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Veröffentlicht am 21.08.2021

Eine Liebe, aufgebaut auf einer Lüge

Lila, Lila
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David ist keine herausstechende Persönlichkeit. Insofern tut er sich schwer, als er Gefühle für Marie entwickelt, dass diese ihn wahrnimmt. Da findet er ein Manuskript in seinem Second-Hand-Nachtkästchen, ...

David ist keine herausstechende Persönlichkeit. Insofern tut er sich schwer, als er Gefühle für Marie entwickelt, dass diese ihn wahrnimmt. Da findet er ein Manuskript in seinem Second-Hand-Nachtkästchen, dass die Geschichte der reinsten Liebesgeschichte der Welt erzählt. Durch einen unglücklichen Zufall schlüpft David ungewollt in die Identität des Autors dieser Geschichte und droht sich in dieser selbst zu verlieren.

Der Schreibstil Martin Suters wirkt vielversprechend auf mich. Angenehme Sprache, bunt und umschreibend, ohne zu ausschweifend zu werden. Und sie geleitet einen schnell durch die Geschichte. Was mich aber massiv störte, war, dass die Geschichte sehr langweilig ist. Das Potential, dass dieses Lügenkonstrukt rund um David geboten hätte, wurde nicht umfassend ausgeschöpft. Zwar merkt man sehr schön, wie sich die Geschichte aufbaut, allerdings kommt es nie zu einem großen Knall, mit der sich die Spannung entlädt. Am Ende versickert diese ganz langsam wieder im Sand. Auch mit den Protagonisten wurde ich nicht ganz warm. Zwar konnte David mit seinem naiven und unreflektiertem Verhalten einige Emotionen bei mir auslösen, allerdings waren mir Jacky, David und Marie als Hauptcharaktere viel zu blass gezeichnet. An manchen Stellen konnte ich Gedankengänge und Entscheidungen der Protagonisten nicht ganz nachvollziehen und sie blieben mir auf weiten Teilen der Geschichte fremd. Was mich aber begeistern konnte, waren die Hintergründe und Einblicke, die Martin Suter uns mit diesem Buch in das Verlagswesen gibt. Hier können Leserinnen und Leser einige interessante Fakten mitnehmen.

Letztendlich muss ich leider sagen, dass mich dieser Roman ziemlich kalt gelassen hat, auch wenn der Schreibstil sehr toll war, und es einige interessanten Fakten rund um die Verlegung eines Buches bereithielt.

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Veröffentlicht am 21.08.2021

Definitiv ein Jahreshighlight

Leb wohl, meine Königin!
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Wien im Jahr 1811: Hier lebt Agathe-Sidonie Laborde, die ehemalige Vorleserin ihr tristes Dasein. Zwar liegt die französische Revolution bereits 20 Jahre zurück, doch trotzdem trauert Sidonie noch immer ...

Wien im Jahr 1811: Hier lebt Agathe-Sidonie Laborde, die ehemalige Vorleserin ihr tristes Dasein. Zwar liegt die französische Revolution bereits 20 Jahre zurück, doch trotzdem trauert Sidonie noch immer den guten alten Zeiten am pompösen Hof von Ludwig XVI. nach: der höfischen Etikette, der Pracht und dem Glanz, aber auch der unumgänglichen Unterwürfigkeit des Volkes und der Dienerschaft den Mitgliedern des Hofstaates gegenüber. Vor allem trauert Sidonie aber Marie-Antoinette hinterher, die Sidonie in ihrem Leben immer einen festen Halt gegeben hat, ohne sich dessen zu bewusst zu sein. Und so schweifen ihre Gedanken wieder in die Zeit ab, in der sich ihr Leben so vollkommen verändert hat: die letzten Tage von Versailles und dem ancienne Regieme.

