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Veröffentlicht am 21.07.2017

Ein Garten/Pflanzen/Gestaltungsratgeber der Superlative!

Mein Blumengarten
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"Mein Blumengarten - wie er mir gefällt von Mascha Schacht ist im Ulmer-Verlag (2017) erschienen und optisch sowie inhaltlich eine "Augenweide". Übersichtlich, gut strukturiert, mit enormem und sehr qualifiziertem ...

"Mein Blumengarten - wie er mir gefällt von Mascha Schacht ist im Ulmer-Verlag (2017) erschienen und optisch sowie inhaltlich eine "Augenweide". Übersichtlich, gut strukturiert, mit enormem und sehr qualifiziertem Fachwissen und Sorgfalt der Autorin überzeugt er durch eine Fülle von wundervollen Anregungen und auch Erklärungen, die keine Wünsche werdender oder bereits bestehender Gartenliebhaber offen lassen!

Bereits das Aufschlagen dieses aufwändig und mit vielen Pflanzenfotos versehenen Ratgebers ist ein Hochgenuss (zu sehen ist eine Komposition des Zierlauchs mit Lupinen, traumhaft)!
Es folgen eine hervorragende Gliederung es Buches mit Haupt- und Untertiteln: Von "alles wissen" zu "schnell finden", in dem der Blumengarten von A-Z gelistet ist (beides mit wundervoller Gestaltung und Gärtnerutensilien); über die Vielfalt der Eigengestaltungsmöglichkeiten der Gartenwünsche (unter Berücksichtigung von Licht und Schatten sowie der Beschaffenheit des Bodens für die jeweilige Pflanzenauswahl); über Hochbeete und deren Besonderheiten und kühlen Schattenpflanzen - für jeden ist etwas dabei! Auch Balkon- und Terrassengarten fehlen nicht, da nicht jeder einen Garten besitzt. Weiter wird man verzaubert durch wohlriechende Pflanzen, die die Sinne verführen oder Kräuter, die selbst auf engstem Raum ihren Platz finden können.

Mascha Schacht behandelt mit viel Fachwissen und der Freude beim Gärtnern, die beim Lesen überspringt, die Standortansprüche, Bedürfnisse nach Licht und Schatten einzelner Pflanzen. Auch "das Gold des Gärtners" - der Humusgehalt des Bodens, spielt eine wichtige Rolle, wenn die ausgewählten Pflanzen in voller Blüte erstrahlen sollen.
Sie plädiert bei der Auswahl der Pflanzen zur vorhandenen Fläche zum einen zur Setzung von Prioritäten und zum zweiten zur Einbeziehung des Zeitmanagements, das für die Gartenarbeit verfügbar ist. Bei vielen Kapiteln freuten mich die Querverweise, hier etwa zur "to do Liste" der Arbeit im Garten. In den beiden "Herzkammern" des fachlich versierten Ratgebers findet man die Gartenplanung und die Gartengestaltung: Hier wartet die Autorin mit der Vorstellung der grünen Hauptprotagonisten auf, die jedes Gärtnerherz höher schlagen lassen: Die Hauptdarsteller sollten mit der Persönlichkeit des Gartenbesitzers korrespondieren, ebenso wie die farbliche Gestaltung der Pflanzen(gruppen).
Besonders gelungen fand ich das Kapitel über die Stauden: Als Tochter eines Staudengärtnermeisters liegen sie mir von Kind an besonders am Herzen: Oft langlebig, robust und blühfreudig sind viele Stauden prägende Elemente eines Gartens, die wiederum mit andersartigen Pflanzen harmonieren. Auf die Farb- und Harmonielehre geht Mascha Schacht ebenfalls ein, da das harmonische Miteinander das Wichtigste des späteren Garten- und Pflanzenbildes sind.

"Stauden sind das Herz eines Gartens" (Zitat S. 75)

Aber auch Kisten- und Kübelblüher werden nicht ausgelassen, ebenso die Steingärten und deren pflanzliche Bewohner wie auch für Rosenfreunde die Typologie der Rosenarten. Sehr gut gefällt mir auch die Vorstellung der "Kletterer", die Spaliere oder gar Häuserwände beranken und teils herrlich blühen! Bei den "Spezialisten" werden auch Exoten wie der Strelitzie genannt, die gar nicht so schwer zu pflegen ist, wie es den Anschein hat. Auch die "Duftblüher" finden hier Anerkennung, etwa Duftstauden und wahre Duftwunder wie der Waldphlox oder die Vanilleblume. Die Tipps der Autorin zur Teichbepflanzung (und deren Rand) fand ich sehr einleuchtend - hier ist weniger oft mehr!

