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Veröffentlicht am 24.10.2019

Eine poetische Geschichte, die eine toxische Freundschaft absolut gelungen darstellt

Dunkelgrün fast schwarz
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Das Buch handelt von einer toxischen Freundschaft, die hier meiner Meinung nach sehr gelungen dargestellt wird. Das macht das Buch auf keinen Fall zu einer leichten Lektüre, denn diese Abhängigkeit zu ...

Das Buch handelt von einer toxischen Freundschaft, die hier meiner Meinung nach sehr gelungen dargestellt wird. Das macht das Buch auf keinen Fall zu einer leichten Lektüre, denn diese Abhängigkeit zu verfolgen kann unangenehm sein, verzweifelt stimmen, Hass wecken und es manchmal schwer machen, weiterzulesen - und doch hing ich an den Seiten. Und doch zog mich die Geschichte in ihren ganz eigenen Bann.

Es gibt keinen wirklichen Spannungsbogen, stattdessen stellt dieses Buch vielmehr eine Collage aus Erinnerungen dar. Erinnerungen aus drei Sichten - der von Moritz, der von seiner Mutter Marie und der von Jo, der Freundin von Raf. Vor jeder Erinnerung steht zur Einordnung die Jahreszahl, dennoch erzählen alle im Präsens, was einem als LeserIn das Gefühl gibt, direkt dabei zu sein.
Zusammen ergeben sie nach und nach ein Bild der Freundschaft und der Ereignisse danach, und auch wenn einige Punkte erst am Ende enthüllt werden, besteht die Spannung eher darin, dass ich selbst in eine gewisse Abhängigkeit geriet und einen Blick auf diese toxische Freundschaft zu verschiedenen Zeiten hatte - mit der immer offenen Frage, ob Moritz sich in der Gegenwart endlich daraus lösen kann.

Rafs Sicht ist dabei nicht vertreten, aber ich persönlich finde, dass dies die Chemie dieses Buch ein stückweit kaputtgemacht hätte. Alle ProtagonistInnen scheitern in gewisser Weise daran, ihn zu verstehen, hinter seine Fassade zu blicken. Sie verklären ihn mal, sie hassen ihn, sie unterliegen seinem Bann - und als LeserIn weiß man ebenso wenig, was Rafs Intentionen sind, was diese Magie, die er auf andere ausübt, wirklicher werden lässt.

Und oh, ich habe Raf gehasst. Und gleichzeitig war ich unglaublich fasziniert von ihm.
Raffael ist schon als Kind gewalttätig und manipulativ. Gleichzeitig zieht er alle in einen Charme. Er kommt aus einem reichen Elternhaus, und in gewisser Weise erkennt man sein Verhalten in seinen Eltern wieder, vor allem in seinem gutaussehenden, charmanten und reichen Vater, ganz so, wie er es später auch ist. Denen die weiblichen Herzen zufliegen, die alles bekommen, was sie wollen und sich dessen vollends bewusst sind. Arrogant, selbstbewusst und vor allem auch selbstsicher.
Die ganze Zeit über strahlt Raf Überlegenheit aus, die nie wirklich gebrochen wird. Er scheint die ganze Zeit mit einem amüsierten Lächeln auf die Welt zu blicken, als würde er sich über sie lustig machen.

Raf kontrolliert, er manipuliert, und Moritz fügt sich. Moritz ist unheimlich passiv, lässt sich mitziehen, macht alles mit, und genau hier zeigt sich das Toxische, wenn er sich nicht daraus lösen kann. Und als Leserin verspürte ich Verzweiflung angesichts dieser Unentrinnbarkeit.
Moritz ist zurückhaltend, ruhig, man merkt, dass er ein gutes Herz hat, und umso mehr frustriert es, dass es auch in der Gegenwart so wirkt, als würde er sich wieder protestlos in Rafs Fänge geben und zusehen, wie Raf sein Leben zerstört.

Aber auch Marie habe ich als relativ passiv wahrgenommen und mich oft gefragt, inwieweit sie etwas hätte tun können, diese Abhängigkeit verhindern können. Sie trifft Entscheidungen, die sie nicht unbedingt sympathisch machen, und doch wirkt sie vor allem verloren.
Sie zieht nach Hallein bei Salzburg, wo der Großteil der Handlung spielt, einem Ort, aus dem auch die Autorin kommt, was sich in einigen österreichischen Ausdrücken bemerkbar macht, die dem Buch einen authentischen Charme geben.
Nachdem sie unerwartet schwanger wird, macht Marie nichts aus ihrem Studium, sondern heiratet den Vater und zieht in den ländlichen Ort, den sie nicht kennt, um die Kinder großzuziehen. Und somit ist sie selbst erst Mitte 20, plötzlich mit Verantwortungen konfrontiert, die sie nicht erwartet hatte, gefangen in einem Leben, das ihr die ungewollte Schwangerschaft aufgezwungen hat. Somit empfand ich immer wieder doch auch Mitleid für sie. Gleichzeitig bietet sie eine Außenperspektive auf die Freundschaft während der Kindheit und ihre eigene Machtlosigkeit.

