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Tamagotchi

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.01.2018

Erschütternd

Und es schmilzt
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Puh, was für ein Buch! Ich bin tief ergriffen, was mir so leicht und in diesem Ausmaß nicht oft passiert!
Zunächst fängt alles ganz harmlos an....eine Einladung zu einer Feier, die Überlegung 'hingehen ...

Puh, was für ein Buch! Ich bin tief ergriffen, was mir so leicht und in diesem Ausmaß nicht oft passiert!
Zunächst fängt alles ganz harmlos an....eine Einladung zu einer Feier, die Überlegung 'hingehen oder nicht?', schließlich die Vorbereitungen....Hier fängt es an, geheimnisvoll zu werden, denn Eva möchte einen großen Eisblock zu dem Fest mitnehmen. Natürlich fragt man sich warum, aber die Spannung hält sich zunächst noch in Grenzen, teilweise sind einzelne Passagen bzw. Beschreibungen sogar langweilig und langatmig (deshalb auch nur 4 Punkte). Das Rätsel des Eisblocks löst sich erst auf den letzten 100 Seiten.
So hatte ich anfangs nicht viel Motivation, das Buch zu lesen. Dieses änderte sich aber zusehends, die Spannung baute sich aus den Rückblicken auf vergangene Jahre immer stärker auf. Das letzte Viertel der 500 Seiten habe ich bis in die Nacht hinein gelesen, weil ich wissen musste, wie es weiterging.
Hauptperson ist Eva, die als Kind auf dem Lande keine große Auswahl an Spielkameraden hat und sich mit 2 Jungs anfreundet, ihnen vertraut und sie gut zu kennen glaubt. Dies ist jedoch ein Irrglaube, wie sich später herausstellt, und zwar auf sehr grausame Art und Weise. Pubertäre Besessenheit spielt hier eine große Rolle.
In einer solchen Situation ist es gut, wenn man im Schoß einer intakten Familie aufgefangen wird, aber auch dies erlebt Eva nicht. Im Gegenteil, die Kinder werden vernachlässigt, schikaniert und weitgehend sich selbst überlassen. So nimmt das Drama seinen Lauf....
Als Eva meint, eine Freundin gefunden zu haben, wird sie auch hier bitter enttäuscht, und das Mitleid des Lesers ist ihr sicher. Man kann diese Gefühle gut nachvollziehen, denn Eva möchte Gerechtigkeit, Fairness und ehrliche Freundschaft. Leider muss sie feststellen, dass diese Ideale scheinbar unerreichbar sind.....
Was mich stört, sind die häufigen Tierquälereien, die beschrieben und die meist nur belächelt werden.
Trotzdem: Ein sehr empfehlenswertes Buch!

Veröffentlicht am 03.01.2018

Rührend und anrührend

Lied der Weite
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Dies war das erste Buch von Kent Haruf für mich, aber es wird nicht das letzte sein. Ich habe die Lektüre so sehr genossen, dass ich traurig war, als ich das letzte Kapitel beendet hatte. Es ist sein einfacher ...

Dies war das erste Buch von Kent Haruf für mich, aber es wird nicht das letzte sein. Ich habe die Lektüre so sehr genossen, dass ich traurig war, als ich das letzte Kapitel beendet hatte. Es ist sein einfacher Schreibstil, der mich so gefesselt hat, man liest immer weiter und versetzt sich in die Situation hinein, man ist irgendwie dabei als stiller Zuschauer.
Interessant ist die fehlende Zeichensetzung bei der wörtlichen Rede, alles ist Erzählung.

Hinzu kommt, dass ich diese Geschichte in der Weihnachtszeit gelesen habe und die Betreuung Victorias durch die McPheron Brüder sehr rührend fand. Diese rauen Farmer zeigen ein so einfühlsames und sorgendes Verhalten dem 'Mädchen' gegenüber, dass mir teilweise die Tränen in den Augen standen (passiert mir wirklich selten).
Es geht in diesem Buch nicht um außergewöhnliche Dinge, sondern vorwiegend um Alltagsprobleme, trotzdem versteht es der Autor diese so zu verpacken, dass der Erzählfluss einen mitreißt. Mir gefällt es zu beobachten, wie Victoria mit ihrer Schwangerschaft umgeht, wie Ike und Bobby ihre langweiligen Ferien gestalten oder Guthrie mit seiner zerbrochenen Ehe umgeht. Besonders gefällt mir der Charakter der Victoria, die wie ein Fels zu ihrem Kind steht, den unzuverlässigen Vater jedoch ablehnt, aber sich anderen Personen öffnet. Ich habe mir vorgestellt, wie es wäre, in Holt zu leben und diese junge Frau kennen zu lernen.....

