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Veröffentlicht am 03.08.2017

Eine überzeugend realistische und berührende Robinson-Crusoe-Geschichte

Der Marsianer
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Allgemeines:

Titel: Der Marsianer - Rettet Mark Watney
Autor: Andy Weir
Verlag: Heyne Verlag (14. September 2015)
Genre: Science-Fiction
ISBN-10: 3453316916
ISBN-13: 978-3453316911
Originaltitel: The ...

Allgemeines:

Titel: Der Marsianer - Rettet Mark Watney
Autor: Andy Weir
Verlag: Heyne Verlag (14. September 2015)
Genre: Science-Fiction
ISBN-10: 3453316916
ISBN-13: 978-3453316911
Originaltitel: The Martian
Seitenzahl: 512 Seiten
Preis: 3,99€ (Kindle-Edition)
9,99€ (Taschenbuch)
11,49€ (Audio-CD)



Inhalt:

Gestrandet auf dem Mars
Bei einer Expedition auf dem Mars gerät der Astronaut Mark Watney in einen Sandsturm und wird bewusstlos. Als er aus seiner Ohnmacht erwacht, ist er allein. Auf dem Mars. Ohne Nahrung. Ohne Ausrüstung. Und ohne Crew, denn die ist bereits auf dem Weg zurück zur Erde. Für Mark Watney beginnt ein spektakulärer Überlebenskampf …


Bewertung:

„Ich werde sogar meinen Urin elektrolytisch aufspalten … Wenn ich das hier überlebe, werde ich den Leuten erzählen, dass ich Raketentreibstoff gepinkelt habe.“

Man muss es einfach sagen: an diesem Buch kommt man als Science-Fiction-Liebhaber und aufmerksamer Verfolger von Trends kaum vorbei. "Der Marsianer" hat zuerst als Roman und dann als Film die Herzen und Regale der Welt erobert. Als ich das Buch dann in einem Kaufhaus reduziert entdeckt habe, musste ich es einfach kaufen und mir selbst eine Meinung zu der Geschichte machen. Als ich etwa in der Hälfte des Buches war, habe ich mir gleich noch den Film besorgt, das sagt als Fazit ja schon mal recht viel aus

Doch wie immer das Cover zuerst: Eigentlich hasse ich großgedruckte Gesichter auf Cover, doch hier passt es wirklich unwahrscheinlich gut. Das Gesicht im EVA-Anzug hat so einen ganz bestimmten Gesichtsausdruck, der sich perfekt mit den Hauptemotionen Mark Watneys deckt: ernst, konzentriert, aber auch ein wenig herausfordernd. Ein schöner Effekt, der das ganze Abrundet ist die Spiegelung der Marsoberfläche im Visier des Helmes. Auch der Titel passt natürlich haargenau. Deshalb zur Gestaltung einen großen Daumen nach oben! Ich finde nur, auf dem Cover steht ein wenig zu viel drauf, die ganzen Aufschriften mit Titel, Untertitel, Genre, Autor, Verlag und zwei Vermarktungssprüchen sind für meinen Geschmack ein wenig zu viel. Auch dass auf meinem Exemplar noch zwei Aufkleber waren, einer mit "Jetzt im Kino", der anderen mit "Der New York Times- Bestseller", fand ich etwas Zuviel des Guten. Aber das nur am Rande.

Der Marsianer - der exzentrische aber liebenswerte Botaniker mit den durchgeknallten Ideen, der auf dem Mars vergessen wird. Die perfekte Grundlage für eine packende Heldengeschichte. Und das ist Mark Watney definitiv - ein Held.
Doch beginnen wir doch am Anfang.


Erste Sätze: "Ich bin so was von im Arsch.
Das ist meine wohlüberlegte Meinung.
Im Arsch."


Mark Watney bleibt nach einem Unfall, bei dem die Crewmitglieder ihn für tot hielten, alleine auf dem Mars zurück. Als er aufwacht und bemerkt, dass alle weg sind und ihn zurückgelassen haben, beschließt er, zu überleben und den Planeten zu besiegen. Eigentlich ein hoffnungsloses Unterfangen, doch er käme nie auf die Idee zu verzagen, beginnt sofort sämtliche Lösungsansätze abzuwägen und berechnet wie lange er mit den Nahrungs- sowie Wasservorräten durchhalten würde, denn in 4 Jahren ist in 3200km Entfernung die nächste Ares Mission geplant, die ihn retten könnte. Genau hier setzt die Geschichte an. Er ist nicht tot. Und doch ist er, wie er es so treffend auf der ersten Seite formuliert: „im Arsch“, denn wie soll er es in den 3200km entfernten Schiaparelli-Krater schaffen und 4 Jahre mit der Ausrüstung überleben, die für 30 Tage hätte reichen sollen? Jetzt heißt es durchhalten, doch was macht man 4 Jahre in einer kleinen Wohnkuppel in feindlicher Atmosphäre, ... so ganz alleine...?


"Mein heutiger Tag begann mit einer Kartoffel, die ich mit etwas Marskaffee hinuntergespült habe. So nenne ich heißes Wasser mit einer aufgelösten Koffeinpille. Der echte Kaffee ist mir schon vor Monaten ausgegangen."

...Abwarten und Kaffee trinken? Nein! So alleine in der lebensfeindlichen Umgebung der Mars gibt es viel zu tun. Das Buch erzählt in fast täglichen Logbucheinträgen Watneys, mit welchen Problemen er zu kämpfen hat und wie er sie lösen will. So wird es dem Leser Schritt für Schritt ermöglicht in die Materie einzutauchen und mit Mark an Lösungen zu "basteln". Und so beginnt Andy Weirs Robinson Crusoe Version für gestrandete Astronauten: Ob es nun um eine explodierte Luftschleuse, um Wassermangel, die Langweiligkeit von Disco-Musik oder um die Einsamkeit geht - Mark verzagt nie und findet immer eine Lösung. Das ist wohl vorrangig das beeindruckende an diesem Roman: das unerschöpflich positive und konstruktive Denken Mark Watneys, ohne welches er niemals alleine überlebt hätte. Man merkt im deutlich an, dass ihm die Einsamkeit zu schaffen macht, lenkt sich jedoch erfolgreich selbst von der Tatsache ab, dass nur ein hochtechnisiertes Zelt und ein Haufen Kartoffeln ihn vom Tod trennt. Man könnte meinen, nur auf ihn zu blicken würde irgendwann langweilig werden, er ist jedoch so erfrischend, geerdet (haha, versteht ihr den Wortwitz ) und lebendig gezeichnet, dass man sich gut mit ihm identifizieren kann und gut unterhalten wird. Immer wieder hat er mich verblüfft mit durchgeknallten Ideen und die gedrückte Atmosphäre immer wieder gekonnt durch Witz und Sarkasmus aufgelockert. Es scheint, als wollte er sich selbst ab und zu etwas aufheitern, versuchen über die abstruse Situation zu lachen, um nicht durchzudrehen, gleichzeitig auch dem Leser seines Logbuches keine deprimierende Überlebensgeschichte liefern. Das hat er geschafft, der liebe Mark, ich habe mehrmals herzlich gelacht! So ist die Geschichte erstaunlich wenig düster, für eine Story, in der jemand einsam auf einem anderen Planeten versucht nicht zu sterben...


"Ich bin auf dem Mars gestrandet und kann weder mit der Hermes noch mit der Erde Kontakt aufnehmen. Alle halten mich für tot. Ich sitze in einer Wohnkuppel, die einunddreißig Tage stabil bleiben soll. Wenn der Oxygenator versagt, ersticke ich. Wenn der Wasseraufbereiter versagt, verdurste ich. Wenn die Wohnkuppel nicht hält, explodiere ich einfach. Wenn das alles nicht passiert, geht mir einfach irgendwann der Proviant aus und ich verhungere. Also bin ich wohl im Arsch."


Doch der Roman ist bei weitem nicht nur etwas für Science-Fiction-Liebhaber, denn als typischen Vertreter dieses Genres würde ich dieses Buch nicht beschreiben. Anstatt von krassen Raumschiffen und zig neuen Galaxien wie andere Lebensformen zu phantasieren gibt der Roman eher eine gut durchachte Vorschau auf eine baldige, recht reale Zukunft. Denn die ersten Marsmissionen sind längst kein Traum unrealistischer Autoren mehr: Ob ihrs glaubt oder nicht, die niederländische Organisation, Mars One, plant 2024 zum ersten Mal Menschen zum Mars zufliegen. Auch wenn der Autor nicht immer auf die Realität zurückgreift, erklärt und belegt er die Geschehnisse so überzeugend, dass man ihm jedes Wort als Fakt aus der Hand frisst. Hier verstehe ich die vielen Kritiker nicht, die an der Glaubwürdigkeit der Fakten im Buch herumnörgeln - es ist immer noch Fiktion, und die darf alles, solange man es als Leser glaubt und der Autor es nicht in echt als Fakt deklariert ist also alles in Ordnung.
Um die Lösungen zum Überleben auf dem Mars zu belegen, geht Andy Weir oftmals auf mathematische, physikalische oder chemische Phänomene und Grundlagen ein, die interessant und verständlich erklärt sind. Man muss definitiv ein wenig Interesse den Naturwissenschaften gegenüber mitbringen, sonst wird man in diesem Buch vor Langweile sterben, muss aber nicht viel wissen um alles zu verstehen.


