Profilbild von Suedhessin

Suedhessin

Lesejury Star
offline

Suedhessin ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Suedhessin über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.03.2021

Auf der Suche nach den Wurzeln

Geteilte Träume
0

Kurz vor ihrem Abitur erfährt Ingke, das ihre Eltern sie adoptiert haben. Sie ist erschüttert und empört und beginnt, nach ihren Wurzeln zu suchen. Die Geschichte ihrer leiblichen Familie ist tragisch, ...

Kurz vor ihrem Abitur erfährt Ingke, das ihre Eltern sie adoptiert haben. Sie ist erschüttert und empört und beginnt, nach ihren Wurzeln zu suchen. Die Geschichte ihrer leiblichen Familie ist tragisch, ein vollständiger Ost-West-Konflikt wie es zu dieser Zeit unzählige gab. Sie erfährt über die Flucht ihres Großvaters, über Kindheit und Jugend ihrer Mutter in der DDR, über deren versuchte Flucht und die Zeit im Gefängnis. Auch ihre Adoptiveltern müssen Farbe bekennen, wie es zur Adoption gekommen ist. Letztendlich muss Ingke begreifen, dass alle Beteiligten nur ihr Bestes im Sinn hatten.
In eindringlichem, emotionalem Schreibstil erzählt Ulla Mothes nicht nur die Geschichte einer Familie zwischen Ost und West, sie stellt und beantwortet auch viele Fragen zum Thema Familie. Auch der geschichtliche Hintergrund ist interessant und gründlich recherchiert. Sehr gut gefällt mir der Aufbau der Geschichte. Indem die Autorin Ingke quasi von einem Familienmitglied zum anderen schickt, kann man mit ihr gemeinsam die Hintergründe ihrer Adoption aus mehreren Blickwinkeln anschauen. So reist Ingke durch das neu vereinigte Deutschland auf der Suche nach ihren Wurzeln.
Die Personen sind ziemlich gut charakterisiert, so dass man sich in jede einzelne hineinfühlen kann. Ingke sieht zeitweise vor lauter Wald die Bäume nicht und führt sich auf wie ein Elefant im Porzellanladen, was sicher ihrer Jugend und der großen Enttäuschung zuzuschreiben ist. Trotzdem finde ich sie sehr sympatisch, ihre Adoptiveltern Kelle und Maren haben einen guten Job gemacht. Die beiden tun mir leid, werden sie doch durch Ingkes Wurzelsuche ganz schön gebeutelt. Besonders angetan hat es mir Onkel Otto, durch seine diplomatische, zupackende und warmherzige Art löst er die ganze Problematik im Handumdrehen auf und kittet das von Ingke zerschlagene Porzellan. Das Happy End kommt allerdings ein bisschen zu plötzlich, es wirkt fast, als wolle die Autorin die Geschichte jetzt schnell zu einem guten Ende bringen.
Insgesamt ist „Geteilte Träume“ ein lesenswertes Buch über die Zeit vor und nach der Wende und das Leben in Ost und West.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Thema
Veröffentlicht am 02.03.2021

Gut verkleidetes Sachbuch

Ich kann das
0

Bodo Schäfer erzählt uns die Geschichte von Karl, der sich durch die Begegnung mit Marc erst selbst kennen lernt. Marc ist Coach, er lehrt Menschen Selbstbewusstsein. Karl studiert Jura und hat ...

Bodo Schäfer erzählt uns die Geschichte von Karl, der sich durch die Begegnung mit Marc erst selbst kennen lernt. Marc ist Coach, er lehrt Menschen Selbstbewusstsein. Karl studiert Jura und hat einen schlecht bezahlten Nebenjob, der ihn aber seinem Traum, Schauspieler zu werden, nahe bringt. Marc bringt ihn dazu, sein Selbstbild zu hinterfragen und bringt ihn auf den Weg, seinen Traum zu verwirklichen.

So versteckt der Autor seinen Ratgeber zum Thema Selbstbild und Selbstvertrauen in einem kurzweilig und leicht verständlich geschriebenen Roman. So ist das auf nur drei Fragen basierende Programm auf dem Weg zu mehr Selbstbewusstsein auch für den Laien leicht verständlich und wahrscheinlich auch relativ leicht umsetzbar.

