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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.01.2017

Unerwartete Wendungen

Die Gerechte
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Der amerikanische Autor Peter Swanson lässt seinen Thriller „Die Gerechte“ (egl. Originaltitel: „The Kind Worth Killing“) in einer Flughafenbar in Heathrow beginnen. Es kommt zu einer zufälligen Begegnung ...

Der amerikanische Autor Peter Swanson lässt seinen Thriller „Die Gerechte“ (egl. Originaltitel: „The Kind Worth Killing“) in einer Flughafenbar in Heathrow beginnen. Es kommt zu einer zufälligen Begegnung der attraktiven Lily Kintner mit dem erfolgreichen Geschäftsmann Ted Severson. Beide fliegen mit der gleichen Maschine nach Boston und kommen in ein längeres Gespräch in dessen Verlauf Ted nach einigen Gins Lily anvertraut, dass seine Frau Miranda ihn mit einem Bauunternehmer betrügt. Die beiden beschließen, dass sie Miranda umbringen. Was in einem scheinbaren Spiel beginnt, wird zu bitterem Ernst und hat nicht wenige Verbrechen und Betrug zur Folge.
Der Thriller besteht aus relativ kurzen Kapiteln, die jeweils aus der Sicht einer bestimmten Figur in der Ich-Perspektive verfasst sind. Dadurch ist der Thriller abwechslungsreich zu lesen. Die Schauplätze und Personen sind genau genug beschrieben, um eine Vorstellung davon zu gewinnen ohne sich in Details zu verlieren. Die Handlung ist spannend und nimmt immer wieder eine überraschende Wendung, was einen dann auch gerne weiterlesen lässt. Ich persönlich konnte mit Ausnahme zweier Polizisten mit den Figuren nichts anfangen. Sie erschienen mit unnahbar und nicht wirklich authentisch. Aber das liegt weniger an der Qualität des Buches als an meiner Vorliebe zu ausgebauteren Charakteren. Obwohl an dem wirklich raffiniert aufgebauten Thriller vieles stimmt, konnte er mich nicht vollends überzeugen oder mitnehmen. Vermutlich habe ich das Buch zu langsam gelesen, weil ich nur unregelmäßig abends mal eine halbe Stunde Zeit hatte.
Der Beginn der Handlung nimmt es eigentlich schon vorweg. Es ist ein typisches Buch, das einem auf einer Reise bestens unterhalten kann.
Ich vergebe dem Thriller 4 Sterne mit der Tendenz zu 3,5.

Veröffentlicht am 13.12.2016

Spannender Stuttgart Krimi

Tödliche Verdächtigungen
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Mit „Tödliche Verdächtigungen“ schließt Silvia Stolzenburg ihre Krimi-Trilogie um die Ermittlerin Anna Benz und Markus Hauer ab. Dieser letzte Fall ist für Anna sehr persönlich. Sie wird von ihrem Vater ...

Mit „Tödliche Verdächtigungen“ schließt Silvia Stolzenburg ihre Krimi-Trilogie um die Ermittlerin Anna Benz und Markus Hauer ab. Dieser letzte Fall ist für Anna sehr persönlich. Sie wird von ihrem Vater zu Hilfe gerufen, weil dieser seine Assistentin ermordet in einer Blutlache liegend in seiner Villa auffindet. Es sieht nicht gut für ihn aus. Alle Hinweise deuten aus Annas Vater als Täter. Erschwerend kommt hinzu, dass dieser überhaupt nicht mehr an den Ablauf des Abends erinnern kann.
Die Ermittlungen verfolgen verschiedene Richtungen. Wie die beiden Vorgängerbände „Tödliche Jagd“ und „Die Fliege“ besticht auch dieser Kriminalroman durch sehr detailreiche Schilderungen von Arbeitsabläufen bei der Polizei, die auf eine sehr gewissenhafte Recherchearbeit schließen lassen. Da ich in der Nähe von Stuttgart wohne, hat mir natürlich sehr gut gefallen, dass ich die Schauplätze so gut nachempfinden konnte. Besonders beeindruckt haben mich die Abschnitte, die von der Haftanstalt Stammheim erzählen. Da konnte die die beklemmende Stimmung richtig gut nachempfinden. Nicht weniger faszinierend war auch eine rasante Befreiungsaktion, in die Anna und ihr Vater verwickelt waren.
Die Auflösung am Ende war für mich unerwartet, aber dennoch schlüssig. Man kommt von alleine nicht wirklich auf die richtige Fährte.
Da die Handlung im Laufe der Trilogie rund um das Privatleben der Protagonistin Anna aufgebaut ist, empfehle ich die Einhaltung der Reihenfolge. Die Fälle selber sind aber in sich abgeschlossen, so dass der Krimi auch isoliert gelesen und verstanden werden kann.
Ich würde diesem Krimi gerne 4,5 Sterne geben. Da das nicht überall möglich ist, runde ich auf 5 auf.