"Ein Problem habe ich nicht bedacht: das Wasser.
Nach ein paar Millionen Jahren auf der Marsoberfläche enthält der Staub keinerlei Feuchtigkeit mehr. Dank meines Abschlusses in Botanik bin ich ziemlich sicher, dass Pflanzen zum Wachsen feuchte Erde brauchen."

Der Schreibstil des Buches ist sehr einfach und schlicht - Umgangssprache eines Logbucheintrags eben. Dabei wird immer ein positiver Umgangston behalten. Trotz der Schlichtheit der Sätze sind Details, die den Mars betreffen sehr genau und gut vorstellbar erklärt, sodass man bald ein detailliertes Bild seines Daseins vor Augen hat. Dazu hilft auch die Marskarte, die am Anfang des Buches beifügt ist.
Besonders interessant an seiner Art, durch Logbucheinträge das Geschehen zu erklären ist, dass er sich bewusst zu sein scheint, dass das jemand liest und den Leser oft direkt anspricht und für ihn technische Details einfach erklärt, sodass es jeder verstehen würde. Das ist ein sehr raffinierter Kniff des Autors. Mark Watney sagte einmal, wenn er wieder auf die Erde zurückkomme, würde sein Logbuch ein Bestseller werden. Hat ja ganz gut geklappt...


"(12.04) NASA: Übrigens, hüten Sie bitte Ihre Zunge. Alles, was Sie tippen, wird live auf der ganzen Erde verbreitet.
(12.15) WATNEY: Seht mal da! Zwei Titten -> (.Y.)"


Doch die Geschichte hat seinen Fokus nicht alleine auf Watney gelegt, bloß eine Person in einem Buch wäre ja auch ein wenig trist, selbst wenn diese eine Person erfrischend und abwechslungsreich charakterisiert wurde. So wechselt die Logbuch-Ich-Perspektive ab etwa einem Fünftel des Romans zeitweise auf die Erde zur NASA. Ein Haufen schlauer Köpfe, die es schafft, Watney von einigen Lichtsekunden Entfernung aus zu unterstützen. Ein Haufen guter Leute, die ihn nicht aufgeben und immer wieder nach neuen Lösungen suchen, ihn zurückzuholen. Es wird aus der Sicht verschiedener NASA-Mitarbeiter berichtet. Sei es aus der Sicht des NASA-Chefs, des Leiters der Mars-Mission, oder einer kleinen, anfangs unbedeutenden Mitarbeiterin, die schließlich den alles entscheidenden Hinweis liefert, der Marks Rettung in Gang bringt - es lockert Marks One-Man-Show deutlich auf. Auch die Crew begleitet man zwischendurch und es wird geschildert, wie die Mitglieder mit dem vermeintlichen Tod von Watney umgehen. Wir können außerdem verfolgen, was die Nachricht eines Satellitenbildes, das Watney lebendig zeigt, in der Bevölkerung auslösen kann. Es ist mega interessant zu beobachten, was die Erde schaffen kann, wenn sie sich zusammentut um ein Menschenleben zu retten. Das bringt einen dazu darüber nachzudenken, wie viel ein einzelnes Menschenleben wert ist. Wie groß darf der finanzielle Aufwand sein um eine einzige Person zu retten - wo ist die Grenze? Darf ich fünf Menschenleben in Gefahr bringen, um einen Menschen (vielleicht) zu retten?


"Was ich im Überfluss besitze sind Plastiksäcke. Sie unterscheiden sich kaum von normalen Mülleimerbeuteln, aber da sie für die NASA angefertigt wurden, kosten sie vermutlich 50.000$. Außerdem habe ich Klebeband. Gewöhnliches Klebeband, wie man es im Baumarkt bekommt. Anscheinend kann nicht einmal die NASA Klebeband aus dem Baumarkt verbessern."


Spannend? Ja auf jeden Fall! Wir erleben zusammen mit Mark viele Abenteuer, die dafür sorgen, dass auch das Warten auf dem Mars nicht langweilig wird. Zeitweise gibt es auf den guten 500 Seiten kurze Löcher, durch die man sich ein bisschen angestrengt durchlesen muss, doch der Drang zu erfahren, was am Ende mit Mark passiert, hat mich immer wieder dazu gebracht, weiterzulesen. Und da man nie weiß, dass er in Sicherheit ist, kann man sich nie zurücklehnen. Immer, wenn man denkt, dass er in Sicherheit ist oder einen großen Schritt Richtung Rettung geschafft hat, dann passiert etwas, das ihn wieder meilenweit zurückwirft. Zwischendurch stand ich kurz vor der Verzweiflung, da ich mir nicht vorstellen konnte, wie Mark da wieder rauskommen sollte. Krass, wie doch die einfachsten Dinge, die wir als selbstverständlich ansehen, auf einem anderen Planten wie der Erde zu einem riesigen Problem werden können. Lebenserhaltung - Luft, Wasser, Druck - über so etwas habe ich mir nie Gedanken gemacht, weil unser Heimatplanet das alles perfekt für uns bereithält. So denkt man viel mehr über unsere Erde als Heimat nach, während man die Geschichte eines Mannes liest, der sich weit abgeschottet und alleine in einer lebensfeindlichen Staubwüste aufhalten muss.

Das Ende ist dann verblüffend gut, actionreich aber auch irgendwie berührend. Es hat für mich perfekt gepasst. Ich werde ganz sicher nochmal was von Andy Weir lesen!

Und noch mein Lieblingszitat zum Schluss:


"Er wandte sich An Venkat. "Ich frage mich, was er gerade denkt."
Logbuch Sol 61: Wie kommt es, dass Aquaman Wale kontrollieren kann? Sie sind Säugetiere. Das ist doch Unsinn."


Fazit:

Eine überzeugend realistische und berührende Robinson-Crusoe-Geschichte über den Überlebenskampf eines einfallsreichen und positiven Astronauten auf dem Mars. Ein Muss für jedermann!

Veröffentlicht am 03.08.2017

LESEN! LESEN! LESEN!

Erwacht
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Allgemeines:

Titel: Erwacht
Autor: Jessica Shirvington
Verlag: cbt (18. April 2011)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 3570380114
ISBN-13: 978-3570380116
Seitenzahl: 480 Seiten
Originaltitel: The Violet Eden Chapters ...

Allgemeines:

Titel: Erwacht
Autor: Jessica Shirvington
Verlag: cbt (18. April 2011)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 3570380114
ISBN-13: 978-3570380116
Seitenzahl: 480 Seiten
Originaltitel: The Violet Eden Chapters # 1 - Embrace
Preis: 7,99€ (Kindle-Edition)
8,99€ (Taschenbuch)
Weitere Bände: Verlockt; Gebannt; Entbrannt; Vereint




Inhalt:
Gefallene Engel, unmögliche Liebe und ein Kampf gegen dunkle Mächte

An Violet Edens 17. Geburtstag gerät ihre Welt aus den Fugen. Sie erhält einen Brief ihrer verstorbenen Mutter und erfährt: Sie ist eine Grigori, ein Wächter-Engel – genau wie der unglaublich attraktive, nur leider so unnahbare Lincoln, für den sie schwärmt. Mit siebzehn erwachen ihre Fähigkeiten und rufen gefährliche Gegner auf den Plan. Nun muss sie sich entscheiden, ob sie ihre Gabe annimmt in einer Welt, in der Engel des Lichts und Engel der Finsternis einen schrecklichen Kampf führen ...



Bewertung:

Nur um das mal gleich klarzustellen: Ich LIEBE diese Reihe! Ich lese viele Fantasy Reihen und bin auch recht einfach zu begeistern, gebe ich zu, aber diese Reihe hat mich richtig umgehauen, sodass ich sie einfach nochmal komplett lesen musste. Also, überlegt euch, der Reihe eine Chance zu geben, sie hat definitiv viel zu wenig Aufmerksamkeit!

Die Reihe ist mitten im Vampirhype entstanden und hat den Trend, diese durch Engel abzulösen mit gesettet. Zuerst dachte ich, es sei eine Fantasy-Reihe wie jede andere auch, mitten im Hype, oberflächlich aber amüsant, eine Abklatsche, die schon hundertfach existiert, doch ich wurde rasch eines besseren belehrt. Ich kann es schlecht sagen, was der Reihe den absolut besonderen, mitreißenden Touch verleiht - sind es die unglaublich authentischen Gefühlsdarstellungen, die vielen innovativen Ideen, die tollen Charaktere oder doch er Schreibstil? -, doch er ist definitiv da und verzaubert den Leser.


Erster Satz: "Bilder von Morgen und Abend flimmerten vor meinen Augen, blendeten mich."


