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Veröffentlicht am 06.02.2019

Wölfe - wilde Tiere in ihrem Familienverbund

Die Weisheit der Wölfe
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"Die Weisheit der Wölfe" von Elli H. Radinger ist für mich ein Buch mit Wow-Effekt.

Die Autorin, früher Anwältin für langweilige Ehescheidungen und sonstige juristischen Streitereien hatte nach einigen ...

"Die Weisheit der Wölfe" von Elli H. Radinger ist für mich ein Buch mit Wow-Effekt.

Die Autorin, früher Anwältin für langweilige Ehescheidungen und sonstige juristischen Streitereien hatte nach einigen Jahren diese Eintönigkeit in der Kanzlei satt und beschäftigte sich von da an mit dem, was sich als ihre Berufung herausstellte: Sie beobachtete und erforschte Wölfe. Ich kann nach Lektüre dieses Buches nur sagen, "das war die richtige Entscheidung".

Elli H. Radinger nimmt uns mit in den Yellowstone Ntl. Park und dort speziell ins Lamar Valley, ein Paradies für wilde Tiere. Da ich im vergangen Jahr selbst 3 Tage dort war, hatte ich alles genau vor Augen. Leider war dies in der haupten Reisezeit und wir bekamen nicht mal den Hauch eines Wolfes vors Gesicht.

Jedem Kapitel dieses Buches sind wunderschöne Bilder zugeordnet. Dazu ein einprägsamer Ausspruch. Z. B. "Was du dir einmal vertraut gemacht hast, für das bist du zeitlebens verantwortlich." (S. 13) Der Titel der Einleitung - "Wie ich einen Wolf küsste und süchtig wurde". Das Foto, auf dem sie tatsächlich einen Wolf küsst ist umwerfend. Süchtig nach Wölfen kann man in der Tat werden, wenn man sich auf diese Lektüre einlässt. Der böse Wolf, der die Großmutter vom Rotkäppchen oder die sieben Geißlein frisst, gehört ins Reich der Märchen. So, die Autorin.

Im Yellowstone waren Wölfe ausgerottet und wurden vor Jahren erst wieder angesiedelt, da das natürliche Gleichgewicht in der Natur aus den Fugen geraten war. Deer und Wapiti setzten durch ihre Überpopulation den Pflanzen und Kleinslebewesen so zu, das viele für immer zu verschwinden drohten. Seitdem der Wolf wieder durch die Wälder streift und unter Großtieren seine Beute reißt, stellt sich wieder ein biologisches Gleichgewicht ein. Die Wolfspopulation hat sich bestens angesiedelt und integriert. Das Wolfsprogramm wird wissenschaftlich begleitet. Mit Senderhalsbändern verfolgt man ihre Wanderungen. Z. B. "Casanova", der Druid - Frauenschwarm. (Seite 39 ) Welch ein Prachtexemplar! Kein Wunder das die Herzen der Wölfinnen schneller schlugen, als er ihnen den Hof machte.
Die Autorin, als Beobachterin immer mit am Ort des Geschehens.

Wölfe leben in einem Familienverbund und bleiben oftmals über Jahre zusammen. Eine Wolfsfamilie braucht keine Frauenquote, denn Führung ist weiblich. Das Leitpaar trifft Entscheidungen grundsätzlich zusammen, lesen wir auf S. 50. Innerhalb der Familie gibt es ein großes Harmoniebdürfnis. Der Begriff "Alpha-Wolf" ist längst überholt. (S.51) Was ein Wolf auszeichnet ist Geduld. Die muss er auch haben, will er erfolgreich Wild jagen. Dabei erweist sich, das Wölfe denken und planen können. Die jungen Wölfe lernen das Jagen von den alten. Sie lernen auch, dass der Mensch nicht auf ihren Speiseplan gehört. Jedoch muss sich auch der Mensch an die Spielregeln halten und darf kein Futter auslegen um Tiere anzulocken. In den USA und Kanada ist dies unter Strafe gestellt.

