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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.08.2022

Die Dynamik eines Hauses

Tür an Tür
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Kurt zieht als zahlender Mieter in die Genossenschaftswohnung seiner Tante in Wien und lernt das Haus und seine Nachbarn näher kennen. Zunächst muss er sich auf die Geräusche seines direkten Nachbarn einlassen ...

Kurt zieht als zahlender Mieter in die Genossenschaftswohnung seiner Tante in Wien und lernt das Haus und seine Nachbarn näher kennen. Zunächst muss er sich auf die Geräusche seines direkten Nachbarn einlassen - gar nicht so einfach. Auch das mit den Nachbarn drumherum ist gar nicht so einfach - Distanz oder Nähe? Was passt?

Mit Paul Drechsler, dem, der direkt nebenan lebt, ergibt sich dann rasch ein Miteinander, das eine recht gelungene Balance darstellt - auch wenn Kurt dessen Geschichten und die seiner Tante, die sich einerseits ähneln, andererseits aber auch vollkommen voneinander unterscheiden, erst mal einordnen muss.

Als sein langjähriger Freund Frederik, ein Arzt mit Liebeskummer, zu ihm zieht, entwickelt sich gewissermaßen ein neuer Sound - bzw. kommen weitere Töne hinzu, ebenso, als es einen von Kurts Schülern zu ihnen verschlägt.

Ja, es sind all diese Menschen, die diesen Sound bewirken, es ist aber auch das Haus selbst - alles zusammen ergibt eine besondere Dynamik. Nur ist leider die Handlung, die das alles trägt, für mich nicht ganz schlüssig, auch wenn mir der Stil und auch die Liebe des Autors zu gewissen Details durchaus zusagen.

Veröffentlicht am 13.08.2022

Die Mutter der Pelztasse

Mademoiselle Oppenheim – Sie liebte das Leben und erfand die moderne Kunst
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Meret Oppenheim - diese Künstlerin habe ich mir schon früh gemerkt, weil ihr Vorname dem meiner Schwester sehr ähnlich ist. Bald schob sich davor ein anderes, deutlich greifbareres Bild: die von ihr im ...

Meret Oppenheim - diese Künstlerin habe ich mir schon früh gemerkt, weil ihr Vorname dem meiner Schwester sehr ähnlich ist. Bald schob sich davor ein anderes, deutlich greifbareres Bild: die von ihr im Jahre 1936 gefertigte Pelztasse, ein überaus originelles Kunstwerk!

Hier im Roman erfährt man, dass die Künstlerin das Werk direkt auf dessen erster Ausstellung an den MoMa-Direktor, der aus New York zu Besuch war, verkauft hat - für 1000 Dollar! Für uns aus heutiger Sicht ist das ein Klacks, für Meret Oppenheim war es damals ein ganz schön dicker Batzen!

Ein Mädchen aus sogenanntem guten Hause tief in Deutschlands Südwesten war sie, eines, das rebellierte und darin von ihrer Schweizer Großmutter, die sich ebenfalls künstlerisch betätigte, vorbehaltlos unterstützt wurde. Und die in schwierigen Zeiten lebte, was hier nur angerissen, als ihre Eltern - der Vater ist Jude - zur Großmutter umziehen müssen.

Wie auch immer, in Paris frönt sie dem lässigen Leben und hat Liebschaften mit Max Ernst (ist belegt) und Marcel Duchamp (das wiederum weiß man nicht so genau) und hält sich mehr im Café de Flore als in ihrem Atelier auf. Ein durchaus süffig zu lesender Roman, der dennoch ziemlich an der Oberfläche bleibt und nur selten mal ein wenig tiefer greift. Ich empfand ihn als unterhaltsam, doch wird er keinen bleibenden Eindruck auf mich hinterlassen.

Veröffentlicht am 08.08.2022

Zwei sind einer zu viel

Die versteckte Apotheke
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Damit meine ich die beiden Erzählstränge: denjenigen um die Amerikanerin Caroline, der in der Gegenwart spielt und den um die Apothekerin Nella und die junge Magd Eliza um 1790.

Beide handeln ...

Damit meine ich die beiden Erzählstränge: denjenigen um die Amerikanerin Caroline, der in der Gegenwart spielt und den um die Apothekerin Nella und die junge Magd Eliza um 1790.

Beide handeln von starken Frauen (und Mädchen) mit Pfiff: solchen, die bereit sind, sich Konfronationen zu stellen. Und die helfen wollen: am liebsten anderen Frauen.

Doch aus meiner Sicht bleibt die Handlung in der Gegenwart relativ dünn: nachdem Caroline kurz vor dem zehnten Hochzeitstag entdeckt, dass ihr Mann sie betrügt und beileibe nicht und beileibe nicht nur mit einem One-Night-Stand, sich Hals über Kopf nach London begibt, wohin sie eigentlich mit ihrem Mann hätte reisen sollen.

Dort stößt sie auf die Spuren einer alten Apotheke, in der nicht nur gesundheitsfördernde Mittel vertrieben werden. Ein kleines Fläschchen ist es, das den Anstoß gibt und bald hat Caroline Feuer gefangen - und lernt über das spannende Thema gleich eine neue Freundin kennen.