Ein Kapitel zum Pflanzenschutz und ein sehr informatives Serviceteil mit wertvollen Adressen (z.B. der Gesellschaft der Staudenfreunde, die ich sehr empfehlen kann) runden diesen prächtigen und konzeptionell überzeugenden Gartenratgeber positiv ab. Zum Serviceteil gehören auch Bezugsquellen, wo man einzelne Pflanzengruppen oder Gehölze erwerben kann, die von gärtnerischer Hand zu Gartenpaketen auf Wunsch geschnürt werden können! Bildquellen-Nachweise und Impressum beenden das Buch, das sicher mehrmals im Jahr für Gartenfreunde in die Hand zu nehmen empohlen werden kann!

Fazit:


Qualifiziertes und profundes gärtnerisches Wissen, übersichtlich, umfassend, gut veranschaulicht und erklärt lassen diesen fachlich versierten Garten-Ratgeber zu einem der besten Wege ins (geplante oder aber bereits vorhandenen) Garten-Glück werden!
Eine absolute Empfehlung mit 5 * und einem Dank an Verlag sowie an die Autorin!

Veröffentlicht am 21.07.2017

Fundiert, informativ, humorvoll: Eine gelungene "Kampagne gegen Sitzenbleiber"

Sitzen ist fürn Arsch
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Das Sachbuch "Sitzen ist fürn Arsch" erschien im Heyne-Verlag (tb, 2017) und wurde von der jungen Wissenschaftlerin Dr. Vivien Suchert geschrieben. Ich bin sehr beeindruckt von diesem Sachbuch und sehr ...

Das Sachbuch "Sitzen ist fürn Arsch" erschien im Heyne-Verlag (tb, 2017) und wurde von der jungen Wissenschaftlerin Dr. Vivien Suchert geschrieben. Ich bin sehr beeindruckt von diesem Sachbuch und sehr guten Ratgeber in Sachen "aufstehen statt sitzenbleiben" und kann es jedem empfehlen, der seiner eigenen Gesundheit im wahrsten Sinne des Wortes "auf die Sprünge helfen" will!

Inhalt:

"Wer länger sitzt, ist früher tot!
Evolutionär ist der Mensch zum Laufen gemacht. Doch was tun wir? Ob Auto, Bürostuhl oder Sofa - wir wechseln von einer Sitzgelegenheit zur nächsten. Die Folgen: Rückenbeschwerden, Übergewicht, Diabetes bis hin zu Depressionen, Herzkrankheiten und sogar Krebs. Dabei können wir viel für unsere Gesundheit tun, wir müssten nur öfter den Hintern hochbekommen. Vivien Suchert verrät einfache Tricks für mehr Bewegung im Haushalt, im Job und in der Freizeit und erklärt unterhaltsam, wie wir das Laufen verlernt haben, wo Sitzfallen lauern und warum Sport nur die halbe Miete ist."(Quelle: Buchrückentext)

Meine Meinung:

Das Sachbuch vermittelt bereits in der Inhaltsangabe eine sehr gute und informative Übersicht der einzelnen Kapitel, deren Themen sich Vivien Suchert mit profundem Wissen und der Fähigkeit, dieses auf unterhaltsame und zuweilen humorvolle Weise (auf jeden Fall mit einem Augenzwinkern statt einer Oberlehrer-Manie ;) dem Leser näherzubringen:

Die Evolution der Menschheit, hier vertreten durch Ottfried, der in grauer Steinzeit noch Jäger und Sammler war und zwecks Überlebensstrategien selten die Möglichkeit hatte, sich hinzusetzen, macht dem Leser klar, dass unser Körper auch heute noch eher für viel Bewegung konzipiert ist als auf einem Sofa den mit industrieller und schnell zubereiteter Nahrung den sog. "Couch-Potatoe" abzugeben.

