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Veröffentlicht am 12.01.2020

Zeitreise und Krimi in einem

1793
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Im Herbst 1793 fischt Stadtknecht Jean Michael Cardell einen Leichnam aus den städtischen Gewässern Stockholms: Einen männlichen Torso, dessen sämtliche Gliedmaßen fachgerecht abgetrennt wurden. Kriegsveteran ...

Im Herbst 1793 fischt Stadtknecht Jean Michael Cardell einen Leichnam aus den städtischen Gewässern Stockholms: Einen männlichen Torso, dessen sämtliche Gliedmaßen fachgerecht abgetrennt wurden. Kriegsveteran Cardell trifft kurz darauf auf Cecil Winge, einen Juristen, dessen brilliante Intelligenz durch die besondere Grausamkeit der Verstümmelungen angefacht wird und der den Fall für die Stockholmer Polizei aufklären will. Fortan arbeiten die beiden als Team, um das Rätsel des mysteriösen Leichenfunds zu lösen.
Gewisse Parallelen zu Sherlock Holmes und Dr. Watson sind nicht von der Hand zu weisen: Auch hier ist der Ermittler ein höchst brillianter Kopf, dessen Körper statt einer Opiumsucht mit Tuberkulose zu kämpfen hat. Zu seiner Seite ein Kriegsveretan, der statt eines lahmen Beins einen Arm verlor.

"Der morgendliche Regen hat die Straßen in Schlammpisten verwandelt. Lumpengesindel, Armenhäusler und lebende Gerippe drücken sich an den Häuserecken herum und suchen vor der bevorstehenden Ernte des Sensenmanns Deckung." (Zitat S. 119)

Das Buch ist genaugenommen eine Zeitreise ins frühere Stockholm, in der ein Kriminalfall mit eingebaut wurde. Entsprechend der damaligen Zeit gehen die Ermittlungen von Winge und Cardell nur langsam voran, müssen sie doch alles zu Fuß ablaufen. Und kaum einer der Bewohner ist wirklich auskunftsfreudig, manch einer sogar gefährlich. Zudem bleibt es nicht aus, zwischendurch die ein oder andere Wirtschaft aufzusuchen oder einer Hinrichtung beizuwohnen, weil sie grad auf dem Weg liegt. Alles ist beeindruckend realistisch geschildert und führt dazu, die damalige Zeit leserisch miterleben zu können mitsamt ihrem Dreck, der Armut und den vielen Fäkalien in der Stadt. Weiterhin wird der Roman durch Intrigen, Vetternwirtschaft und politische Unruhen interessant erweitert, welche über die Grenzen Schwedens hinaus reichen.
Zwischendurch wird die Spannung des Kriminalfalles etwas gemildert durch die Einschübe zweier Schicksale, welche mehr oder weniger mit dem Ermordeten in Zusammenhang stehen. Die beiden Abschnitte sind durchaus interessant und abwechslungsreich, geben Einblick in weitere Bereiche der damaligen Zeit, verwirrten mich jedoch stellenweise, da sie für die Ermittlungen eher minderrelevant waren. Zum Schluss werden diese Einschübe jedoch mit eingebunden, so dass der Roman zu einem runden Abschluss findet.
Das Buch ist definitiv eine gelungene und realistisch wirkende Zeitreise ins damalige Stockholm. Ein Roman, für den man sich die Zeit nehmen sollte, in die damalige zeit einzutauchen. Wer nur die schnelle Klärung eines Kriminalfalles erwartet, wird hier vielleicht enttäuscht werden. Wer sich jedoch darauf einlässt, Stockholm im Jahr 1793 zu erleben, wird mit erstaunlich vielfältigen und realistischen Eindrücken belohnt.

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Veröffentlicht am 03.01.2020

Spannende Abenteuer mit mittelalterlichen Monstern

Die Ungeheuerlichen - Das Böse ist auf deiner Seite
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Lange war es ruhig im mittelalterlichen Dorf Moderfurt, in dem die junge Riley gemeinsam mit ihren Freunden lebt und gerne mal über die Dächer turnt. Doch ist es plötzlich mit der Ruhe vorbei, als ein ...