"Dunkelgrün fast schwarz" zeichnet sich dabei auch durch den herausragenden Schreibstil aus, der sehr poetisch ist, was ich persönlich sehr gerne mochte. Hinzu kommt, dass Moritz Synästhetiker ist und Farben sieht, was seiner Erzählweise eine zusätzliche Ebene verleiht.
Doch neben der Poesie mutet das Buch oft auch derb an. Die Erwachsenen haben oft Sex, selten zärtlich. Im Kontrast dazu steht die doch sehr liebevolle Beziehung zwischen Kristin und Moritz, oder die partnerschaftliche zwischen Alexander und Marie.
Auch Jo ist ein sehr ambivalenter Charakter. Sie leidet unter Essstörungen, ist zynisch, verbittert und gleichzeitig ebenfalls absolut abhängig von Raf.

Das Buch überraschte mich mit einem runden Abschluss, nach dem man mit bitterem Nachgeschmack und einer Vielzahl an Gefühlen zurückbleibt. Vor allem aber werden diese toxische Freundschaft und Rafs Manipulation so nachvollziehbar und ausweichlich dargestellt, dass man als LeserIn die Abhängigkeit intensiv spürt, sie verabscheut, einen Ausweg wünscht und doch selbst irgendwie davon gefangen wird.

Fazit: Unheimlich gut geschriebene Geschichte einer toxischen Freundschaft, die die Abhängigkeit nachvollziehbar werden lässt. Verschiedene Sichten bilden eine Collage aus den verschiedenen Momenten und konstruieren so ein Bild dieser Freundschaft zwischen dem charmanten, immer kontrollierenden und manipulativen Raf und dem von ihm abhängigen Moritz. Der poetische Schreibstil trägt seinen Teil dazu bei, den/die LeserIn in den Bann zu ziehen, von dieser oft düsteren und manchmal derben Geschichte, die einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt.

Veröffentlicht am 21.10.2019

Lebt von individueller Erzählstimme

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat
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Die Geschichte beginnt mit dem Ende, nämlich damit, dass Alex in Dover angehalten wird mit der Urne und dem Marihuana. Ohne weitere Erklärung springt Alex dann zu einem sehr prägnanten Ereignis in seiner ...

Die Geschichte beginnt mit dem Ende, nämlich damit, dass Alex in Dover angehalten wird mit der Urne und dem Marihuana. Ohne weitere Erklärung springt Alex dann zu einem sehr prägnanten Ereignis in seiner Kindheit zurück und erzählt dann Stück für Stück, wie sich sein Leben entwickelt und wie er schließlich Mr. Peterson kennenlernt, manchmal mit vorgreifenden Kommentaren, die Spannung schüren in einer Erzählung, die nicht so klingt, als wäre sie spannend.
Ist sie aber irgendwie trotzdem, denn obwohl man eigentlich weiß, wie das Ganze ausgeht, weiß man doch nicht, wie es dazu gekommen ist, was die genauen Umstände sind und wird so ein wenig dadurch vorangetrieben, dass man wissen will, wie es zu all dem gekommen ist. Nichtsdestotrotz gibt es auch zwischendurch immer kleine Überraschungen in diesem Buch, das Themen wie Tod, Sterben und Krankheit behandelt, aber auch Freundschaft, Ziele im Leben und so viel mehr.

Ich glaube, dieses Buch hat es auch gar nicht zum Ziel, spannend zu sein, denn in allererster Linie unterhält es auf seine ganz eigene Art. Oder vielmehr auf Alex' ganze eigene Art. Alex ist ein ganz individueller Charakter. Naiv trifft es nicht ganz, auch wenn er das mit Sicherheit auch ist, vielleicht unschuldig oder unbescholten, im Buch wird er einmal als arglos beschrieben.
Alex lernt sehr gerne und viel, und ist vor allem begeistert von Naturwissenschaften, was sich auch in seinem eher faktenkonzentrierten Denken abzeichnet, was dazu führt, dass er eben manchmal nicht so ganz das Verständnis für irrationale Gefühle hat, auch wenn er sie selbst verspürt.