Die Geschichte beginnt spannend und reißt von der ersten Seite an mit. Wir werden zuerst in das chaotische Leben der 16 jährigen Violet Eden eingeführt, die bei ihrem Vater lebt und schon ewig für den 22 jährigen Lincoln schwärmt, was leider nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Als "Sportfreund", der mit ihr trainiert wirkt er viel zu desinteressiert und zu alt für sie. Alles ändert sich jedoch an ihrem 17. Geburtstag, als sie von ihrem Dad ein Kästchen bekommt, das ihr ihre Mutter, die bei ihrer Geburt gestorben ist, vermacht hat. Darin sind Briefe und ein silbernes Armband. Am Tag ihres Geburtstages feiert sie mit ihrer besten Freundin Steph, Lincoln und ihrem Dad in einer Bar, und zum ersten Mal zeigt Lincoln so etwas wie Gefühle, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick. Als Violet ihn am nächsten Tag aufsuchen möchte, um über die Situation vom Vortag zu reden, belauscht sie ein Gespräch zwischen Lincoln und noch einer Person und sie erfährt eine Nachricht, die ihr ganzes Leben ins Wanken zu bringen droht: Violet ist eine Grigori, eine Art Wächterengel und Lincoln ist ihr Grigori Partner, Griffin ihr Anführer. Ihr Schicksal hat sie nun aber selbst in der Hand: Sie kann ihre Bestimmung annehmen, oder sich davor verstecken. Um alles verarbeiten zu können zieht sich Violet erst einmal zurück, denn nicht nur dass ihr alles zu viel ist, auch dass Lincoln sie all die Jahre angelogen hat, macht ihr zu schaffen. In ihrer Trauerphase steht ihr der mysteriöse Phoenix, ein Verbannter der sie seit ihrem Geburtstag verfolgt, zur Seite. Trotz dass Verbannte von Natur aus Feinde der Grigori sind, scheint er ihr nicht feindlich gesinnt zu sein - im Gegenteil. Nun muss sich Violet entscheiden wer oder was sie sein möchte, und wem nun ihre Liebe gehört....

Die Autorin hat, von ihrem einfachen und doch gleichermaßen tiefgründigen Schreibstil abgerundet, eine Welt erschaffen, die einen ganz anderen Blick auf die Engelswesen wirft, in der ein ewiger Kampf tobt und Gutes nicht sofort von Bösem unterschieden werden kann. Durch gewaltige Bilder und phänomenale Gefühlsbeschreibungen wird man geradezu gezwungen, sich in den Plot hineinzuversetzen und wird infiziert mit dem unbändigen Drang, schnell weiterzulesen.
Es tun sich immer neue Abgründe auf, Violet bekommt immer tiefere Einblicke in ihre und die gesamte Vergangenheit der Gregori. Somit bleibt das Buch ständig spannend, auch wenn es ganz klar als Einleitung in die Reihe fungiert und viel erklärt wird. So wird man mit ihr langsam in die Welt der Grigori eingeführt und bekommt einige Appetithäppchen vorgesetzt, die Lust auf mehr machen!

Die Person Vilolet Eden ist ein Phänomen für sich! In erster Linie lernen wir sie hier als selbstbewusste junge Frau kennen, die ihren Weg im Leben gehen will und mit einigen Problemen zu kämpfen hat, wodurch ihr Kämpferherz schon gleich deutlich wird. Ihr Vater hat den Tod der Mutter kurz nach ihrer Geburt scheinbar nie richtig überwunden. Er vergräbt sich in Arbeit und Violet ist irgendwie für ihre Erziehung selbst verantwortlich, doch hat sogar ihr Vater mal den ein oder anderen lichten Moment und benimmt sich auch wie ein Dad. Neben ihrer zeitweisen Einsamkeit muss sie noch mit einem schweren Übergriff eines Lehrers klarkommen. Viel Sicherheit und Kraft zieht sie aus ihrer Freundschaft zu Steph, die einfach genial ist, die wir aber leider erst in den Folgebänden genauer kennenlernen dürfen. Ihre Kraft und ihr Vertrauen stehen also auf recht wackligen Beinen, sodass die Offenbarung über ihre wahre Bestimmung sie trifft wie ein Blitzschlag. Sie ist verwirrt, aber vor allem wütend: Sie will keine Grigori sein, keine Verbannten jagen, nicht Lincolns Partnerin sein und deshalb niemals als Frau für ihn in Frage kommen, sie will nur ein ganz normales Leben führen, mit ihrer besten Freundin Steph shoppen gehen, Kunstkurse belegen, erwachsen werden. Da ist es natürlich klar, dass sie unsicher und verletzt reagiert, als sie bemerkt, dass ihr Schwarm und bester Freund sie schon immer belogen hat und ihr gesamtes Weltbild zusammenklappt wie ein Kartenhaus. Ihre seltsamen Stimmungsschwankungen und zeitweise Hassattacken kann man sich als Leser jedoch nicht erklären, so ist sie doch eine liebenswürdige und friedfertige Person. Hier kommt der geheimnisvolle Verbannte Phoenix ins Spiel, der ihr Leben immer mehr durcheinander bringt und ihr eine Alternative zu ihrem Grigori Dasein weist. Doch was verbirgt sich hinter ihm wirklich und wer will sie überhaupt sein?


"An irgendeinem Punkt müssen wir alle versuchen, ein wenig darauf zu vertrauen, dass sich selbst hinter dem Chaos irgendein Sinn verbirgt."


Doch natürlich geht es nicht nur um Liebe, aber was wäre solch eine Geschichte ohne? Es geht vorrangig um Violets Kämpfe, die sich über die gesamten Bände ziehen und sich immer wieder wandeln. Kämpfe mit Engeln, gegen Verbannte, gegen das Schicksal, gegen Freunde, gegen Feinde, gegen die Zeit und auch gegen sich selbst. Sie kämpft und leidet und liebt und kämpft... Ich habe gelacht, gebangt, gehofft, gejubelt, geweint und war immer irgendwo zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Selten sind die Emotionen während des Lesens so mit mir durchgegangen. Sie entwickelt sich immer weiter und muss schließlich entdecken, dass sie Teil einer großen Entwicklung ist, die viel gewaltiger ist, als sie es sich jemals vorstellen konnte...

Neben Violet sind noch vor allem ihre beiden männliche Freunde ausschlaggebend für die Genialität des Buches. Zum einen ist da Lincoln, der sehr schwer einschätzbar ist. Man merkt fast von Anfang an, das Violet mehr als nur ein Freundin für ihn ist, dass er sich jedoch zurück nimmt. Durch Vilotes Augen wird er als geradezu perfekt beschrieben - gutaussehend, geheimnisvoll, stark, sportlich, intelligent, treu, sympathisch -, macht jedoch auch viele Fehler in seinem Drang, Violet zu beschützen. Er versucht, das Beste für sie zu tun, auch wenn er damit in einigen Fällen total daneben liegt. Die gesamte Zeit wohnt ihm eine gewisse Zerrissenheit inne. Einerseits will er sie bei sich haben, als seine Grigori-Partnerin, ihr seine Welt zeigen, andererseits will er sich auch von allem fernhalten und beschützen. Man kann seinen inneren Kampf und seine Verletztheit im Laufe der Geschichte ist fast mit den Händen greifen, was ihn wirklich sympathisch macht. An manchen Stellen ist vielleicht etwas zu dick aufgetragen und sein ganzes Heldengedöns kann schon ein kleines bisschen übertrieben wirken, doch das gehört eben zu dieser Art von Fantasy-Buch auch ein bisschen dazu

„Du warst gestern Abend im Hades!"
Er klopfte mit den Fingern auf den Tisch.
„Ich fragte mich schon, wann du dich an unseren Tanz erinnern würdest. Normalerweise vergisst man mich nicht so leicht.“
Ich ignorierte den Kommentar. Ich würde mich nicht von seinem großen Ego ablenken lassen."


Der zweite Typ, mit dem sich Violet herumschlagen muss ist der geheimnisvolle Phoenix. Der umwerfend schöne Verbannte mit dem violett schimmernden Haar ist der widersprüchlichste Charakter, über den ich jemals gelesen habe. Dass er keiner der "Guten" ist, merkt man fast vom ersten Wort an, doch wirklich böse scheint er auch nicht zu sein. Es scheint, als ob er selbst sich auch noch nicht so ganz sicher wäre, was er sein will. Ich war von Anfang an eigentlich "Team Lincoln" und habe versucht, Phoenix nicht zu mögen, der sich mit bösen Tricks versucht, einen Weg in Violets Leben zu erschleichen, doch irgendwie wird immer mehr klar, dass er wirklich mehr für Violet empfindet als er sollte und wollte. Und immer mehr kommt die Frage auf, was er mit Hintergedanken bloß spielt, und was wirklich echt ist. So wird sein Charakter sehr rätselhaft, düster aber gleichzeitig auch ein wenig einsam und verletzt gezeichnet - eine geniale Mischung, die ihn deutlich interessanter als Lincoln macht, aber es ist von Anfang an klar, dass das mit ihm und Violet nicht gut enden kann.
So ist zwar klar, dass er ein sehr dunkles Geheimnis in sich trägt, doch man hofft bis zum Ende, dass er sich doch noch einen Ruck gibt und sich für die richtige Seite entscheidet.