Veröffentlicht am 23.10.2016

Zwischen Heldentum und Generalverdacht

Vor dem Fall
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Der „Fall“ ist in diesem Roman von Noah Hawley ein Fall im wörtlichen Sinne, nämlich ein Flugzeugabsturz einer Privatmaschine.
Eine kleine, illustre Gesellschaft von einem Medienmogul, einem Milliardär, ...

Der „Fall“ ist in diesem Roman von Noah Hawley ein Fall im wörtlichen Sinne, nämlich ein Flugzeugabsturz einer Privatmaschine.
Eine kleine, illustre Gesellschaft von einem Medienmogul, einem Milliardär, der sein Vermögen durch Geldwaschfinanzdienstleistungen verdient hat, deren Frauen mit Kindern und Scott Borroughs, einem ziemlich mittellosen und erfolglosen Maler. Scott und JJ, der vierjährige Sohn des Medienmilliardärs überleben als einzige den Absturz. Durch eine schier unmenschliche Leistung gelingt es Scott mit dem kleinen JJ auf dem Rücken an Land zu schwimmen.
Der Roman handelt vor allem von der Aufklärung der Absturzursache, in dem die Vorgeschichte aller beim Absturz beteiligter Figuren beleuchtet. Der Autor legt zahlreiche denkbare Fährten aus und zeigt anhand von Scott, der zwischen Heldenverehrung und möglicher Täterschaft die Folgen des Einflusses der Medien nach dieser Katastrophe über sich ergehen lassen muss. Das Buch setzt sich recht kritisch mit der Sensationsgeilheit der Medien auseinander und wer News ab und zu auf amerikanischen Sendern verfolgt, kann sich in etwa denken, welcher Sender gemeint. Dieser Aspekt fand ich gerade vor dem aktuellen politischen Hintergrund des Wahlkampfendspurts der amerikanischen Wahlen sehr interessant. Wo ist die Grenze zwischen der Wahrheit im Sinne der Wirklichkeit oder Wahrhaftigkeit und der „Reality“ im Sinne einer Herrn Trump?
Mein Leseerlebnis bei diesem Buch war etwas durchzogen. In der ersten Hälfte tat ich mich bisweilen recht schwer, wieder zum Buch zu greifen, weil es mich einfach zu wenig gepackt hat. Ich fand zwar die Sprache sehr angenehm, immer gut abgestimmt auf die jeweilige Perspektive bzw. Figur, um die es gerade ging. Auch konnte ich von einigen Figuren eine wirklich gute Vorstellung gewinnen. Dennoch fand ich es insgesamt recht langatmig. In der zweiten Hälfte ging es mir dann wesentlich besser. Die Handlung fokussiert zunehmend auf der Aufklärung der Absturzursache und weniger in der Vergangenheit der Figuren und ich konnte gut mitleiden mit dem kleinen JJ. Teilweise erscheinen einem gewisse Figuren etwas eindimensional, aber leider musste ich schon vermehrt erleben, dass es auch in meinem Umfeld tatsächlich Menschen gibt, die rücksichtslos egoistisch und schlicht und ergreifend nicht gut sind. Von daher würde ich das sogar als realistisch und für den Roman als positiv einschätzen.
Für mich handelt es sich bei diesem vorliegenden Buch nicht um einen Thriller, sondern um einen Roman, der auf den Einfluss der Medien nach Katastrophen sensibilisieren kann.
Ich würde gerne 3,5 Sterne vergeben, da das nicht geht vergebe ich 4 Sterne und eine Empfehlung für Leser, die nicht zwingend atemberaubende Spannung erwarten.

Veröffentlicht am 01.10.2016

Ein paar spannende Szenen machen noch keinen Thriller

Asphaltseele
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Entweder man mag ihn oder man kann ihn nicht ausstehen. Ruben Rubeck, der polarisierende Protagonist in Gregor Webers Erstlingswerk „Asphaltseele“. Rubeck ist Kriminalkommissar in Frankfurt. Er tut nur ...

