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Veröffentlicht am 16.03.2025

Man kann nicht jeden Mann wegen einer respektlosen Anmache töten, dafür reicht die Zeit nicht.

How To Kill a Guy in Ten Ways
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Die letzte Silvesternacht hat Millies Leben vollkommen verändert. Nachdem ihre Schwester vergewaltigt wurde, ruft Millie den Dienst “Message M” ins Leben. Eine Nummer unter der sich Frauen melden können, ...

Die letzte Silvesternacht hat Millies Leben vollkommen verändert. Nachdem ihre Schwester vergewaltigt wurde, ruft Millie den Dienst “Message M” ins Leben. Eine Nummer unter der sich Frauen melden können, wenn sie sich von Männern belästigt oder bedroht fühlen. Immer im Hinterkopf hat sie dabei ihr größeres Ziel: den Mann finden, der das Leben ihrer Schwester zerstört hat und Rache üben.

Doch ein Einsatz geht weit über das eigentliche Ziel hinaus und endet mit einer Leiche. Ab diesem Tag beginnen sich die Ereignisse in Millies Leben zu überschlagen, denn hat man eine moralische Grenze einmal überschritten, kann man es immer wieder tun.

Von How to kill a guy in ten ways hatte ich mir einen humorvollen Roman mit Thrillerelementen erwartet. Und das habe ich auch bekommen. Die Handlung erfindet das Rad nicht neu und die Rahmenhandlung ist dadurch relativ verhersehbar. Die Details sind aber so gut ausgearbeitet, dass dennoch eine Sogwirkung entsteht. Kleinere Längen gab es im zweiten Drittel des Buches, da die Handlung vom grundlegenden Schema her etwas repetitiv war. Der Rest konnte dieses Manko jedoch relativ gut aufwiegen, besonders dadurch, dass im letzten Drittel die Geschehnisse aus Millies Vergangenheit aufgearbeitet werden. Das gab der Geschichte und Millie als Protagonistin nochmal mehr Tiefe.

Wie meist bei Büchern, die einen Genremix zwischen Thriller und Humor bilden, fehlte mir die Durchdachtheit. Es wird viel zu einfach dargestellt, mit Mord(en) davonzukommen. Nur weil schnell die Fingerabdrücke abgewischt werden und es wie ein Suizid aussieht hört die Polizei nicht direkt auf zu ermitteln. Mehr Raffinesse und Probleme bei den Morden sowie deren Vertuschung hätten sich positiv auf den Spannungsbogen ausgewirkt.

Trotz des schweren Hauptthemas Vergewaltigung ist der Schreibstil locker, leicht und stark geprägt von (schwarzem) Humor. Stellenweise war es meiner Meinung aber etwas zu viel auf einmal, wodurch der Humor seine Wirkung verloren hat. Dennoch schafft es der Schreibstil Millies unterschiedliche Persönlichkeitsaspekte einzufangen und an den richtigen Stellen schwerer und nachdenklicher zu werden.

Millie als Protagonistin stehe ich zwiegespalten gegenüber. Einerseits ist sie mir überhaupt nicht symmpathisch und ihre Taten ab einem gewissen Punkt überhaupt nicht mehr gerechtfertig. Andererseits hat gerade das mit der Handlung harmoniert. Dies ist darauf zurückzuführen, das sie selbst in ihrer Persönlichkeit zwiegespalten ist: einerseits die toughe junge Frau aber immer auch noch das kleine verletzte Mädchen, dem niemand helfen konnte. Das Buch hat sich dadurch aber leider sehr auf Millie fokussiert, wodurch die anderen Charaktere leider etwas flach in ihrer Ausarbeitung bleiben.

Insgesamt ein gutes Buch, was das Rad zwar nicht neu erfindet, mich aber dennoch gefesselt und gut unterhalten hat.

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  • Handung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 03.09.2024

Fesselnd, überraschend, vielschichtig

The Reappearance of Rachel Price (deutsche Ausgabe)
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Annabel Price ist nicht Annabel Price. Sie ist Bel Price, die Tochter von Rachel Price. Die Tochter der Frau, die vor 16 Jahren zweimal an einem Tag verschwunden ist. Deren Verschwinden nie aufgeklärt ...

