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Veröffentlicht am 30.10.2022

Die spannendsten Geschichten, die schreibt das Leben selbst

Agent Sonja
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So hatte ich es mir erhofft, fasziniert von Ursula Kuczynski, später Ursula Hamburger, Codename Agent Sonja, noch später, als DDR-Bürgerin Ruth Werner. Eine Frau, die ihrer Zeit - jeder Zeit ...

So hatte ich es mir erhofft, fasziniert von Ursula Kuczynski, später Ursula Hamburger, Codename Agent Sonja, noch später, als DDR-Bürgerin Ruth Werner. Eine Frau, die ihrer Zeit - jeder Zeit - weit voraus war und auch ihrem eigenen Mann wie auch wechselnden Liebhabern mit wehenden Fahnen davon lief.

Meine Eltern sind im Krieg aus zwei verschiedenen Ländern des Baltikums geflohen - anders als die hier beschriebene Agentin aus der Sowjetunion, die für sie und ihre Eltern Gefahr und Einschränkung bedeutete.

Nicht so für Ursula Kuczynski, die sich dem Sowjetregime bereits in jungen Jahren als Spionin andiente - als Jüdin, der Bedrohung von seiten der in Deutschland an die Macht gelangten Nationalsozialisten drohte, ist dies nachzuvollziehen. Allerdings war es bei ihr mehr die Abenteuerlust, die sie in die Arme Stalins und seiner Gefolgsleute trieb.

Ein überaus abenteuerliches Leben ist dies. Meiner Ansicht nach hätte der Autor Ben Macintyre noch einiges mehr daraus machen können, bleibt bei ihm doch das eigentliche Wesen seiner Protagonistin wie auch weiterer Akteure im Hintergrund. Es werden einfach nur die Abläufe aneinandergereiht und beschrieben, welches Feuer sie eigentlich nährt, bleibt unerwähnt.

Ich wusste bisher nichts von dieser unkonventionellen, vielschichtigen Frau, kannte einige - eher wenige - ihrer Weggefährten und habe mit großem Gewinn einen neuen überaus individuellen Lebenslauf einer tapferen und mutigen, vor allem aber eigenwilligen Frau kennengelernt. Auf jeden Fall ein Gewinn!

Veröffentlicht am 30.10.2022

Schüler, Umweltschützer und Beute

Die Spur der Luchse
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Das alles tummelt bzw. befindet sich im beschaulichen smaländischen Wald - man mag es kaum glauben. Ich liebe Internatkrimis und so war ich entzückt, dass eines meiner schwedischen Lieblingsteams, nämlich ...

Das alles tummelt bzw. befindet sich im beschaulichen smaländischen Wald - man mag es kaum glauben. Ich liebe Internatkrimis und so war ich entzückt, dass eines meiner schwedischen Lieblingsteams, nämlich das um Ingrid Nyström und Stina Forss, sich mit einem entsprechenden Fall beschäftigen muss. Unter anderem, muss man sagen. Denn eigentlich geht um militante Naturproteste und einiges mehr, in dessen Rahmen es auch Stina, inzwischen in Stockholm ansässig, wieder an die alte Wirkungsstätte verschlägt.

Mitten rein in diese actionreichen Geschehnisse im stillen schwedischen Wald meldet eine schockierte Lehrerin vier Schüler und ihren Kollegen vermisst. Bald findet sich ein einziges Mädchen aus der Vermisstenschar, vollkommen traumatisiert.

Ich liebe diese Reihe, aber ich muss sagen, mir war ganz klar zu viel los in dem Krimi. Zu viele parallele Ereignisse, die nur mittelbar miteinander zu tun hatten und mich mehr und mehr verwirrten. Dann kam noch mehr Verwirrendes innerhalb der einzelnen Erzählstränge hinzu und ich war komplett durcheinander. Natürlich war vieles wieder originell, fast schon zu sehr, und ich habe mich riesig über ein Wiedersehen mit den Protagonisten gefreut. Aber ich muss sagen, ich hoffe sehr, dass es im nächsten Fall wieder deutlich gemütlicher zugeht.

