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Veröffentlicht am 17.12.2022

Atmosphärisch dichter Krimi in einer spannenden Epoche

Die Schatten von Cambridge
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Zum Inhalt:
Inspektor Eden Brooke bekommt in einer kalten Winternacht des Jahres mit, wie ein Junge in Cambridge in den Fluss geworfen wird. Alle Rettungsversuche misslingen und der Junge stirbt. Bei ...

Zum Inhalt:
Inspektor Eden Brooke bekommt in einer kalten Winternacht des Jahres mit, wie ein Junge in Cambridge in den Fluss geworfen wird. Alle Rettungsversuche misslingen und der Junge stirbt. Bei den Ermittlungen findet sich Brooke in einem Geflecht aus Sabotageakten der IRA, deutschen Spionageversuchen, aber auch persönlichen Abgründe bei den verdächtigen Personen wider.

Titel und Cover:
Beides passt gut zum Roman, England und Cambridge zur Zeit der Verdunkelung wird wirklich voller Schatten gewesen sein. Der Junge, der über die Brücke läuft, steht stellvertretend für all die Kinder, die zu ihrem Schutz, aus London herausgeschafft wurden, um sie zu schützen.

Meine Meinung:
Der Krimi beginnt natürlich fulminant, der Mord an dem kleinen Jungen, den Eden Brookes quasi von erster Hand mitbekommt, katapultiert uns in die Zeit der Luftschlacht um England hinein. Die Gefahr ist quasi ständig spürbar und auch die ganzen Begleiterscheinungen dieses Krieges werden Schritt für Schritt fassbar. Männer, die eingezogen werden um in den Krieg zu ziehen, die nächtliche Verdunkelung um nicht Ziel der deutschen Bomben zu werden, die aber das Verbrechen fördern, die Kinder, die in Gruppen aus London herausgebracht werden um sie vor den massiven Luftangriffen zu schützen. Aber auch, welche Einschränkungen der Krieg für die in England lebenden Ausländer hatte, der schwellende Konflikt mit Irland und auch Spionage spielen eine Rolle. Das alles begleitet die Ermittlungen, ohne diese in den Hintergrund zu rücken. Das ist wirklich gut gemacht, weil man zum einen als LeserIn ständig „Aha–Momente“ hat und zum anderen komplett in die Zeit hineintauchen kann.
Eden Brooke als Ermittler finde ich klasse, er bleibt etwas diffus, obwohl man so einiges über seine Vergangenheit erfährt und auch Anteil an seinem gegenwärtigen Leben hat. Er leidet aufgrund seines Einsatzes im Ersten Weltkrieg an Schlaflosigkeit und eine Verletzung hat ihn lichtempfindlich gemacht, aber darüber hinaus ist er bemerkenswert „normal“ (oft sind ja Hauptermittler selber so geplagt, dass €in Ermittlungen in den Hintergrund rücken, das ist hier aber nicht der Fall).
Die Ermittlungen sind dicht gefühlt mit verschiedenen Details und man trifft auf viele Menschen, das hat es stellenweise etwas unübersichtlich gemacht, ist aber vielleicht auch Absicht, da man so lange nicht weiß ob die Person nun wichtig war oder nicht.

Mein Fazit
Man fühlt sich beim Lesen die ganze Zeit wie in einem Dark Noir Film, über dem Buch hängt fast durchgängig dieses Gefühl von Dunkelheit, Kälte und auch Verzweiflung. Zwischendurch hat man immer wieder das Gefühl, dass eventuell zuviel hineingepackt wurde: der Mord an dem Jungen, die IRA, der Krieg gegen Deutschland, die persönlichen Probleme von Brookes und seiner Familie. Das drosselt etwas das Tempo, es ist kein Buch, bei dem sich die Ereignisse überschlagen, dafür gibt es aber immer wieder überraschende Wendungen, die so nicht vorhersehbar sind und so geht man Schritt für Schritt die Ermittlungen mit und fühlt man sich so komplett als Teil des Krimis.

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  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 10.12.2022

Spannend erzählte Familiengeschichte

Das Geheimnis des Orangengartens
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Zum Inhalt
Eine Villa am Wannsee mit einer Orangerie bildet das verbindende Glied für diese Geschichte, die in zwei Epochen spielt. Wir lernen Emilia im Berlin des Jahres 1899 kennen, die in dem luxuriösem ...