Dass Wölfe sehr soziale Tiere sind und füreinander sorgen, darüber lässt die Autorin keinen Zweifel. Paare sind viele Jahre zusammen und wenn einer stirbt trauert der Partner, zieht sich oftmals in die Einsamkeit zurück. Es kann sogar sein, dass er an "Broken Heart" verstirbt. Sage noch einmal jemand, Tiere haben keine Seele.

Am Beispiel der She-Wölfin zeigt uns die Autorin den blinden Hass vieler Menschen/Rancher rund um den Yellowstone Ntl. Park auf. She-Wölfin war ein außergewöhnliches Tier, galt als besonders intelligent und an ihrem Leben nahmen viele Wolfsliebhaber Anteil. Doch leider denkt ein Wolf nicht in unseren räumlichen Grenzen und She-Wolf wanderte ins ungeschützte Umland des Yellowstone. Dort wurde sie in blindem Hass sinnlos erschossen.

Elli H. Radinger macht dem Leser in dem vorliegenden Sachbuch auch klar, dass National Parks kein Disneyland sind. Wölfe reißen ihre Beute und scheuen sich auch nicht, ihnen Fleischstücke aus dem Körper zu beißen, wenn diese noch leben. Eine sehr blutige und brutale Art. Ein Wolf mit bluttriefenden Lefzen ist nichts für schwache Gemüter. Hier kommt der Satz voll zum Tragen: "Fressen und gefressen werden". Die Wildnis ist eben nichts für Feiglinge, schreibt sie.

Wölfe sind scheue Tiere und es ist ein seltener Glücksfall, einen Wolf in freier Natur zu sehen. Wie die Autorin schreibt, bleibt wohl niemand von der Schönheit dieser Tiere unbeeindruckt.

Veröffentlicht am 22.01.2019

Husten - Schnupfen - Heiserkeit

Männergrippe
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Das Cover des Taschenbuches "Männergrippe" von Dr. Anna Herzog & Lucinde Hutzenlaub könnte nicht besser gewählt sein.

Vielleicht wurden, als ich dieses Buch bekam und mit dem Lesen anfing, ein paar ...

Das Cover des Taschenbuches "Männergrippe" von Dr. Anna Herzog & Lucinde Hutzenlaub könnte nicht besser gewählt sein.

Vielleicht wurden, als ich dieses Buch bekam und mit dem Lesen anfing, ein paar Bakterien für einen (Frauen?) grippalen Infekt frei Haus geliefert, damit ich milde gestimmt würde, über die peinigende Männergrippe zu urteilen. Mich hatte es erwischt und ich war bereits nach wenigen Seiten aus dem Verkehr gezogen. Gab es doch mit tränenblinden Augen, einem kratzigen Hals der an Schmirgelpapier erinnerte, laufender Nase und auch am Tage zugezogenen Gardinen, eine erzwungene Lesepause von jeweils mehreren Tagen. Diese Erfahrung hatte den Effekt, dass ich der vorgestellten, armen Männerwelt, die durch eine Männergrippe lahmgelegt und folglicherweise mal gerade dem Tode von der Schippe gesprungen ist, wesentlich größeres Verständnis entgegen bringen konnte.

Doch sobald es mir einigermaßen besser ging, hielt mich nichts mehr vom Lesen ab. Heißt es doch im Volksmund: "Lachen ist gesund". Und gelacht habe ich bei dieser unterhaltsamen und gleichzeitig lehrreichen Lektüre sehr viel.

Direkt der erste Satz des Buches "Die Autorinnen haben ihren Text mit Sorgfalt geschrieben", möchte ich mit folgenden Worten ergänzen: "Und mit sehr viel Humor!".

