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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.07.2022

Eine gelungene Fortsetzung

Salzburger Dirndlstich
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Mit diesem zweiten Fall für die Arzthelferin Rosemarie Dorn ist Autorin Katharina Eigner ein herrlicher Mix aus Krimi, Informationen zu Land und Leuten sowie das doch ein wenig schräge Gewese um eine Modenschau ...

Mit diesem zweiten Fall für die Arzthelferin Rosemarie Dorn ist Autorin Katharina Eigner ein herrlicher Mix aus Krimi, Informationen zu Land und Leuten sowie das doch ein wenig schräge Gewese um eine Modenschau gelungen.

Worum geht‘s?
Zu Beginn der Abschlussmodenschau der Modeschule Hallein hört das gesamte Auditorium den Streit zwischen Ella Krimbichler und Susi Dorn, Rosemaries Tochter, bei dem Susi ihrer Kontrahentin wünscht, auf der Bühne umzufallen. Man weiß ja aus der Literatur, dass man mit Wünschen vorsichtig umgehen sollte, denn blöderweise klappt Ella nur wenig später bei der Präsentation ihres Dirndls tot zusammen. Für den Dorfpolizisten Roderich ist Susi natürlich die Verdächtige der ersten Wahl.

Doch Ellas Tod ist nicht das einzige Verbrechen, das Roderich der Susi anhängen möchte: Denn nahezu zeitgleich verschwindet das „Urdirndl“ aus der alarmgesicherten Vitrine. Auch wenn das Kleidungsstück wie ein Bodenwischtuch (auf gut Österreichisch „Ausreibfetzn“) aussieht, ist das Exponat von unschätzbarem Wert.

Wer den ersten Krimi „Salzburger Rippenstich“ gelesen hat, wird wissen, dass Roderich nicht unbedingt die hellste Kerze auf der Torte ist. Denn eigentlich haben ja Rosi und ihre beste Freundin Vroni die Verbrechen damals aufgeklärt.

Und so bleibt Rosemarie nichts anderes übrig, als gemeinsam mit Vroni selbst zu recherchieren, um ihre Tochter zu entlasten, zumal auch noch der Schulausschluss droht.

Meine Meinung:

Die Fortsetzung ist gut gelungen, weil auch der rote Faden, nämlich Rosis unbekannte Herkunft wieder aufgenommen wird. Gleichzeitig erhalten die Leserinnen zahlreiche Informationen zu Tracht und Dirndl. Unsere Frau Autorin hat dazu sogar bei der Doyenne der Dirndlschneiderinnen Gexi Tostmann recherchiert. Mit solchen Fakten können Autoren bei mir immer punkten.

Herrlich sind auch wieder die Charaktere ausgearbeitet. Typisch für den Arztberuf ist, dass die Patienten nach ihrer Krankheit tituliert werden. Diesmal finden wir ein Furunkel, eine Hämorrhoide oder einen eingewachsenen Zehennagel unter den Menschen, die in der Praxis nach Hilfe (und Unterhaltung) suchen.

Dem Gebot der Zeit nach, spielt auch das Thema Nachhaltigkeit eine Rolle. Wobei, eine echte Tracht, eine Lederhose oder ein echtes Dirndl sind von Natur aus nachhaltig. In vielen Gegend Österreichs (und Deutschlands) werden die kostbaren, oft mit Goldfäden bestickten Trachten samt Zubehör wie eine Goldhaube, innerhalb der Familie weitergegeben. Die Schicki-Micki-Dirndl, die beim Oktoberfest oder ähnlichen Gelegenheiten getragen werden, zähle ich jetzt nicht dazu.

Während Roderich nach wie vor an Susi als Täterin für beide Verbrecher festhält, können die Leser an der Seite von Rosi und Vroni andere Spuren erahnen. Die Auflösung ist überraschend und dennoch stimmig.


Fazit:

Alles in allem ein gelungener Regionalkrimi, der jetzt nicht extremer Spannung daherkommt, sondern durch ein Humor und zahlreichen schrägen Typen - wie die Postlerin und Rosemaries Schwiegermutter Hermi - besticht. Gerne gebe ich diesem Salzburger Krimi 4 Sterne.

Veröffentlicht am 17.07.2022

EIne gelungene Romanbiografie

Im Dienst der Hoffnung
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Friederike Fliedner, geborene Münster, lebte von 1800 - 1842. Sie ist mir durch einige historische Romane bekannt.

Nun hat Brigitte Liebelt sich dieser bemerkenswerten Frau angenommen und eine Romanbiografie ...