Dass letzteres auf Dauer höchst ungesund ist, wird anhand der genannten Erkrankungen, die mit einem überwiegend sitzenden Lebensstil in Zusammenhang stehen, von Vivien Suchert detailliert beschrieben. Leider haben die Menschen verlernt, ein "gesundes Mittelmaß beim Sitzen" zu entwickeln - und auch der industrielle (wie auch besonders der technische) Fortschritt spielen eine bedeutende Rolle bei dieser Entwicklung:

So haben Berufe mit überwiegend sitzender Tätigkeit gravierend zugenommen und Firmen sind heute mehr und mehr aufgefordert, ebenfalls für die Gesundheit ihrer Beschäftigten Sorge zu tragen und etwa Fitness-Räume anzubieten. Das Sachbuch ist aber auch ein Appell an jeden, sich bewusst zu machen, wieviel Zeit er jeden Tag sitzend verbringt und daran möglichst etwas (und auch mit Spaß) zu verändern:

Die zentrale Botschaft lautet: Jeder Schritt zählt, egal, ob Hausarbeit, Stadtbummel, Bergwanderung oder Parkbesuch! Wir sollten lernen, automatisiertes Bewegungsverhalten (bequemlichkeitsorientiert) ausbremsen zu können, aus "Sitzfallen" auszusteigen. Die Autorin bietet hier konkrete Pläne an, die im Alltag umgesetzt werden können:
Ziele setzen, verhaltensökonomische Prinzipien anwenden, soziale Unterstützung nutzen, Self-Monitoring betreiben und möglichst konkrete Ziele planen!

Hilfreich ist hier die SMART-Regel, die ebenfalls im Buch beschrieben und erklärt wird. Zwischendurch lockern die teils wissenschaftlichen Betrachtungen und Tabellen herrliche Cartoons auf, in denen sich so mancher wiedererkennen kann. Dr. Vivien Suchert plädiert nicht ohne Grund für ein UMDENKEN, das Alltagsaktivitäten aufwertet (z.B. autofasten; Sitzprotokolle, die sich ebenfalls im Buch befinden und an eine Veränderung denken lassen, zum Fahrrad greifen, um einzukaufen oder sich per pedes um Erledigungen in der Nähe aufmachen), wobei Sport nur als die halbe Miete gilt - und dafür Kontinuität in den Alltagsbewegungen mehr für den Körper bringt. Auch der Hang zu falscher Ernährungsweise wird im Buch nicht ausgespart, die zusammen mit mangelnder Bewegung häufig zu Übergewicht und Diabetes führt. Eine Danksagung und eine sehr lange Literaturliste beenden dieses Sachbuch, das gut "in gesunden Häppchen" zu lesen ist und zu dem immer mal wieder gegriffen werden kann.

Fazit:

Ein sehr fundiert und informativ geschriebener Ratgeber für Menschen, die sich bewusst machen wollen, wie sehr langes Sitzen ihrer Gesundheit schadet, die etwas daran ändern möchten und eine Motivation hierzu brauchen: All dies gelingt der Autorin mit einem Augenzwinkern ganz hervorragend und ich kann dieses Sachbuch nur jedem empfehlen, der aus seinen Sitzfallen aussteigen möchte! Kernaussage ist hier "Es sind die kleinen Dinge, die in der Summe Verbesserungen bringen"!
Mit einer absoluten Leseempfehlung und einem Dank an die Autorin für die tolle Leserunde vergebe ich 5 * am Sachbuch-Firmament.

Veröffentlicht am 05.07.2017

Der Ärger mit Ziegen und Schafen...

Der Sommer der schwarzen Schafe
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"Der Sommer der schwarzen Schafe" von Joanna Cannon erschien (HC, gebunden) 2017 im Limes-Verlag; Gruppe Random House GmbH und hat mich durch das etwas schräge Cover und den deutschen Titel für sich einnehmen ...

"Der Sommer der schwarzen Schafe" von Joanna Cannon erschien (HC, gebunden) 2017 im Limes-Verlag; Gruppe Random House GmbH und hat mich durch das etwas schräge Cover und den deutschen Titel für sich einnehmen können.

Eine Straße in einer kleinen Stadt irgendwo in Mittelengland, 1976:
Grace und Tilly (10) wohnen in derselben Straße und die beiden
Mädchen freunden sich an, werden beste Freundinnen. Das Leben hat nicht viel zu bieten und die Sommerferien stehen bevor; zudem wird es immer heißer und es droht, ein mörderischer Sommer voll ungewohnter Hitze in England zu werden. Eines Tages verschwindet Mrs. Creasy, die jeder mochte und schätzte, spurlos: Wohin kann sie hingegangen sein? Weshalb verschwand sie urplötzlich? Wurde ihr etwas angetan?