Auf der anderen Seite versucht sie, sich ihres Gatten zu erwehren, der ihr ohne Absprache nachgereist ist!

Veröffentlicht am 08.08.2022

Eine schmerzhafte Lektüre

Lügen über meine Mutter
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Eine Mutter, die zu dick ist - findet der dazu gehörende Vater, der so unverschämt ist, ihr das ständig aufs Butterbrot zu schmieren - als wäre es das Einzige, das sie ausmacht. Davon ist auch ...

Eine Mutter, die zu dick ist - findet der dazu gehörende Vater, der so unverschämt ist, ihr das ständig aufs Butterbrot zu schmieren - als wäre es das Einzige, das sie ausmacht. Davon ist auch Elas Kindheit getragen, obwohl sie sehr gut mitbekommt, dass ihre Mutter auch für ganz andere Werte steht. Vor allem für die Fürsorge - für das ungeliebte Kind von Verwandten, für die eigene Mutter, vor allem jedoch für die eigenen Kinder.

Wider Erwarten bin ich sehr schwer in den Roman hineingekommen, dann jedoch ging es mit einer unerwarteten Leichtigkeit weiter. Einer Leichtigkeit, die überhaupt nicht von Vergnügen, sondern vielmehr von Abscheu gegen der Vater, eine Art männliche Pippi Langstrumpf, die sich die Welt malt, wie sie ihm gefällt (mit gaaaanz viel Egoismus dabei) getragen war.

Offensichtlich ist dies auch überhaupt kein Roman, sondern vielmehr eine Art Psychogramm, in dem die Autorin mit ihrer Kindheit abrechnet, mit ihren Empfindungen dazu - ob wahr oder unwahr, das spielt zunächst einmal keine Rolle, sondern es ist vielmehr wichtig für ihr eigenes Überleben, für das Weiterleben.

Wobei auch die Mutter sich die Welt malt, wie sie ihr gefällt: das findet jedoch komplett ohne Leichtigkeit, dafür mit viel Empathie und Nähe zu den Mitmenschen - sogar zu denen, mit denen sie es nicht so hat, statt. Das Wichtigste für sie ist jedoch die Nähe, die Treue zu ihren Töchtern, die sie - wie sie selbst sagt - niemals verlassen wird.

Ein Buch, das ich mit einer gewissen Faszination, jedoch auch mit Abscheu las - wie kann man sich einem Menschen gegenüber so verhalten, wie es der Vater der Mutter gegenüber tut. Und vor allem - wie kann man das verkraften. Einige der Antworten dazu finden sich hier in diesem Buch.

Überlegen Sie sich gut, ob sie stark genug dafür sind!

Veröffentlicht am 05.08.2022

Ein ganz besonderer Road-Roman

Für immer, oder was?
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Denn Blumenhändlerin Laura sucht nach ihrer Vergangenheit. Endlich soll es klappen mit dem Mann fürs Leben. Dafür entwickelt sie - with a little help of her friends - ihre ganz besondere Methode: sie fährt ...

Denn Blumenhändlerin Laura sucht nach ihrer Vergangenheit. Endlich soll es klappen mit dem Mann fürs Leben. Dafür entwickelt sie - with a little help of her friends - ihre ganz besondere Methode: sie fährt mit dem Motoroller geradewegs in ihre Vergangenheit und sucht ihre Exfreunde auf. Die sollen sie darauf bringen, woran es ihr hapert. Richtig, sie hofft, so zu erfahren, warum es mit dem Mann fürs Leben noch nicht geklappt hat.

Ich konnte das ja überhaupt nicht nachvollziehen, will ich doch meine Vergangenheit zumindest in der Hinsicht keineswegs noch einmal aufleben lassen. Meine Ehemaligen würde ich nicht einmal von hinten wiedersehen wollen! Und auch Laura hat ein ziemlich mulmiges Gefühl. Zumal während ihrer Reise ein ganz bestimmter Gedanke in ihrem Kopf immer dominanter wird - und gerade diesen hätte sie vorher nicht einmal im Traum in Erwägung gezogen.

Entschuldigung, das war gelogen: im Traum schon, aber sie hat es diesem bisher nicht erlaubt, konkrete Gestalt anzunehmen.

Ein warmherziger Roman über Träume, Schäume und die wahre Liebe. Autorin Ellen Berg schreibt wie immer mit viel Herzenswärme und mit noch mehr orginellen Ideen. Einmal mehr bringt sie mich gedanklich zurück in Zeiten, hinter die ich längst schon einen Haken gesetzt habe. Glücklicherweise, wie ich mir wieder und wieder bestätigen kann! Und natürlich gibt es ein paar Überraschungen, sonst wäre dies kein "echter" Ellen Berg.

Was braucht es für die große Liebe - vor allem in Laura selbst? Ein überaus vergnüglicher Roman über Blumenhändlerin und Genießerin Lena, die sich mutig ihrer Vergangenheit stellt!