Friederike Fliedner, geborene Münster, lebte von 1800 - 1842. Sie ist mir durch einige historische Romane bekannt.

Nun hat Brigitte Liebelt sich dieser bemerkenswerten Frau angenommen und eine Romanbiografie verfasst, in der Fliedners Verdienste gewürdigt werden.

Als Friederike Münster den Pastor Theodor Fliedner heiratet ist sie bereits 28 Jahre alt und hat eine Menge Berufserfahrung als Krankenschwester, Lehrerin und Erzieherin.

Sie wird elf Kinder zur Welt bringen, von denen nur drei das Erwachsenenalter erreichen werden. Bei der Geburt ihres letzten Kindes stirbt sie mit 42 Jahren.

Obwohl sie gemeinsam mit ihrem Mann das Diakonissen-Mutterhaus gründen, sind sie nicht immer einer Meinung. Während Friederike, trotz ihres tiefen Glaubens und Gottvertrauens, die Trennung zwischen Krankenpflege und seelsorgerischem Dienst befürwortete, muss sie sich hier ihrem Mann beugen.

Dieses Buch gibt einen genauen Einblick in das 19. Jahrhundert. Die Napoleonischen Kriege sind noch nicht allzu lange vorbei. Das Elend, das sie verursacht haben, deutlich spürbar. Vor allem auf das Leid der unverheiratet gebliebenen Frauen wird hier hingewiesen. In der Krankenpflegeschule von Kaiserswerth erhalten die Frauen eine fundierte Ausbildung, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Diakonissinnen werden in wenigen Jahren wieder Verwundete von Kriegen pflegen. Ihr Ruf als hervorragende Krankenschwestern wird auf der ganzen Welt bekannt sein.

Meine Meinung:

Brigitte Liebelt erzählt die Lebensgeschichte von Friederike chronologisch geordnet. Der Roman ist penibel recherchiert und, dort wo historische Fakten fehlen, werden die sorgfältig und einfühlsam durch schriftstellerische Ergänzungen gefüllt.

Wohltuend finde ich, dass Friederike Fliedner nicht mit Lobhudelei überschüttet wird. Brigitte Liebelt kann ihrer Leserschaft den Spagat zwischen Mutterschaft und Arbeit in einer Pfarrgemeinde gut vermitteln, ist sie doch selbst sechsfache Mutter, ausgebildete Krankenschwester, Bibliothekarin und Frau eines Pastors.

Eine kleine Kritik muss ich dennoch anbringen: Dass nach einer Einführung noch ein Vorwort gibt sowie ein Nachwort, in dem einiges nochmals zusammengefasst wird, halte ich ein wenig für überflüssig. Das wirkt auf mich, als ob die Autorin (oder der Verlag?) den Lesern nicht viel zutraut. Durch den gelungenen Schreibstil ist alles, was hier mehrfach zusammengefasst wird, ohnehin sehr gut dargestellt. Diese „Bevormundung“ der Leser kostet den 5. Stern.

Fazit:

Eine gelungene Romanbiografie, die geschickt Fakten und Fiktion verbindet. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.

Veröffentlicht am 10.07.2022

Zwischen Tradition und Moderne - Jaipur 1955

Die Hennakünstlerin
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Alka Joshi, die in Indien geborene und seit ihrer Kindheit in den USA lebende Autorin entführt ihre Leserinnen in das Jaipur von 1955. Der Staat ist erst seit wenige Jahren unabhängig und schwankt zwischen ...

Alka Joshi, die in Indien geborene und seit ihrer Kindheit in den USA lebende Autorin entführt ihre Leserinnen in das Jaipur von 1955. Der Staat ist erst seit wenige Jahren unabhängig und schwankt zwischen Tradition und Moderne.

Lakshimi, die Titelfigur, wird - wie in Indien auch heute noch üblich - als Fünfzehnjährige mit einem wesentlich älteren Mann verheiratet. Während ihr Mann sie schlägt, scheint sie mit der Schwiegermutter ein eher gutes Einvernehmen zu haben, denn sie bringt ihr jede Menge medizinisches Wissen bei. Sie flieht aus ihrer gewalttätigen Ehe nach Jaipur und bestreitet dort nicht nur als Hennamalerin ihren Lebensunterhalt. Ihre außergewöhnlichen Ornamente und duftenden Öle verhelfen der einen oder anderen Frau aus einer höher gestellten Kaste zu neuer Aufmerksamt des jeweiligen Ehemanns und auch zu dem erhofften Nachwuchs. Allerdings weiß sie auch ihr Wissen zu nützen, um unerwünschte Schwangerschaften zu beenden.