Diese Fragen beschäftigen die Bewohner - und Grace und Tilly machen sich auf den Weg, Gott und Mrs. Creasy zu finden. Dazu suchen die beiden Mädchen unter sehr fantasievoll erfundenen Gründen alle Bewohner der 'Avenue' auf und lassen alle zu Wort kommen bzw. entlocken ihnen Antworten auf die Frage des Verbleibs der Verschwundenen und ihr Verhältnis zu Mrs. Creasy.

Der Roman liest sich flüssig und eingängig; die Erzählperspektive ist die von Grace und Tilly, die das ganze Vorhaben abenteuerlich finden, aber nicht wissen, welche Leichen sie mit ihren Fragen aus den Kellern der verschiedenen Bewohnern holen....

Vom Haus No. 11 besagter Avenue sollen sie sich fernhalten, was Kinder natürlich zum Gegenteil bewegt: So unterhalten sie sich mit Walter Bishop, den jeder Bewohner und Nachbar seit Jahren meidet; ihn ausgrenzt und die Meinung vertritt, dass etwas mit ihm nicht stimmt: Zurück geht dieses einhellige Mobbingverhalten auf ein Ereignis im Jahre 1967 und auf ein Hobby von Walter Bishop...

Die Charakterisierung der einzelnen Bewohner, angefangen beim 'dünnen Brian', Eric Lamb, die Eltern von Grace bis hin zu dem sehr "entzückenden" Ehepaar Dorothy und Harold Forbes ist durchaus gelungen; allerdings sind viele Figuren auf ihre Weise nicht sehr sympathisch. Einzig Grace und Tilly, in die ich mich gut hineinversetzen konnte (und die Beschreibung der tiefen Kinderfreundschaft mir gefallen hat) sowie Mrs. Morton und deren wundersame Wandlung, die ich interessant fand, fanden meine Sympathie. Die Geschichte des Mobbings, der Ausgrenzung und der Vorurteile, um die es hier im eigentlichen Sinne geht, hatte ich so nicht erahnt und fand sie insgesamt düster, wenn auch absolut realisitisch. Eine Prise schwarzen englischen Humors konnte ich auch finden und mochte die recht scharfsinnigen Gedanken von Grace, das Romanende allerdings lässt den Leser mit dem Wetterwechsel in England des Jahres 1976 ebenfalls ein wenig 'im Regen stehen' und war mir zu abrupt. Eine Art 'roter Faden' fehlte auch mir und ich fasse den Roman als eine Art Gesellschaftskritik zusammen, der auch satirisch-realisitische Bezüge zur Gegenwartsgesellschaft hat, deren Fassade oft glatt und sauber ist, sich jedoch tiefe Abgründe dahinter verbergen können, die alles andere als offensichtlich sind.
Hier ist es ein "dazugehören wollen" - doch um jeden Preis?

Fazit:

Ein Roman, der etwas schwarzhumorig ist, in der Perspektive zweier 10jähriger englischer Mädchen erzählt wird und durch schonungslose Ehrlichkeit punktet, was Vorurteile, Ausgrenzung und Mobbing betrifft und welche Rädchen sie zum Rollen bringen können. Nicht alle Handlungsstränge waren für mich von Belang und Wichtigkeit, was das Zusammenreimen der vielen Fäden und Figuren zuweilend etwas anstrengend machte. Das Ende lässt viele Fragen offen, z.B. der zur Rehabilitation Walter Bishops - ob es die überhaupt gab? Ich vergebe 3 Sterne und 77° auf der "Belletristik-Couch".

Veröffentlicht am 28.06.2017

Über den Dächern von Cambridge :)

Gray
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"Gray" von Leonie Swann erschien 2017 im Goldmann-Verlag (gebunden, HC) und der Hauptakteur dieses skurrilen und sehr unterhaltsamen 'Kriminalromans' sitzt recht zufrieden und eine Erdnuss knabbernd auf ...

"Gray" von Leonie Swann erschien 2017 im Goldmann-Verlag (gebunden, HC) und der Hauptakteur dieses skurrilen und sehr unterhaltsamen 'Kriminalromans' sitzt recht zufrieden und eine Erdnuss knabbernd auf dem Cover des ansprechenden farblich passenden grau-pinken Covers.

Dr. Augustus Huff, seines Zeichens Dozent für Anthropologie und Tutor von Elliot Fairbanks, wird nach dessen Tod 'temporärer Halter' des Graupapageis Gray, den Elliot zu seinen wissenschaftlichen Sprachforschungen hielt - und versorgte, bis sein Leben in einem jähen Absturz vom Kirchturm der Chapel in Cambridge ein vorzeitiges Ende fand.