Unterteilt ist dieses Buch in 2 große Abschnitte und diese Abschnitte wiederum in mehrere Kapitel. Jedes Kapitel wird durch eine humoristische Zeichnung eingeleitet, die dem Leser auf den ersten Blick zeigt, worum es auf den nächsten Seiten geht. Z. B. Kapitel 6: "Der Rachen und seine Virenauffangstation". Kein Wunder, dass es einem Mann da angst und bange wird, wenn so viele bösartig ausschauende Kleinslebewesen auf ihn einstürzen wie auf Seite 87. Da kann einem Mann schon mal bei einem Panikanfall der Angstschweiß auf die Stirn getrieben werden.

Die jedem Kapitel vorangestellte Fallgeschichte ist natürlich stark überzeichnet und hat was von guter Comedy. Doch Ehefrauen und Freundinnen werden beim Lesen zustimmend mit dem Kopf nicken, denn so ähnlich läuft es tatsächlich ab, wenn es einen Mann mit diesen Symptomen darniederstreckt. Der Ärmste!

Danach geht es bei den Autorinnen recht sachlich weiter, doch nie ohne humoristischen Plauderton, der sich wunderbar liest. Ein Sachbuch ohne trockenen Schuleffekt und ohne belehrenden Zeigefinger. Ganz nebenbei erfahren wir in diesem Kapitel, dass Husten als Sicherrungssystem von der Natur eingebaut wurde, "Damit alles, was sich an dem Kehldeckel vorbeimogelt und versehentlich doch in der Luftröhre landet, noch rechtzeitig herausgeschleudert wird. Husten ist die Selbsreinigungsmöglichkeit der Lunge. Durch die Luftstöße, die dabei entstehen, werden nicht nur Kuchenkrümel, sondern auch Schleim wieder nach oben befördert". (Seite 93/94)

Jedes Kapitel wird mit speziellen Behandlungsmethoden der Naturheilkunde, Homöopathie und Schulmedizin abgeschlossen.
Dass dieses Buch im Ernstfall nicht den Besuch beim Arzt ersetzt, versteht sich von selbst, wird aber von dem Autorenteam am Ende nochmals extra betont.

Für mich ist diese humoristische Abhandlung "Männergrippe" ein rundum gelungenes Buch - erheiternd und gleichzeitig informierend. Dass ich nach der Lektüre meinen eigenen grippalen Infekt besser verstehen konnte, kam mir sehr gelegen. Na ja, wir Frauen und die Männer sind manchmal doch nicht ganz so unendlich weit von einander entfernt.

Absolut empfehlenswert!

Veröffentlicht am 20.12.2018

Rolling back

Hippie
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In dem vorliegenden Buch „Hippie“, bestätigt der Autor Paulo Coelho einmal mehr, dass er zu den ganz großen Schriftstellern der Moderne gehört. In kurzen Kapiteln, mit noch kürzeren Sätzen, bringt er ein ...

In dem vorliegenden Buch „Hippie“, bestätigt der Autor Paulo Coelho einmal mehr, dass er zu den ganz großen Schriftstellern der Moderne gehört. In kurzen Kapiteln, mit noch kürzeren Sätzen, bringt er ein längst vergessenes Lebensgefühl wieder zum Erwachen – die Hippie Bewegung. Meist wird es von Kindern reicher Leute initiiert (S. 212).

Der Einband zeigt dem Betrachter schon auf den ersten Blick, in welcher Zeit dieser Roman spielt. Es war die Epoche der Hippies mit Flower Power und all den poppigen Farbe. Auf nicht ganz 300 Seiten entführt Paulo Coellho den Leser in diesem „Magic Bus“, der in der Realität doch so unscheinbar aussieht und erweckt wieder das ganze Lebensgefühl der damaligen Bewegung. Von den Alten wegen der wallenden Haare und den mitunter recht wilden Bärten beargwöhnt, machten sich junge Leute auf, sich selbst zu finden oder auch zu verwirklichen, ohne eine genaue Vorstellung davon zu haben, was am Ende dabei herauskommen wird.