Was mir nicht gefallen hat, war die detaillierte Beschreibung der Untersuchung der Kühe durch die Brüder McPheron, aber es soll wohl zu ihrer Charakterisierung beitragen. Absolut überflüssig fand ich die Beschreibung der Obduktion des toten Pferdes, vielleicht dient es aber auch dazu, den rauen Alltag zu beschreiben, der auch vor Kindern nicht verschlossen bleibt. Interessant hätte ich es auch gefunden, zu erfahren, wieso die Ehefrau von Guthrie depressiv ist, ob es was mit dem harten Landleben zu tun hat oder mit seinem Verhalten.

Diese drei Punkte beeinflussen aber nicht meine Bewertung des Buches. Ich möchte hier eine volle Empfehlung aussprechen, das Buch hat mich sehr beeindruckt, und ich möchte mehr Bücher von diesem Autor lesen.

Veröffentlicht am 27.12.2017

Unsere Welt im Jahr 2052 ???

Die Optimierer
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Das Buch blickt nach vorne in das Jahr 2052, die Welt hat sich verändert, und für jeden Bewohner soll die optimale Position im Leben gefunden werden. Es gibt Lebensberater, die denjenigen beistehen, die ...

Das Buch blickt nach vorne in das Jahr 2052, die Welt hat sich verändert, und für jeden Bewohner soll die optimale Position im Leben gefunden werden. Es gibt Lebensberater, die denjenigen beistehen, die ihren Platz nicht alleine finden können. Es gibt auch viele Roboter, die die Optimierung unterstützen, indem sie den Menschen weiterhelfen oder den richtigen Weg zeigen. Aber nicht jeder findet den Optimierungsprozess gut, und es gibt Gruppen oder Einzelpersonen, die sie bekämpfen. Wird ihr 'Fehlverhalten' entdeckt, was mittels im Auge eingebauter Linsen durchaus wahrscheinlich ist, sinken sie im Sozialniveau ab, werden bestraft, geächtet und evtl. umerzogen.
Mir gefällt, dass in dieser neuen Gesellschaft jeder umsorgt wird, keiner wird von vornherein abgestoßen, aber zu welchem Preis? Das Buch beschreibt mit zunehmendem Spannungsaufbau Aufstieg oder Fall einzelner Individuen. Alles fängt recht sachlich mit einem Beratungsgespräch an, was durchaus interessant ist. Im Anschluss wird die optimierte Gesellschaft detailliert beschrieben, was in meinen Augen recht langatmig ist. Aber dann nimmt der Spannungsaufbau rasante Fahrt auf, so dass man immer wissen möchte, was als nächstes passiert. Teilweise könnten die Szenen einem Horror-Roman entnommen sein.
Hauptcharakter ist Samson Freitag, ein überzeugter Lebensberater, zunächst recht unsympathisch durch seine Unbeirrbarkeit, später bemitleidenswert und sympathischer. Mein Lieblingscharakter ist seine Mutter, die trotz ihres Alters sehr klar die Mängel im System erkennt und auf ihre Weise auch rebelliert.
Was mir nicht gefällt, ist die ausführlich dargestellte Theorie, die hinter diesem System steckt, das hätte gestrafft werden können. Natürlich muss sie vorkommen, aber nicht in so trockenem Input.
Ich frage mich, ob unsere Gesellschaft sich wirklich in dieser Weise weiterentwickeln könnte...und ja, ich denke bei all dem technischen Fortschritt, teilweise sehr rasant, ist dies möglich, vielleicht in ähnlichen Varianten, aber tendenziell schon....
Auf jeden Fall sind die Ideen, die Theresa Hannig hier vorstellt, interessant und lesenswert. Ich würde das Buch deshalb allen empfehlen, die bereit sind, vorübergehend die realen Strukturen zu verlassen und einzutauchen in eine andere Gesellschaft.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Figuren
  • Idee/Originalität
  • Spannung
Veröffentlicht am 17.12.2017

Eltern ohne Empathie

Das Wüten der Stille
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Zunächst möchte ich hervorheben, dass die Autorin Cornwall und seine Eigenschaften bzw. Eigenheiten auf vortreffliche Weise schildert. Wer schon einmal dort war, kann sich wunderbar einfühlen, und auch ...