Thematisch ist das Buch sicherlich ganz etwas besonderes. Die Thematik des Untergangs dieser dekadenten Gesellschaft wird so auch stilistisch unterstreicht. Fast das komplette Buch besteht nur aus Nacherzählungen und Gedanken Sidonies, die dem Buch seinen Charakter und seine Authentizität verleihen. Gepaart mit dem himmlischen Schreibstil der Autorin - bunt, süffig und umschreibend - bedarf es keiner Spannung in der Geschichte mehr. Man fliegt auch so durch die Seiten und ergötzt sich daran, was Sidonie ihren Leserinnen und Lesern über die Kuriositäten des Hofes zu berichten weis. Man bekommt so den Tagesablauf eines niederen Höflings sehr genau geschildert und kann sich sehr gut vorstellen, wie das Leben in Versailles ausgesehen haben muss. Und trotzdem kommt dann im letzten Drittel noch einiges an Spannung auf, als sich der Hof bereits in Heillosem Chaos versinkt und Sidonie sich gezwungen sieht, gegen ihren Willen den Hof und damit ihre Königin zu verlassen. Ein weiterer Grund, der dieses Buch für mich zum Highlight macht, ist sicherlich auch unsere Hauptprotagonistin Sidonie Laborde. Sie fesselt die Leserschaft gleich mit ihrer sympathischen und einvernehmlichen Art an das Buch. Alleine mit ihren Gefühlen für die Königin konnte sie bei mir hoch punkten. Man bekommt auf eine deutliche Weise zu spüren, dass Sidonie mehr als nur Treue für Marie-Antoinette empfindet, und so verliert sie langsam ihre Fähigkeit, diese Person zu hinterfragen und zu reflektieren. Mit dieser manipulierten und Weltfremden - was doch gerade den Adel der damaligen Zeit widerspiegelt - hat Chantal Thomas sicherlich eine der einzigstartigen Protagonisten gezeichnet, über die ich je gelesen habe, und sicherlich auch, über die ich je lesen werde.

Das Buch bietet so viel Unterhaltung und Anregungen zum nachdenken und ich bin so begeistert, dass es mir schwer fällt, meine Gedanken in Worte zu fassen. Fest steht auf alle Fälle, dass einem die Geschichte ein Tor in eine längst vergangene Welt öffnet.

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Veröffentlicht am 20.08.2021

Eine Familie halt...

Unter Freunden
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Flora und Julian sind scheinbar das perfekte Paar. Sie sind nun schon seit 20 Jahren verheiratet, haben eine fast erwachsene Tochter, im Job läuft es auch gut und sie werden von allen bewundert. Doch da ...

Flora und Julian sind scheinbar das perfekte Paar. Sie sind nun schon seit 20 Jahren verheiratet, haben eine fast erwachsene Tochter, im Job läuft es auch gut und sie werden von allen bewundert. Doch da findet Flora plötzlich den Ehering ihres Mannes, der angeblich seit Jahren verschwunden ist. So schön auch ein Zufall oder eine simple Erklärung wäre, Flora glaubt nicht daran. Irgendetwas muss dahinter stecken, dass sie plötzlich Julians vermissten Ring in Händen hält.