Der biographische Roman ist nicht in der Ich-Form verfasst, sondern in der 3. Person, als schreibe der Autor über einen Anderen. Das klingt mitunter etwas befremdlich, als hätte diese ganze Aufbruchsstimmung nichts mehr mit ihm zu tun. Dabei war es seine Jugend, Teil seiner Entwicklung, der erfolgreiche Schriftsteller zu werden, der er heute ist.

Das wichtigste Buch dieser Epoche hieß, „Europe On Five Dollars a Day“, geschrieben von Arthur Frommer. Daneben war noch „die unsichtbare Zeitung entstanden, weil die jungen Leute sich bei diesen Konzerten darüber austauschten, wo sie sich als Nächstes treffen und wie sie die Welt entdecken könnten – ohne in einen Touristenbus steigen zu müssen…“(S.12)

„Eine Legende wird zur Wahrheit, wenn sie nur oft genug wiederholt wird“ (S. 21)

Peru mit La Paz auf einer Höhe von 3.640 Meter, Machu Picchu, von dort nach Bolivien, verlief die Reiseroute der Hippies. Doch Paolo reist mit seiner älteren Freundin nach Brasilien und sie werden entführt. Die Beschreibung dieser Entführung hat es in sich. Doch am Ende kommen sie wieder frei – und gehen getrennte Wege. Paulo führt es auf Umwegen nach Amsterdam und läuft am Dam Karla über den Weg. Karla und ihre wechselnden Männer werden auf S. 196 folgendermaßen beschrieben: „…Sie wäre gern eine Blume gewesen, die, von der Liebe in eine Vase gestellt, in deren immer frische Wasser sie, wie eben gepflückt, auf denjenigen wartete, der den Mut – genau, das Wort: MUT – hatte, sie sich zu nehmen. Aber es kam nie jemand – besser gesagt, die Männer kamen und gingen gleich wieder, ganz verschreckt, weil sie nicht eine Blume in einer Vase vorfanden, sondern eine Naturgewalt, ein Unwetter mit Blitzen, Sturm und Donner“. Welch eine geniale Beschreibung dieser Frau.

Für einen großen Teil der Hippies ist es „IN“ Drogen zu konsumieren, wie andere Menschen Schokolade. Vieles wurde ausprobiert und als Leser bekommt man einen Überblick, was damals alles so auf dem Markt war. Nur vor „The house oft the rising Sun“ warnt Karla ihn, als Paulo unbedingt diesen Drogenplatz kennenlernen will. Vielleicht sind die Abhängigen dort zu abschreckend, jedenfalls verlässt er diesen Platz ohne etwas probiert zu haben. Die Verlockungen haben einen bitteren Beigeschmack. Auch als großes Geld zum Greifen nahe ist, siegt sein gesunder Menschenverstand.

„Magic Bus“ klingt sensationeller als es ist. Dabei handelt es sich um einen alten, klapprigen, ausrangierten Schulbus, mit dem man für wenig Geld bis Kathmandu reisen kann. Im Magic Bus geht es mit einer bunt zusammengewürfelten Gruppe auf große Reise. Jeder dieser Aussteiger, mit denen Karla und Paulo die nächsten Tage auf engstem Raum zusammen verbringen, hat seine eigene Geschichte, die wir nach und nach erfahren. Für jeden von ihnen gibt es einen triftigen Grund aus seinem Leben auszusteigen, andere Erfahrungen zu machen, das Leben in seiner – konträren - Fülle kennen zu lernen. Der Leser bekommt viel kluge und weniger kluge Lebenserfahrung präsentiert.

Ich glaube es ist ein Markenzeichen des Autors, Weisheiten in kurzen Sätzen zu verpacken. „Wir können nicht wählen, was mit uns geschieht, aber wir können wählen, wie wir damit umgehen“, (S.57) ist eine seiner Aussagen der man sofort zustimmt und über die man stundenlang nachdenken kann.