Sein Charakter und vor allem sein sehr individueller Blick auf die Welt haben einen ganz eigenen Charme inne, der dieses Leseerlebnis ausmacht. Manchmal ist es die Naivität seiner Gedanken, die Unschuld darin, manchmal die Intelligenz, wenn er Schlussfolgerungen oder Vergleiche zu Dingen zieht wie Wissenschaft, manchmal einfach nur der Glaube an seine Prinzipien.
Und diese ganz eigenen Gedanken habe ich sehr gerne verfolgt, denn zusammen mit dem lockeren, leicht humorvollen Schreibstil trägt das dazu bei, dass dies ein sehr unterhaltsames Buch ist.

Fazit: Eine ungewöhnliche Geschichte mit einem ungewöhnlichen Protagonisten, die vor allem von ihrer individuellen Erzählstimme lebt und einen hohen Unterhaltungswert, aber auch einige Denkanstöße zu tiefgründigeren Themen bietet.

Veröffentlicht am 11.10.2019

Absurde und skurrile Unterhaltung

Der Pfau
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Ich bin mit keinerlei inhaltlicher Erwartung an dieses Buch herangegangen, was vielleicht auch gar nicht mal so schlecht war, denn so konnte mich der Charme dieser ungewöhnlichen Geschichte vollends in ...

Ich bin mit keinerlei inhaltlicher Erwartung an dieses Buch herangegangen, was vielleicht auch gar nicht mal so schlecht war, denn so konnte mich der Charme dieser ungewöhnlichen Geschichte vollends in den Bann ziehen. Oder mich vielmehr glänzend unterhalten.

Man muss dazu sagen, dass der Stil sehr gewöhnungsbedürftig und eigen ist. Wie üblich kann ich bei Interesse einen Blick in die Leseprobe empfehlen. Ein bisschen erinnert der Stil an eine Erzählung von, sagen wir, einer Nachbarin im Tratsch mit einer anderen, bei der es um diese skurrilen Geschehnisse geht. Es gibt keine wörtliche Rede in dem Sinne, stattdessen oft relativ lange Sätze und alles wirkt, als würde es mit einem kleinen Augenzwinkern erzählt.
Der auktoriale Erzähler wechselt zwischen den Charakteren und gibt eigentlich einen Einblick in die Gedanken von allen, was bei dieser Geschichte, die sich gerade durch die Geheimnisse auszeichnet, die die einzelnen Personen halten, für zusätzliche Unterhaltung sorgt.

Denn das Buch ist eine reinste Komödie. Ausgehend von einem verrückt spielenden Pfau wird eine Kette von Ereignissen ausgelöst, die oft absurd und skurril anmuten, aber gerade dadurch zum Lachen bringen. Das wird dadurch verstärkt, dass jeder Charakter seine eigene Interpretation und eingeschränkte Sicht auf die Geschehnisse hat, was aus Banalitäten Missverständnisse schafft, die weiter ins Absurde getrieben werden.
Was klingt, als könnte es ebenso gut Augenrollen auslösen, hat mich vielmehr unheimlich gut unterhalten und teilweise sogar zum Lachen gebracht. Dadurch ist das Buch auch eine eher leichte Lektüre für Zwischendurch, die nicht übermäßig viel Aufmerksamkeit erfordert, aber dafür umso besser unterhält.

Auch die oft sehr individuelle Zeichnung der Charaktere trägt zum Unterhaltungswert bei. Eine zickige, versnobte Chefin, wie man sich das von der Chefin der Investmentabteilung einer Bank vorstellt, mit vier unterschiedlichen Bankern, die ebenso Klischees zu erfüllen scheinen. Und nicht zuletzt eine begnadete Köchin, wie man sich eine Köchin vorstellt.
Doch gleichzeitig bricht Isabel Bogdan auch wieder mit all diesen Klischees, schon bei dem adeligen Ehepaar. Die Lady zum Beispiel ist Ingenieurin und regt sich zwischendurch über die "unemanzipierten Städter" auf. Und auch die anderen Charaktere öffnen sich im Verlaufe des Wochenendes. Man erfährt mehr über sie, über ihre Beziehungen, zum Beispiel zwischen Andrew und seiner Familie, David und seinem Mann, über ihr Innenleben und darüber, warum sie sich so verhalten, wie sie sich verhalten.
Dadurch gelingt es der Autorin, trotz der scheinbaren Leichtigkeit, mit der diese Geschichte erzählt wird, ihren Charakteren Vielschichtigkeit zu verleihen. So macht es letztendlich Spaß, die Entwicklung zu verfolgen, die sie im Verlaufe des Wochenendes durchlaufen.