Es gefällt mir gut, dass es nicht wie die meisten Ratgeber zu diesem Thema stark esoterisch daher kommt. Nur ein leichter Hauch Übersinnliches ist zu spüren, so dass dieses Werk durchaus ein geeigneter Begleiter auf dem Weg zu mehr Selbstliebe und Selbstvertrauen sein kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.02.2021

Schwierige Familiengeschichte

Nächstes Jahr in Berlin
0

Nach dem Tod der Mutter erzählt Astrid Seeberger, was sie von der Lebensgeschichte ihrer Mutter Rose weiß. Das ist wenig genug, denn die Mutter war ihrer Tochter gegenüber sehr verschlossen. ...

Nach dem Tod der Mutter erzählt Astrid Seeberger, was sie von der Lebensgeschichte ihrer Mutter Rose weiß. Das ist wenig genug, denn die Mutter war ihrer Tochter gegenüber sehr verschlossen. In Ostpreußen aufgewachsen, muss Rose kurz vor Kriegsende fliehen und kommt nach Schwaben, wo sie ihr Erwachsenenleben verbringt. Obwohl sie dort heiratet und ihre Tochter bekommt, ist sie alles andere als ein glücklicher Mensch. Es ist die Geschichte einer Frau, die nie das Leben annimmt, das ihr gegeben wurde, sondern bis zum letzten Tag dem durch die Flucht verlorenen Leben in Ostpreußen nachtrauert und dadurch eigentlich das Leben verpasst hat. Die Vorstellung, als kleines Mädchen bei dieser bitteren Frau aufzuwachsen, hat mich sehr erschüttert. Fröhlich war die Mutter eigentlich nur in den Sommern bei ihrer Familie, aber da hat sie sich nicht weiter um ihre Tochter gekümmert.

Die Grundfarbe dieser Geschichte ist für mich dunkelgrau. In distanziertem, fast schon kaltem Schreibstil mit kurzen, manchmal wie abgehackt wirkenden Sätzen reiht die Autorin die Ereignisse im Leben ihrer Mutter aneinander. Selbst als die Mutter ihr die vollständige Geschichte der verlorenen Schwester verweigert, zeigt die Tochter keine Regung, sie nimmt die Weigerung einfach hin, wo grenzenloser Zorn und Trauer eher normal wären. Das hat mich sehr befremdet. Diese Emotionslosigkeit ist wahrscheinlich der Grund, warum ich bis zur letzten Seite keinen wirklichen Zugang zur Geschichte gefunden habe. Auch die sehr zahlreichen Zeitsprünge waren nicht eben förderlich für den Lesefluss. Manche Passagen musste ich mehrfach lesen, um wenigstens einigermaßen an der Geschichte dran zu bleiben.

Mein Fazit: Alles in allem hat mich dieses Buch verstört und traurig gemacht. Es ist wirklich schwere Kost, auch wenn eine interessante Familiengeschichte dahinter steckt. Aufgrund von Klappentext und Leseprobe hatte ich mehr erwartet, deshalb vergebe ich 3 Sterne.




  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 24.02.2021

Eine deutsch-deutsche Geschichte

Lebenssekunden
0

Ich weiß nicht, ob ich mit meiner Rezension diesem wunderbaren Buch gerecht werde, aber ich versuche es mal.

Es ist die Geschichte von zwei 15-jährigen Mädchen im Nachkriegsdeutschland in den ...

Ich weiß nicht, ob ich mit meiner Rezension diesem wunderbaren Buch gerecht werde, aber ich versuche es mal.

Es ist die Geschichte von zwei 15-jährigen Mädchen im Nachkriegsdeutschland in den ausgehenden Fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Die Leben der beiden Hauptpersonen könnten nicht unterschiedlicher sein.
Angelika lebt in Kassel als behütete Tochter einer Künstlerfamilie. Trotz eines Schulverweises und einer großen Tragödie, bei der sie ihre beste Freundin verliert, schafft sie es ihren Lebenstraum zu verwirklichen und Fotografin zu werden. Unbeirrt geht sie ihren Weg und landet als Fotojournalistin in West-Berlin.
Christine lebt in Ost-Berlin mit Mutter, Stiefvater und Bruder. Sie ist eine talentierte Kunstturnerin und wird von der Partei gefördert, aber auch mit Argusaugen beobachtet, weil ihr leiblicher Vater sich in den Westen abgesetzt hat. Mit ihrer Turnerkariere lebt sie den Traum ihrer Mutter. Für den Erfolg wird sie bis aufs Blut gequält. Alle Versuche sich zur Wehr zu setzen scheitern, weil dann Repressalien für die Familie drohen.