Eigentlich hasse ich Dreiecks-Beziehungen wirklich wie die Pest, da sie oft oberflächlich und ungenügend ausgearbeitet sind und als unnötige Problemquelle für den Plot missbraucht werden. Doch in diesem Fall war sie einfach nur WOW. Die Beziehung von Violet und Lincoln erinnert an eine tiefe Verbundenheit, fast so etwas wie Seelenverwandtschaft, während die Beziehung zwischen Phoenix und Violet auf einer ganz anderen Ebene stattfindet. Hier spielen vor allem starke Anziehungskräfte eine Rolle, auch Beeinflussung und Täuschungen, Lust und Hass und irgendwie auch ... Freundschaft? Somit sind die Fäden ihrer Beziehungen ein wichtiger Grundstein für die Story, nicht nur ein nerviger Nebeneffekt und aus den vielen Emotionen entwickeln sich die meisten Motive, Antriebe und Handlungen heraus.


"Wenn Verbannte des Lichts einen menschlichen Körper erhalten, ist es so, als würde man einem Sektenführer zusagen. Bei Verbannten der Finsternis ist es eher so, als würde man einen Serienmörder übers Wochenende aus dem Gefängnis entlassen und ihm eine Knarre mitgeben."


Dass die Geschichte niemals ins Kitschige abrutscht verhindert alleine schon der geniale Humor, der immer wieder hervorblitzt. Die Geschichte strahlt eine solche Lebendigkeit aus, dass man gar nicht hängen bleiben kann. Vor allem im zweiten Teil, als dann... huch, ich fange an zu Spoilern
Die Geschichte rund um die Engel fand ich allgemein sehr spannend. Auch wenn das Thema Engel schon unzählige Male von Autoren wieder und wieder verwendet wird, finde ich die Lösung von Jessica Shirvington alles andere als durchgekaut und abgeschaut. In ihrer Interpretation der Engel gibt es im Engelsreich die Engel des Lichts und der Finsternis, die zusammen existieren, wie zwei Seiten der Medaille und auch nicht unbedingt Feinde sind. Alles braucht seinen Gegenpart, das Gleichgewicht wird fast heilig dargestellt. Also kein Himmel-Hölle-Verhältnis, sondern vielmehr eine freundschaftliche Koexistenz. Aufgefrischt wird die Story durch etliche Bibelzitate, die die Story zu jedem Zeitpunkt gekonnt unterstreichen und immer passen. Dabei schafft es die Autorin, nicht religiös rüberzukommen, sondern sie verwendet die vorhandenen Legenden und Tatsachen so, dass sie perfekt zur Geschichte passen, was des Öfteren eine Gänsehaut auslöst.

Hier so ein Zitat für euch:

"Unsere Pflicht ist es, nützlich zu sein. Nicht entsprechend unseren Wünschen, sondern entsprechend unseren Fähigkeiten."
-Henri-Frédéric Amiel

Neben den alltäglichen Problemen der 17-Jährigen und all den neuen, ungewöhnlichen Veränderungen die mit Violet einhergehen, wird auch vor allem das Thema "Gut und Böse" sehr stark thematisiert. Wirklich interessant fand ich, dass die Autorin es schafft, wirklich klar zu machen, dass Engel des Lichts nicht immer gut sind und Engel der Finsternis nicht immer nur böse. Kein Schwarz-Weiß-Denken wird hier vermittelt, alles gibt es nur im Doppelpack und beide Seiten sind wichtig. Das ist ein sehr interessanter Gedanke.

Das Ende ist nochmal total gut gemacht und lässt einen mit Spannung dem nächsten Teil entgegenfiebern.
Mehr will ich auch gar nicht dazu sagen: Lest selbst.
Nun noch einige Worte zu Cover und Gestaltung: Das Cover ist zwar an sich mit dem dunklen Hintergrund, dem Mädchen mit den Flügeln und der leuchtenden Schrift ganz hübsch, passt für mich aber nur eher schlecht als recht zur Reihe. Die Flügel sind zwar ein Bezug zur Thematik: Engel, doch jene haben im Buch gar keine Flügel. Das verschlungene Tattoo passt eigentlich auch, aber die beweglichen Symbole erstrecken sich nicht über Violets gesamten Arm, sondern nur über ihre Handgelenke…Das Mädchen-Model passt für mich persönlich auch gar nicht auf Violet. Ich hätte mir ein etwas neutraleres Cover gewünscht, vielleicht mit einer angedeuteten Silhouette. Das Originalcover finde ich in dem Fall leider auch nicht passender, also will ich aufhören zu motzen und noch zu den positiven Anmerkungen kommen. Gut gefallen haben mir nämlich wie gesagt die vielen gut ausgewählten Zitate und Bibelstellen, ebenso wie die Übersichtsgrafik am Ende des Buches, die ein wenig Klarheit in die Engelshierarchie gebracht hat. Und - ich geb´s ja zu - mit dem dunklen Hintergrund und dem Flügel sieht das Cover gar nicht mal sooo schlecht aus... Als Titel hätte sich der Verlag aber eindeutig etwas Kreativeres ausdenken können. Es gibt gefühlt tausende Bücher mit dem Namen "Erwacht", "Gebannt", "Verliebt" und dieses ganzen Kalibers. Diese Reihe hätte etwas Innovatives verdient, das lange in Erinnerung bleibt und bei dem keine Verwechslungsgefahr besteht!


Fazit:

Ein toller Auftakt einer wahnsinns-Reihe, die viel zu wenig Aufmerksamkeit genießt.
LESEN! LESEN! LESEN!

Veröffentlicht am 03.08.2017

Sommerfeeling, Emotionen und ein wenig Nachdenklichkeit

Der Sommer, als ich schön wurde
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Allgemeines:

Titel: Der Sommer, als ich schön wurde
Autor: Jenny Han
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (1. April 2013)
Genre: Roman
ISBN-10: 3423625368
ISBN-13: 978-3423625364
Seitenzahl:320 Seiten
Originaltitel: ...

Allgemeines:

Titel: Der Sommer, als ich schön wurde
Autor: Jenny Han
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (1. April 2013)
Genre: Roman
ISBN-10: 3423625368
ISBN-13: 978-3423625364
Seitenzahl:320 Seiten
Originaltitel: "The summer I turned pretty"
Preis: 8,99€ (Kindle-Edition)
8,95€ (Taschenbuch)


Inhalt:

Über die Kraft der Freundschaft und der Liebe

Die Sommer in Susannahs Strandhaus waren schon immer die Highlights in Bellys Leben. Und Susannahs Söhne Jeremiah und Conrad sind vielleicht das Wichtigste an den Ferien. In diesem Sommer fühlt Belly sich endlich nicht mehr wie ein kleines Mädchen, sondern wie eine attraktive junge Frau. Und endlich interessieren sich auch die Jungs für sie. Nur Conrad, in den sie schon immer heimlich verliebt war, reagiert zurückhaltender als früher. Und auch der sonst so fröhliche Jeremiah wirkt bedrückt.

Was steckt dahinter? Belly begreift, dass ihr Kindheitstraum von den gemeinsamen Strandhausferien in diesem Jahr endet. Und dass sie ihn erst loslassen muss, bevor sie bereit ist für etwas Neues....


Bewertung:

Das Buch habe ich vor einer ganzen Weile als Lückenbüßer auf meinen Reader geladen gehabt und aufgrund der eher mageren Aufmachung nicht gleich gelesen. Das Cover und auch der Titel sprechen jetzt nicht unbedingt sofort an, sodass mir diese schöne Geschichte eine Weile lang gar nicht aufgefallen ist. Irgendwann habe ich es wiedergefunden und dann doch gelesen. Und ich war wirklich überrascht von diesem Beginn einer Trilogie!


Erster Satz: "Wir waren seit geschätzten siebentausend Jahren unterwegs."


Wie gesagt finde ich der Titel ein wenig irreführend. Mir ist zwar klar, warum das Buch so genannt ist und ich kann durchaus einen Bezug zur Geschichte herstellen, man erwartet aber automatisch einen oberflächlichen Mädchenroman, was ein eher negativer Effekt ist und auch vom Cover nicht mehr gerettet werden kann. Dieses finde ich irgendwie zu sachbuchartig und schlicht für diese bunte, lebendige Geschichte und hätte eher etwas Knalligeres erwartet. Ich finde es aber nicht schlecht, da das Mädchen, das uns den Rücken zukehrt und mit gesenktem Kopf nachdenklich von einem Balkon aufs Meer blickt, eine gewisse Unschuld aber auch Bodenständigkeit ausstrahlt, was sehr gut passt. Die Kapitel sind sehr kurz, was zum schnellen Weiterlesen animiert.