Entweder man mag ihn oder man kann ihn nicht ausstehen. Ruben Rubeck, der polarisierende Protagonist in Gregor Webers Erstlingswerk „Asphaltseele“. Rubeck ist Kriminalkommissar in Frankfurt. Er tut nur das absolute Minimum, um körperlich ausreichend fit für den Job zu sein. Daneben raucht und säuft er und verbringt seine Freizeit auch mal im Rotlichtviertel. Also alles andere als für mich als weibliche Leserin als Identifikationsfigur dienen zu können. Aber etwas Abstand kann ja nicht schaden. Rubeck trägt ein ganzes Bündel an unverarbeiteten Problemen mit sich herum. Er ist stark geprägt von der Zeit, in der er als Angehöriger der KFOR Truppe nach dem Kosovo-Krieg in Pristina Dienst geleistet hat.
Der Thriller setzt ein, als Rubeck seinen Feierabend in der Frankfurter Bahnhofsstraße verbringen will und in eine Schießerei gerät. Ein Bodyguard eines albanischen Gangsterbosses wird dabei getötet und der Gangsterboss bleibt verletzt liegen. Im Rahmen eines Spezialeinsatzes beginnt Rubeck zu ermitteln.
Wie eingangs angetönt, stellt Rubeck für mich nicht gerade ein Charmebolzen dar. Seine Ermittlungsmethoden sind gewöhnungsbedürftig. Er übertritt alle möglichen Gesetze und hält sich nicht an vorgeschriebene Arbeitsabläufe. Das ist nicht wirklich etwas Neues in Krimis oder Thrillern, aber ich mag in der Regel etwas abgehalfterte Ermittler durchaus.
Der Roman ist in der Ich-Perspektive von Rubeck verfasst, womit ich mich etwas schwer tat. Gerade seine Ausflüge in den Alkoholrausch, die seitenweise als innerer Monolog beschrieben werden, konnten mich nicht begeistern. In die Ermittlung eingestreut sind Abschnitte, die in der dritten Person verfasst sind und 1999 in Pristina spielen. Sie erzählen einen KFOR-Einsatz, der ausgesprochen spannend und vermutlich sehr authentisch beschrieben ist. Diese Passagen sowie Stellen, wo es zu Schießereien oder Verfolgungsjagden kommt, sind sehr spannend erzählt, so dass man das Buch zeitweise kaum weglegen mag.
Wenn man die ausufernden inneren Monologe von Rubeck während den Ermittlungen und in seinem Alltag weglässt oder zumindest auf ein vertretbares Maß kürzt, ist die Handlung für meine Ansprüche einfach zu dünn. Einige Szenen sind wirklich sehr eingängig und gelungen geschrieben, und auch die Thematik der Folgen des Kosovokrieges finde ich sehr interessant, aber insgesamt ist das Buch als Thriller nicht ausgereift genug. Für mich müssen Bücher nicht zwangsweise Hunderte von Seiten haben, aber dieser Thriller wirkt auf mich nicht wirklich ausgewachsen.
Von mir erhält dieses Buch 3 Sterne und eine verhaltene Empfehlung.

Veröffentlicht am 01.10.2016

Viele Rückblenden mit Längen

Irgendwo im Glück
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Maisie Bean lebt mit ihrer Familie in Dublin. Nach einer kurzen, von Gewalt geprägten Ehe mit Danny Fox ist Maisie mit ihren Kindern Jeremy und Valerie zu ihrer Mutter Bridie gezogen. Maisie ist eine sehr ...

Maisie Bean lebt mit ihrer Familie in Dublin. Nach einer kurzen, von Gewalt geprägten Ehe mit Danny Fox ist Maisie mit ihren Kindern Jeremy und Valerie zu ihrer Mutter Bridie gezogen. Maisie ist eine sehr engagierte Mutter, die ihren Kindern eine sehr sozial ausgerichtete Erziehung angedeihen lässt und gleichzeitig mit zwei Jobs die Familie finanziell über Wasser hält. Mit den Jahren erkrankt Bridie an Demenz. Vor allem der ältere Jeremy unterstützt Maisie tatkräftig in der Betreuung seiner dementen „Grammy“.
Kurz nach Neujahr 1995, gerade als sich Maisie nach lahrelanger Pause wieder zu verlieben beginnt, verschwindet Jeremy.
Der Roman ist aus einer rückblickenden Perspektive geschrieben. Aus dem Prolog erfährt man, dass Maisie gestärkt aus der schweren Zeit hervorgegangen ist und ihre Erlebnisse in einem Buch verarbeitet hat. Die Rückblicke sind jeweils aus der Sicht von verschiedenen beteiligten Figuren verfasst, von Familienangehörigen sowie Freunden, die dann teilweise auch an dem fiktiven Buch mitgewirkt haben.
Den Aufbau des Roman finde ich sehr raffiniert. Man wird in der ersten Hälfte mit der Lebenswahrheit von Maisies Familie vertraut gemacht und in der zweiten spürt man Schritt für Schritt auf welches Anliegen die Autorin als Botschaft dieses Buches abzielt.
Leider empfand ich die ersten zwei Drittel des Romans als recht langatmig. Die vielen Rückblenden haben mich nicht selten gelangweilt und die Handlung konnte mich nur selten wirklich emotional abholen. Erschwerend kam für mich dazu, dass die Sprache eine sehr einfache ist, gespickt mit vielen Kraftausdrücken, was dem Roman durchaus an Authenzität verleiht. Meinen Geschmack trifft das leider nicht. Dafür habe ich viel zu wenig erfahren über das Leben in Dublin, über Irland, über das Milieu, in dem die Handlung spielt. Die Geschichte ist abgesehen von wenigen Ausnahmen, einfach nicht vor meinem inneren Auge erwacht. Die Handlung hätte irgendwo stattfinden können, was im Prinzip nicht schlecht sein muss, da es der Autorin wahrscheinlich mehr um ihre Botschaft ging, die das Buch vermittelt. Da diese ohnehin meinem persönlichen Selbstverständnis entspricht, war das jetzt auch nichts Neues für mich. Für einmal wäre vermutlich das Hörbuch in gekürzter Lesung für mich besser gewesen.
Ich vergebe dem Buch 3 Sterne.