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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.10.2021

Ein brandaktuelles Thema - hochspannend verpackt

Probe 12
7

Nina freut sich auf einen Besuch bei ihrem Doktorvater in Tiflis, der an der Entwicklung eines neuartigen Heilmittels zur Bekämpfung der 12 gefährlichsten multiresistente Keime arbeitet und dem offenbar ...

Nina freut sich auf einen Besuch bei ihrem Doktorvater in Tiflis, der an der Entwicklung eines neuartigen Heilmittels zur Bekämpfung der 12 gefährlichsten multiresistente Keime arbeitet und dem offenbar ein Durchbruch gelungen ist. Nach einem Anschlag auf ihn und sein Institut trifft sie ihn nicht mehr lebend an. Sie selbst und Georgis Assistentin Maren kommen nur knapp mit dem Leben davon. Nina setzt nun alles daran, die Arbeit von Georgi, die dieser der Allgemeinheit zur Verfügung stellen wollte, zu retten und in seinem Sinn zu verwenden. Doch es gibt noch andere Interessenten für die Forschungsergebnisse. So entsteht ein erbitterter Kampf, der etliche Opfer fordert.

Die beiden Autorinnen erzählen die Geschichte zunächst in 3 Handlungsstränge aufgeteilt, die später zu einem rasanten Showdown zusammengeführt werden. Da ist Nina, die die Forschungsergebnisse und den kompletten Satz der Phagen, die die Grundlage für eine Produktion im großen Stil bilden, retten und der Allgemeinheit zuführen möchte. Als Wissenschaftsjournalistin möchte sie natürlich den Durchbruch in der Phagenforschung auch publizieren. Sie bekommt Unterstützung von Tom, der zusammen mit seiner Tochter Sylvie den zweiten Handlungsstrang dominiert. Für die todkranke Sylvie ist eine Behandlung mit den neuartigen Phagen die einzige Chance auf Rettung. Deshalb kämpft Tom gemeinsam mit Nina erbittert gegen einen übermächtigen Gegner. Im dritten Handlungsstrang ermittelt Kommissarin Tina Voss gegen "Prometheus", der diverse Keime in Berliner Altenheimen freisetzt und sich mithilfe von Flugblättern dazu bekennt. So übt er nicht nur Druck auf die Politik aus, sondern versetzt auch Berlin in Angst und Schrecken. Seine Motive sind zunächst unklar.
Der Schreibstil ist flüssig und packend, ich bin förmlich durch die Seiten geflogen. Sehr detailliert bringen uns die beiden Autorinnen ihre Protagonisten nahe, so dass ich sie schon zu kennen glaubte. Auch die Gegenspieler in Gestalt dreier russischer Auftragskiller, die keine Skrupel kennen, konnte ich förmlich vor mir sehen.

Sehr geschickt gesetzt sind die Übergänge zwischen den Handlungssträngen, immer ist am Ende des Abschnitts die Spannung hoch, so dass der Spannungsbogen nie abreißt und man unbedingt weiterlesen muss - ein echter Pageturner also.

Die wissenschaftlichen Hintergründe sind akribisch recherchiert und werden ohne viel Fachchinesisch auch dem Laien in verständlicher Weise präsentiert, so dass ich bei der spannenden Lektüre auch noch vieles über multiresistente Keime und Antibiotika-Therapie dazugelernt habe.

Mein Fazit: Ein echter Thriller mit allem was dazugehört, der noch dazu an Aktualität und Brisanz kaum zu überbieten ist. Gut, dass dieses Thema damit ein bisschen mehr in den Fokus gerückt wird. Alles außer einer 100%-igen Leseempfehlung wäre hier Unfug.

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  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 19.09.2021

Mädchenhandel

Die letzte Tochter von Versailles
0

Paris 1755: Veronique ist dreizehn und lebt mit der Mutter und drei Brüdern in ärmlichen Verhältnissen. Sie wird von der Mutter an einen vornehmen Herrn "in den Dienst" verschachert. Dass dieser Herr in ...

Paris 1755: Veronique ist dreizehn und lebt mit der Mutter und drei Brüdern in ärmlichen Verhältnissen. Sie wird von der Mutter an einen vornehmen Herrn "in den Dienst" verschachert. Dass dieser Herr in den Straßen von Paris nach jungen Mädchen für das Bett des Königs sucht, wird ihr verschwiegen. Für Veronique beginnt ein Leben voller Heimlichkeiten. Was dann passiert, ist vorhersehbar - sie wird schwanger, der König verliert das Interesse an ihr, das Kind wird ihr weg genommen.