Schon beim Lesen der ersten Seiten fühlt man sich in Sommer, Meer und Kindheit zurückversetzt. Viele eigene schöne Erinnerungen tauchen auf und reihen sich in die Eindrücke des Buches ein, was es gleich viel lebendiger macht. Doch es ist nicht nur ein Sommerbuch - kein oberflächlicher Jugendroman - sondern eine ganz besondere Geschichte mit viel Herz, die zwar ein paar Schwächen hatte, mir aber allgemein gesehen sehr viel Freunde bereitet hat.

Doch worum geht es eigentlich genau?
Die 16 jährige Belly ist ein ganz normaler amerikanischer Teenager. Sie geht zur Schule, bereitet sich auf ihre Collegebewerbung vor, lebt zusammen mit ihren Eltern und ihrem älteren Bruder Steve im schönen New York City und verbringt jeden Sommer in einem Sommerhaus am Strand bei Susannah und ihren Kindern Conrad und Jeremiah. Doch ihr nächster Urlaub soll anders werden als die wunderbaren Ferien, die sie dort schon erlebt hat. Es beginnt mit der Scheidung ihrer Eltern, die ihrer Vorfreude einen Knacks gibt, dann kann Steve nicht die ganze Zeit bleiben, da er sich mit seinem Vater noch Colleges anschauen muss und sie fühlt sich plötzlich mit Gefühlen konfrontiert, die sie nie hatte. Denn Belly wird langsam erwachsen und sie spürt, dass ihre Beziehung zu den beiden Jungs sich verändert hat und auch die Atmosphäre zwischen ihr und ihrer eigenen Familie wird zunehmend angespannter. Aus dem unscheinbaren Entlein, ist ein wunderschöner Schwan geworden, und keiner - nicht einmal sie selbst - kann damit umgehen. Alles beginnt sich zu ändern und es fällt ihr schwer von ihren alten Erinnerungen abzulassen, die immer wieder als Rückblenden die aktuelle Erzählung des Sommers unterbrechen und dem Leser ermöglichen, sich ein genaues Bild von ihr zu machen. Leider sind diese nicht chronologisch angeordnet, was dem Folgen der Geschichte einen kleinen Abbruch tut. Doch so sehr Belly auch versucht, an ihrem perfekten Urlaub festzuhalten, muss sie bald einsehen, dass dunkle Wolken einen Schatten auf ihr kleines Paradies werfen und sie sich mit anderen Zukunftsplänen abfinden muss, um sie zu vertreiben...


"Ich kann´s nicht glauben, dass du wirklich hier bist", sage ich. Er klingt fast scheu, als er antwortet: "Ich auch nicht." Dann zögert er. "Kommst du trotzdem mit?" Unfassbar, dass er noch fragte. Überall würde ich mit ihm hingehen. "Ja", antworte ich. Außerhalb dieses einen Wortes, dieses Moments scheint nichts zu existieren.
Es gibt nur uns. Alles, was in diesem Sommer geschehen ist und in jedem Sommer davor, alles hat darauf hingeführt.
Auf diesen Moment.
Jetzt."

Es beginnt luftig und leicht, süß und unschuldig - die Atmosphäre einer Ferienvorfreude - und endet dann eher traurig und nachdenklich. Viele verschiedene Themen werden angesprochen während wir an Bellys Entwicklung über die Jahre teilhaben dürfen. Schöne Dinge, aber auch Probleme. Es geht um Liebe, Freundschaft, Familie, die wunderbare Natur um das Sommerhaus herum, viel Gefühl, das Erwachsenwerden und die wachsende Verantwortung, den Wunsch, gesehen zu werden, aber auch um Krankheit und Trauer - ein Buch, was berührt, jedoch nie kitschig wird. Einfach echt. Man fühlt in jeder Situation mit Belle, kann aus ihr lernen und auch einiges mitnehmen. Deshalb kann ich das Buch nur allen weiblichen (und eigentlich auch männlichen) Leser zwischen 13 und 99 empfehlen, die gerne authentische, gefühlvolle Geschichten lesen, die unter die Haut gehen.

Die Erzählweise ist ruhig, gemächlich. Die Autorin nimmt sich sehr viel Zeit für Entwicklungen und ihre Figuren, schafft es aber durch den besonderen Fokus auf die Gefühle der Protagonisten, dass es dem Leser nie langweilig wird. Der Schreibstil passt super zur Atmosphäre, erst eher locker, luftig, verspielt, dann zusehends einfühlsam und stellenweise recht melancholisch. Dabei behält es aber immer einen lebendigen, humorvollen Unterton bei, sodass man kein deprimiertes, erdrückendes Gefühl transportiert bekommt, auch wenn Heftiges passiert.

Die Charaktere waren aber besonders interessant, da sie alle in gewisser Weise umdenken und sich in der veränderten Situation einfinden müssen.
Belly ist das Herzstück der Geschichte und die ganze Faszination des Buches beruht auf ihrer Wandlung und Entwicklung. Leider konnte ich sie am Anfang gar nicht leiden, da sie als unglaublich oberflächliche Person erschien, die naiv denkt, sie sei schon erwachsen und deshalb bei allem mitmachen will, was die Großen auch machen. Sie hängt Tagträumen hinterher, ist der Meinung, die ganze Welt habe sich gegen sie verschworen und hinter denkt einfach alles. Das typische Teenager-Mädchen mit mangelndem Selbstbewusstsein eben. Sie ist sprunghaft, kann sich kaum zwischen Alternativen entscheiden und ist sich ihrer Gefühle sehr unsicher. Pubertät hin oder her, ich fand, dass es ihrer Glaubwürdigkeit ein wenig geschadet hat, als sie erst nicht wusste, ob sie jetzt Jeremiah oder Connor lieber mag und dann auch noch ein dritter Junge auf der Bildfläche erscheint, was natürlich zu weiteren Verwirrungen führt. Im Laufe der Geschichte wandelt sie sich jedoch sehr, wird mutiger und glaubt mehr in sich selbst. Dass sie trotzdem Fehler macht und sich in Dingen hoffnungslos verrennt ist da natürlich vorprogrammiert...

"Der Sommer lag vor uns, mit seinen zahllosen Versprechen und Möglichkeiten."


Steven ist der typische ältere Bruder, der in seiner kleinen Schwester noch immer ein Baby sieht, das es gilt vor der Welt zu beschützen. Er will sie oft nicht dabeihaben, wenn er mit seinen Freunden weggeht, da er sie verzerrt wahrnimmt, will aber nur das Beste für sie, auch wenn er sie gerne auf liebevolle Art und Weise ärgert und zur Weißglut bringt. Während des Sommers ist er gezwungen, umzudenken.

Jeremiah ist ein Sonnyboy - offen und humorvoll trägt er sein Herz auf der Zunge. Man sieht ihn immer mit einem Lächeln auf den Lippen, als hätte er die gute Laune für sich gepachtet und hat meistens einen coolen Spruch parat. Doch auch er, der beste Freund von Belly, dem sie immer alles erzählen kann, verändert sich sehr. Er wirkt bedrückt, reagiert seltsam auf sie - was ist nur los? Im Sommerhaus verbirgt sich irgendein Geheimnis, schlussfolgert Belly und beginnt es zu suchen.

Conrad, der ältesten Sohn von Susannah, ist das genaue Gegenteil von Jeremiah, eher introvertiert und eine Leseratte. Dabei jedoch immer liebenswürdig und aufgeschlossen zu ihr. Belly hat ihn immer bewundert, doch der verschlossene Junge, den sie jetzt wiedersieht, hat kaum mehr etwas mit ihrem früheren verantwortungsvollen Schwarm gemeinsam: er raucht, trinkt oft zu viel und lässt die anderen nicht an seinen Gedanken und Gefühlen teil nehmen und reagiert oft ruppig auf Nähe.
Wenn er mal etwas sagt hat man immer das Gefühl dass er gerne aus sich herauskommen möchte, es aber irgendwie nicht wirklich schafft. Man bekommt als Leser einige alte Erinnerungen an ihn vorgesetzt und kann auch sehr schön bemerken, dass er sich verändert hat, auch wenn man nicht versteht, wieso. Belly versucht, seine Schale zu knacken und es herauszufinden, als sie Cam trifft und sich auf einen Urlaubsflirt mit ihm einlässt. So bahnen sich einige Probleme an und die Geschichte nimmt langsam ihren Lauf, bis die ernüchternde Wahrheit kommt...


"Als er fort war, fiel ich ins Wasser und ließ mich treiben. Ich hörte mein Herz wie ein Metronom in meinen Ohren schlagen. Conrad war anders als früher. Er hatte sich verändert. Und doch, seine Wirkung auf mich war dieselbe. Ganz genau wie immer fühlte es sich an. So, als säße ich hoch oben am Grizzly, der Holzachterbahn in Kinds Domino, genau an der Stelle, bevor es in die Tiefe geht."