In sehr detailliertem, einfühlsamem Schreibstil schildert Katharina Fuchs die so unterschiedlichen Leben der beiden Protagonistinnen und verknüpft dabei deren Lebensstationen mit den historischen Ereignissen in den ersten Jahren der deutschen Teilung. In den Schilderungen von Angelikas Leben im Westen konnte ich die Aufbruchsstimmung der jungen Leute dieser Zeit ebenso spüren wie das Misstrauen und die Angst vor Bespitzelung und Bestrafung in den Abschnitten über Christines Leben im Osten. Besonders erschütternd fand ich den Abschnitt über die Ereignisse des 13. August 1961 in der Bernauer Straße. Diese schildert Katharina Fuchs so eindringlich, dass mir das Gelesene noch lange im Kopf herumspuken wird.
Eine sehr schöne Idee ist die "Nachlese", durch die ich erfahren habe, was aus den beiden Mädchen und ihren Familien später geworden ist.

Insgesamt hat mir dieses Buch so gut gefallen, dass ich es gar nicht aus der Hand legen wollte. Ich fand es mitreißend und spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Mit gründlich recherchiertem Hintergrund, liebevoll charakterisierten Figuren und genauer Schilderung von Einzelheiten der Mode und der Grundstimmung dieser Zeit hat mich die Autorin mitgenommen in die Zeit des Aufbruchs und ins Wirtschaftswunder.

Dafür gibt es von mir eine klare Leseempfehlung und fünf Sterne. Wenn es möglich wäre, würde ich mehr Sterne vergeben.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.01.2021

Spannend und beängstigend

Der Solist
0

Das Cover passt perfekt zur Geschichte und hat mich sehr angesprochen. Nach diesem Buch hätte ich auch in der Buchhandlung sofort gegriffen.

Der Ermittler Neuhaus wird aus Frankfurt zur Sondereinheit ...

Das Cover passt perfekt zur Geschichte und hat mich sehr angesprochen. Nach diesem Buch hätte ich auch in der Buchhandlung sofort gegriffen.

Der Ermittler Neuhaus wird aus Frankfurt zur Sondereinheit Terrorabwehr nach Berlin versetzt. Er ermittelt in einer Mordserie, zu der sich ein "Kommando Anis Amri" bekennt, so dass die Morde dem IS zugeordnet werden. Die meisten seiner Kollegen begegnen ihm sehr reserviert, mit der Deutschtürkin Suna-Marie, genannt Grabowski, bildet er aber ein gutes Zweier-Team.

Es gelingt Jan Seghers perfekt, die Handlungen seiner fiktiven Figuren mit den Fakten der Ermittlungen zum Attentat auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz zu verknüpfen. Das ist das beklemmende daran - man könnte fast glauben, dass alles real ist. Der Schreibstil ist prägnant, der Autor fasst sich kurz und bringt doch alles Wichtige an den Leser. Was mir besonders gefällt ist, dass der Ermittler Neuhaus völlig vorurteilsfrei an die Ermittlungen herangeht und so einen unverstellten Blick auf die Ereignisse hat. Nur so kann er herausfinden, dass der Hintergrund der Taten zwar auch ein politischer ist, aber eben nicht dem IS zugeordnet werden kann.

Überhaupt ist mir Neuhaus sehr sympathisch. Er ist gar nicht so ein extremer Einzelgänger wie es der Buchtitel vermuten lässt. Seine Zusammenarbeit mit Grabowski und einigen hinzugezogenen Kräften von außen ist sehr gut, also ist er durchaus teamfähig. Auch Grabowski mochte ich von Anfang an, sie ist eine sehr kluge junge Frau, die mit beiden Beinen fest im Leben steht.


Mit dem spannenden Fall rund um die Mordserie werden die brisantesten Themen unserer Gesellschaft aufgegriffen. Es geht um Rassismus, Antisemitismus, islamistischen Terror und Terror von rechts. Gleichzeitig zeigt uns die Geschichte, wie schnell Menschen eine vorgefasste Meinung übernehmen.

Mein Fazit: Großartig! Schade, dass ich nur fünf Sterne vergeben kann!


  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere