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Veröffentlicht am 15.09.2016

Die Rosengeige

Der Mondscheingarten
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So hätte ich persönlich vielleicht eher den Roman "Der Mondscheingarten" von Corina Bomann genannt. Denn eine Geige mit besonderem Rosenmuster ist Mittelpunkt der Geschichte und verbindet das Schicksal ...

So hätte ich persönlich vielleicht eher den Roman "Der Mondscheingarten" von Corina Bomann genannt. Denn eine Geige mit besonderem Rosenmuster ist Mittelpunkt der Geschichte und verbindet das Schicksal von drei Frauen miteinander.

Da ist zum ersten die junge Geigerin Heather. 1920 soll sie ein Konzert geben, doch kurz vor Beginn verlässt sie die London Hall und verschwindet.

2011 bekommt Lilly, eine junge Witwe, die einen kleinen Antiquitätenladen in Berlin hat, eines Tages Besuch von einem älteren Herrn, der ihr eben diese Geige in die Hand drückt mit dem Bemerken, sie würde die Person sein, die ein Recht darauf habe, das Musikinstrument zu besitzen. Dabei hat sie so gar nichts mit Musik zu tun.

Rose dagegen schon. Auch sie ist Geigerin. 1902 ist sie auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, und wir begegnen ihr auf Sumatra.

Natürlich möchte Lilly das Rätsel der Rosengeige lösen. Tatkräftige Unterstützung bekommt sie in London, Italien und auf Sumatra. Nicht nur ihre Freundin Ellen, der äußerst charmante (!) Musikexperte Gabriel und noch ein paar Leute stehen ihr hilfreich zu Seite. Wir sind immer mit dabei, oder aber auch ein, zwei Schritte voraus, weil wir insbesondere vom Schicksal der Geigerinnen Rose und Heather im weiteren Handlungsträngen erfahren.

Sympathische Figuren, nette Menschen in tollen Umgebungen beherrschen das Terrain. So wirklich böse ist niemand. Nicht der Manager von Rose, nicht die alte Frau, die Heather "belästigt". Es gibt Schicksalsschläge und Zufälle, und davon reichlich. Ich fand es wiederholend und etwas übertrieben und hätte mir stattdessen mehr Tiefe bei der Charakterisierung der Figuren gewünscht. Gerade die Liebesgeschichte zwischen Rose und Paul bot mehr Potential (verheirateter Engländer liebt "halbe" Minangkabau - der Ethnie auf Sumatra/Indonesien mit matrilinearer und matrilokaler Kultur). Dabei nicht in Klischees zu verfallen, ist natürlich äußerst schwierig...

Einfluss auf meine Meinungsbildung hatte sicher auch die Tatsache, dass ich zum ersten Mal ein Buch geHÖRt habe. Das war zwar praktisch, ich konnte es sowohl beim Fahren im Auto hören als auch zu Hause auf der Couch sitzen und handarbeiten. Jedoch gebe ich zu, dass doch lieber ein Buch in der Hand halte. Ich blättere nämlich gern, mal vor, aber noch viel mehr zurück. Um an ein oder anderer Stelle nachzulesen. Das ist dann wichtig, wenn man wie ich mehrere Bücher parallel liest. Das klappt bei einem Hörbuch nicht bzw. nur kapitelweise (oder ich stelle mich zu dumm an). Dazu kommt, dass ich beim Lesen eine gewisse Vorstellung entwickele von Menschen und Dingen, je nachdem wie sie beschrieben sind. Ich habe dann oft auch die Stimme im Ohr. Beim Hörbuch liest jemand nach seinem Gusto. Und leider traf Elena Wilms im "Mondscheingarten" nicht durchgängig meinen Nerv. Zudem finde ich, dass einem beim Hören Wortwiederholungen deutlicher auffallen als beim Lesen. Mir als Deutsch-Fan jedenfalls.

Wer eine leichte (Urlaubs)Lektüre ohne großen Anspruch sucht, ist mit dem "Mondscheingarten" aber durchaus gut beraten.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Das Buch des Kurfürsten

Das Buch des Kurfürsten
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In und um Heidelberg des Jahres 1595 liegt im November bereits Schnee. Das junge Ehepaar Hedwig und Philipp Eichhorn hat ihr Glück mit der kleinen Tochter Juliana (Juli genannt) gekrönt. Sie arbeitet als ...

In und um Heidelberg des Jahres 1595 liegt im November bereits Schnee. Das junge Ehepaar Hedwig und Philipp Eichhorn hat ihr Glück mit der kleinen Tochter Juliana (Juli genannt) gekrönt. Sie arbeitet als Magd beim wohlwollenden und großmütigen Tuchhändler Belier, er ist Knecht in der Kanzlei des Kurfürsten. Ihr Leben ist ruhig und beschaulich. Bis zu dem Tag, an dem Hedwig und ihre Tochter entführt und Philipp erpresst wird. Er soll ein bestimmtes Buch zunächst aus der Kanzlei entwenden, den Entführern übergeben und sodann zurückbringen, andernfalls er seine Familie nicht wiedersieht. So geschieht es auch, doch scheitert die "Rückgabe" am Nichterscheinen der Entführer. Philipp ist verzweifelt und verstrickt sich in Lügen, gegenüber allen und jedem. Währenddessen gelingt Hedwig und Juli mit Hilfe des Walisers Ryss die Flucht...

Wie stets bin ich mit Freude ans Lesen gegangen und habe versucht, zu den Figuren eine Beziehung aufzubauen. Das war etwas schwierig, weil man Hedwig und Philipp nicht gemeinsam agierend erlebt. Denn bereits auf den ersten Seiten des Romans finden Entführung und Erpressung statt. Irritiert hat mich zunächst auch der Name des Kindes: Juli. Sehr modern, dachte ich und konnte mir keinesfalls vorstellen, dass um 1595 jemand sein Kind so benannte. Die Aufklärung erfolgt erst auf Seite 85 (!), oder habe ich es bis dahin überlesen?

Der Sprachstil der Autorin ist größtenteils der Zeit angepasst. Ich persönlich habe allerdings manchmal die Grobheit in den Reden der Entführer als störend empfunden. Sehr umfangreich erfolgt eine Beschreibung der Ritterschaft und des Lehenswesens der damaligen Zeit, der Arbeit der kurfürstlichen Kanzlei mit den dort archivierten sogenannten Kopialbüchern, in denen entsprechende Lehen verzeichnet wurden. Auch Heidelberg und umliegende Ortschaften finden sich ausführlich im Text wieder. Ich hätte mich jedoch über eine Karte gefreut, um eine Vorstellung der Gegebenheiten zu bekommen, da ich dieses Gebiet überhaupt nicht kenne.

Es ist zu spüren, dass sich die Autorin intensiv mit den historischen Fakten auseinander gesetzt hat und diese vermitteln will. Dies tut sie zum Teil seitenweise, das heißt absatzlos.

Man darf quasi nicht absetzen beim Lesen, da man sonst die Stelle nicht wiederfindet. Das ist ein wenig anstrengend und im ersten Teil des Buches hat es mich auch etwas genervt und meine Lesefreude gemindert. Die kam dann erfreulicherweise im Verlaufe des Geschehens wieder, weil die Autorin nach der historischen Abhandlungen den Spannungsbogen wieder aufnimmt und entwickelt und daneben Augenmerk auf die Beziehung zwischen Hedwig und ihrem Fluchthelfer und Begleiter Ryss legt. Besonders gut hat mir hierbei gefallen, dass Marlene Klaus das Verhältnis zwischen der jungen Frau und dem anfänglich Fremden nicht zu einer Liebesgeschichte ausbaut, sondern mit viel Wärme eine Freundschaft zwischen diesen beiden Menschen erlebbar und nachvollziehbar beschreibt und uns an der Gedanken- und Gefühlswelt der beiden und auch Philipps, der sich sich damit auseinandersetzen muss, teilhaben lässt. Das empfinde ich als sehr gelungen.

Deshalb empfehle ich das Buch trotz seiner Schwächen auch gerne weiter.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Taschen en gros

Taschen selbst genäht
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Als ich das Buch entdeckte, hat es mich sofort angesprochen. Zwar nähe ich (noch) nicht, doch ich bin ein Fan von genähten Taschen, und einige hübsche Stücke finden sich bei mir zu Hause.
Das Buch ist ...

Als ich das Buch entdeckte, hat es mich sofort angesprochen. Zwar nähe ich (noch) nicht, doch ich bin ein Fan von genähten Taschen, und einige hübsche Stücke finden sich bei mir zu Hause.
Das Buch ist ein Hardcover und so gebunden, dass man es problemlos offen halten kann. Gegliedert ist es vier Abschnitte. Es gibt Anleitungen für Handtaschen, Beutel und große Taschen, kleine Täschchen und die der allgemeinen Art. Warum allerdings die allgemeinen Anleitungen über die perfekte Ausstattung, das Nähgarn, Stoffe, Zuschnitt usw. den Abschluss bilden, erschließt sich mir nicht.
Wie dem auch sei. In den einzelnen Kapiteln lernen wir zunächst die Taschen im Überblick zeichnerisch kennen, dann bekommen wir sie jeweils im Einzelnen vorgestellt, woran sich die Anleitungen anschließen. Alle Taschen tragen Mädchennamen. Da gibt es beispielsweise die "Griffige Emma", die "Anmutige Viola" oder die "Kleine Charlotte". Diese Idee gefällt mir, weil man sich so leichter orientieren kann. Leider haben es die "Kindertasche Mia" (Handtaschen) und die "Weiche Linda" (Beutel und große Taschen) nicht auf die Zeichnung geschafft und das Bild der "Sarah experimentell" (Kleine Täschchen) stellt sich auch als solche für mich dar. Aber geht man in den ersten beiden Abschnitten von 11 bzw. 10 Modellen aus und bekommt dann Anleitungen für 12 bzw. 11 Modelle, hält sich die Enttäuschung darüber in Grenzen.
Die einzelnen Anleitungen sind anschaulich gegliedert, verständlich geschrieben und beinhalten auf einer Doppelseite neben den erforderlichen Angaben auch einen Hinweis auf den Schwierigkeitsgrad. Das erleichtert gerade Anfängern die Auswahl. Daneben gibt es übersichtliche Schnittmusterbögen.
Die Farben sind in pastelligen und frischen Tönen gehalten und verleihen dem Buch ein fröhliches Kleid. Die Fotos finde ich bis auf "Laura" (Seite 68) gelungen. In der Gesamterscheinung des Buches sind mir Tasche und Outfit des Modells hier einfach zu düster.

Ansonsten habe ich nun ein gutes Anleitungsbuch, dass ich irgendwann auf jeden Fall auch einem Praxistest unterziehen werde.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Zu viel des Guten

Das Geheimnis des Felskojoten
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Vor einigen Wochen habe ich das Buch bekommen, das nach der Leseprobe eine nette Lektüre versprach. Sollte es doch um eine Geschichte mit Liebe, Abenteuer und Mystik der Indianer gehen. Mit dem Lesen war ...

Vor einigen Wochen habe ich das Buch bekommen, das nach der Leseprobe eine nette Lektüre versprach. Sollte es doch um eine Geschichte mit Liebe, Abenteuer und Mystik der Indianer gehen. Mit dem Lesen war ich zügig durch, es handelte sich um sogenannte "leichte Kost", und ich kann sagen, dass dies auch alles vorhanden ist. Doch leider fiel mir die Rezension nicht so leicht. Das Ergebnis der Lektüre lässt sich wie folgt zusammenfassen: Liebe - recht gut, Abenteuer - nicht gut genug und Mystik - zu viel des Guten. Dazu später genauer, erst einmal etwas zum Inhalt.

Serena ist 26 und hatte immer ein gutes Verhältnis zu ihrem älteren Bruder Fabian. Bis zu dem Zeitpunkt als dieser von heute auf morgen ins Kloster geht. Nach einem Anruf stellt sich heraus, dass Fabian das Kloster verlassen hat und sich in Nordamerika auf der Flucht befindet. Vor seinem Klosteraufenthalt war der junge und talentierte Physiker nämlich in Konflikt mit einem großen Konzern geraten, der ihn zur Vertuschung seiner Machenschaften aus dem Weg räumen lassen wollte und das immer noch will. Serena begibt sich sofort auf die Suche nach ihrem Bruder, trifft auf seinen Freund, den Indianer Shane Storm Hawk und ist mitten drin im Geschehen. Verfolgt von Fabians Gegnern wird sie von Shane begleitet und unterstützt, und auch die Liebe lässt nicht lange auf sich warten.

Denn dass Serena und Shane ein Paar werden, ist im Grunde von Anfang an klar. Dies ist alles recht gut und angenehm beschrieben. Eine Entwicklung ist zumindest zu erkennen, und dankbarerweise fallen die beiden nicht gleich beim ersten Treffen übereinander her.

Gelungen sind im Großen und Ganzen auch die Beschreibungen der Natur, da entstehen anschauliche Bilder im Kopf, sowie die der indianischen Bräuche. Allerdings wird immerzu vom "Great Spirit" gesprochen und ständig taucht der Felskojote auf, ob in natura oder in Träumen.

Serena und Shane geraten wiederholt in irgendwelche Gefahren, die aber eher spannungslos beschrieben werden. Für mich jedenfalls war es nicht gut genug. Abenteuer müssen einen vom Hocker hauen, da muss man mitfiebern und -bangen. Das konnte ich hier nicht.

Ganz unglaubwürdig wird es dann, als Serena zum ersten Mal in ihrem Leben aufs Pferd steigt. Nicht nur, dass sie ihre Höhenangst überwindet und einen steilen Berg hinaufreitet. Das mag vielleicht noch angehen. Nein, sie scheint ein wahrhaftiges Naturtalent (das ist wohl so, wenn man aussieht wie eine Indianerin) zu sein und schafft es, sich im schnellen Galopp (ich rede hier also nicht von einem in der Reitersprache sogenannten normalen Arbeitsgalopp) auf dem Pferd zu halten...

Und immer kommt ihnen der Zufall oder "Great Spirit" zur Hilfe. Ich bin ja offen für Mystik (auch als Atheistin), doch das war einfach zu viel des Guten. Besondere Momente sind vielleicht noch die mit der Großmutter von Shane, die die Schwitzhüttenzeromonie durchführt und die einen ungewöhnlichen Hund besitzt, der allerdings - wie sollte es anders sein - ebenfalls vom Großen Geist geleitet wird.

Als oberflächlich empfinde ich auch die Figurenzeichnung. Es werden zwar Aussehen und ebenso ein paar Charaktereigenschaften beschrieben, doch insgesamt bleiben alle Personen farblos. Etwas mehr Tiefe wäre von Vorteil gewesen, um mit den Figuren mitfühlen zu können. So sind die Guten gut, und die Bösen sind böse. Wobei wir bei den Gegenspielern sind. Da gibt es einen Chef und zwei Handlanger, die mir mit ihrem ständigen "Boss" total auf die Nerven gingen, so tumb wie sie dargestellt wurden. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass jemand noch so spricht. Irgendwie kam ich mir beim Lesen vor wie in einem Gangsterfilm der Zwanziger Jahre, als die Ganoven ebenfalls in schwarzen Anzügen herumliefen und den Finger locker am Maschinengewehr hatten. Ein bisschen wie "Manche mögen's heiß" oder noch besser wie Henk und Abdul aus "Knocking on Heavens Door". Nur dass Moritz Bleibtreu wahrscheinlich wesentlich besser aussieht...

Übrigens richtig heroisch wird es zum Schluss natürlich auch, doch davon verrate ich hier nichts. Insgesamt passt es zum Geschehen und hat mich nicht wirklich überrascht.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Das faszinierende Wesen Alma

Das Wesen der Dinge und der Liebe
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Es gibt Romane, die kann man aus der Hand legen, ein paar Tage ruhen lassen und findet sofort den Einstieg wieder. Das mag an der Überschaubarkeit der Handlung und der Personen liegen. Oder aber auch am ...

Es gibt Romane, die kann man aus der Hand legen, ein paar Tage ruhen lassen und findet sofort den Einstieg wieder. Das mag an der Überschaubarkeit der Handlung und der Personen liegen. Oder aber auch am Erzählstil. Auf "Das Wesen der Dinge und der Liebe" trifft jedenfalls beides zu. Allerdings sei hier gleich zu Beginn angemerkt, dass ich es für ausreichend erachtet hätte, den originalen Buchtitel "The Signature of All Things" ohne das Hinzufügen "der Liebe" in der Übersetzung zu verwenden, weil es die Vermutung hervorrufen könnte, es handelte sich um eine Liebesgeschichte. Das ist der Roman von Elizabeth Gilbert - jedenfalls in der sonst üblichen Form - definitiv nicht. Diesbezüglich halte ich auch den Umschlagtext für irreführend. Das Cover spricht mich sehr an. Gelungen finde ich auch die Gestaltung mit Pflanzentafeln, die sich zu Beginn einen jeweiligen Teils des Romans wiederfinden.