Zum Inhalt
Eine Villa am Wannsee mit einer Orangerie bildet das verbindende Glied für diese Geschichte, die in zwei Epochen spielt. Wir lernen Emilia im Berlin des Jahres 1899 kennen, die in dem luxuriösem Anwesen, wie in einem Käfig lebt und die Chance sucht um einer unglücklichen Ehe zu entfliehen.
In Berlin des Jahres 2019 kommt Leandra als Übersetzerin in die Villa und wird in ein dunkles Geheimnis verwickelt und versucht dieses gemeinsam mit dem Sicherheitschef Tim und ihrer Schwester zu lösen.

Cover und Titel
Der Titel passt, es geht letztendlich um ein Geheimnis und der Orangengarten spielt hierbei eine Rolle. Das Cover gefällt mir grundsätzlich gut, würde ich es aber sehen ohne die Geschichte zu kennen, würde ich denken, dass der Roman eher in Italien spielt als in Berlin.

Meine Meinung
Der Roman wechselt zwischen den beiden Epochen und beiden Frauen ab, was mir gut gefällt, jede Entwicklung in der Vergangenheit scheint in der Gegenwart Auswirkungen zu haben. Die Zeit Ende des 19./ Anfang des 20. Jahrhunderts ist wirklich gut erzählt, man kann sich in die Zwänge, denen Emilia Witt ausgesetzt ist. Vom Vater mehr oder weniger verscherbelt, gefangen an einen lieblosen Mann, der sich selbst der nächste ist und das Familienvermögen verspielt. Dazu noch ein Schwiegervater, der auch ein sehr fragwürdiges Verhalten an den Tag legen und Dienstboten, die ihr fast ausnahmslos nicht freundschaftlich gesonnen sind. Somit ist es nicht verwunderlich, dass der exotische Emanuel von Ruffin bald ihr Herz erobert. Erschwerend für die heimliche Liebesgeschichte ist aber, dass Emanuel verheiratet ist und auch noch der erklärte Feind ihres Schwiegervaters.
In der Gegenwart versucht Leandra ihr Leben in den Griff zu bekommen, frisch getrennt, ein schlechtbezahlter Job mit einer fordernden Chefin und die Entfremdung von ihrer Familie machen es ihr nicht leicht. Als sie in der Villa Ruffin einen Job als Übersetzerin annimmt und das Porträt einer Frau entdeckt, der sie verblüffend ähnlich sieht, ahnt sie, dass sie einem Geheimnis auf der Spur ist. Mithilfe des Sicherheitschefs der Villa, Tim, der ebenfalls ein Geheimnis hat versucht sie es zu lösen. Das alles ist gut miteinander verwoben, nebenher laufen noch ein paar andere Handlungsläufe (wie die Annäherung zwischen Leandra und ihrer Schwester), aber im Fokus bleiben immer die beiden Frauen. Der Wechsel ist gut gelungen, so dass man Stück für Stück dem Geheimnis de4 beiden Frauen näher kommt.
Der Schreibstil ist flüssig und der Roman ist gut ausgearbeitet und erzählt, den Anfang der Geschichte finde ich besser erzählt, am Schluss nimmt das Tempo zu, aber es wird dann zu viel reingepackt, für das dann zu wenig Platz da ist.




Fazit
Die Geschichte ist wirklich gut und spannend erzählt, vor allem die Abschnitte, die in der Vergangenheit spielen, sind toll aufgebaut, man will unbedingt wissen, wie es weitergeht. Die Passagen, die in der Gegenwart spielen, sind etwas schwächer und auch die Auflösung der diversen Geheimnisse wird etwas „übers Knie gebrochen“ – hier hätten dem Buch 20 – 30 Seiten mehr gut getan. Aber insgesamt sehr unterhaltsamer Roman, der absolut lesenswert ist.

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
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  • Charaktere
  • Cover
  • Gefühl
Veröffentlicht am 03.11.2022

Gute Idee - schwache Umsetzung

Maybe this year - Dieser eine Tag im Winter
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Zum Inhalt:

Norah erfährt kurzfristig, dass sie das Weihnachtsfest 2019 alleine verbringen muss. Sie erinnert dich sn ein Versprechen, dass sie ihrer Jugendliebe Andrew vor 10 Jahren gegeben hat und macht ...

Zum Inhalt:

Norah erfährt kurzfristig, dass sie das Weihnachtsfest 2019 alleine verbringen muss. Sie erinnert dich sn ein Versprechen, dass sie ihrer Jugendliebe Andrew vor 10 Jahren gegeben hat und macht sich auf den Weg nach Dublin.
Begleitet wird die auf ihren Roadtrip von ihrem besten Freund Joe.