Lange war es ruhig im mittelalterlichen Dorf Moderfurt, in dem die junge Riley gemeinsam mit ihren Freunden lebt und gerne mal über die Dächer turnt. Doch ist es plötzlich mit der Ruhe vorbei, als ein riesiger Nobold, einst von den Ungeheuerlichen vertrieben, vor den Toren sein Unwesen treibt und die Dorfbewohner in Angst und Schrecken versetzt. Erneut sind die Ungeheuerlichen gefragt, die tödliche Bedrohung abzuwehren - doch der Graf verbannte sie vor Jahren als Gauner und Gesetzlose in die nahen Wälder. Können die Dorfbewohner dennoch wieder auf ihre Hilfe zählen? Oder sind sie diesmal verloren?

"Bring dich nicht um Kopf und Kragen, meide Männer, die Masken tragen." (Zitat)

Das Buch ist ein wahres Leseerlebnis. Riley und ihre Freunde halten zusammen wie Pech und Schwefel und lassen sich auch nicht vom Grafen und dessen Schergen einschüchtern, der das Dorf ausnimmt, um in Saus und Braus zu leben. Tiefe gewinnt das Buch durch kleine, feine Details, die das Leben der Dorfbewohner wunderbar beschreiben.
Das Buch bietet Spannung, Abenteuer, Verräter, Monster, Überraschungen und hier und da ein wenig Magie. Vor allem Riley muss über sich hinauswachsen, um das Dorf und seine Bewohner vor der drohenden Gefahr zu beschützen. Der Schreibstil ist fesselnd und bannt den Leser von der ersten bis zur letzten Seite. Eine Karte Moderfurts sowie ein Taschenwörterbuch der Moderfurter Gossensprache runden das fantastische Buch gekonnt ab. Definitiv ein Lese-Tipp!

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Veröffentlicht am 28.12.2019

Grandiose fantastische Ideen und Abenteuer auf einer neuen Arche

Die Spiegelreisende 3 - Das Gedächtnis von Babel
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Der dritte Band der Spiegelreisenden-Tetralogie führt Ophelia auf die Arche Babel, wo sie ihren vor knapp drei Jahren verschwundenen Ehemann Thorn zu finden erhofft. Im Gegensatz zu bisher ist sie diesmal ...

Der dritte Band der Spiegelreisenden-Tetralogie führt Ophelia auf die Arche Babel, wo sie ihren vor knapp drei Jahren verschwundenen Ehemann Thorn zu finden erhofft. Im Gegensatz zu bisher ist sie diesmal komplett auf sich allein gestellt und muss sich in einer ihr völlig fremden Welt zurechtfinden, um an die ersehnten Informationen zu gelangen. Was sich als schwieriger herausstellt als zunächst gedacht. Die neuesten Vorkommnisse auf Babel deuten allerdings darauf hin, dass sie sich auf der richtigen Spur befindet. Und auf einer äußerst gefährlichen dazu.
Diesmal entführt die Autorin den Leser in eine faszinierende neue Welt, in der alles streng reglementiert ist und Roboter viele Arbeitsplätze verdrängen. Durch diese neuen Ideen und Charaktere erhält die Saga neuen Aufschwung. Ophelia, die zu Beginn der Reihe recht passiv und devot wirkte, muss nun aus sich herauskommen, Zielstrebigkeit und Mut beweisen. Doch obwohl sie sich wie ein Mantra vorbetet, dass sie bereits genug durchgemacht hat, fällt sie erneut in die Opferrolle und muss vieles über sich ergehen lassen. Was ich persönlich als sehr schade empfinde, wobei zumindest ihre stark übertriebene Schusseligkeit deutlich nachgelassen hat. Und Thorn, nunja, der verhält sich Ophelia gegenüber weiterhin zum an-die-Wand-stellen.
Auf Babel kommt Ophelia der Spur Gottes ein wenig näher sowie dem "Anderen", welcher die Welt angeblich zu zerstören droht. Ebenso hat Gott selbst wieder ein paar Auftritte, welche parallel stattfinden und den Bezug zu Ophelias früheren Freunden in der Erzählung aufrecht erhalten. Von den bisherigen Bänden hat mir dieser am besten gefallen, da Ophelia nun komplett allein agieren muss und dadurch an ihren Aufgaben wächst. Und die fantastischen Einfälle der Autorin sind weiterhin grandios.

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Veröffentlicht am 13.12.2019

Gestatten: Tod!

Fenster mit Licht
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Eigentlich ist der Tod gar nicht so schlimm. Das muss Richard feststellen, als er vor Neugier in ein Haus einbricht, aus dessen Fenster er wiederholt ein blaues Licht leuchten sah - und sich kurz darauf ...