Ihr mühsam aufgebautes Leben droht zusammenzustürzen, als Hari, ihr Ehemann, mit der dreizehnjährigen Radha daherkommt, die behauptet ihre Schwester zu sein. Da die Eltern bereits verstorben sind, muss sich Lakshimi in guter alter indischer Tradition um ihre kleine Schwester kümmern. Doch die gibt sich widerborstig und verliebt ausgerechnet in jenen jungen Mann, für den Lakshimi anstelle eines üblichen Heiratsvermittlers, eine Hochzeit mit einem Mitglied der königlichen Familie, arrangiert hat.

Dann muss Lakshimi leidvoll zur Kenntnis nehmen, wie schnell Gerüchte über Unregelmäßigkeiten, die von Neid und Missgunst geschürt werden, ihre Runde machen. Doch es wäre nicht Lakshimi, wenn die sich den Herausforderungen nicht stellen und ihre Zelte in Jaipur abbrechen würde, um einen Neuanfang in Angriff zu nehmen.


Meine Meinung:

Für mich Europäerin sind die Traditionen auf dem indischen Subkontinent schwer zu erfassen. Das Kastensystem, das Leben, Beruf und Familie vorzeichnet sowie die anderen gesellschaftlichen Gepflogenheiten sind farbenprächtig geschildert. Selbst die Frauen der herrschenden Kaste sind von den strengen Regeln nicht ausgenommen. Sie sind einfach nur dazu da, ihren Männern gut gewachsene Söhne zu schenken.

Die vielen Bezeichnungen in der Originalsprache unterbrechen zwar den Lesefluss, werden aber im Anhang erklärt. Vielleicht wären Fußnoten besser gewesen?

Erschreckend zu sehen ist, wie sehr Lakshimi in einen Schuldkomplex hineingerät. Die Anklagen der pubertierenden Radha, bei der ich mehrmals den Verdacht hatte, sie wäre nicht die leibliche Schwester. Egoistisch tanzt sie Lakshimi auf der Nase herum anstatt darüber froh zu sein, endlich Ruhe gefunden zu haben. Aber, mit Logik und Vernunft ist einer gekränkten Dreizehnjährigen vermutlich nicht beizukommen.

Die Charaktere sind sehr gut herausgearbeitet, wobei ich persönlich mit Radha wohl mehr als einmal die Geduld verloren hätte. Schlau, ja beinahe schlitzohrig ist Malik, der „Angestellte“, der Lakshimi ehrfurchtsvoll „Tante Boss“ nennt.

Nicht ganz nachvollziehen konnte ich die Wandlung von Lakshimis Ehemann Hari vom Saulus zum Paulus. Er fordert ständig Geld, erpresst seine Noch-Ehefrau, um dann plötzlich in ihre bzw. in die Fußstapfen seiner Mutter als Heiler zu treten. Das nehme ich ihm nicht ganz ab.

Fazit:

Ein Einblick in eine völlig unbekannte Welt. Gerne gebe ich diesem Debütroman 4 Sterne.

Veröffentlicht am 09.07.2022

Ein ungewöhnlicher Roman

Die Kunst der Freude
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Dieser Roman erzählt die Geschichte von Modesta, einer Frau, die 1900 in ärmlichsten Verhältnissen in Catania, Sizilien, geboren wurde. Als kleines Mädchen missbraucht, wird sie nach dem Tod von Mutter ...

Dieser Roman erzählt die Geschichte von Modesta, einer Frau, die 1900 in ärmlichsten Verhältnissen in Catania, Sizilien, geboren wurde. Als kleines Mädchen missbraucht, wird sie nach dem Tod von Mutter und Schwester, in einem Kloster untergebracht. Was niemand weiß: Sie hat Mutter und Schwester ermordet. Modesta ist ehrgeizig und zielstrebig. Sie scheut sich auch nicht, ihren Körper für ihre Ziele einzusetzen. Nach dem Tod der Oberin des Klosters wird sie, als deren Vermächtnis, an eine adelige Familie vermittelt. Hier gelingt es ihr, durch die Heirat mit dem Sohn der Fürstin, der im allgemeinen Sprachgebrauch nur das „Ding“ genannt wird, weil er schwerst behindert ist, ihrem geringen gesellschaftlichen Status zu entfliehen und als Fürstin ihrem Drang nach Unabhängigkeit auszuleben.

