Profilbild von TochterAlice

TochterAlice

Lesejury Star
offline

TochterAlice ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit TochterAlice über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.05.2018

Geheimnisvolles Damals

So bitter die Rache
0



Nicht nur eine neue Liebe ist wie ein neues Leben, sondern oftmals auch ein neues Domizil - so denkt auch Ellen Holst, die sich gerade von ihrem Ehemann, der als Diplomat ein rastloses Leben führt und ...



Nicht nur eine neue Liebe ist wie ein neues Leben, sondern oftmals auch ein neues Domizil - so denkt auch Ellen Holst, die sich gerade von ihrem Ehemann, der als Diplomat ein rastloses Leben führt und durch die Welt jettet, getrennt hat. Nun will sie mit ihrem Sohn Tristan ein geruhsameres und entspanntes Leben an der Ostsee, in Heiligendamm nämlich, starten. Das Haus in der schicken Siedlung Vineta ist komfortabel und gut gelegen, so dass dem Vorsatz eigentlich nichts im Wege steht. Doch bald werden sie von den Geistern der Vergangenheit eingeholt.


Vor sechs Jahren nämlich - wir schreiben das Jahr 2016 - hat es in ebendieser beschaulichen Siedlung einen furchtbaren Mord gegeben - nein, nicht nur einen, es waren gleich drei. Doch Ellen kann fragen, soviel sie will - ihr gegenüber will niemand so richt mit der Sprache rausrücken. Nur soviel erfährt sie, dass es etwas mit dem Haus zu tun hat, in dem sie jetzt mit Tristan lebt. Und alsbald geschehen merkwürdige Dinge: Tristans brandneues Surfbrett verschwindet, und es scheint so, als würde sich jemand in ihrem Haus rumtreiben - nachts oder wenn sie nicht da ist. Obwohl das alles ziemlich gruselig ist, will Ellen Klarheit über die Vorgänge haben und lässt nicht locker. Wird sie es ohne größere Verluste schaffen, Klarheit in die ebenso geheimnisvolle wie grausige Vergangenheit ihres neuen Zuhauses zu bringen?


Mir hat an dem Krimi besonders gut die ungewöhnliche Geschichte gefallen - so etwas gab es wirklich noch nie, auch der Leser konnte sich zunächst überhaupt keinen Reim auf das Geschehene machen, da er quasi mit dem selben Vorwissen startete wie Ellen auch und fiel in vollkommen unvertrautes Terrain, musste - auch mit viel Krimi-Erfahrung - ganz von vorne beginnen. Die ungewöhnlichen Charaktere sind fein gezeichnet, eine absolute Stärke des Autors Eric Berg, die mir schon aus seinen Vorgänger-Krimis "Das Schattengrab" und "Das Küstengrab" vertraut ist und die ich sehr schätze. Zudem eröffnet sich dem Leser die vom Autor liebevoll gezeichnete Ostseeküste und wärmt trotz der unheimlichen Ereignisse das Herz - so sehr, dass ich am liebsten gleich meine Koffer gepackt hätte!


Ein Krimi, den ich mit Genuss gelesen habe - der Autor hat es gleich mehrfach geschafft, mich auf den Holzweg zu führen. Hinter einigen der zunächst glatten Fassaden der Figuren tun sich wahre Abgründe auf, andere outen sich langsam, aber sicher als gar nicht so schlimm wie gedacht. Ein Autor, der zu überraschen vermag, in jeder Hinsicht. Wer gern Spannendes liest, wird auch dieses Buch gern in seinen Urlaubskoffer packen, wenn es im Sommer an die Ostsee oder auch zu einem anderen Urlaubsziel geht - wenn er es überhaupt so lange aushält!

Veröffentlicht am 29.04.2018

Klufti im pinkfarbenen Smart

Kluftinger
0

Kann sein, aber in vorliegendem Band - dem mittlerweile zehnten in fünfzehn Jahren - geht es in vielerlei Hinsicht rund - und bunt zu!

Denn Klufti ist nicht nur Opa geworden und muss seinen Kosenamen ...