Das Cover und Titel:

Gefällt mir beides sehr, auf dem Cover ist ein Pärchen quasi scherenschnittartig abgebildet. Sie blicken sich an und wirken sehr vertraut. Auch der englische Titel passt, er suggeriert eine lange Wartezeit und die Hoffnung, dass dieses Jahr etwas besonderes passiert.

Meine Meinung:

Als ich den Klappentext gelesen habe, dachte ich sofort an den Film „Zwei an einem anderen Tag“, die Geschichte ist zwar nicht ganz identisch, aber ich hab auf eine ähnlich romantische Erzählung gehofft. Aber leider erfüllt dieser Roman diese Erwartungen nicht.
Das liegt zum einen an der Protagonistin Norah, die auf mich sehr unreif und dadurch auch sehr anstrengend wirkt. Ihre romantischen Gefühle für Andrew scheinen die seinen zu überragen, aber sie wirken auch aufgesetzt. Auch ihr Sinneswandel scheint aus dem „Nichts“ zu kommen, da wird nichts entwickelt. Das hemmt meiner Meinung nach den ganzen Roman. Zudem gibt es Erzählstränge, die do detailliert beschrieben werden, aber für die eigentliche Geschichte keinen Mehrwert haben. Wie zum Beispiel die ausufernde Beschreibung der Weihnachtsfeier in der Schule oder die Suche nach den irischen Verwandten.
Weder das weihnachtliche London noch Dublin und das verschneite Irland wecken Weihnachtsgefühle. Und auch die Romantik kommt zu kurz, weder in den Rückblenden bei der Beschreibung des Kennenlernens von Norah und Andrew oder in den Briefen, die die sich schreiben. Und auch die vermeintliche Anziehung zwischen Norah und Joe kommt komplett aus dem Nichts und wird nicht herausgearbeitet.
Insgesamt ist der Schreibstil solide, aber die vielen Längen verhindern, dass das Buch Fahrt aufnimmt. Gut finde ich die Idee die Kapitelüberschriften nach Jazz Klassikern zu benennen, inhaltlich wird das auch nicht genutzt, wie bei soviel anderen Punkten bleibt dieser Aspekt in Norahs Leben eher blass und nur oberflächlich angekratzt.

Fazit:

Leider ist der „Maybe this year“ nicht überzeugend erzählt, die Stimmung, die der Roman erzeugen soll, bleibt aus, die Charaktere bleiben blass und werden wenig herausgearbeitet. Dadurch fehlt es dem Buch an Tiefe, denn auch die Erzählung selber entwickelt sich nicht.

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Veröffentlicht am 21.02.2021

Langatmig und mit wenig Spannungsmomenten

Flieh, so weit du kannst
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Zum Inhalt:
Ava arbeitet in einer Londoner Agentur und steigt dort die Karriereleiter nach oben. Privat geht es hier aber wesentlich schlechter, zum einen ist vor kurzem ihre gute Freundin und Kollegin ...

Zum Inhalt:
Ava arbeitet in einer Londoner Agentur und steigt dort die Karriereleiter nach oben. Privat geht es hier aber wesentlich schlechter, zum einen ist vor kurzem ihre gute Freundin und Kollegin Olivia an eine Überdosis gestorben, was umso verzwickter ist, weil Olivia die Tochter des Agenturchefs David war. Und auch in ihrer Beziehung läuft es rund, ihr Freund ist ein Kontrollfreak, der auch immer gewaltätiger wird. So entschließt sich Ava das Angebot Davids anzunehmen und vorübergehend in die Wohnung seiner verstorbene Tochter zu ziehen. Dabei ahnt sie nicht, dass David auch so das ein oder andere Geheimnis hütet.

Das Cover:
Das Cover finde ich gelungen, vor allem weil man nicht so ganz erkennt, welcher Gegenstand abgebildet ist. Ist es ein Dolch, ein Ornament von einem Gartenzaun oder doch ein Schmückstück. Erkennbar ist aber auf jeden Fall der rote Blutstropfen, der nach unten tropft. Die Farbe "rot" wird dann auch im Namen der Autorin aufgenommen. Insgesamt erzeugt das ganze Spannung und die Erwartung wird nach oben geschraubt.