Fazit: Absurde und skurrile Geschichte, erzählt in einem sehr eigenen Stil mit individuellen, nichtsdestotrotz aber auch vielschichtigen Charakteren, die für komödienhafte Unterhaltung sorgt!

Veröffentlicht am 11.10.2019

Bittersüße, außergewöhnliche Liebesgeschichte

Himmelsfern
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Mir fällt es mir unheimlich schwer, irgendwas zu dem Inhalt zu sagen, ohne zu spoilern. Das Buch lebt quasi davon, dass man als LeserIn ebenso wenig weiß wie Noa, und gleichermaßen versucht, die Puzzleteile ...

Mir fällt es mir unheimlich schwer, irgendwas zu dem Inhalt zu sagen, ohne zu spoilern. Das Buch lebt quasi davon, dass man als LeserIn ebenso wenig weiß wie Noa, und gleichermaßen versucht, die Puzzleteile zusammenzusetzen. Dabei habe ich das Buch auch als sehr unvorhersehbar empfunden.
Das Buch ist in erster Linie eine Liebesgeschichte mit kleinen Fantasyelementen und im Vordergrund stehen die ProtagonistInnen. Wer spannende Kämpfe und epische Weltrettungsmissionen erwartet, ist hier falsch. Das Buch ist ruhig, allerdings von einer unterschwelligen Spannung untermalt, die an die Seiten fesselt. Und gleichzeitig ist die Geschichte auch außergewöhnlich, anders, als die meisten Geschichten dieses Genres, auch wegen ihrer Erzählweise.

Und die Liebesgeschichte ist unglaublich schön, sie ist melancholisch, aber auch romantisch, ohne dass ich es als kitschig empfunden hätte. Am ehesten lässt sie sich vielleicht als bittersüß beschreiben. Gleichzeitig geht es darum, auch Imperfektion zu lieben, das eigene Leben nicht unbedingt dafür aufzugeben, darum, was Liebe verzeihen kann und was sie erreichen kann. Es geht um gemeinsames Lachen und darum, sich gegenseitig Stärke zu geben. Um Vertrauen, um Halt geben, und einfach um unheimlich viel.
Gleichzeitig ist das Buch aber auch emotional und kann einen fertigmachen. Daneben ist der Schreibstil auch unheimlich angenehm, manchmal leicht poetisch, oft mit gelungener Wortwahl.

Noa ist auch eine unheimlich sympathische Protagonistin. Sie hat einen ziemlich sarkastischen und zynischen Stil, mit dem sie die Geschehnisse kommentiert, was immer auch für Unterhaltung sorgt. Sie macht vielleicht nicht immer alles richtig, aber ich konnte ihre Handlungen immer nachvollziehen. Gleichzeitig wirkt sie lebendig, authentisch, wie eine echte Jugendliche. Sie ist oft stark, also innerlich stark, aber eben auch nicht immer, sie nimmt nicht einfach alles hin.
Gleichzeitig ist sie auch individuell. Sie hat ein eher ungewöhnliches Hobby - Poi spielen - und auch sonst eigene Charaktereigenschaften. Überhaupt wirken alle Charaktere sehr authentisch und individuell. Und gerade die Interaktion zwischen Noa und ihrem alleinerziehenden Vater habe ich sehr gerne gelesen, zumal die beiden ihre Gefühle hinter Humor verstecken und trotzdem wissen, was der/die andere ausdrücken will.

Ansonsten lässt sich vielleicht noch etwas zu der Kulisse sagen, die wie eine Metapher wirkt und für eine entsprechende Atmosphäre sorgt. Die Stadt wird als so grau, heruntergekommen und trostlos wie nur möglich beschrieben, und nicht zuletzt trägt Noa selbst den Nachnamen "Grau". Alles wirkt so banal alltäglich, unbedeutend, die Menschen hängen in ihren trostlosen Alltagen fest. Gerade auch Noas Nachbarschaft ist von Machtspielchen und Armut geprägt. Und obwohl Noa sich weigert, so zu werden wie die anderen StadtbewohnerInnen, merkt man auch, dass es ihr Zuhause ist, das sie kennt.

Fazit: Sehr angenehmer Schreibstil und eine unterschwellige Spannung fesseln an die Seiten dieser außergewöhnlichen und bittersüßen Liebesgeschichte mit tiefgründigen, authentischen Charakteren und einer sarkastischen, individuellen und sehr sympathischen Protagonistin!