Denn es geht nicht nur um Erwachsenwerden und erste Liebe, sondern auch um Krebs und den Umgang der Familie damit. Die Thematik passt wunderbar in die Geschichte und wirkt nicht mit Gewalt hineingepresst. Leider wird der Handlungsstrang ein wenig von Bellys Gefühlschaos überlagert. Diese Gewichtung fand ich etwas seltsam. Durch viel Emotionalität und Feingefühl wird der Geschichte aber trotzdem mehr Tiefe verliehen. Von wirklichem Tiefgang würde ich jetzt nicht unbedingt sprechen, aber wir verlassen auf jeden Fall das oberflächliche Niveau des Jugendbuchs, für das ich den Roman fälschlicherweise gehalten habe.

Wie ich oben schon erwähnt habe, ist das Buch der Auftakt einer Trilogie. Dem stehe ich relativ gleichgültig gegenüber, da ich nicht vorhabe, die weiteren Teile zu lesen. Versteht mich nicht falsch, ich fand das Buch wirklich super, aber für mich ist diese Geschichte einfach abgeschlossen und ich habe Angst, dass mir dieses Gefühl durch die Fortsetzungen versaut wird. Man kann das Buch ganz gut alleinstehend lesen, was ich auch jedem nur empfehlen kann.


Fazit:

Sommerfeeling, Emotionen und ein wenig Nachdenklichkeit zu einem schönen Mix vereint: ein Buch mit viel Herz, das berührt ohne kitschig zu sein!

Veröffentlicht am 03.08.2017

Ein Auftakt, der mitreißt und Lust auf mehr macht!

Engelsnacht
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Allgemeines:

Titel: Engelsnacht
Autor: Lauren Kate
Verlag: Heyne Verlag (12. Dezember 2011)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 3453528794
ISBN-13: 978-3453528796
Originaltitel: Fallen
Seitenzahl: 464 Seiten
Preis: ...

Allgemeines:

Titel: Engelsnacht
Autor: Lauren Kate
Verlag: Heyne Verlag (12. Dezember 2011)
Genre: Fantasy
ISBN-10: 3453528794
ISBN-13: 978-3453528796
Originaltitel: Fallen
Seitenzahl: 464 Seiten
Preis: 8,99€ (Taschenbuch)
12,95€ (gebundene Ausgabe)
3,99€ (Kindle-Edition)
Weitere Bände: Engelsmorgen;
Engelsflammen;
Engelslicht



Inhalt:

Ein Mädchen, ein Junge und eine Liebe für die Ewigkeit

Nach dem tragischen Tod ihres Freundes kommt Luce auf ein neues Internat. Nach und nach fängt die 17-Jährige an, sich einzugewöhnen, und schließt neue Freundschaften. Und dann gibt es da auch noch "ihn" – den über irdisch schönen Daniel. Luce ist sich sicher, dass sie Daniel schon einmal gesehen hat. Er behauptet allerdings, sie nicht zu kennen, und verhält sich distanziert und abweisend. Dennoch verliebt sich Luce unsterblich in ihn. Als er ihr eines Tages das Leben rettet und sie sich schließlich doch noch näherkommen, erfährt Luce, dass Daniel ein schreckliches Geheimnis verbirgt – ein Geheimnis, das eng mit ihrem eigenen Schicksal verknüpft ist ...


Bewertung:

"Zwei Liebende, immer wieder dazu verdammt, sich zu verlieben und aufs Neue zu verlieren."

Dieses Buch habe ich auf die wärmste Empfehlung meiner lieben Mitbloggerin gelesen und ihr unfehlbarer Buchgeschmack, hat sich auch hier wieder gezeigt: ich wurde nicht enttäuscht (hast grad noch mal Glück gehabt Magda ?)

Als erstes wie immer ein paar Worte zum Cover und der sonstigen Gestaltung. Ich weiß nicht, was sich deutsche Coverdesigner denken, wenn sie ein Titelbild zu einem übersetzten Buch gestalten. Ich maße mich an zu behaupten, dass sich die englischen/amerikanischen Designer bei der Gestaltung des Originalcovers viele Gedanken gemacht haben und so ein Bild geschaffen haben, das sehr gut zur Geschichte, die es verpackt, passt. In sehr vielen Fällen muss ich jedoch feststellen, dass geniale Ideen aus dem englischen nicht übernommen werden und das deutsche Cover von Fantasy-Romanen oft einen Hang dazu hat, auszusehen wie das Cover einer neuen Staffel Rosamunde Pilcher, ohne dass man eine gescheite Verbindung zur Handlung feststellen kann. Das habe ich schon sehr oft kritisiert. Deshalb hier ein riesengroßes Lob dafür, dass "Engelsnacht" in denselben wunderschönen Farben, mit demselben mystischen Mädchen und sogar demselben Layout des Titels verpackt wurde, wie es auch seine amerikanische Schwester "Fallen" ist. Durch die dunklen, aber sanft leuchtenden Farben, wirkt die Atmosphäre eher dunkel und kalt, jedoch mit einem leichten, erhabenen Hoffnungsschimmer. Dazu passt das Mädchen in dem dunklen Kleid mit den langen schwarzen Harren perfekt, das mit der Körperhaltung - gebeugt, die Hände vor dem Gesicht - eben dies ausdrückt. Die kleinen Vögel und das Setting im Wald geben dem Bild noch ein wenig mehr Mystik, sodass man es beim Ansehen kaum mehr erwarten kann, das Buch endlich zu lesen.
Auch innerhalb der Buchdeckel ist das Buch sehr hübsch gestaltet. Jeden Kapitelanfang und Absatz zieren zwei geschwungene Engelsflügel, das Buch ist in einer angenehmen Größe bedruckt.


"Der einzige Weg, die Ewigkeit zu überstehen, besteht darin, im Augenblick zu leben. Das habe ich getan, nicht mehr und nicht weniger. "


Der Schreibstil ist durchschnittlich - einem Jugendroman angemessen leicht und einfach gehalten - und somit gut zu lesen. Durch wohlplatzierte Beschreibungen und Gefühlsfarben, wird eine eher dunkle, geheimnisvolle Gothic-Atmosphäre kreiert, die super zum Cover, dem Setting und den Charakteren passt, aber leider manchmal etwas schwächelt und aufgesetzt erscheint. Es gab auch leider ein, zwei Dialoge vor allem zwischen Luce und Daniel und Luce und Cam, die mich irgendwie verwirrt, für mich keinen richtigen Sinn gegeben haben, was vielleicht an der Übersetzung liegen könnte. Ich denke, dadurch, dass viele Informationen lange unter Verschluss gehalten werden, verschleppt sich die geheimnisvolle Atmosphäre ein wenig. Außerdem erscheint die Geschichte bloß in Teilen originell, eher wie eine Neuauflage einer bekannten Engelsgeschichte in anderem Setting, weshalb ein kritischer Leser vieles an diesem Auftakt eindeutig ankreiden könnte. Doch ich bin kein allzu kritischer Leser und fand diesen ersten Teil der Reihe eindeutig interesseweckend mit vielen total guten Ansätzen, sodass viel Potential für einen spannenden weiteren Plotverlauf geschaffen wurde.


Erste Sätze: "Um Mittenacht zeichnete er dann zuletzt die Augen. Ihr Blick war der einer Raubkatze, halb zögernd, halb wild entschlossen - voller Glut. Ja, er hatte sie genau getroffen. Es waren ihre Augen."


So beginnt der Auftakt einer vierbändigen Reihe mit einem Rückblick in das Jahr 1854. In einer schicksalshaften Szene erlebt man das Problem, dass Lucinda und Daniel verfolgt: ewige Liebe, auf die immer der Tod führt. In jedem Falle. Mit diesem Vorwissen starten wir in die Geschichte, lernen die junge Lucinda kennen, die alle nur Luce nennen und die schon ihr ganzes Leben lang von merkwürdigen Schatten verfolgt wird, wabernder Dunkelheit, die sie in Angst und Schrecken versetzen und immer erscheinen, wenn etwas Schreckliches im Gange ist.. Da sie jedoch scheinbar die einzige ist, die diese Schatten sehen kann, zweifeln ihre Eltern an ihrem Geisteszustand, sodass sie als Kind so lange von Therapeut zu Therapeut geschickt wurde, bis sie schließlich einfach behauptet hat, dass sie sie nicht mehr sehen könne um diesem Teufelskreis endlich zu entkommen.
Als Luce während einer Party erneut die Schatten zu Gesicht bekommt, weiß sie sofort, dass etwas Furchtbares geschehen wird, und so passiert es: Trevor, der Junge, in den Luce verliebt war und mit dem sie sich allein zurückgezogen hatte, geht in Flammen auf und stirbt. Die Umstände seines Todes können nicht genau aufgeklärt werden, so glauben alle, dass Luce etwas damit zu tun hat, ihn vielleicht sogar getötet hat.
Daraufhin wird sie auf die "Sword & Cross" verbannt, eine Besserungsanstalt für schwererziehbare Jugendliche, die sie völlig von der Außenwelt abriegelt und unter Beobachtung stellt. Wir bekommen diese Schule als feindliche, triste Umgebung geschildert, die mehr wie ein Gefängnis, als ein Internat wirkt und stellen uns genau wie Luce die Frage, was sie dort überhaupt zu suchen hat. Denn im Gegensatz zu den meisten anderen Schülern hat sie ja schließlich nichts Schlimmes getan, oder? Ihre Erinnerungen an jenen Abend, an dem Trevor ums Leben kam, sind lückenhaft, doch ist sie wirklich eine Mörderin? Sie beginnt gerade, sich etwas einzuleben, Freunde zu finden, als sich die Dunkelheit erneut zu Schatten verdichten und sich ein neues Unheil zusammenbraut... Doch kann sie es diesmal aufhalten? Und wer ist der seltsame Daniel Grigori, der ihr nicht mehr aus dem Kopf geht?