Annabel Price ist nicht Annabel Price. Sie ist Bel Price, die Tochter von Rachel Price. Die Tochter der Frau, die vor 16 Jahren zweimal an einem Tag verschwunden ist. Deren Verschwinden nie aufgeklärt wurde und das jetzt in einer True-Crime-Doku verfilmt werden soll. Doch schon kurz nach Beginn der Dreharbeiten wird aus “Das Verschwinden der Rachel Price” plötzlich “The Reappearance of Rachel Price”, denn Rachel ist wieder da. Angeblich wurde sie entführt und 16 Jahre von ihrem Entführer in einem Keller gefangen gehalten. Doch Bel zweifelt diese Geschichte an. Ihr Gefühl sagt ihr, dass etwas nicht stimmt, ihr Misstrauen gegenüber Rachel wächst. Doch hält Rachel wirklich ein Geheimnis verborgen? Und wenn ja, ist sie damit die Einzige in der Familie Price?

Die erste Auflage dieses Young Adult Thrillers von Holly Jackson besitzt einen passenden Farbschnitt im blutroten Filmrollendesign und ein auf das Cover abgestimmtes Pageoverlay. Optik, Titel und Inhalt des Buches bilden dadurch eine wunderbare Einheit.

Wie bereits in der A Good Girls Guide to Murder Trilogie sowie Five Survive überzeugt Holly Jackson durch einen fesselnden Schreibstil, der auch in der deutschen Übersetzung erhalten bleibt. Während des gesamten Buches ist eine Grundspannung vorhanden, die einen als Leser gefangen hält. Immer wieder kommen neue Indizien für die Lösung des Rätsels hinzu, werden wieder verworfen oder in einem neuen Kontext betrachtet. Das macht die Handlung einerseits sehr dynamisch, andererseits werden dadurch Bels einzelne Theorien teilweise leider nur recht oberflächlich behandelt.

Auch Bel als Protagonistin kann ich nicht richtig einordnen. Während ich sie in den ersten Kapiteln nur als sehr toughen Charakter empfand, wurde sie mir recht schnell unsympatisch. Sie stößt andere Personen konstant von sich weg und ist sehr auf ihre eigenen Ansichten fixiert. Dennoch hat gerade dieser Charakter sehr gut mit der Handlung harmoniert und meinen positiven Leseeindruck in keiner Weise getrübt. Auch die Charakterentwicklung besonders durch die Beziehung zu Ash fand ich sehr gut ausgearbeitet.

Nicht ganz überzeugen konnte mich leider das Ende des Buches, was schlussendlich auch zur Bewertung mit “nur” vier Sternen führt. Die Auflösung ist logisch schlüssig und erklärt auch Charakterzüge sowie Handlungen der unterschiedlichen Charaktere innerhalb des Buches. Jedoch wurden für mich zu viele Stränge in der Auflösung verflochten und die einzelnen Aspekte dadurch zu schnell abgehandelt. Des weiteren waren die Überraschungen im Showdown sehr repetitiv. Alle beteiligten Personen kamen in sehr ähnlicher Weise auf die Auflösung und tauchen in ähnlichen Situationen auf. Das Ende nach der großen Auflösung hat mich sehr stark an As Good as Dead erinnert und war mir etwas zu leicht gedacht. Rachel und Bel stoßen auf keinerlei Widerstand oder Probleme und alles funktioniert nach dem Kleinkindprinzip “Was ich nicht sehe ist nicht da”.

Insgesamt ist “The Reappearance of Rachel Price” ein sehr fesselnder Young Adult Thriller der mit vielen überraschenden Wendungen aufwarten kann. Das Ende hätte jedoch etwas weniger komplex und dafür etwas tiefgehender ausgearbeitet werden können.

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  • Spannung
Veröffentlicht am 13.07.2024

Spannend, kritisch aber etwas zu wenig Tiefe

Promise Boys - Drei Schüler. Drei Motive. Ein Mord.
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Die Urban Promise Prep ist für viele Jungen die einzige Möglichkeit aus dem Problemviertel in Washington D.C. zu entkommen und sich ihre Zukunftsträume zu erfüllen. Doch der Preis dafür ist hoch: strenge ...