Kann sein, aber in vorliegendem Band - dem mittlerweile zehnten in fünfzehn Jahren - geht es in vielerlei Hinsicht rund - und bunt zu!

Denn Klufti ist nicht nur Opa geworden und muss seinen Kosenamen "Butzele" - so wurde er bislang von Gattin Erika genannt - ans Neugeborene abtreten, zumindest weitgehend. Ebenso wie er seine Familienkarre auf Drängen von Erika und Sohn Markus an diesen abgeben muss - im Tausch mit deren pinkfarbenen Smart. Ob er das Smart-Fahren auf Dauer durchhält?

Aber das ist nichts im Vergleich zum schockierenden Vorfall, der sich an Allerheiligen auf dem Friedhof ereignet: Klufti - und nicht nur er - entdeckt ein frisches Grab, auf dem ein Holzkreuz tront. Mit seinem Namen und Geburtsjahr! Das sieht nach einer Drohung aus, einer Bedrohung für Leib und Leben des Kommissars und dieser Eindruck verdichtet sich, als weitere folgen. Zudem hält ein weiterer Vorfall das Team auf Trab.

Tipps für die folgenden Ermittlungen ergeben sich zuhauf - unter anderem führt es Klufti - dessen Vorname in diesem 10. Band endlich verraten wird - und seinen Kollegen ins Franz-Marc-Museum nach Kochel am See. Die größte Quelle für die Allgäuer Spürnasen ist jedoch Kluftis eigenes Leben.

Und da hat sich das Autorengespann Klüpfel/Kobr zum Jubiläum etwas Besonderes einfallen lassen: nämlich Rückblicke in Kluftis Jugend in den 1970ern. Außerdem gibt es ein Treffen mit Kommissar Jennerwein, den man ja eigentlich aus den Krimis von Jörg Maurer kennt - ja, zum doppelten Jubiläum haben die Autoren so einiges aufgefahren.

Ein wahres Fest also für alle Klufti-Fans, wobei für mich die Nummer Eins unter den Kommissaren im Süden der Eberhofer Franz ist und bleibt. Dieser Vergleich ist allerdings ein wenig unfair ist, geht es doch bei dessen Autorin Rita Falk durchgehend humorvoll zu, wohingegen sich bei den Allgäuer Klufti-Autoren Spannung und Spaß die Waage halten. Gerade auch im vorliegenden Band.

Und diesmal ist dem Autorenduo ein besonders spritziger Klufti gelungen, bei dem der Leser tief in das Wesen des gemütlichen Kommissars eintauchen kann und erfährt, dass nicht alles immer so war, wie es jetzt ist. Definitiv ein absolutes Highlight dieser Reihe!

Veröffentlicht am 23.04.2018

Mit der Großmutter in ihre Heimat

Letzte Fahrt nach Königsberg
0

Mit der Großmutter in ihre Heimat, nämlich nach Königsberg, Ostpreußen, begibt sich Ulrich Trebbin, der ihr und damit seiner Familie ein literarisches Denkmal setzt. Erzählt er doch die Geschichte von ...

Mit der Großmutter in ihre Heimat, nämlich nach Königsberg, Ostpreußen, begibt sich Ulrich Trebbin, der ihr und damit seiner Familie ein literarisches Denkmal setzt. Erzählt er doch die Geschichte von Oma Ella in den Jahren 1932 bis 1948 in Romanform und gewährt damit seinen Lesern das Erleben des Lebensbildes einer ostpreußischen Frau des 20. Jahrhunderts, wie es individueller nicht sein kann. Und doch steht es für viele Frauenbiographien dieser Zeit: es waren Frauen, die - in den meisten Fällen gänzlich unvorbereitet - die Geschicke der ganzen Familie in ihre Hand nehmen und über Gedeih und Verderb ganzer Sippen entscheiden mussten. Sonst war ja niemand da.

