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Veröffentlicht am 24.04.2017

Mäßig intelligente Schottland-Romanze

Das Geheimnis von Chaleran Castle
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"Das Geheimnis von Chaleran Castle" beschreibt die Reise einer jungen deutschen Journalistin – Felicia – nach Schottland. Während ihres Aufenthaltes auf Chaleran Castle lüftet sie ein altes Familiengeheimnis, ...

"Das Geheimnis von Chaleran Castle" beschreibt die Reise einer jungen deutschen Journalistin – Felicia – nach Schottland. Während ihres Aufenthaltes auf Chaleran Castle lüftet sie ein altes Familiengeheimnis, das auch für sie eine herausragende Bedeutung hat.

Ich bin leider einigermaßen unglücklich mit dem Buch. Erwartet hätte ich mir wesentlich mehr, doch zu guter Letzt bleibt nur der Eindruck einer Highland-Romanze auf Rosamunde Pilcher-Niveau, sprachlich durchschnittlich und bezüglich der Handlung ausgesprochen vorhersehbar.

Bereits zu Anfang ist relativ schnell und in großer Deutlichkeit erkennbar, worauf der Plot hinauslaufen wird: Die Handlung des Prologs endet zwar noch offen, doch anhand einiger sehr deutlicher Bemerkungen wird dem Leser sehr schnell klar, wer genau sich hinter welchen Identitäten verbirgt, Stichwort: Haarfarbe... Stichwort: "Du bist nicht ganz so fremd wie die anderen Fremden"... Tatsache ist, dass es die Autorin nicht schafft, den Handlungsstrang, der sich mit Felicias Identität befasst, spannend zu halten. Hier herrscht bereits nach kurzer Zeit Klarheit.

Besonders enervierend sind die stellenweise regelrecht lehrbuchartig hergebeteten Stereotype. Schauen wir uns Felicias Eindruck von einem schottischen Tierarzt an:

"Endlich hatte sie Gelegenheit, den Einheimischen im Licht der Außenlampe zu betrachten. Er war einen guten Kopf größer als sie, breitschultrig und trug nichts außer einem Paar Shorts aus weichem Swetstoff"...

... ach du meine Güte... sieht so der Traum weiblicher schlafloser Nächte aus? Dann ist der Naturbursche auch noch Tierarzt, das ist einfach nur primitiv. Und die darauf folgenden Doktorspielchen in der Tierarzt-Praxis sind, pardon, einfach nur grenzenlos peinlich.

Noch mehr Klischees begegnen mit weiterem Fortgang der Handlung: Die schöne Herbergsmutter, die "problemlos auch auf dem Laufsteg Karriere" hätte machen können, der kernige Gärtner, der selbstverständlich einen Dreitagebart trägt, die kauzige, Yoda-artige Alte, die prophetische Sprüche vom Stapel lässt ("Er ist nicht der Richtige für dich") und natürlich – ganz wichtig – bemühte Internationalität. Die junge, gut aussehende Journalistin kommt aus Deutschland, reist nach Schottland, stammt aber aus einem Waisenhaus in Argentinien und erforscht die Geschichte des schottischen Clans der Chalerans, der zudem noch spanische Wurzeln hat... all das trägt nicht unbedingt dazu bei, der Geschichte Glaubwürdigkeit und Realismus zu verleihen. Im Gegenteil: Man fühlt sich sehr bald ermüdet von der allzu klischeehaften, aus Stereotypen zusammengebastelten Handlung.

Ganz besonders ungut finde ich darüberhinaus noch die Laschheit der Handlung. Wirkliche Spannung kommt zu keinem Zeitpunkt auf, ich musste mich wirklich zwingen, das Buch fertig zu lesen, meine zu Anfang und sogar noch in der Mitte positive Meinung kehrte sich ins Gegenteil. Am Anfang dachte ich noch, das Buch nimmt ein wenig Anlauf – aber leider wird’s nicht besser.

Einziger Lichtblick ist der Hund, der ab und zu durch die Handlung geistert. Trotzdem: Auch sie ("Poppy") reißt es nicht raus. Zwei Sterne, mit Ach und Krach.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Atmosphäre
  • Lesespaß
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 15.04.2017

Mittelmaß

Das Orakel vom Berge
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In dem Buch "Das Orakel vom Berge", Originaltitel "The man in the high castle" behandelt Philipp K. Dick die Frage, wie die Welt aussehen würde, hätte Adolf Hitler den Zweiten Weltkrieg gewonnen. Das Ergebnis ...

In dem Buch "Das Orakel vom Berge", Originaltitel "The man in the high castle" behandelt Philipp K. Dick die Frage, wie die Welt aussehen würde, hätte Adolf Hitler den Zweiten Weltkrieg gewonnen. Das Ergebnis ist leider nur sehr mittelmäßig.