Allzuviel ist ungesund - nicht nur, was Verbrechen angeht. Genauso ist es, wenn Autoren ihre Werke überfrachten!

Veröffentlicht am 30.10.2022

Eine Familie im Wandel der Zeiten

Der Pfirsichgarten
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Meilin kommt aus einer guter Familie von Antiquitätenhändlern und hat aus Liebe geheiratet. Leider kehrt ihr Mann, mit dem ihr eine wundervolle Zukunft bevorstand, nicht aus dem Krieg zurück, sie musste ...

Meilin kommt aus einer guter Familie von Antiquitätenhändlern und hat aus Liebe geheiratet. Leider kehrt ihr Mann, mit dem ihr eine wundervolle Zukunft bevorstand, nicht aus dem Krieg zurück, sie musste mit Renshu, dem vierjährigen Sohn fliehen.

Zusammen mit der Familie ihres älteren Schwagers Longwei, dessen Frau sie sie stets spüren lässt, dass sie unwillkommen ist, beginnen sie ein neues Leben.

Meilin muss oft ihren Stolz hinter sich lassen, um ihren Sohn über die Runden zu bringen und ihm später sogar ein Studium zu finanzieren. Da sind sie allerdings längst in Taiwan gelandet und schlagen sich meist ohne Longwei und die Seinen durch.

Ein Roman, in dem die Perspektiven wechseln: ist es über die die meiste Zeit Meilins Perspektive, aus der erzählt wird, wechelt sie später auf Renshu, der in die Vereinigten Staaten zum Studium geht und dort zu Henry wird und danach auf dessen Tochter Lily aus seiner Ehe mit der Amerikanerin Rachel. Lily wächst als Amerikanerin mit wenigen Informationen über China auf und sieht ihre Großmutter Meilin nur einmal bei deren Besuch in den Staaten.

Ein Roman, der die starke Zerrissenheit vor allem der mittleren Generation, also von Renshu/Henry verdeutlicht; der zweisprachige Name steht quasi als Sinnbild darüber.

Wie sehr mich der Roman durch die einfühlsame Schilderung seiner Charaktere auch begeistern konnte, für mich blieben die Darstellungen seltsam emotionslos. Oftmals hatte ich das Gefühl als wüsste die Autorin selbst nicht richtig über die Geschichte ihres Vaterlandes, die immer wieder ansgesprochen wird, Bescheid. Das hat mich jedenfalls in höchstem Maße irritiert und meine Begeisterung ein wenig geschmälert.

Veröffentlicht am 21.10.2022

Wo komme ich eigentlich her?

Élises Geheimnis
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Das fragt sich die junge Josephine nicht erst im Jahr 1962, doch nun ist sie in den letzten Zügen mit ihrem Abitur und bevor sie hinaus in die Welt zieht, will sie doch genau erfahren, was sie ausmacht.

Ihre ...

Das fragt sich die junge Josephine nicht erst im Jahr 1962, doch nun ist sie in den letzten Zügen mit ihrem Abitur und bevor sie hinaus in die Welt zieht, will sie doch genau erfahren, was sie ausmacht.

Ihre Mutter Élise hat ihr sehr, sehr wenig erzählt und außerdem ist sie immer die ganze Woche unterwegs, Josephine und die gemeinsame Freundin der Familie sind dann auf sich gestellt.

Aber es gibt ja noch Isabel, die deutlich jüngere Schwester der Mutter in Paris. Dort fährt Josephine für ein paar Tage hin und findet Isabel durchaus erzählfreudig vor.

Was sie dann erfährt - das darf ja wohl nicht wahr sein! Eine Geschichte über die Zeit der Deutschen Besatzung von Vichy-Frankreich, die in Paris besonders rigide gehandhabt wurde, mittendrin Élise und irgendso ein Mann - also wirklich!