"Die Flügel wirbelten in allen Farben der Welt um sie herum, dass ihr der Kopf davon schmerzte. Sie suchte mit den Augen nach einem Halt, aber da waren nur noch das glühende Rot des Sonnenuntergangs und das dunkler werdende Blau des Abendhimmels. Dann sah sie nach unten. Der Boden unter ihren Füßen. Unendlich tief unter ihr."


Obwohl der Roman eindeutig in die Sparte "Fantasy" fällt, beginnt er sehr ruhig und realitätsnah. Durch den Titel weiß man als Leser zwar von Anfang an, dass sie die Handlung in irgendeiner Form um Engel drehen wird. Trotzdem bleibt die ganze Geschichte bis zum Ende hin sehr geheimnisvoll und nur Andeutungen verraten, wer übermenschliche Kräfte haben könnte. Wer sich also auf viel Aktion oder viele Paranormal-Romance-Elemente freut, wird erstmal enttäuscht. Das erste Drittel des Buches wird erstmal dafür verwendet, uns ganz langsam Lucindas Situation zu verdeutlichen und uns die einzelnen Charaktere vorzustellen. Das zieht sich ein kleines bisschen, ist aber auch sehr interessant! Viele andere Rezensenten, die dieses Buch scharf kritisierten, brachten als Argument vor allem hervor, die Protagonisten seien oberflächlich und denkbar schlecht ausgearbeitet. Dagegen kann ich nur sagen, dass diese Reihe ein Mehrteiler ist und es absolut langweilig wäre, wenn die Charaktere schon im ersten Teil vollends ausgearbeitet wären. Stattdessen ist es die Aufgabe eines Auftaktes, einem die Hauptcharaktere grob vorzustellen, sie einzusortieren und sympathisch zu machen, deshalb wirkte auf mich auch niemand oberflächlich oder platt, sondern schlicht unfertig, so als hätte man von einem Bild nur einen kleinen Ausschnitt zu sehen bekommen. Der Rest wird dann sicher mit den Folgebändern klarer...


"Sie stand halb drinnen, halb draußen, an der Schwelle zwischen dem groben Asphalt des Parkplatzes und dem verwahrlosten, von Gräsern und Unkraut überwucherten Gräberfeld. Löwenzahn wuchs hinter dem Tor, und Luce wollte ihn schon fast abpflücken, sich einen Wunsch ausdenken und blasen. Früher hätte sie das gemacht, aber jetzt nicht mehr. Ihre Wünsche passten nicht mehr zu einer zarten, leichten Pusteblume."


Luce ist unumstritten die Protagonistin und erzählt als personaler Erzähler aus der Vergangenheit. Wir müssen uns mit Luce in der neuen Umgebung mit den vielen rätselhaften, neuen Gestalten zurechtfinden und werden in ihre Vergangenheit eingeführt. Nach und nach erfahren wir, aus was für einem Grund sie in der "Sword & Cross" gelandet ist und sind natürlich auch neugierig auf die Schicksale der anderen Schüler. Kameras überall, sie ganz alleine in der Mitte von Verbrechern, der Unterricht ist furchtbar und dann wird sie in der Kantine auch noch grundlos von einer anderen Schülerin attackiert und vor der ganzen Schule gedemütigt. Da ist natürlich klar, dass es um ihr Selbstbewusstsein und ihre Zufriedenheit nicht allzu gut steht. Trotzdem mutiert sie nicht zu einem Jammerlappen, sondern steht zu sich und gibt nicht auf! Zwar handelt sie manchmal etwas naiv lässt sich vorrangig von ihren Gefühlen leiten und versinkt auch mal im Selbstmitleid, ist aber trotzdem authentisch und liebenswürdig dargestellt. Vor nichts hat sie mehr Angst, als die Kontrolle zu verlieren, anderen etwas anzutun und nicht zu wissen, ob sie nun wirklich zu einem Mord fähig wäre oder nicht. Zudem quält sie die Einsamkeit immer mehr. Als sie denkt, es könnte nicht mehr schlimmer kommen, retten sie die furchtlose Arriane und die schüchterne Penn aus ihrer Isolation und zwischen ihnen entwickelt sich schnell eine Freundschaft. Es sind also gute Grundsteine für eine Charakterentwicklung gelegt, ich erwarte, dass sie in den weiteren Bänden reifer wird und mehr versteht.

Doch ihr Außenseiterposten ist längst nicht ihr einziges und schon gar nicht größtes Problem!
Neben dem Unterricht muss Luce sich vor allem mit dem anderen Geschlecht herum schlagen, obwohl sie nach der Sache mit Trevor eigentlich auf keinen Fall eine neue Beziehung eingehen wollte.

"Daniel? Cam? Wie lange war sie jetzt an dieser Schule? Einen halben Vormittag? Und sie zerbrach sich schon über zwei Jungen den Kopf"


Einerseits lernt sie Cam kennen, den coolen und beliebten Jungen, der Luce vom ersten Tag an umschwärmt und sich um sie bemüht. Er kümmert sich um sie, als keiner sich für sie interessiert, lädt sie zu Partys ein und macht ihr sogar Geschenke. Sie fühlt sich dadurch begehrt und geschmeichelt, weshalb sie sich auch ein wenig zu ihm hingezogen fühlt. Doch dem Leser ist vom ersten Moment an klar, dass das mit den beiden nichts werden kann. Doch Luce sieht das anders - es ist also viel Verwirrung und Herzschmerz vorprogrammiert! Denn auch er ist mehr, als er vorzugeben versucht...

Auf der anderen Seite ist da aber auch noch Daniel, der unglaublich umwerfend gutaussehende Typ, den sie schon immer zu kennen scheint, der aber so herzlich zu ihr ist, wie ein frostiger Kühlschrank. Obwohl er sich ihr gegenüber immer abweisender und widersprüchlich verhält, zieht es sie immer wieder zu ihm hin und auch er taucht immer wieder in ihrer Nähe auf, als könnten sie beide nichts gegen die unsichtbare Anziehung zwischen ihnen tun. Im Gegensatz zu Cam, der Luce offen seine Gefühle zeigt, ist Daniel sehr schwer zu durchschauen. Immer, wenn er sich Luce ein wenig genähert hat, stößt er sie wieder von sich, was ihn anfangs ziemlich unsympathisch erscheinen lassen hat. Ich mochte ihn dann aber immer mehr, als klar wurde, wie sehr er auch leidet und nur das Beste für sie will. Seine Motive und sein Innenleben, bleiben - genau wie sein großes Geheimnis - mehr oder weniger bedeckt, so dass er das große Mysterium des Buches ist, was auch leider noch nicht aufgedeckt wird, wodurch er noch etwas blass wirkt. Doch es liegen ja noch 3 Bände vor mir, man darf sich also auf einiges freuen!


"Manchmal glaube ich, nur ein Schutzengel kann mich noch retten. Aber ich habe niemals an Engel geglaubt. Bis ich ihn traf."


Luce beginnt zusammen mit ihrer Freundin Penn und der netten Bibliothekarin Miss Sophia etwas genauer nachzuforschen, was Daniel Grigoris Geheimnis anbelangt, doch hinter den Fassaden der Schüler verbirgt sich noch viel mehr, als sie gedacht hat! Und immer mehr bekommt sie die Ahnung, dass sich alles immer wieder wiederholt. Doch diesmal ist etwas anders!
An Nebencharakteren mochte ich vor allem die etwas durchgeknallte aber lebendig fröhliche Arriane und die Superbarbie Gabbe, die wie eine perfekte Blondie scheint, sich dann aber als mehr entpuppt. Das hat mir sehr gut gefallen!

Vor allem das Ende nimmt dann mit einigen neuen Erkenntnissen nochmal Tempo auf und die Ereignisse beginnen sich zu überschlagen. Man erfährt endlich etwas mehr über die Beziehung Luce und Daniels, die anderen Schüler und spätestens ab dem Kampf zwischen Gut und Böse kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen.
Leider wird auch hier nicht viel verraten, was aber auch seine gute Seite hat: Spannung auf den nächsten Teil, der zum Glück schon bei mir im Schrank steht


"Ich habe schon viel zu lange warten müssen" "Wie lange?", fragte Luce. "Nicht so lange, um zu vergessen, dass du es wert bist. Jedes Opfer. Jeden Schmerz!"