Meine Meinung:
Um es gleich vorwegzunehmen: die Erwartung, die durch das Titelbild nach oben gesetzt werden, werden in keinem Punkt erfüllt. Zum einen fehlt ein Handlungsstrang, den man folgen kann. Anfangs ist das auch in Ordnung, da geht es um Avas Beziehnung und ihren gewaltätigen Freund, dann ist da das Leben und Arbeiten in der Agentur, voller Intrigen, einem Chef, dem man nicht ganz trauen kann und einer Kollegin, die sich zunehmend von einer Freundin zur Rivalin entwickelt. Die Todesfälle, die es in Davids Vergangenheit gab usw. Das alles läuft aber parallel und findet kaum oder wenn zu vorhersehbar zusammen. Die Charaktere sind wirklich durch die Bank unsympathisch. Das ist natürlich nicht immer ausschlaggebend, aber dann müsste dann die Entwicklung des "Bösen" konsequent erzählt werden, das Moment fehlt hier komplett, das Ende war für mich schon nach dem Lesen des ersten Kapitel klar, da fehlte komplett der Spannungsmoment.

Fazit:
Leider hat das Buch meine Erwartungen nicht erfüllt, vor allem weil es weder Thriller noch Charakterstudie ist. Einzig der Blick in die Psyche von Jade, einer Arbeitskollegin von Ava, war gut herausgearbeitet, das war mir aber insgesamt zu wenig.

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Veröffentlicht am 31.01.2021

Das Leben und seine unzähligen Möglichkeiten

Die Mitternachtsbibliothek
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Zum Inhalt:
Nora Seed, 35 Jahre, lebt nach ihrem Empfinden, das schlimmste aller möglichen Leben. Sie hätte Profischwimmerin werden und olympisches Gold gewinnen können oder Rockstar mit viel Geld, Erfolg ...

Zum Inhalt:
Nora Seed, 35 Jahre, lebt nach ihrem Empfinden, das schlimmste aller möglichen Leben. Sie hätte Profischwimmerin werden und olympisches Gold gewinnen können oder Rockstar mit viel Geld, Erfolg und Ruhm. Stattdessen hält sie sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser, hat ihre Verlobung gelöst, kaum Kontakt zu Familie und Freunden. Als dann noch ihre Katze stirbt, entschließt sie sich, dass sie nicht mehr weiterleben will.

Das Cover:
Das Cover gefällt mir sehr gut, in der Buchhandlung würde ich danach greifen, weil Titel, sowie Bild und Farbgestaltung einfach so stimmig sind.

Meine Meinung:
Wer kennt sie nicht, die Gedanken, die man sich über ein „was-wäre-wenn“-Leben macht. Was wäre aus mir und meinem Leben geworden, wenn ich an der ein oder anderen Stelle eine andere Entscheidung getroffen hätte. Nora Seed erhält die Chance, genau das auszuprobieren. Ihr Selbstmord bringt sie in die Mitternachtsbibliothek, wo sie auf eine alte Bekannte trifft, ihre ehemalige Schulbibliothekarin. Nora, verzweifelt und voller Reue über ihre Entscheidungen, erhält die Chance Entscheidungen rückgängig zu machen, anders zu treffen und wird in die dazugehörigen Lebenssituationen hineinkatapultiert. Sie erhält die Chance Olympiasiegerin zu werden, ihren Ex-Verlobten zu heiraten und ein Mega-Rockstar zu werden.
Sie lebt aber auch andere Leben, die die vielleicht zunächst gar nicht im Blick hatte.
Das alles wird von Matt Haig ziemlich unaufgeregt erzählt und begleitet mit so einigen philosophischen aber auch naturwissenschaftlichen Exkursen. Dabei geht es aber immer um Nora und die Erkenntnisse, die sie aus der jeweiligen Situation zieht. Vor allem, je öfter sie merkt, wie eine bestimmte Entscheidung ganz unterschiedliche Folgereaktionen nach sich zieht. Trotz des Themas, gleitet die Geschichte nie ins kitschige ab und es macht großen Spaß Nora in allen von ihr gewählten Leben zu begleiten.

Fazit:
Ein zutiefst philosophischer Roman, ohne aber zu moralisierend zu sein. Eine fantastische Geschichte, die auch einem selber die Augen für den Moment öffnet.
Wer sagt, dass es meinem anderen ich, in einem anderen Leben soviel besser geht. Vielleicht lebe ich schon das beste aller Leben, das einzige was nötig ist, ist Dich jeden Tag, mit jeder Entscheidung darüber bewusst zu werden.

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