Als die Faschisten die Macht übernehmen, kommt Modesta durch ihre unkonventionelle Lebensart in Konflikt mit dem Regime und muss ins Gefängnis.

Meine Meinung:

Dieser mehr als 730 Seiten starke Roman von Goliarda Sapienza hat eine ungewöhnliche Entstehungsgeschichte hinter sich: Um an diesem Roman (im Original „L’arte della gioia“) weiter schreiben zu können, gibt die Schauspielerin Goliarda Sapienza (1924-1996) ihren Job auf. Sie wird letztlich 9 Jahre dafür brauchen und keinen Verlag für ihr Werk finden. Völlig mittellos bestiehlt sie 1980 eine Freundin. Es kommt zur Anzeige, Gerichtsverhandlung, Urteil und Goliarda wird für drei Monate in Rebibbia, im berüchtigten Gefängnis von Rom, inhaftiert (Siehe „Tage in Rebibbia“).

Doch zurück zu „Die Kunst der Freude“. Dieser Roman ist nicht ganz einfach zu lesen. Das liegt vor allem an der Hauptfigur Modesta, die ein ambivalenter Charakter ist. Immer wieder kommt eine deutliche sexuelle Komponente zum Tragen. Da ist zunächst das zarte Entdecken ihres eigenen Körpers der kleinen Modesta, die dann missbraucht und nach dem Mord an Mutter und Schwester in einem Kloster untergebracht wird. Auch hier, wenn auch verstohlen und unter der sprichwörtlichen Bettdecke, kommt es zu sexuellen Übergriffen - diesmal von Nonnen. Diese Jahre prägen die junge Modesta, die in der Zukunft mit Männern und Frauen kürzere oder längere Beziehungen eingeht.

Dabei ist sie nicht selten rücksichtslos und wenig zimperlich, um ihre Ziele zu erreichen. Andererseits zieht sie auf ihrem Schloss nicht nur das eigene, sondern auch fremde Kinder auf und gewährt zahlreichen Gegner der Faschisten Unterschlupf, was sie selbst ins Gefängnis bringt.

Fazit:

Die Autorin hat mit Modesta eine Frau geschaffen, die so ziemlich jede Regel bricht, um ihren Willen durch zu setzen und dabei auch über Leichen geht. Gerne gebe ich diesem Roman 4 Sterne.

Veröffentlicht am 09.07.2022

Wer hat den einsamen Wolf getötet?

Eifelwolf
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Dieser Krimi ist der 5. Fall für die Ermittler Horst „Hotte“Fischbach und Jan Welscher.

Sie werden auf den Bauernhof eines ehemaligen Bundeswehrsoldaten, der lange Zeit in Afghanistan stationiert war, ...

Dieser Krimi ist der 5. Fall für die Ermittler Horst „Hotte“Fischbach und Jan Welscher.

Sie werden auf den Bauernhof eines ehemaligen Bundeswehrsoldaten, der lange Zeit in Afghanistan stationiert war, gerufen und finden ihn brutal mit einer Axt ermordet vor. Da nicht klar ist, ob der brutale Mord mit seinem Auslandseinsatz zusammenhängt, recherchieren die Ermittler nicht nur im privaten Umfeld, sondern auch im militärischen.

Langsam enthüllen sich Details aus der Vergangenheit des Toten, die Fischbahc und Welscher auf die richtige Spur lotsen. Maila Aalto, die finnischstämmige Kollegin von Fischbach und Welscher trägt mit ihrer Kombinationsgabe und akribischen Suche nach Details maßgeblich zur Aufklärung dieses komplexen Falles bei.

Meine Meinung:

Autor Rudolf Jagusch war mir bis zu diesem Krimi völlig unbekannt. Warum eigentlich? Ehrlich? Keine Ahnung! Ich lese ja sehr viele Krimis aus dem Emons-Verlag, aber diese Reihe ist mir bislang durch die Lappen gegangen Das wird sich ändern - versprochen.

Das Team um Fischbach, Welscher und Aalto arbeitet sehr gut zusammen. Die Charaktere sind bodenständig und der Leser erfährt zur Abrundung einiges aus deren Privatleben.

Der Schreibstil ist flüssig und die Eifel darf als Hintergrund mit Land und Leuten nicht fehlen.

Um den Leser ein wenig in die Irre zu führen, gibt es Rückblenden in das Leben des Mordopfers.

Fazit:

Ein gelungener Krimi, von dem ich die Vorgänger auch noch lesen werde. Gerne gebe ich hier 4 Sterne.