Der Epilog ist dann nochmal ein kurzer OMG-Moment, wie auch schon der Prolog und macht Lust auf mehr.


Fazit:

Ein Auftakt, der mitreißt und Lust auf mehr macht, sein Potential jedoch nicht ganz ausschöpft. Für Fans von Engeln und Liebesgeschichten auf jeden Fall empfehlenswert - ich bin sehr gespannt auf die Folgebände!!

Veröffentlicht am 03.08.2017

Nichts für sonnige Gemüter!

Fünf Minuten
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Allgemeines:

Titel: Fünf Minuten - Ein Tagebuch
Autor: Ian Cushing
Verlag: neobooks (5. Juni 2017)
Genre: Kurzgeschichte
ASIN: B072K5TCJS
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 73 Seiten
Preis: 1,99€ (Ebook) ...

Allgemeines:

Titel: Fünf Minuten - Ein Tagebuch
Autor: Ian Cushing
Verlag: neobooks (5. Juni 2017)
Genre: Kurzgeschichte
ASIN: B072K5TCJS
Seitenzahl der Print-Ausgabe: 73 Seiten
Preis: 1,99€ (Ebook)



Inhalt:

"Das ganze Leben ist eine Reise."

"Fünf Minuten – Ein Tagebuch" ist ein zutiefst verstörendes Tagebuch, welches einen Einblick in das Leben des namenlosen Protagonisten gewährt. Er blickt zurück und lässt den Leser gleichzeitig an seinem Leben und seiner Metamorphose teilhaben.
"Fünf Minuten – Ein Tagebuch" beschreibt die Verzweiflung und Gedanken eines Mittvierzigers mithilfe des Existenzialismus, der zur Religion -und somit zum Erlöser und zur Geißel- des Protagonisten geworden ist; in seinen sowohl ausführlichen, als auch mitunter fragmentarischen Einträgen finden sich ebenso Elemente des Thrillers wieder, die den Geschehnissen in seinem Leben Rechnung tragen. Diese Geschichte ist definitiv nichts für sonnige Gemüter.


Bewertung:

DISCLAIMER: Vielen Dank an Ian Cushing für das Rezensionsexemplar!

Mal wieder eine Kurzgeschichte, die es in sich hat und bei deren Bewertung ich mir schwer tue:
Was ist das Leben? Welchen tieferen Sinn hat es? Diese Fragen stellen wir uns als Menschheit häufig und es gibt verschiedene Antworten und Wege, sich der Frage zu stellen. Über diese Sinn-Thematik macht sich auch der anonyme Verfasser eines Tagesbuch Gedanken und antwortet auf die Frage ganz im Sinne des Existenzialismus: Keinen. Somit hat diese Kurzgeschichte eine sehr drückende, düstere Stimmung, - eine traurige Geschichte, die immer weiter auf die Eskalation zusteuert, in Form eines Tagebuchs.


Erster Satz: "Ich habe mich entschlossen, eine Art Tagebuch zu führen und meine Gedanken aufzuschreiben."


Das Tagebuch geht über gute zwei Jahre, von 2015 bis 2017. In 21 Einträgen berichtet der Schreiber von seiner Kindheit und seiner aktuellen Situation und reflektiert dabei sein Dasein. Der Protagonist ist ein Mann Mitte Vierzig mit einem unspektakulären Job, sonst weiß man nichts über ihn. In Form von Tagebucheinträgen aus der Ich-Perspektive lässt er uns an seinen Gedanken über das Leben teilhaben. Durch Situationen existenzieller Art wird er zu spontanen Entscheidungen gezwungen und verändert sich langsam. Ob er in den meisten Situationen zu weit geht, oder einfach logisch einen weiteren Schritt tut, muss wohl jeder Leser selbst entscheiden.

Der Sprachstil ist ruhig und niveauvoll gehalten und spiegelt die nüchternde, bedrückende Lebenshaltung des Tagebuchschreibers wieder. Das lyrische-Ich stellt sich selbst viele Fragen und findet im Laufe der Geschichte seine eignen Antworten darauf. Ich stimme diesen fast durchgängig zwar nicht zu, finde aber, dass jeder seinen eigenen Weg finden muss, seine Strategie um mit dem Leben klarzukommen, und wenn das die Tatsache ist, dass nichts etwas bedeutet, dann meinetwegen.

Wir kommen dem Protagonisten zwar sehr nahe - er lässt uns an seinen Gefühlen und Gedanken teilhaben -, wirklich identifizieren können wir uns mit dem Protagonisten aber nicht, er wird eher als Anti-Held dargestellt und bleibt analytisch fern und fremd. Trotz seiner distanzierten und leeren Art ist er sehr hilfsbereit, nimmt sich andererseits selber sehr zurück und ist wahrscheinlich depressiv. Er ist Existenzialist, verehrt Camus, Sartre und Hesse und erwartet nicht viel vom Leben. Genauer gesagt denkt er, dass das Leben an sich sinnlos ist. Diese Auffassung teile ich absolut nichts, weshalb es schwierig für mich war, dieses Buch zu lesen. Auf der anderen Seite wird abschreckend aber interessant dargestellt, was mit einem Menschen passieren kann, wenn er den Glauben an die Bedeutung des Lebens verliert: er verliert auch den Respekt davor und schreckt vor schrecklichen Taten nicht zurück. Er beschreibt anschaulich einen Seelenzustand, mit dem vermutlich jeder in seinem Leben schon einmal Bekanntschaft gemacht hat - Sinnlosigkeit, Selbstzweifel. Es ist das Gefühl von "kosmischer Verlorenheit" – die schier unheilbare Empfindung von Einsamkeit und Fremdheit, überhaupt von der Absurdität des Lebens. Wider Willen ist man auf diese gottverdammte Welt geworfen worden, und niemand, von den Eltern vielleicht abgesehen, hat auf einen gewartet. Existenzialismus, so könnte man sagen, ist ein Daseins-Schmerz, dem sich – ganz nebenbei – große Werke in Musik und Malerei, in Literatur und Philosophie verdanken.


"Was, wenn man merkt, dass alles keinen Sinn macht? Wenn man versteht, dass alles, was man während seines Lebens macht und schafft, am großen Tod scheitern wird? Wenn man nicht gerade Goethe, Hesse oder Metallica heißt und der Geschichte somit etwas hinterlässt, sind Milliarden Leben sinnlos. So wie meines. Im kleinsten Kreis kann man das Leben seiner Familie, Freunde und Kollegen beeinflussen und bestenfalls bereichern, aber wenn ich nicht da wäre, wäre es ein anderer."


Hier wurde ich stark an die Grundidee von Janne Tellers stark umstrittenem Roman "Nichts was im Leben wichtig ist" erinnert, der von jungen Menschen handelt, die aus Angst vor dieser Frage versuchen, einen Haufen aus Bedeutung anzusammeln und dabei vor nichts mehr zurückschrecken. Ich finde es unnötige Mühe zu versuchen, sich krampfhaft eine große Menge an geheuchelter Bedeutung an zuschaufeln, wie das viele Menschen mit materiellen Dingen tun, vertrete aber trotzdem klar die Meinung, dass es so etwas wie Bedeutung klar gibt.

Im Klapptext steht, die Geschichte sei "definitiv nichts für sonnige Gemüter", was ich auf jeden Fall genauso sehe. Leider - oder eigentlich zum Glück - habe ich ein eher sonniges Gemüt, weshalb die Geschichte mir etwas suspekt blieb. Dennoch konnte mich die Geschichte ab der Mitte etwa richtig mitreißen. Zuerst dachte ich, die Story werde ein trübsinniger, depressiver Ausflug in die Philosophie, doch dann nimmt die Geschichte Fahrt auf und wandelt sich in einen spannenden Lebenskrimi. Um die Geschichte wirklich zu verstehen, muss man sich allerdings wirklich mit der Philosophie beschäftigen und sich auch selbst hinterfragen können. Für mich war´s nichts, aber es ist auf jeden Fall eine interessante Geschichte, die dazu bringt, kritisch über das Leben nachzudenken.

Noch ein paar Worte zur Gestaltung. Das Cover passt meiner Meinung nach perfekt zur Geschichte - dunkel, trostlos und kalt. Der Totenkopf aus Eis oder Glas im Zentrum verleiht dem Bild Atmosphäre und auch der Titel passt gut. Also insgesamt eine gute Komposition!

Zum Abschluss noch ein schönes Zitat:

"Wieder lichtete sich der Nebel eines universalen, religiösen und philosophischen Problems: Gut und Böse in Form von zwei Gegenspielern existieren nicht. Du kannst alles sein, was du willst; es liegt alles in dir."


Fazit:

Wenn ihr Zeit habt, schenkt diesem Buch 5 Minuten, vielleicht kann es euch mehr erreichen als mich.