War es ein Unfall oder war es Mord? Dieser Frage geht Huff gemeinsam mit Gray auf der Schulter nach - und leuchtet das Umfeld des Studenten Elliot in einer für ihn nicht gänzlich ungefährlichen Weise auf. Er findet kompromittierende Fotos in Elliots Zimmer, auf denen in delikater Weise namhafte Professoren und Mitarbeiter des College abgebildet sind: Ist Erpressung im Spiel? Wer machte die Fotos und wer könnte ein Interesse daran gehabt haben, dass diese niemals in die Öffentlichkeit - die altehrwürdige - gelangen?

Der sehr ordnungsliebende, zwangsneurotische August Huff muss aus dem durchgetakteten College-Alltag unbekannte Pfade beschreiten, um dem Mörder näher zu kommen: Hat er eine Abneigung gegen die Ordnungszahlen zwei, vier und acht sowie vor allem gegen jede Form von Schmutz oder gar Bakterien, die er mit zwanghaftem Händewaschen vom Leibe zu halten versucht, so muss er nun lernen, diese zu überwinden. Die Beschreibung Huffs, seine Gedankenpfade und das sich-aneinander-gewöhnen von Huff und Gray, der ebenfalls Ordnung liebt und sie auch braucht, da er sonst in Panik gerät, sind sehr witzig und skurril von Leonie Swann beschrieben und machen die Hauptcharakteristik dieses humorvollen Romans um den ominösen Tod eines Studenten aus; die Kriminalhandlung selbst ist gegenüber dem sprechenden Gray und den Versuchen Huffs, hier das jeweils Richtige herauszuhören, das den Fall lösen könnte, etwas nebensächlich.

Die Autorin versteht es, einen als Leser auf den "Gedankenpfaden" Huffs so einige Male - erstmal - in die falsche Richtung zu schicken; eine Reihe Tatverdächtiger zu präsentieren, die in die Liste der Verdächtigen einfließen. Zum Schluss gibt es eine unvorhersehbare Wendung und einen stimmigen Plot. Der Stil ist eingängig und leicht zu lesen, von kurzen Sätzen geprägt, etwas College-Lokalkolorit und vor allem haucht Gray diesem Roman an exakt den richtigen Stellen auf äußerst humorvolle Weise witzige Situationskomik ein, die sich in der Tat gewaschen hat.

Meine Lieblingssätze Grays sind: "Nimm ne Nuss!" (für Lob) oder
"Die Trauben kannst du dir abschminken!" - was mir einige schöne Lesestunden bescherte. Der Humor kam allerdings bei Gray sehr viel überzeugender 'rüber' als bei Dr. Augustus Huff; hier wirkte der Roman zuweilen nach meinem Empfinden etwas zu sehr 'bemüht', komisch zu sein. Gefallen haben mir die kurzen "Tagebucheinträge eines Luftikus", die die Spannung vergrößerten, da man nicht weiß, von wem sie stammen. Hier gelang es der Autorin auf pfiffige Art, den Leser auf falsche 'Gedankenpfade' zu locken...

Fazit:

Ohne die Vorgänger der Schafskrimis zu kennen, kann ich mir diese ähnlich vorstellen und hatte bei "Gray", einem skurrilen, sehr unterhaltsamen und humorvollen Kriminalroman aus der Feder Leonie Swanns durchaus einige witzige Lesestunden mit einem schrägen Ermittlerteam: Huff und Gray: Es gab spannende Kletterpartien auf altehrwürdig-historischem Cambridge-Gemäuer und einen intelligenten und aufgeweckten Graupapagei, dessen Sätze ich vermissen werde: Ich nehm jetzt ne Nuss und bedanke mich für vergnügliche Lesestunden. Ich vergebe 3,5 Erdnüsse - nein Lesesterne sowie 85 von 100 Krimikeksen auf der "Krimi-Couch" und empfehle den Roman gerne an Leonie Swann-Fans sowie allen Lesern mit einer gehörigen Portion Humor ;)

Veröffentlicht am 27.06.2017

Geheimnisse auf einer englischen Sandbank

Die Bucht, die im Mondlicht versank
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"Die Bucht, die im Mondlicht versank" ist bereits der 4. in deutscher Sprache erschienene Roman von Lucy Clarke. Er ist im Piper-Verlag erschienen (2017) und wurde aus dem Englischen von Claudia Franz ...