Grundsätzlich ist das der Stoff für einen spannenden historischen Roman. Die langatmige Erzählweise lässt allerdings wenig Spannung aufkommen. Auch schildert die Autorin die Ereignisse so emotionslos, fast schon lapidar, dass ich keinen rechten Zugang zu den Personen bekommen konnte. Am sympathischsten ist mir da noch Köchin Hortense, sie zeigt wenigstens menschliche Regungen. Die Geschichte fühlt sich an wie eine chronologische Aneinanderreihung von Ereignissen die gekonnt mit historischem Bezug versehen wurden. Schade, aus diesem Stoff hätte man mehr machen können.

Das Cover hat mich sehr angesprochen, es passt auch perfekt zum Thema. Leider hält das Buch nicht, was das Cover verspricht. Ich liebe historische Romane sehr, sie dürfen aber gerne ein bisschen opulenter und emotionaler daher kommen. Dieser wirkt ein bisschen wie ein mit Handlung unterlegtes Sachbuch, denn die Fakten zur Revolution und die Schilderung des täglichen Lebens in dieser Zeit sind scheinbar sehr gründlich recherchiert und detailgenau geschildert.

Alles in allem kann ich nur eine eingeschränkte Leseempfehlung geben, denn wenn man seinem historischen Roman einen Bildungsauftrag zuordnet, ist man hier goldrichtig. Ich erwarte von einem Buch dieses Genres mehr Unterhaltung auf der emotionalen Ebene.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
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  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.09.2021

Authentisch und sehr bewegend

Der schwarze Winter
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Wir lesen die Geschichte der Schwestern Silke und Rosemarie Bensdorf, aus gutem Haus in Danzig stammend, die sich auf der Flucht bis nach Hamburg durchgeschlagen haben. Im Hungerwinter 1946/47 ...

Wir lesen die Geschichte der Schwestern Silke und Rosemarie Bensdorf, aus gutem Haus in Danzig stammend, die sich auf der Flucht bis nach Hamburg durchgeschlagen haben. Im Hungerwinter 1946/47 kämpfen sie ums Überleben. Dabei haben sie Unterstützung durch gute Freunde, müssen aber auch gegen Feinde und Neider kämpfen. Wie sie es schaffen, nicht nur zu überleben, sondern sich auch noch eine Existenz aufzubauen und anderen Menschen zu helfen, schildert Clara Lindemann sehr packend und emotional. Sie charakterisiert die Personen so einfühlsam, dass sie mir sofort nahe waren. So hat sie mich schon mit den ersten Sätzen in die Geschichte hinein geholt und bis zum Ende nicht mehr losgelassen. Ich habe dieses Buch in Rekordzeit verschlungen.
Besonders gefallen hat mir die Entwicklung von Silke, die sich sehr ausführlich mit ihren Fehlern in der Vergangenheit auseinandersetzt und daraus lernt. Ihre Schwester Rosemarie wird durch die sich fast überstürzenden Ereignisse erst richtig erwachsen.
Die Autorin vergisst auch nicht, das zerbombte Hamburg und die Not der Menschen eindringlich und sehr authentisch zu schildern. Da hat sie offenbar sehr gründlich recherchiert und diese Tatsachen sehr geschickt in den Roman eingebaut. Solche Geschichten lese ich immer wieder gern, denn obwohl fiktiv, sind sie gute "Augenöffner" was die Grausamkeit der Kriegsfolgen angeht.
Ich hatte bisher noch nichts von Clara Lindemann gelesen, mit diesem Werk hat sie sich jedoch in meinen Fokus gerückt. Definitiv werde ich mir kommende Werke auch gönnen.

Mein Fazit: Ein sehr spannender, bestens recherchierter Roman - uneingeschränkt lesenswert.

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Veröffentlicht am 10.09.2021

Von Anfang an spannend

Die andere Tochter
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Antonia räumt die Wohnungen von Verstorbenen in Berlin. Bei einem Arbeitsunfall verliert sie ihr Augenlicht und bekommt eine Hornhauttransplantation. Um sich bei den Angehörigen ihrer Spenderin ...

Antonia räumt die Wohnungen von Verstorbenen in Berlin. Bei einem Arbeitsunfall verliert sie ihr Augenlicht und bekommt eine Hornhauttransplantation. Um sich bei den Angehörigen ihrer Spenderin zu bedanken, reist sie nach Frankfurt. In der Familie der Verstorbenen gerät sie in einen Strudel von Ereignissen, der sie auch mit der Vergangenheit ihrer eigenen Familie konfrontiert.