Josephine beginnt selbst nachzuforschen und landet in England - zunächst zwar nur mit dem Finger auf der Landkarte, doch das ändert sie so schnell wie möglich!

Ein wundervoller, allerdings sehr trauriger historischer Roman über Frankreich im Zweiten Weltkrieg und danach.

Wer alles wissen will und sich nicht scheut vor heftigen Inhalten, der ist hier an der richtigen Adresse. Denn Autorin Ruth Druart lässt nichts aus - aber das tut sie auf eine so gleichermaßen offene wie warmherzige Art und Weise, das ich das Buch nicht aus der Hand legen konnte!

  • Einzelne Kategorien
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  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Atmosphäre
  • Cover
Veröffentlicht am 17.10.2022

Alles neu für und mit Hanna!

Kalt und still
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Wer nicht abwarten kann und einfach erfahren möchte, ob es sich lohnt, Hanna Ahlander, die als absoluter Pechvogel in die mit diesem Band startende Serie eingeführt wird, kennenzulernen, dem ...

Wer nicht abwarten kann und einfach erfahren möchte, ob es sich lohnt, Hanna Ahlander, die als absoluter Pechvogel in die mit diesem Band startende Serie eingeführt wird, kennenzulernen, dem kann ich sagen: Unbedingt!

Denn Hanna selbst ist eine überaus vielschichtige Person, die wesentlich mehr ist, als sie zu sein scheint. Das erkennt man schon im Laufe dieses ihres ersten Falles, aber ich bin sicher, dass auch in den nächsten Bänden noch einige Überraschungen, was ihre Person angeht, auf uns Leser*innen zukommen.

Gleich zu Beginn wird Hanna nämlich von ihrem bisherigen Chef in Stockholm gefeuert und der Grund ist ein unglaublicher: sie nämlich ist drauf und dran, einen Kollegen am Totschlag oder gar Mord an seiner Frau zu überführen, ihr Vorgesetzter möchte dies - man will es ja nicht glauben - vertuschen.

Richtig rausschmeißen kann er sie nicht, aber sie soll bloß nicht wagen, noch mal am Arbeitsplatz aufzutauchen. Und dann wartet der nächste Schlag auf sie: auch zu Hause wird sie rausgeschmissen, ihr Freund hat nämlich eine Neue! Und ihm gehört die Wohnung, so dass sie sich mal schön verdünnisieren soll!

Gut, dass es die große Schwester Lydia gibt, die immer eine Lösung in petto hat. Die führt Hanna nach Are, einen beliebten schwedischen Wintersportort in die Luxusherberge von Lydias Familie.

Und zu einem Vermisstenfall - es geht um die Abiturientin Amanda, 18 Jahre alt, die nach einer Feier nicht nach Hause kommt und nirgendwo aufzufinden ist.

Viveca Sten schreibt wie gewohnt so fesselnd und mitreißend, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte und die gut 500 Seiten in zwei Tagen durch hatte. Ich habe mich durch den Fall gefressen, muss ich sagen. Denn nicht nur der Stil der Autorin vermag zu begeistern, nein, mehr noch ist es der Inhalt. Diesmal führt er uns inmitten des größten Luxus zu den Bedürftigsten der schwedischen Gesellschaft.

Auch wenn es sehr gut ausgedacht ist - nein, gerade deswegen hätte es gerade so passieren können! Sten hält geschickt die Balance zwischen Zufällen und wahren Ereignissen bzw. den Entwickungen der letzten Jahre.

Zudem hat die Auflösung mich ganz schön überrascht. So machen Krimis Spaß. Andererseits - wenn alle so toll schreiben würden wie Viveca Sten, dann wüsste man ja gar nicht wie gut man es hat als lesender Mensch! Ein Hoch auf diese wundervolle Autorin, auf dass sie uns bald den nächsten Band zukommen lasse!