Ich fand das Buch großartig, obwohl es sich von den üblichen Romanen die man von Paulo Coelho kennt, doch stark unterscheidet. Aber vielleicht macht gerade dies den Reiz aus, der von diesem Buch ausgeht.

Veröffentlicht am 20.11.2018

Ein Indianer des Sammes der Lakota im Heute

Indian Cowboy
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Allein das Cover dieses Buches spricht von Abenteuer und machte mir schon Lust aufs Lesen. Der Protagonist des vorliegenden Romans „Indian Cowboy“ - die Nacht der Wölfe – von Brita-Rose-Billert gehört ...

Allein das Cover dieses Buches spricht von Abenteuer und machte mir schon Lust aufs Lesen. Der Protagonist des vorliegenden Romans „Indian Cowboy“ - die Nacht der Wölfe – von Brita-Rose-Billert gehört zu den Ureinwohnern Amerikas. Genauer gesagt, er ist ein Lakota.

Ach, Indianer, wird so manch einer sagen und denkt an Pferde, Pfeil und Bogen, an Kriegsbemalung, Kriegspfad, Feuerwasser und Federschmuck. Vielleicht noch an die Romane von Karl May oder an die vielen Western die in den 60ern gedreht wurde, bei denen Indianer meist die Weißen überfielen, ihren Skalp oder deren schöne Frauen wollten und die guten Weißen gegen die bösen Rothäute gewannen. Dass die ersten weißen Siedler , die auf der Mayflower die neue Welt erreichten, ohne die Hilfe der Indianer nicht hätten überleben können, ist nur wenigen bekannt. Der Thanksgiving Day, der in ganz USA einer der höchsten Feiertagen ist, hat darin seinen Ursprung. Als Dankbarkeit an die Ureinwohner für die gewährte Hilfe. Aber das ist jetzt ein ganz anderes Thema.

In dem vorliegenden Roman lernen wir Indianer der Neuzeit kennen. Sie wohnen größtenteils in ihren Reservaten, wo sie in ihren Traditionen als auch in der modernen Zeit leben können. Für viele der Bewohner ein Drahtseilakt. Der Alkoholismus unter dieser Volksgruppe ist legendär. Direkt zu Beginn des Buches konfrontiert uns die Autorin mit der Problematik des leicht zugänglichen Alkohols, der viele dieser Ureinwohner zerstört. Das ist ein ganz großes Problem sowohl des letzten als auch dieses Jahrhunderts. Dazu kommt vielfach noch die mangelnde Bildung.

Im Vorspann lernen wir Ryan Black Hawk, ein Lakota, im Alter von 16 Jahren kennen, als er trinkt, Gras raucht, und nach einer durchzechten Nacht von seinen Freunden total besoffen und high vor der Haustür seines Elternhauses abgeliefert wurde. Sein Vater greift ihn am Kragen und schleift ihn unter kaltes Wasser, ist bitterböse über dieses Verhalten, doch seine Standpauke dringt nur schemenhaft durch den Alkohol- und Drogennebel in Ryans Hirn. Erst als die Polizei am nächsten Morgen auftaucht und nach dem Fahrer und Beifahrer des Autos fragt, mit denen Ryan die vergangene Nacht unterwegs war, fängt dieser an zu denken. Seine beiden Saufkumpane haben sich mit dem Auto überschlagen und dabei tödlich verletzt.

In diesem Moment nimmt sich Ryan vor, keinen Tropfen Alkohol mehr anzurühren und seinem Leben einen Sinn zu geben. So lernen wir ihn auf den nachfolgenden Seiten in diesem Roman auch kennen - als einen verantwortungsvollen jungen Lakota, der sein Ziel vor Augen hat. Ich muss gestehen, von da an wurde mir Ryan von Seite zu Seite immer sympathischer. Irgendwie sah ich ihn vor mir, mit seinem langen blauschwarzen Haar und der olivfarbenen Haut.