Der Roman erzählt vom Schicksal der brillanten Alma Whittaker, Tochter eines verschrobenen englischen Botanikers und einer ehrbaren Holländerin. Alma wird am 5. Januar des Jahres 1800 geboren. Ihr Vater notiert hierzu mit der ihm eigenen willkürlichen Rechtschreibung in seinem Wirtschaftsbuch "Eine ehrbare noia mittreisende ist Zu uns geschtossen". Und da die ersten fünf Jahre ihrer "Mitreise" uninteressant zu sein scheinen, lernt der Leser auf den ersten gut 60 Seiten zunächst Henry Whittaker genauer kennen. Er hat es mit Spürsinn, Geschick und Durchhaltevermögen zu Wohlstand gebracht und kann damit seiner Familie ein sorgenfreies Leben bieten.

Alma ist die Tochter ihres Vaters. Sie sieht nicht nur so aus wie er, nein sie ist genauso klug und robust, störrisch, forsch, rastlos. Von Anbeginn will sie die Welt verstehen und das dafür notwendige Wissen finden. Unermüdlich fragt sie, und sie hat diesbezüglich Glück mit ihren Eltern, die keine geistige Trägheit dulden und den Wissensdurst ihrer Tochter fördern.

Alma wird eine Spezialistin im Bereich der Bryologie, der Erforschung der Moose. Darüber vergehen die Jahre. Sie ist über fünfzig, als Ambrose kennenlernt. Beide verbindet die gemeinsame Leidenschaft für das Wissen, das Bedürfnis, die Funktionsweise der Welt zu verstehen und den Mechanismus des Lebens zu erkennen. Doch Alma ist eine klar denkende Wissenschaftlerin, Ambrose dagegen Künstler, der Orchideen voller empfindsamer Schönheit malt, weil er in ihnen und anderen Pflanzen göttliche Hinweise über ihr Wesen sieht und sich wünscht, ein Engel Gottes zu sein. Dem kann Alma nicht folgen. Trotzdem bleibt sie stets weiter auf der Suche nach dem Wesen der Dinge und gelangt wie Charles Darwin und Alfred Russel Wallace zu ihrer eigenen Theorie über die Umbildung der Arten. Am Ende ihres Lebens ist sie, die nie etwas anderes kennenlernen wollte als die Welt, glücklich...

Ich mochte Alma, deren Namen im Spanischen/Portugiesischem die Bedeutung von Seele, Geist oder auch Verstand hat, von Anfang an. Diese ungewöhnliche Person, die eben mit einem ausgezeichneten, intelligenten, präzisen Verstand ausgestattet ist, deren Kopf zwar nicht schön, aber vollgestopft mit Wissen ist, das sie aufsaugt wie ein Moospolster. Dazu hat wesentlich beigetragen, dass sich der Roman nicht nur eine bildhafte Sprache auszeichnet, sondern sich auch philosophische Momente entdecken lassen und vor allem eine warmherzige, humorvolle Ausdrucksweise findet. Hier ein Beispiel, ein Gespräch zwischen Alma und der Hanneke de Groot, der holländischen Hauswirtschafterin:

"Jeder Mensch erlebt Enttäuschungen, Kind...
Mir ist durchaus bewusst, dass jeder Mensch Enttäuschungen erlebt, Hanneke...
Da bin ich mir nicht so sicher. Du bist noch jung, deshalb denkst du nur an deine eigene Person Du merkst nichts von den Kümmernissen anderer... Die Jugend ist nun einmal selbstsüchtig... Schade, dass wir einen alten Kopf nicht auf junge Schultern setzen können, dann wärest du jetzt schon klug. Irgendwann wirst du freilich verstehen, dass niemand imstande ist, ohne Leid durchs Leben zu gehen - wie auch immer du das vermeintliche Glück der anderen einschätzen magst...
Aber was tun wir mit unserem Leid?...
Nun Kind, mit deinem Leid kannst du tun und lassen, was du willst...Es gehört dir. Doch ich will dir sagen, was ich mit meinem tue. Ich packe es an den Haaren, werfe es zu Boden und zermalme es unter den Absätzen meiner Stiefel. Ich schlage vor, dass du lernst, es genauso zu halten."