Veröffentlicht am 27.09.2019

Nicht ganz glaubwürdig und nachvollziehbar

Layers
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Ich muss sagen, ich war ein wenig enttäuscht, aber vielleicht liegt das auch einfach daran, dass ich nicht mehr zur Zielgruppe gehöre. Die Idee hinter dem Ganzen ist durchaus faszinierend, allerdings wurde ...

Ich muss sagen, ich war ein wenig enttäuscht, aber vielleicht liegt das auch einfach daran, dass ich nicht mehr zur Zielgruppe gehöre. Die Idee hinter dem Ganzen ist durchaus faszinierend, allerdings wurde das Ganze ab einem bestimmen Punkt immer abgedrehter. Dennoch, eine interessante Vorstellung, bei der ich vor allem mit der Umsetzung hadere.

Vielleicht liegt es auch daran, dass ich mit dem Protagonisten nicht klarkam. Dorian ist vor seinem gewalttätigen Vater auf die Straße geflohen und hat Abitur und seinen Traum von einer Karriere als Anwalt hinter sich gelassen. Die angeschnittenen Themen - häusliche Gewalt, problematische Elternhäuser, Kinder/Jugendliche, die auf der Straße leben - finde ich dabei durchaus sehr wichtig, auch wenn es mir Dorian zwischendurch ein bisschen zu leicht fiel.

Lange ist er aber sowieso nicht auf der Straße, ehe er in der Villa eines mysteriösen Unternehmers landet, der obdachlose Jugendliche aufnimmt und ihnen Unterricht anbietet. Internetzugang und Kontakt zur Außenwelt gibt es nicht. Im Gegenzug müssen die Jugendlichen lediglich Flugblätter verteilen, an Stellen, zu denen sie hingebracht werden, ohne dass sie die Strecke kennen. Ich will ja nichts sagen, aber für mich schrie das quasi nach verdächtig und unheimlich. Aber irgendwie stand ich da ziemlich alleine da.
Dorian ist zwar anfangs skeptisch, akzeptiert das Ganze aber viel zu schnell, und auch die anderen Jugendlichen scheinen absolut zufrieden zu sein und die Tatsache zu akzeptieren, dass anscheinend ein Unternehmer plötzlich jugendlichen Obdachlosen unter sehr merkwürdigen Konditionen hilft.

Das ist letztendlich auch etwas, das sich fortsetzt. Dorian war mir zu leichtgläubig, vor allem für einen Jugendlichen, der auf der Straße gelebt hat und deswegen eher misstrauisch und wachsam sein sollte. Klar, er ist auch neugierig, aber ... Gerade zum Ende hin verstand ich oft auch nicht mehr so ganz seine Entscheidungen und warum er das tut, was er tut.

Umgekehrt - und da muss an dieser Stelle auch gesagt werden - ist es eindeutig ein Jugendthriller und die Zielgruppe wird schon sehr deutlich. Somit ist Dorian auch sehr jugendlich gehalten, und auch die Geschehnisse sind entsprechend ausgerichtet. Mit diesen hatte ich auch Probleme - gerade das Ende fand ich sehr unglaubwürdig und unpassend. Aber ich würde nicht ausschließen, dass jüngere LeserInnen, die einfach einen spannenden Jugendthriller suchen, hier besser aufgehoben sind.
Spannend ist die Geschichte durchaus. Auch wenn wir direkt einstiegen, brauchte ich ein wenig, um reinzukommen, trotzdem schürt die Autorin unterschwellige Spannung und weiß auch, an die Seiten zu fesseln.

Ein weiteres Problem hatte ich jedoch mit der Liebesgeschichte. Ich weiß bis heute nicht, was seine große Liebe, mit der er ihr das Blaue vom Himmel verspricht, ausgelöst hat, aber von einem Moment auf den nächsten sind die beiden unsterblich verliebt. Keine Entwicklung, keine Gründe, nichts. Ich habe noch nicht mal einen Eindruck von ihrem Charakter, der wie so viele in diesem Buch eher blass bleibt.
Dabei ist die Liebesgeschichte ziemlich relevant für Dorians Entscheidungen, was es mir noch schwerer machte, diese nachzuvollziehen. Und auch diese Liebesgeschichte wirkt letztendlich sehr jugendlich.

Fazit: Fesselnd mit interessanter Idee, aber unglaubwürdige Zusammenhänge, eine Liebesgeschichte, die aus dem Nichts auftaucht und ein viel zu leichtgläubiger Protagonist, deren Handlungen ich nicht nachvollziehen konnte - vielleicht eher etwas für jüngere LeserInnen.