Der sprachliche Stil und auch der Aufbau der Geschichte konnten mich recht schnell überzeugen. So ist der Schreibstil atmosphärisch, flott und bietet sehr viel Raum zur Entfaltung der eigenen Vorstellungen. Kurz gesagt kann man sich in die unterschiedlichen Handlungsorte sehr gut hineinversetzen, ohne dass dabei die Geschichte langatmig oder zäh werden würde. Hierbei muss ich auch gleich sagen, dass mich die Erzählungen der Autorin über New York und die dortige Schauspielerszene - in ständig auftretenden Rückblenden erfährt man von der gemeinsamen Vergangenheit der Protagonisten - wirklich begeistern konnten. Man bekommt wirklich ein schönes Bild vom Leben an den New Yorker Theatern, der ständigen Jagd von einem Casting zum anderen und den damit verknüpften finanziellen Sorgen. Mit den Charakteren hatte ich einige kleine Schwierigkeiten. Von den drei weiblichen Figuren, Flora, deren Freundin Margot und Floras Tochter Ruby zeichnete sich im Laufe der Geschichte ein recht klares Bild. Durch die verschiedenen Perspektivwechsel wird jede der handelnden Figuren aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet und man erhält als Leser:in ein recht differenziertes Bild. Und hierbei muss ich sagen, dass ich Margot und Ruby nicht gerade als Sympathieträger der Geschichte bezeichnen würden, und mir beim Lesen teilweise die Emotionen hochgekocht sind. Von der männlichen Besetzung des Buches erfährt man recht wenig. So haben diese auf mich recht einfach gestrickt und langweilig bzw. belanglos gewirkt. Ich konnte diese leider einfach nicht so packen. Der Punkt an der Geschichte, über den ich am unglücklichsten bin, ist die Handlung. An und für sich habe ich mit dem Thema keinerlei Probleme und ich fand vor allem die Schilderungen in den bereits erwähnten Rückblicken über das leben als Schauspieler in New York,. aber auch dann später in Los Angeles und vor allem der krasse Bruch zwischen diesen beiden Welten richtig spannend. Der Hauptstrang der Geschichte, das Verschwinden des Rings und die Ehe- und Familienprobleme empfand ich als nicht so überzeugend und mitreißend, wie ich mir erhofft hatte. Ich konnte diesen Teil der Handlung einfach nicht so gut greifen. Was mich aber immer wieder zum schmunzeln gebracht hat, sind die in der Geschichte eingebauten Erwähnungen von Theaterstücken, deren Verfassern und kurze Anekdoten aus, oder über diese Stücke. Damit hat die Autorin es meiner Meinung nach geschafft, die Geschichte noch ein wenig aufzulockern.


Insgesamt ist das Buch aber ein solider, sprachlich toller Roman über die Probleme, die eine lange Ehe so mit sich zieht, das mich leider nicht so packen und abholen konnte.

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Veröffentlicht am 12.08.2021

Möglicherweise eine Streitschrift für das Recht Mutter zu sein

Mutter werden. Mutter sein.
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Bei dem Buch handelt es sich um eine Zusammenstellung von Beiträgen unterschiedlichster deutschsprachiger Autorinnen, die eines gemeinsam haben: Sie alle haben ein Kind (oder mehrere) zur Welt gebracht ...

Bei dem Buch handelt es sich um eine Zusammenstellung von Beiträgen unterschiedlichster deutschsprachiger Autorinnen, die eines gemeinsam haben: Sie alle haben ein Kind (oder mehrere) zur Welt gebracht uns sich dann anschließend mit den positiven und negativen Seiten davon auseinandersetzen müssen. Uns so findet sich hier eine Bandbreite, hin von Kritik am gesellschaftlichen Bild der Familie bis zu Selbstreflexion des Kinderwunsches und was es bedeutet, Kinder in die Welt zu setzen.

Sprachlich befinden sich unter den Beiträgen der Autorinnen wahre sprachliche Schätze. Man wird mitgerissen, bildet sich eine eigene Meinung bzw. erweitert diese und kommt aus dem Lachen und Weinen nicht mehr heraus angesichts der schreienden Ungerechtigkeiten, mit denen sich Frauen, insbesondere Mütter in unserer scheinbar aufgeklärten Gesellschaft herumschlagen müssen und der herzerwärmenden Geschichten, wie die Autorinnen zusammen mit ihren Kindern über Grenzen hinausgewachsen sind.