Die Urban Promise Prep ist für viele Jungen die einzige Möglichkeit aus dem Problemviertel in Washington D.C. zu entkommen und sich ihre Zukunftsträume zu erfüllen. Doch der Preis dafür ist hoch: strenge Regeln und harte Strafen, um den äußeren Schein zu wahren. Das nach außen hin makellose Image der Schule beginnt jedoch zu bröckeln, als der Direktor erschossen in seinem Büro aufgefunden wird. Verdächtig sind drei Schüler, die sowohl Gelegenheit als auch Motiv für die Tat hatten. Der eigentlich stille und zurückhaltende J.B., der weiß, dass die Promise seine einzige Chance ist, auf ein College zu kommen. Trey, der Star des Basketballteams, der seinen eigenen Kopf hat und nicht ganz in das Korsett der strengen Regeln passt. Und Ramon, der davon träumt ein eigenes Restaurant zu eröffnen und regelmäßig nachsitzen muss, weil er beim Verkauf selbstgebackener Pupusas erwischt wird. Alle drei hatten kurz vor dem Mord Streit mit Direktor Moore. Alle drei mussten zum Tatzeitpunkt direkt neben seinem Büro nachsitzen. Doch alle drei plädieren auch auf ihre Unschuld und wollen den wahren Mörder finden.

Insgesamt ist es ein gutes Jugendbuch, das neben dem zentralen Thema des Mordfalls auch gesellschaftskritische Aspekte anspricht.

Überzeugen konnte mich der Schreibstil. Dieser ist durch die unterschiedlichen Perspektiven und Erzählformen (Interviews, Artikel, Fließtext) sehr abwechslungsreich, wodurch sich das Buch eigentlich in einem Rutsch komplett durchlesen lassen könnte. Die Übersetzung klingt jedoch stellenweise etwas steif, da die Jugendsprache etwas deplatziert gewirkt hat. Die Verwendung einzelner Wörter wie z.B. Kid war für mein Empfinden nicht immer stimmig mit der Ausformulierung des restlichen Textes.
Brooks hat mit J.B., Trey und Ramon drei sehr unterschiedliche Protagonisten erschaffen. Alle drei haben jedoch einen vielschichtigen und gut ausgebauten Charakter. Trotz ihrer Unterschiedlichkeit konnte ich mich in alle drei gut hineinversetzen und ihre Handlungsweisen gut nachvollziehen.

Obwohl von der ersten bis zur letzten Seite eine Grundspannung vorhanden war, gibt es nur wenige Spannungshöhepunkte. Die unterschiedlichen Konflikte und Täterverdachte wurden immer relativ schnell wieder aufgelöst. Der Spannungsverlauf war daher insgesamt eher flach. Die unterschiedlichen Spuren im Rahmen der Mordermittlungen der drei Protagonisten hätten entsprechend etwas besser ausgebaut sein können.

Die Auflösung des Mordes ist schlüssig (wenn auch relativ vorhersehbar) und das Ende hinsichtlich des Haupthandlungsstrangs rund. Jedoch wurden kleinere Fragen, die sich im Laufe der Mordermittlungen ergeben haben, nicht aufgeklärt, was mich dann doch etwas unbefriedigt zurückgelassen hat.

Neben dem Mordfall stellt auch Rassismuskritik einen zentralen Themenschwerpunkt des Buches dar. Dadurch, dass alle drei Protagonisten ihre Unschuld beweisen, wird das Klischee des "bösen schwarzen Jungen aus dem Problemviertel" aufgehoben. Die vielschichtigen Charaktere zeigen zudem, dass nicht per se alle Menschen nur anhand ihres Wohnorts oder ihrer Herkunft abgestempelt werden sollten. Jedoch arbeitet "Promise Boys" sehr stark mit Geschlechterstereotypen. So werden eigentlich alle männlichen Angestellten als "die Bösen" dargestellt, die Gefallen daran finden, die Jungen zu bestrafen und nur zu gerne ihre Macht demonstrieren. Auf der anderen Seite stehen die weiblichen Angestellten. Diese sind rücksichtsvoller im Umgang mit den Jungen, lassen ihnen mehr durchgehen und äußern sich selbst kritisch zum Konzept der Urban Promise Prep.

Insgesamt ist es ein gutes Buch besonders für die Zielgruppe, auf die es ausgerichtet ist. Es ist sowohl spannend als auch unterschwellig gesellschaftskritisch. Besonders in der zweiten Hälfte war der Handlungsverlauf jedoch etwas zu schnell und sprunghaft. 100 Seiten mehr hätten dem Buch wahrscheinlich gutgetan, um die einzelnen Aspekte der Mordermittlungen tiefgründiger und die Nebencharaktere etwas diverser zu gestalten.

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