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Veröffentlicht am 10.05.2020

Das ist die Kölner Luft - mit Parfum-Duft!

Die Lilienbraut
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Schon die Ansiedlung des neuen Romans von Teresa Simon machte mich neugierig - nirgendwo anders als in meiner Heimatstadt Köln spielt die Geschichte der Lilienbraut und das in einer sehr unbarmherzigen ...

Schon die Ansiedlung des neuen Romans von Teresa Simon machte mich neugierig - nirgendwo anders als in meiner Heimatstadt Köln spielt die Geschichte der Lilienbraut und das in einer sehr unbarmherzigen Zeit, nämlich während des Zweiten Weltkriegs. Wobei es wie immer bei dieser Autorin auch einen Erzählstrang gibt, der in der Gegenwart stattfindet.

Hier treffen wir die Niederländerin Liv, die mit ihrem kleinen Söhnchen frisch nach Köln gezogen ist und im Stadtteil Ehrenfeld einen Parfumladen eröffnet hat. Rasch lernt sie ihre Umgebung kennen und freut sich, dass viele Kölner ihr offen und ausgesprochen hilfsbereit begegnen. Aber längst nicht alle! Bald schon muss sie einen ganz besonders fiesen und heimtückischen Angriff auf ihren Laden hinnehmen und alles deutet mehr und mehr auf eine Verbindung in die Vergangenheit. Denn warum hat Livs kürzlich verstorbene Tante, der sie den Geldsegen für die Gründung des Ladens verdankt, wohl darauf bestanden, dass Liv diesen in Köln einrichtet?

Schauen wir zurück in die Vergangenheit, landen wir in einer für Köln ganz besonders schweren Zeit, war es doch die Stadt, die von allen in Deutschland am häufigsten bombardiert wurde und zwar in allen Phasen des Krieges. Nellie Voss lebt mit Mutter und Bruder in Ehrenfeld und hat eine Anstellung in der rennomierten Parfumerie 4711 ergattert. Ihre Mutter betreibt eine kleine Kneipe, in der sie abends hilft. Wie so viele Kölner sind die Vossens fromme Katholiken und besuchen regelmäßig den Gottesdienst. Und gerade dort trifft Nellie ihre große Liebe.

Peu à peu bewegen sich beide Erzählstränge geschickt aufeinander zu, um sich kurz vor dem Finale geschickt miteinander zu verbinden. Gut getroffen ist hier sowohl der besonders offene Geist der Kölschen sowie die multikulturelle Veedels-Atmosphäre, die gerade in Ehrenfeld auch "in echt" ausgesprochen präsent ist. Als bemerkenswert empfinde ich die lebendigen Darstellungen Kölns, insbesondere Ehrenfelds in Vergangenheit und Gegenwart - hier hat die Autorin, die selbst keine Kölnerin ist, voll ins Schwarze getroffen - das muss man erst mal hinbekommen!

Allerdings hätte sie ihr Personal aus meiner Sicht nicht auf Kölsch sprechen lassen sollen, denn da passt so einiges nicht. Ich selbst bin auch nicht sattelfest und halte mich in der Regel zurück, kann Fehler aber erkennen.

Zudem ist bei einer derart erfolgreichen Autorin wie Teresa Simon davon auszugehen, dass sich nicht nur Leser an das Buch wagen, die Köln und seine Eigenarten kennen - hier hätten einige Begriffe wie bspw. "Köbes" genauer erläutert werden können. Aber all das hat mein Lesevergnügen nur minimal einschränken können - insgesamt hatte ich viel Freude mit und Liv, Nellie und allen anderen, auch wenn der Roman schon aufgrund der Thematik nicht gerade leichtfüßig daherkommt!

Veröffentlicht am 09.05.2020

Märchenhafte Sozialkritik

Der Wassertänzer
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Beziehungsweise greift der amerikanische Autor und Essayist Ta-Nehisi Coates zu Elementen des magischen Realismus, den man vor allem aus der lateinamerikanischen Literatur kennt - bekannte Beispiele sind ...

Beziehungsweise greift der amerikanische Autor und Essayist Ta-Nehisi Coates zu Elementen des magischen Realismus, den man vor allem aus der lateinamerikanischen Literatur kennt - bekannte Beispiele sind hier "Hundert Jahre Einsamkeit" und "Das Geisterhaus".