"Die Bucht, die im Mondlicht versank" ist bereits der 4. in deutscher Sprache erschienene Roman von Lucy Clarke. Er ist im Piper-Verlag erschienen (2017) und wurde aus dem Englischen von Claudia Franz übersetzt. Das Cover ist ein absoluter 'Hingucker' und optisch sowie farblich sehr gelungen, finde ich. Das Besondere ist auch (beim Lesen neu für mich, was mir sehr gefallen hat), dass der Roman an der Schnittkante mit blauen Seesternen bedruckt ist - das Meer ist also "allgegenwärtig" und spielt eine der Hauptrollen im Roman...

In diesem Roman der Erfolgsautorin Lucy Clarke geht es in einer dramatischen Zerreißprobe um eine tiefe Frauenfreundschaft: Sarah und Isla lernen sich auf einem Seminar der Mutter Islas auf einer Sandbank irgendwo an der englischen Küste kennen und beschließen beide im Teenageralter, in einer solchen Hütte als Freundinnen die Sommermonate zu verbringen. Dieses Vorhaben setzen sie in die Tat um; allerdings beschließt die abenteuerlustige Isla nach Beendigung der Schule, sich erst einmal die Welt anzusehen und lässt Sarah und Nick, ihren Freund, dafür zurück.
Nach 18 Monaten kehrt sie hochschwanger auf die Sandbank zurück und stellt fest, dass auch Sarah ein Baby erwartet und Nick der Vater ist: Die beiden weiteren Hauptprotagonisten, Jacob und Marley, kommen im Abstand von nur 3 Wochen zur Welt und bestimmen für einige Jahre das glückliche Leben von Sarah und Isla...

Doch eines Tages verschwindet Jacob; an seinem 17. Geburtstag und dem Jahrestag des Verschwindens eines weiteren kleinen Jungens, der genau am selben Tag im Meer verschwand. Nun muss sich Sarah dazu zwingen, einer Wahrheit ins Auge zu blicken, die sie am liebsten für alle Zeit vergessen hätte. Wann bekommt die tiefe Freundschaft von Sarah und Isla den ersten Riss?

Es handelt sich hier um einen dramatischen Spannungsroman mit hohem Unterhaltungsfaktor; der Elemente eines Psychothrillers, aber auch das Soziogramm einer tiefen Frauenfreundschaft, die allmählich Risse bekommt, beinhaltet. Durch den Perspektivwechsel, der in der Ich-Form immer Sarah und Islas Geschichte im Wechsel darstellt, entfacht die Geschichte eine enorme Spannung und Dramatik in den jeweiligen Gedanken und Gefühlen. Die Themen sind Freundschaft, Liebesbeziehungen, Vertrauen, Loyalität, Mutterrollen, Schuldgefühle, Verlust und Traumata. Aber auch Geheimnisse und Lügen sowie das unbeschwerte Aufwachsen zweier Jungen, die beste Freunde werden - bis es im Alter von 10 Jahren zu einem folgenschweren Unfall kommt.

Um diesen rankt sich die Geschichte, die die Autorin intelligent und vielschichtig in Szene setzt und in die man sich als Mutter oder Vater gut hineinversetzen kann. Die Beschreibung der Sandbank und des Meeres macht den Roman zu einem stimmungsvollen Buch für den Sommerurlaub; der Schreibstil ist geradlinig, tiefgründig und emotional sowie atmosphärisch und spannend. Die Charaktere Sarah und Isla sind sehr facettenhaft und authentisch dargestellt, auch die beiden Söhne lernt man im Romanverlauf rückblickend näher kennen und kann nachfühlen, was sie ihren Müttern bedeuten. Anfangs heiter, entwickelt die Handlung einen spürbar fesselnden Sog; jedoch eher in Richtung menschliches Drama, Verlust und auch Traurigkeit. Die Stärke des Romans liegt in der emotionalen Tiefe, in der die Figuren ausgelotet werden. Der Plot ist stimmig, konnte mich aber zugegebenermaßen nicht sehr überraschen. Zuvor allerdings gibt es viele Rätsel und unvorhersehbare Wendungen, die in alle Richtungen denken lassen.

Fazit:


Ein tiefgründiger, intelligent geschriebener Roman, der zum Nachdenken darüber anregt, wie sehr Traumata ein Menschenleben überschatten können; wie Schuldgefühle nachwirken, wo auch Loyalität Grenzen haben sollte und Lügen beginnen. Von mir eine Leseempfehlung mit 4 * und 88° auf der 'Belletristik-Couch'.