Der Autor zeichnet ein sehr eindringliches und farbiges Bild von der Stadt und ihrer Umgebung in der Zwischenkriegszeit - was für ein wundervoller Ort muss es gewesen sein, eine Metropole mit lebendiger Bildungs-, Wissenschafts- und Kulturlandschaft und nicht zuletzt - wie es sich für eine Hansestadt nahe der Ostsee gehört - prosperierendem Handel. Auch Ellas Vater - der Urgroßvater des Autors also - war in dieser Branche tätig und betrieb einen Weinhandel. Der Leser lernt zunächst die prächtige Stadt und ihre sehenswerte Umgebung mit weitläufigen Stränden und nicht zuletzt dem Kurischen Haff, einer geologischen Besonderheit, kennen und beneidet Ella um ihre sorglose Jugend dort. Doch leider währt diese nicht lange, wir finden die Familie durch den Tod des Vaters und nicht zuletzt durch die veränderte politische Situation gewissermaßen in Auflösung vor.

Ella zumindest steht vor dem Nichts - sie kann nicht wie erhofft das Gymnasium beenden und ein Studium beginnen, sondern muss so schnell wie möglich eine Stelle finden, um ihren Beitrag zum Familieneinkommen zu leisten. Dann folgt der Krieg, die Heirat mit einem Mann, der von Beginn an zweite Wahl war und die Flucht mit inzwischen zwei Kindern zur Schwester nach Potsdam. Doch Ella, immer schon verwegen, kehrt noch einmal zurück und zwar ausgerechnet im Februar 1945, wo ihr die Flüchtlingstrecks schon entgegenkommen. Eine Rückkehr für eine kurze Zeit, um Proviant zu holen zum Überleben - rund um Berlin geht das Essen aus.

Ulrich Trebbin hat diesen Roman auf der Grundlage seiner Familiengeschichte mit viel Herz und Empathie geschrieben - sowohl für seine Großmutter, aus deren Sicht er einfühlsam und durchaus realistisch den Wandel der Zeiten darstellt als auch für die Gegend, aus der sie kommt, für Ostpreußen. Mich hat die sehr warmherzige Darstellung Ostpreußens/ Königsbergs sehr berührt, es kommt wirklich wie Heimat rüber. Und zwar nicht die Trauer um den Verlust, sondern Heimatgefühle, die in Form von bestimmten Worten, Kulturgütern und Speisen, um nur ein paar Beispiele zu nennen, Wärme vermitteln. Ulrich Trebbin schreibt lebhaft und realistisch, gefühlvoll aber keineswegs überzogen.

Eine warmherzige Geschichte, mit der er nicht nur seine eigene Familie beschenkt, sondern auch seine Leser und Leserinnen. Ich empfehle das Buch jedem, der gerne Romane über deutsche Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts liest. Ich bin sicher, es wird keine Enttäuschung geben!

Veröffentlicht am 18.04.2018

Luder unterschiedlichster Couleur

Luderplatz
0

Luder unterschiedlichster Couleur tummeln sich im "Luderplatz" - Sie haben richtig gelesen, im und nicht am besagten Platz, denn hier handelt es sich um den Titel des neuen Krimis von Katrin Jäger, des ...

Luder unterschiedlichster Couleur tummeln sich im "Luderplatz" - Sie haben richtig gelesen, im und nicht am besagten Platz, denn hier handelt es sich um den Titel des neuen Krimis von Katrin Jäger, des zweiten Bandes um die Protagonistin Viktoria Latell. Und es geht rund: sowohl ihre große neue Liebe Kai als auch Fotograf Mario, ihr langjähriger Begleiter in allen - zumeist, aber nicht ausschließlich, beruflichen- Lebenslagen wie auch etliche andere Protagonisten scheinen sich als Luder zu entpuppen, nicht zuletzt die verschollene Blondine Nana - selbst Viktoria wird zum Luder, wenn es vonnöten ist - vor allem, um an eine gute Story zu kommen: und diese weist, wie bereits in "Schützenkönig", Viktorias erstem "Fall", ins Münsterland. Hier geht es nicht nur darum, Nana zu finden, sondern auch um das Aufdecken von Geheimnissen rund um das Berliner Promipärchen Rudolfo und Rita Rose - alles für einen tollen Zeitungsartikel, versteht sich!