Erzählt wird hier die Geschichte des Hiram Walker, Sohn eines weißen Herren und dessen afroamerikanischer Sklavin - eine Geschichte von jemandem, der an der Freiheit schnuppern darf, mehr davon begehrt und dadurch in Berührung kommt mit der berühmten Unterground Railroad - die hier jedoch ganz anders literarisch dargestellt wird als im nach dieser Organisation benannten Roman von Colson Whitehead.

So weit, so gut: Unterschiedlichkeit ist aus meiner Sicht eher positiv zu bewerten ein Roman sollte keineswegs der Abklatsch eines anderen sein. Und so hat mich das vorliegende Werk stilistisch auch eher an "Roots", Alex Haileys vor über vierzig Jahren erschienenen, damals sehr aufwühlenden Roman erinnert. Doch aus meiner Sicht kann dieser Wassertänzer weder diesem geschweige denn Whiteheads Werk das Wasser reichen - lange nicht!

Denn er kommt aus meiner Sicht ziemlich wirr rüber - historische Fakten vermengen sich mit Elementen des magischen Realismus und verheddern sich auch durch eine ausgesprochen breit angelegte Handlung, in der ungeheuer viele Figuren und mannigfaltige Handlungsorte vorkommen. Zudem gibt es für gewisse Ausdrücke keine Erläuterungen. Naja, vielleicht wissen ja alle ausser mir, was es damit auf sich hat, dass der Ort Natchez ständig erwähnt wird (klingt irgendwie nach einem Sprichwort) - das war längst nicht der einzige Umstand, der mich verwirrt hat. Auch wenn die Handlung durchaus spannungsreich war, habe ich das Buch keineswegs befriedigt aus der Hand legen können - zu vieles blieb im Dunkeln bzw. wurde nicht abgeschlossen, auch die Erzählweise hat mich stellenweise ziemlich gelangweilt. Somit kann ich diesen Roman leider nicht weiterempfehlen!

Veröffentlicht am 06.05.2020

Jugend ohne Erbarmen

Die wir liebten
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Edgar und sein älterer Bruder Roman erleben eine Jugend in den 1970er Jahren, die mir - nur wenige Jahre jünger als die beiden - in vielem vertraut vorkam: man interessierte sich für die Entwickungen in ...

Edgar und sein älterer Bruder Roman erleben eine Jugend in den 1970er Jahren, die mir - nur wenige Jahre jünger als die beiden - in vielem vertraut vorkam: man interessierte sich für die Entwickungen in der Musikszene und wenn man Glück hatte - wie die beiden Jungs - musste einem auch der diesbezügliche Geschmack der Eltern nicht allzu peinlich sein, Jungs gingen mit ihren Vätern (und IMMER ohne Mütter) zum Fußball und alle zusammen diskutierten die (sehr beschränkten Fernsehsendungen). Über die noch nicht lange zurückliegenden schweren Kriegs- und Nachkriegszeiten wurde meistensteils geschwiegen, ebenso wie über eigene Sorgen und Nöte. Dafür hatten die Kinder ziemlich viel Freiraum und konnten ihre Freizeit wirklich frei gestalten - was natürlich auch jede Menge Mist und Quatsch beinhaltete.

Und wenn es richtig hart kam, konnte es ganz schön aus dem Ruder laufen. So wie hier, als an einem lauen Maiabend der Vater auf dem Dorffest entdeckte, dass es sich in den Armen der (ledigen) Tierärztin sehr viel besser tanzen liess als in denen der eigenen Frau - Monaten seiner Abwesenheit folgte der Auszug, die Mutter war mit den Nerven am Ende, die Jungs waren auf sich allein gestellt. Das Resultat und damit die Entwicklungen im letzten Teil des Romans ließen mich völlig fassungslos werden.

Wenn Sie Familienromane lieben, bei denen es ins Detail geht und vor Überraschungen der extremsten Art nicht zurückschrecken, dann sind Sie hier an der richtigen Adresse. Ich für meinen Teil habe die einfühlsame Darstellung des Zeitgeistes sehr genossen, mir ging es aber dann doch zu sehr ins Detail, wodurch auch Längen entstanden. Auch war mir der letzte Teil dann - obwohl ich von ähnlichen Fällen gehört habe, dann doch etwas zu extrem.

Allerdings hat das der Handlung auch eine derartige Alleinstellung verliehen, die mich dieses Buch mit Sicherheit nie vergessen lassen wird. Wer einen Autor sucht, der wirklich seinen eigenen Stiefel fährt, der ist bei Willi Achten an der richtigen Adresse. Und wer dann noch niederrheinisches Lokalkolorit zu genießen versteht, der wird möglicherweise auch andere Werke des Autoren lesen wollen.