Da die Familie Geld braucht um die Farm zu halten, meldet er sich in einem Rekrutierungsbüro, kommt zur Air Force und wird zu einem Fahrer mit Sonderaufgaben (Personenschützer) ausgebildet. Die Beschreibung der harten Ausbildung bei der US Army, als auch wie es sich als Angehöriger des US Air Force lebt, ist der Autorin gut gelungen und sie bringt dies auf nur wenigen Seiten komplett rüber. Ryans besondere (indianische) Fähigkeiten werden schnell von seinem Vorgesetzten erkannt, gefördert und kommen in seiner neuen Tätigkeit voll zum Einsatz. Er ist präzise, schnell und kann sich völlig lautlos, als auch unsichtbar für seine Feinde, in der Natur bewegen. Das liest sich sowas von spannend, dass ich das Buch nicht mehr weglegen konnte. Der Roman hat aber auch seine komischen Seiten, z. B. als Ryan die Ehefrau und durchgeknallte Tochter eines Vorgesetzten zum Flughafen fahren muss, mit all den Begleiterscheinungen dieser eigenartigen Tour. Selbst auf abfällige, rassistische Äußerungen hat er gelernt, nicht zu reagieren.

Dass Ryan auf Gönner trifft die sein Talent erkennen und schätzen, als auch auf Schurken die ihm nach dem Leben trachten und in eine Falle locken, das versteht sich wohl von selbst. Spannung pur. Es ist ein moderner Roman über die Ureinwohner der USA im Heute. Der Autorin gelingt es, mit den Vorurteilen des „ewig Hinterwäldlerischen“ gegenüber diesen Menschen aufzuräumen. Das Ryan, ein intelligenter und moderner Lakota, trotzdem noch immer in den Traditionen seines Stammes zu Hause ist, erleben wir beim „Sundance“. Auch ist es der Autorin sehr gut gelungen, einige Probleme des modernen US-Amerikas - ich denke da an den Straßenausbau in dem Indianer Schutzgebiet, was zu Auseinandersetzungen führte - in die Handlung einzuflechten. Phantasie gepaart mit Realität.

Ich muss gestehen, dass ich auf den zweiten Band riesig gespannt bin und wissen will, was Ryan noch alles erlebt bis er das Leben leben kann, das sein eigentliches Ziel ist, Rancher sein und Pferde züchten. Doch bis er als Rancher sesshaft wird, gibt es hoffentlich noch etliche spannungsgeladene Romane mit Ryan Black Hawk.

Veröffentlicht am 13.11.2018

Der Wald und seine Wunder

Die wundersame Mission des Harry Crane
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Das Buch, „Die wundersame Mission des Harry Crane“ von Jon Cohen ist ein liebenswertes Buch, das den Leser zum Träumen bringt. Was ist real und was ist märchenhaft?

Real ist der Wald, der im Mittelpunkt ...

Das Buch, „Die wundersame Mission des Harry Crane“ von Jon Cohen ist ein liebenswertes Buch, das den Leser zum Träumen bringt. Was ist real und was ist märchenhaft?

Real ist der Wald, der im Mittelpunkt des Denkens von Harry Crane steht. Was er darüber denkt und sagt gleicht einer Liebeserklärung. Seite 315: „Ein stiller ungestörter Wald ist voller Leben“. Wie wahr! Von Harry hören wir von dem Zusammenleben der Bäume, ihrer Sprache und dass Bäume untereinander kommunizieren, mitunter eine Symbiose eingehen. Wer wie ich in direkter Nähe eines Waldes lebt, bekommt ein Gefühl für das, wovon er spricht. Seite 52 heißt es, „Im Wald verändert sich alles“ und auf Seite 73 „“Der Wald holt sich alles zurück“. Wie wahr. Brachliegende Flächen entwickeln sich von selbst zu lichten Wäldern, auch wenn der Mensch sich nicht darum kümmert. Man schaue sich nur in den National Parks in den USA um. Nach Vulkanausbrüchen oder schweren Waldbränden regeneriert sich der Wald von selbst. Natur pur.

