (außer dass ein versöhnlicher Abschluss des ersten Buches geschaffen werden soll) nicht schlüssig. Das hat mich ein bisschen geärgert.

Einigen LeserInnen dürfte zudem das Cliffhanger-Ende aufstoßen. Ich persönlich fand es in diesem Fall nicht allzu störend. Sicher möchte ich wissen, wie es weitergeht, aber es ist kein allzu fieser Cliffhanger geworden.

Alles in allem hat mir aber "Der Bojenmann" so sehr gefallen, dass ich sicher auch zum zweiten Teil greifen werde.

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Veröffentlicht am 12.05.2023

Klein, aber fein - vor allem für AnfängerInnen geeignet

Megalästig – megalecker – megagesund
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Ich habe das Buch blind bestellt und war, als es bei mir ankam, erst einmal schockiert, denn es ist klein und schmal. Ich hatte ehrlich gesagt ein größeres und vor allem dickeres Buch erwartet.

ABER ...

Ich habe das Buch blind bestellt und war, als es bei mir ankam, erst einmal schockiert, denn es ist klein und schmal. Ich hatte ehrlich gesagt ein größeres und vor allem dickeres Buch erwartet.

ABER mittlerweile bin ich sehr froh, dieses Büchlein gekauft zu haben. Es richtet sich vor allem an AnfängerInnen, die sich mit Unkraut-Rezepten beschäftigen. Und für die ist das Buch meiner Meinung nach super geeignet.

Zum einen werden am Anfang die drei "Unkräuter" ausführlich und mit Bildern vorgestellt. Vor allem wird auch mit Bildern auf ähnlich aussehende Unkräuter verwiesen, so dass man weiß, worauf man zu achten ist. Das finde ich schon einmal sehr gut, weil es ein paar Unsicherheiten nimmt.

Der Rezeptteil ist übersichtlich gestaltet - natürlich nach der jeweiligen Pflanze sortiert. Ich habe noch nicht alle Rezepte ausprobiert, aber das Rezept für das Löwenzahnblüten-Gelee kann ich nur empfehlen. Das Gelee schmeckt super! Auch die Stampfkartoffeln mit Brennnesseln haben es mir angetan.

Neben Rezepten für Getränke und Essbares gibt es auch noch ein paar einfach umzusetzende Rezepte gegen leichte gesundheitliche Beschwerden sowie für einige Salben und so weiter.

Ich möchte das Büchlein nicht mehr missen und werde es öfter zu Rate ziehen, wenn ich mal wieder Brennnesseln oder Löwenzahn in unserem Garten zumindest kurzfristig zurückdrängen möchte.

Besonders gespannt bin ich auf den Muckefuck, den ich aber erst im Herbst angehen werden kann, wenn ich die Pfahlwurzeln ernten kann.

Das Buch eignet sich meiner Meinung nach auch super als kleines Mitbringsel bei Einladungen und so weiter.

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