Eigentlich ist der Tod gar nicht so schlimm. Das muss Richard feststellen, als er vor Neugier in ein Haus einbricht, aus dessen Fenster er wiederholt ein blaues Licht leuchten sah - und sich kurz darauf in der Welt von Cornelius Tod wiederfindet.

"Keine Frage, das war der Kater aus seinem Traum, der Kater des Todes." (Zitat Kap. 24)

Die ein wenig zeitlos wirkende Erzählung spielt in der Zukunft, welche man zu Beginn aus Richards Sicht kurz kennen lernt. Bis er auf den Tod trifft, der so ganz anders ist als der erwartete Sensenmann und der ihn, zusammen mit Kater Shadow, wie ein freundlicher Gastgeber empfängt.
Auf fantastische Weise erfährt man in dieser Erzählung, was es mit den Seelensteinen auf sich hat, was geschieht, wenn man seine Seele nicht ausreichend pflegt und welche Rolle Richard zugedacht ist. Nebenbei geht es noch um Vertrauen und Intrigen. Der Stil ist angenehm unterhaltsam und erinnert mich ein wenig an klassische Fantasy. Definitiv ein Buch, welches ich liebend gern gelesen habe und jedem ans Herz - oder an die Seele - legen möchte.

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Veröffentlicht am 11.12.2019

Superhelden im Kampf nicht nur gegen Vorurteile

Bay City Heroes - Im Zeichen der Gerechtigkeit
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Die junge Seraphina Winter gehört zu den Reichen und Privilegierten, die in einer sicheren Gegend und mit Stromversorgung leben. Ihr bisheriges Leben zwischen Wohltätigkeitsgalas und High Society Club ...

Die junge Seraphina Winter gehört zu den Reichen und Privilegierten, die in einer sicheren Gegend und mit Stromversorgung leben. Ihr bisheriges Leben zwischen Wohltätigkeitsgalas und High Society Club gerät jedoch komplett aus den Fugen, als sie nach einem Überfall plötzlich aussergewöhnliche Fähigkeiten entwickelt: Fortan ist sie eine Veränderte. Ein gesellschaftlicher Super-GAU! Denn Angst und Vorurteile in der Bevölkerung haben dazu geführt, dass Veränderte wegen ihrer Fähigkeiten wie Schweben, Superkräfte oder Feuer schleudern von der Regierung verfolgt und kontrolliert werden. Von der aggressiven Reaktion der Bevölkerung ganz zu schweigen. Also verheimlicht Sera erstmal ihre neuen Fähigkeiten, bis sie sich mit anderen Veränderten zusammenschließt, um als Bay City Heroes für ein besseres Image der Veränderten zu sorgen.
Seraphina war mir als Tochter eines reichen Pharmaunternehmers von Beginn an sympathisch. Ihre Reaktion auf ihre neuen Fähigkeiten war unterhaltsam und realistisch beschrieben und mir gefiel, wie sie mit den anderen eine Art Superheldengruppe aufbaute, welche mit einigen Startschwierigkeiten zu kämpfen hatte. Auf der anderen Seite steht Special Agent John Hunter, der im Auftrag der Regierung mit seiner Abteilung dafür sorgen soll, dass sämtliche Veränderte verfolgt, registriert und ihre Fähigkeiten unterdrückt werden. Durch seine starke Abneigung gegen Veränderte ist er quasi der Gegenpol von Sera, die es sich in den Kopf setzt, John davon zu überzeugen, dass Veränderte auch nur Menschen sind, von denen die meisten gar nichts Böses wollen.
Sehr gelungen ist der besondere Aufbau des Romans mit Zeitungsartikeln, Radiodurchsagen, Zitaten und Interviews, welche zu Beginn und immer mal wieder mittendrin erklären, wie es überhaupt zu dem politischen und wirtschaftlichen Dilemma der USA kam, wie die Reaktionen auf die Bay City Heroes sind oder einiges mehr. Natürlich wird auch die Frage geklärt, warum es überhaupt Veränderte gibt.
Der Stil ist äußert unterhaltsam, die Story faszinierend und ich hatte beim Lesen immer wieder vor Augen, wie das Ganze wohl als Film wirken könnte. Ein wenig Humor an den richtigen Stellen lockert alles angenehm auf und die Autorin hat es sich nicht nehmen lassen, sich selbst indirekt kurz in die Geschichte einzubauen.
Ein sehr gelungenes Superheldenbuch, in dem die Betroffenen nicht nur gegen starke Vorurteile zu kämpfen haben und das auf jeden Fall mehr Aufmerksamkeit verdient hat!

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