All das liebt Harry Crane seit seiner Kindheit. Die Bäume sprechen zu ihm, weshalb es ganz selbstverständlich für ihn war, dass er in dem baumlosen Wald, bei der Forstbehörde in den USA anheuert und einen Schreibtischjob übernahm. Doch glücklich wurde er dabei nicht. Das Lebendige des Waldes kam für ihn dabei abhanden. Also suchte er sein Glück in der Lotterie, in der Hoffnung, dass er eines Tages den großen Gewinn macht, seine Stelle aufgeben und seine Liebe zum Wald vor Ort ausleben kann. Doch während er dem finanziellen Glück nachrannte, wurde ihm sein größtes privates Glück durch einen Unfall genommen: Seine geliebte Frau Beth.

Harry verarbeitet seine Trauer in Arbeit und noch mehr Arbeit. Alles was seine Kollegen vom Schreibtisch haben wollen, wird bei ihm abgeladen. Erst als sein Bruder eine riesige Summe Dollars als Entschädigung für den Unfalltot seiner Frau erkämpft, bricht Harry aus seinem dumpfen Leben aus. Er flüchtet. Wohin? Natürlich in den Wald.

Doch Harry ist nicht alleine mit seinem Kummer. Bei diesem Wald gibt es Amanda mit ihrer Tochter Oriana. Amand verlor genau zu der Zeit als Beth durch einen Unfall starb, ganz plötzlich ihren Ehemann. Ein großer, kräftiger Mann, strotzend vor Leben stirbt einfach so. Wie sagt man das seinem Kind? Amanda versucht es ihrer Tochter verständlich zu machen, doch Oriana flüchtet sich ins Märchenhafte, wird Dauergast in der örtlichen Bücherei und träumt sich ihre eigene Welt. Glaubt ihren Vater in anderer Gestalt im Wald finden zu können und legt für ihn überall Essen aus.

In dieser Situation treffen Oriana und Harry aufeinander. Natürlich im Wald. Harry zieht in das Baumhaus ein, dass Oriana von ihrem Vater bekam und ist nun seinen Bäumen so nah wie noch nie zuvor. Jeder Baum wird von da an von ihm erobert, indem er bis in die höchsten Gipfel klettert. Das liest sich richtig spannend. Seine Art, die Trauer um Beth zu bewältigen.

Amanda beobachtet diesen seltsamen Menschen, der so mir nichts, dir nichts in ihrem und Orianas Leben auftauchte. Zu ihrer Freude stellt sie fest, dass Harry ihrer Tochter hilft, über den Verlust des Vaters hinweg zu kommen. Zusammen lesen Harry und Oriana das Buch des alten Grum. Seite 188: „Dazu sind Bücher doch da, oder? Um einen zu trösten, zu beruhigen, auf andere Gedanken zu bringen“. Denn, S. 196: „Alles hat eine Geschichte“.

Bis etwas zum 20. Kapitel hat mich dieses Buch völlig in seinen Bann gezogen und ich hätte nicht nur 5, nein am liebsten 6 Sternchen vergeben. Doch ab da wird es mir zu märchenhaft und es war nicht mehr so mein Buch. Vielleicht bin ich einfach zu realistisch für das, was auf den folgenden Seiten noch kommt.

Im Grunde besteht „Die wundersame Mission des Harry Crane“ aus zwei Büchern, einem realen und einem märchenhaften, die zu einem Roman zusammen gefügt wurden.

Am Ende noch ein Satz, der mir besonders gefiel: „Lieben und loslassen, das ist der ewige Kreislauf“.