Mich am meisten begeistern konnten letztendlich aber die schon fast streiterisch und aufrührerisch anmutenden Apelle an alle Mütter, Frauen, ja an die ganze Welt. Bei den schreienden Ungerechtigkeiten, die man leider viel zu schnell wieder aus seinem Kopf versucht zu verbannen, die hier aber eiskalt angesprochen werden, blieb mir als Mann, der es wagt, sich als Feminist zu bezeichnen, nichts anderes über, als mit ausgestreckter Faust und erhobener Fahne die Barrikaden zu erklimmen, im Kampf für die Gleichheit aller Menschen. Bei armutsgefährdeten Alleinerziehenden denen die Kinder wirklich wie ein Klotz am Bein erscheinen muss, den sie vom Staat umgeschnallt bekommen, selbstzufriedenen Männern, die es wagen, die Bedürfnisse der Frau nach Selbstbestimmung durch ihr familiär destruktiv erscheinendes Verhalten und den Vorurteilen, die man sich ausgesetzt sehen muss, nur weil man unter Schweiß, Blut und Tränen ein Kind aus seinem Leib herausgepresst hat, kommt einem letztendlich das essen wieder hoch und man fragt sich, was mit unserer Welt eigentlich falsch gelaufen ist. Der Appell, der hier im Buch verpackt ist, hat mich auf ganzer Ebene erreicht und gezeigt, dass es für den Kampf für die Mutter niemals zu spät ist. Alleine deswegen, dass dieses Buch mir gezeigt hat, was es heißt Mutter zu sein, kann ich es nur weiterempfehlen und möchte es schon fast jedem Mann, dem ich begegne in die Hände drücken. Ich bin Begeistert.

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Veröffentlicht am 12.08.2021

Erzählungen vom englischen Meister

Erste Liebe – letzte Riten
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Der band "Erste Liebe - Letzte Riten" enthält 8 Erzählungen des britischen Autors Ian McEwan, die sich alle mit der ersten Liebe von pubertierenden Menschen auseinandersetz, dabei aber viel mehr aufgreift, ...

Der band "Erste Liebe - Letzte Riten" enthält 8 Erzählungen des britischen Autors Ian McEwan, die sich alle mit der ersten Liebe von pubertierenden Menschen auseinandersetz, dabei aber viel mehr aufgreift, wie heranwachsende Menschen von der Welt der Erwachsenen und deren Vorstellungen, was sein zu hat und was nicht, verdorben werden können.

Wenn man schon ein bisschen etwas von Ian McEwan gelesen hat, kann man sich ja vorstellen, dass man auch hier wieder - vor allem bei der Thematik, die allen Erzählungen zu Grunde liegt - auf ziemlich abstoßende Menschen stoßen wird. Und so hat mich die erste Erzählung vom Protagonisten her schon stark an den Hauptcharakter aus "Der Zementgarten" erinnert. Im Generellen sind die Charakterzeichnungen dem Autor wieder sehr gut gelungen. Man findet recht spezielle Protagonisten, die einem trotzdem einigermaßen sympathisch werden - je nachdem, was sie so alles angestellt haben - und in denen man sicherlich auch Teile von sich selbst wiederfindet. Neben den gut greifbaren Charakteren kommt man auch hier wieder in den Genuss von Ian McEwans tollen und bildhaften Schreibstil. In Jeder Geschichte erzeugt er aufs neue ein spannendes Setting und eine unglaublich tolle Atmosphäre, die einen in die Geschichte mit hineinreißt. So weit, so gut: Bei der Handlung hat man allerdings ein großes Auf und Ab. Von den 8 Erzählungen fand ich 2 thematisch richtig spannend und umwerfend, schon fast schockierend, und auch genau so viele leider aber auch eher durchschnittlich und mäßig. Wohingegen mich die restlichen 4 zwar begeistert und interessiert haben, mich aber nicht wirklich vom Hocker gerissen haben. Gut, aber nicht herausragend.

Abschließend kann ich sagen, dass die Sammlung von Erzählungen eine wirklich interessante und lesenswerte Mischung ist, auch wenn mich nicht alle der Geschichten zu 100% überzeugen konnten.

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