Das Cover passt perfekt, denn wie bei einem Puzzle trägt Antonia Teil für Teil zusammen, um am Ende nicht nur das Geheimnis ihrer Spenderin, sondern auch ihr eigenes, traumatisches Familiengeheimnis aufzudecken. In einfühlsamem, präzisem Schreibstil gelingt es Dinah Marte Golch perfekt, mir Antonia von Anfang an nahe zu bringen, während sie die Eltern punktgenau so schildert, dass ich ihnen nicht "beigekommen" bin, ebenso bei der Familie der Hornhautspenderin in Frankfurt, die meiner Meinung nach sehr undurchsichtig ist.

Ein wesentlicher Faktor beim Spannungsaufbau ist die Erzählung auf zwei Zeitebenen. Die erste beginnt im April und gilt mehr der Suche nach dem Geheimnis der Spenderin, während die zweite, im Oktober beginnende dem Aufdecken des eigenen Familiengeheimnisses gilt.

Besonders beeindruckt hat mich, wie gründlich die Autorin zu den Themen Organtransplantation und Beutekunst recherchiert haben muss. Die in die Geschichte eingeflochtenen Fakten dazu klingen allesamt realistisch und fundiert.

Dieser Roman hat mich von Anfang bis Ende gefesselt und tief berührt. Dazu hat die ungewöhnliche, aber sehr gelungene Kombination der Themen sehr beigetragen. Es ist schon eine außergewöhnliche Idee, die Themen "Gewalt gegen Kinder", "Organtransplantation" und "Beutekunst" miteinander zu verknüpfen. In jedem Fall kann ich dieses Buch uneingeschränkt weiter empfehlen.

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Veröffentlicht am 02.09.2021

Zwei sehr unterschiedliche Frauen

Wellenflug
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Wir lesen die Geschichte von Aufstieg und Fall der jüdischstämmigen Familie Reichenbach vom Ende des 19. Jahrhunderts bis ins "Tausendjährige Reich" hinein. Im ersten Abschnitt geht es um die ...

Wir lesen die Geschichte von Aufstieg und Fall der jüdischstämmigen Familie Reichenbach vom Ende des 19. Jahrhunderts bis ins "Tausendjährige Reich" hinein. Im ersten Abschnitt geht es um die hochwohlgeborene Anna Reichenbach, behaftet mit anerzogenen Dünkeln und gefangen in den gesellschaftlichen Konventionen ihrer Zeit. Im zweiten Abschnitt lesen wir die Geschichte der in kleinen Verhältnissen geborene Marie Reichenbach, die Annas missratenen Sohn Heinrich heiratet und ihm nach Amerika folgt und gerne von ihrer Schwiegermutter akzeptiert werden würde.

In flüssigem aber emotionslosem, fast schon kaltem Schreibstil erzählt uns Constanze Neumann die Geschichte ihrer eigenen Vorfahren. Ihr Schreibstil schafft eine gewisse Distanz, die es mir unmöglich gemacht hat, einen Zugang zu den Figuren zu finden. Bis zum Schluss sind sie mir fremd geblieben. Wahrscheinlich habe ich dadurch weniger aufmerksam gelesen, so dass mir der Überblick über die familiären Verknüpfungen schnell verloren gegangen ist. Hier wäre eine Auflistung der Personen oder ein Stammbaum hilfreich gewesen. Auch die zahlreichen Zeitsprünge haben nicht eben zum Lesefluss beigetragen.

Das Thema des Buches ist an sich hochinteressant, über das Leben jüdischer Familien in den Jahren vor dem Nationalsozialismus hatte ich noch nicht viel gelesen. Die Umsetzung ist jedoch ausbaufähig. Für mich liest sich das Buch wie eine Aufzählung von Ereignissen, eine rote Linie des Zusammenhangs war nicht wirklich zu erkennen. Historische Ereignisse werden zwar erwähnt, finden aber keine Beachtung im Leben der Familie Reichenbach. Aufgrund des Klappentextes hatte ich mehr historischen Bezug erwartet, mehr den gemeinsamen Kampf von Heinrich und Marie um Überleben und Anerkennung.

Die Familiengeschichte scheint zwar sehr akribisch recherchiert zu sein und mit fiktiven Ereignissen gewürzt, doch ist mir eindeutig zu wenig historischer Bezug vorhanden. Auch der distanzierte Schreibstil passt meiner Meinung nach überhaupt nicht. Deshalb kann ich leider keine uneingeschränkte Leseempfehlung geben.

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