Zunächst möchte ich hervorheben, dass die Autorin Cornwall und seine Eigenschaften bzw. Eigenheiten auf vortreffliche Weise schildert. Wer schon einmal dort war, kann sich wunderbar einfühlen, und auch Nicht-Kenner bekommen einen guten Eindruck vermittelt.
In der Geschichte geht es um zwei verschwundene 16-jährige Mädchen, der erste Fall liegt schon Jahre zurück, der zweite ist ganz aktuell. Zunächst gibt es keine heiße Spur,was sich auch im Spannungsaufbau bemerkbar macht, denn anfangs plätschert die Handlung so dahin. Dies ändert sich dann aber und nimmt rasante Fahrt auf, man muss dann unbedingt weiterlesen....
Ganz erschreckend werden 2 Elternbilder gezeichnet, auf der einen Seite totale Vernachlässigung, keinerlei Empathie und Laissez-Faire Haltung, auf der anderen Seite totale Unterdrückung und Duldung der Missstände. Und da ist dann noch die trauernde Mutter des ersten Falles, die in ihrer Verzweiflung nicht mehr am realen Leben teilhaben möchte.
Die Charaktere sind vortrefflich skizziert und in vielen Details beschrieben, besonders die betroffenen Eltern. Aber auch Lehrer und die Polizisten sind realistisch dargestellt.
Was mich nicht so überzeugt, ist die Ursachenerklärung, warum die Mädchen dem Täter überhaupt folgen, denn dies hat mit den Mythen und Sagen rund um Cornwall zu tun, und ich denke, ein 16-jähriger Teenager unserer Zeit müsste sich da distanzieren können. Aber vielleicht fliehen sie einfach vor dem nicht akzeptierten Elternhaus...
Auf jeden Fall spreche ich eine Leseempfehlung aus, und diese nicht nur für England-Fans

Veröffentlicht am 29.11.2017

Gefühlschaos

Die Henry Frei-Thriller / Böses Kind
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Ein Teenager ist verschwunden, und dieser Umstand stürzt die Mutter, alleinerziehend und überfordert, in ein absolutes Gefühlschaos, in dem sie nicht mehr klar zwischen Realität und Illusion unterscheiden ...

Ein Teenager ist verschwunden, und dieser Umstand stürzt die Mutter, alleinerziehend und überfordert, in ein absolutes Gefühlschaos, in dem sie nicht mehr klar zwischen Realität und Illusion unterscheiden kann.

Dies ist das erste Buch von Martin Krist, das ich gelesen habe, und mir scheint, ich habe was verpasst, denn der Autor ist ein Meister im Spannungsaufbau. Bereits vom ersten Kapitel an baut sich die geheimnisvolle Situation auf. Mysteriöse Vorfälle, die zunächst unerklärlich scheinen, wechseln sich ab mit chaotischen Alltagsbeschreibungen der Hauptpersonen. Dazwischen immer wieder kurze Kapitel aus der Opferperspektive. Immer wenn ich eine Lesepause eingelegt habe, musste ich kurz ins nächste Kapitel reinlesen, um zu sehen, wie es weitergeht...und stets versucht man in Gedanken, den Täter aufzuspüren.

Dies ist die Aufgabe der beiden Kommissare, die hier die Ermittlungen leiten. Kommissar Frei ist mir trotz seiner Pedanterie sympathisch, da er zielstrebig und zuverlässig seine Aufgaben erfüllt. Kommissarin Albers hingegen, junge Mutter und stets übermüdet, würde in der Realität ihren Job nicht meistern. Ständig knabbert sie an Möhren und gähnt, selbst während der Vernehmungen, ihr Charakter ist vom Autor übertrieben dargestellt, einer der Minuspunkte dieses Buches.

Sehr gut dargestellt werden dagegen die sozialen Gegensätze Berlins, besonders am Beispiel der alleinerziehenden Mutter, die sich im Plattenbau unter ärmlichen Bedingungen durchschlägt.

Ein weiterer Minuspunkt ist für mich das plötzliche überraschende Ende, zwar nachvollziehbar, aber man wünscht sich mehr Hintergrunderklärungen. Auch über den ehemaligen Kommissar Marek und seine Geschichte möchte man mehr erfahren.

Des weiteren stören mich die ständigen 'Tut-Sätze' des kleinen Dennis. Kinder ahmen die Sprache ihrer engsten Bezugspersonen nach, jedoch spricht seine Mutter grammatikalisch richtiges Deutsch, woher also das 'tut'?

Alles in allem ist das Buch lesenswert für alle, die spannende Thriller mögen und die auch brutale Szenen verkraften können. Ich habe es bereits weiter empfohlen.