Sie sehen schon, "Luderplatz" ist kein Ort für Langeweile, aber hier finden sich durchaus nicht nur die bereits erwähnten schrägen, sondern auch eher ruhige (Krimi)Töne - beispielsweise, wenn es um den seit fünf Jahren in Berlin vermissten Jungen Florian geht, einem Fall, den Viktoria von Beginn an verfolgt und der ihr sehr zu Herzen geht.

Das alles wirkt wirr, ist es aber nicht, denn Katrin Jäger schreibt einfach toll: packend, witzig und unterhaltsam - mit dem ein oder anderen ernsten Unterton... und so entwirrt sie alle von ihr angelegten Stränge aufs Trefflichste. Es macht einfach Spass, diesen Krimi zu lesen und es wird deutlich, dass Krimis mit einer heiteren Note nicht unbedingt seicht sein müssen. Dieser ist es jedenfalls nicht, sondern garantiert besten Lesegenuss - für Krimifans, die bspw. die Reihe der Bochumer Autorinnen Minck& Minck um Maggie Abendroth schätzen, sehr zu empfehlen!

Veröffentlicht am 18.04.2018

Schwester Leichtfuß

Mein Leben in Seife
0

ist ein gebührender Titel nicht für die Protagonistin dieses Romans, die verträumte Geschichtsstudentin und Spätzünderin Louise, sondern vielmehr für dessen Autor Kira Licht, also für eine Person aus Fleisch ...

ist ein gebührender Titel nicht für die Protagonistin dieses Romans, die verträumte Geschichtsstudentin und Spätzünderin Louise, sondern vielmehr für dessen Autor Kira Licht, also für eine Person aus Fleisch und Blut!

Beschwingt und leichtfüßig im besten Sinne kommt dieser Roman daher - propagiert als heiße Erotik-Schwarte beinhaltet er doch viel mehr - vor allem Humor und diese ganz spezifiesche Ruhrgebiiets-Stimmung, die aus meiner Sicht vor allem auf Bochum, den Handlungort dieser saftigen Schwarte - auch dieses wiederum nur in bestem Sinne gemeint - gemünzt ist.

Der versprochene bzw. in allen Beschreibungen des Romans angekündigte Sex spielt durchaus eine prominente Rolle - wieder und wieder stehen entsprechende Szenen im Fokus - doch knockt sich die Autorin durch das - nicht zu knappe - Eindringen von Humor und des atmospärischen Erzählens - selbst um die Etikette der Erotikschriftstellerin.

Mir persönlich ist das sehr recht - Sex und Erotik in einem Roman ist für mich bestenfalls schmückendes Beiwerk.Erotikroman ist nur eine Schublade, in den man diesen Roman stecken kann, was mich noch viel, viel mehr gefesselt hat, war - wie bereits erwähnt - der originelle und immer sehr passend eingesetzte Humor. Auch gut gefallen hat mir die Sprache - von Modewörtern wurde (außer im Zusammenhang mit Isabelle(einer der prominenten Nebendarstellerinnen) und Mode, wo es auch passte, Abstand genommen, so dass das Buch offen für jede Genration ist!
Und auch die Moral kam nicht zu kurz - natürlich ganz ohne erhobenen Zeigefinger, aber die Bedeutung von wahrer Freundschaft hat aus meiner Sicht in diesem Roman über Mitbewohnerinnen, aus denen Freundinnen werden, schon eine zentrale Rolle gespielt, also hat man auch was fürs Leben davon! Ein Roman, der unterhaltsam, aber überhaupt nicht oberflächlich daherkommt und dadurch ein bisschen Sonne, Leben und Leichtigkeit in die deutsche Unterhaltungsliteratur bringt! Kira Licht führt sich damit im besten Sinne als Schwester Leichtfuss unter den Autorinnen deutscher Unterhaltungsliteratur ein - wollen wir hoffen, dass sie diesem Genre noch ganz, ganz lange erhalten bleibt!