Veröffentlicht am 04.05.2020

Hannah in Wort und Bild

Die drei Leben der Hannah Arendt
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Und zwar Hannah Arendt, eine der Frauen, die im 20. Jahrhundert etwas zu sagen hatten. Und zwar zu Fragen des Glaubens und der Kultur, am allermeisten jedoch zur Politik. Und zwar in Zeiten, als es richtig, ...

Und zwar Hannah Arendt, eine der Frauen, die im 20. Jahrhundert etwas zu sagen hatten. Und zwar zu Fragen des Glaubens und der Kultur, am allermeisten jedoch zur Politik. Und zwar in Zeiten, als es richtig, richtig gefährlich war, nämlich in den 1930er und 1940er Jahren. Auch danach verstummte sie nicht - und erntete viel Kritik.

Aber nicht nur sie enttäuschte, auch sie selbst wurde enttäuscht, so bspw. in großem Maße von Martin Heidegger, ihrem zeitweiligen (Hochschul)Lehrer und Geliebten, der es durchaus auch mit den Nazis hielt.

Ein Einblick ist dies in das bzw. in die drei Leben(sphasen) der Hannah Arendt, der sicher nichts für jeden ist - kommt er doch sehr komprimiert rüber und nicht immer sind die vom Zeichner Ken Krimstein ausgesuchten Szenen diejenigen, die man selbst erwählt hätte.

Wie auch immer - ich habe Graphic-Novel-Erfahrung und mir gefällts. Ich würde diese besondere Art der Biographie allerdings - bspw. als Geschenk - nicht allein stehen lassen, sondern entweder die Karte dazu mit Links garnieren oder sie im Doppel mit einem anders gearteten Werk verschenken. Für visuell orientierte Menschen durchaus ein Gewinn - wobei ich doch zu gern erfahren würde, was genau Krimstein mit der Farbe Grün assoziiert, die er Hannah auf jeder Zeichnung unterjubelt - sozusagen als KennZeichnung!

Ein besonderes Werk und sicher nichts für jedermann - aber aus meiner Sicht durchaus eine Bereicherung des Angebots zur Person Hannah Ahrendt.

Veröffentlicht am 04.05.2020

Eine zusammengestückelte Geschichte

Die verlorene Tochter der Sternbergs
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Nach dem aufwühlenden Roman "Das Erbe der Rosenthals" über die schicksalhafte und für die meisten Passagiere fatale Flucht nach Kube mit dem Schiff St. Louis, eines realen und besonders tragischen Ereignisses ...

Nach dem aufwühlenden Roman "Das Erbe der Rosenthals" über die schicksalhafte und für die meisten Passagiere fatale Flucht nach Kube mit dem Schiff St. Louis, eines realen und besonders tragischen Ereignisses im Dritten Reich, war ich auch an dem Nachfolgeroman des Autors interessiert.

Die Familie Sternberg, ebenfalls aus Berlin, hatte ein etwas anderes Schicksal: hier begab sich die Mutter Amanda Sternberg mit den beiden Töchtern Viera und Lina alleine auf die Flucht und nur Viera, die Ältere landete auf der St. Louis. Desweiteren geht es um das Leben von Amanda und Lina in Frankreich. Was ist das für ein Durcheinander, das da auf den Leser zukommt! Ständig fallen Charaktere , gerade auch Hauptfiguren, weg, kommen neue hinzu, werden weder richtig aus der Geschichte entlassen noch anständig eingeführt. Es gibt keine einzige wirklich lebendige dargestellte Figur, die die Handlung durchgehend tragen könnte.

Es gibt auch einen Handlungsstrang in der Gegenwart, der ebenso bedeutungs- und zusammenhanglos dahindümpelt. Leider ist hier wirklich gar nichts gelungen an dem Roman!

Ich möchte potentiellen Lesern daher nicht nur NICHT zu dem Buch raten, ich möchte ihnen sogar explizit von der Lektüre abraten, denn hier erhält man weder einen realistischen Eindruck von den Geschehenissen in Frankreich während des Krieges noch werden andere wichtige Informationen zum Zeitgeschehen im erforderlichen Umfang vermittelt und ein literarischer Genuss ist es schon gar nicht. Nur ein Satz mit X - für mich jedenfalls.

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