Die Handlung versinkt in allzu dröger Stereotypie, die Charaktere - insbesondere der der weiblichen Hauptperson - bleiben unklar und wenig konturiert. Die Story selbst ist bemüht und wenig spannend. Der meiste Reiz des Buches resultiert, wie gesagt, aus dem Gedankenspiel: Was wäre wenn... ?

Aber leider vermag auch das nicht der Handlung Spannung zu verleihen. Im Großen und Ganzen bleibt "Das Orakel vom Berge" leider halbwegs erträgliches Mittelmaß.

Veröffentlicht am 22.03.2017

Bewegendes Epos mit Längen

Die Terranauten
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Tom Coraghessan Boyles Epos "Die Terranauten" behandelt weniger die technischen und wissenschaftlichen Aspekte des Ökosphären-Experiments aus den Neunzigern, als vielmehr die menschliche Seite des Unternehmens. ...

Tom Coraghessan Boyles Epos "Die Terranauten" behandelt weniger die technischen und wissenschaftlichen Aspekte des Ökosphären-Experiments aus den Neunzigern, als vielmehr die menschliche Seite des Unternehmens.

Bei dem Werk handelt es sich in erster Linie um eine zeitlose Studie zu Themen wie menschlichem Ehrgeiz, Selbstverliebtheit und Narzissmus sowie zu Erfolg und Scheitern. Geschildert wird das Ganze aus der Perspektive drei Teilnehmer des Experiments – Dawn Chapman, einer notorisch karrierebewussten Nutztierwärterin, Ramsay Roothoorp, einem miesen Typen mit schlechter Impulskontrolle und ohne Gewissen und Linda Ryu, die in dem Drama den Part der zu Kurz Gekommenen, der Versagerin zu spielen hat.

Stellenweise ist das Opus einigermaßen seifenopernhaft, aber dennoch bleibt der Eindruck eines erhellenden, manchmal bedrückenden Stücks Literatur beim Leser hängen.

Veröffentlicht am 21.03.2017

Schöner Bildband

Tunesien
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Johann Cropps Bildband entführt den Leser auf eine zauberhafte Reise nach Tunesien. Im Text enthalten sind sehr viele schöne und großformatige Fotos aus mehreren Jahrzehnten. Cropp besuchte Tunesien mehrmals, ...

Johann Cropps Bildband entführt den Leser auf eine zauberhafte Reise nach Tunesien. Im Text enthalten sind sehr viele schöne und großformatige Fotos aus mehreren Jahrzehnten. Cropp besuchte Tunesien mehrmals, das erste Mal kurz nachdem das Land seine Unabhängigkeit erlangte. Dementsprechend begegnet dem Leser ein buntes Panorama an Eindrücken.

Besonders faszinierend sind Cropps Beschreibungen, wie sehr sich das Land im Lauf der Zeit veränderte – wo früher Berber noch in ihren traditionellen Ghorfas – den Wohn-Höhlen – lebten, sind sie nun, anlässlich seines jüngsten Besuches um die Jahrtausendwende, in moderne Siedlungen umgezogen. Die Ghorfas werden zur Touristenattraktion, in manchen gibt es sogar Hotels.

Na ja, ansonsten ist es leider so, dass Cropp an manchen Stellen im Text auch der ein oder andere Fehler passiert – gerade was Geschichte betrifft, kennt er sich nicht wirklich gut aus, bringt Sachen durcheinander oder zitiert falsch aus dem Reiseführer. Trotzdem aber immer noch ein bemerkenswert schöner Bildband!

Veröffentlicht am 13.03.2017

Ein Aufklärungsbuch zum Koran

Der Koran
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Hamed Abdel-Samad, in seiner Heimat Ägypten verfolgter, in Deutschland gefeierter Intellektueller, hat, nach vorangegangenen Bestsellern zu den Themen "Islam und Faschismus" sowie nach einer sehr kritischen ...

Hamed Abdel-Samad, in seiner Heimat Ägypten verfolgter, in Deutschland gefeierter Intellektueller, hat, nach vorangegangenen Bestsellern zu den Themen "Islam und Faschismus" sowie nach einer sehr kritischen Biographie zu Mohamed, nun auch ein Werk über den Koran geschrieben.

Der Koran, der in muslimischen Kreisen als unanfechtbares und unanzweifelbares Wort Gottes gilt, ist, so Abdel-Samads These, hochgradig problematisch aufgrund der Ambivalenz seiner Vorschriften, Verbote und Aussagen zu Angehörigen anderer Religionen.

Mit intellektueller Schärfe und hoher beobachterischer Präzision zeigt Abdel-Samad Passage für Passage, worin die Problematik im Supermarkt des heiligen Buches der Muslime besteht.

Ein bemerkenswert kritisches Buch, das viele Muslime zur Kenntnis nehmen sollten.