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Veröffentlicht am 19.04.2025

Atmosphärisch

Das Wunder von Paradise Deep
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Im kleinen Fischerdorf Paradise Deep strandet ein Wal. In ihm befindet sich ein stummer Mann, der stark nach Fisch riecht. Hat Gott diesen Mann geschickt? Ist er ein Fluch oder ein Segen? Die kleine Gemeinde ...

Im kleinen Fischerdorf Paradise Deep strandet ein Wal. In ihm befindet sich ein stummer Mann, der stark nach Fisch riecht. Hat Gott diesen Mann geschickt? Ist er ein Fluch oder ein Segen? Die kleine Gemeinde steht Kopf. In einer Zeit, in der viele Menschen nicht mal lesen und schreiben konnten, das Leben noch sehr beschwerlich war, spielt dieser Roman über fast zwei Jahrhunderte. Neufundland als raue Kulisse eignet sich dafür hervorragend.

Auf der Buchmesse bin ich auf dieses Buch und den Verlag aufmerksam geworden. Das Cover hat mich direkt angesprochen, ich finde es ist ganz wunderbar gelungen.
Der Einstieg ist mir nicht ganz leicht gefallen. Es gibt sehr viele Charaktere und es passiert jede Menge. Nach ein paar Seiten bin ich dann langsam reingekommen. Zunehmend konnte ich der mystischen, manchmal schrägen und unkonventionellen Geschichte immer mehr abgewinnen. Die harte Zeit, in der die Geschichte spielt, finde ich sowieso spannend. Die Atmosphäre hier war für mich großartig, raue Küstenlandschaft, Entbehrung, Aberglauben, Gottesfürchtigkeit. Manchmal derb, manchmal zart, interessant und einfach mal anders. Es liest sich nicht mal so nebenbei weg, man braucht Zeit und Ruhe. Da entwickelt das Buch dann seine Stärke und Kraft, die tolle Beobachtung zweier Familien über fünf Generationen, mit all dem Glück und Unglück, Zusammenhalt und der engen Verbindung zwischen Übernatürlichem und Alltag.
Ich empfehle das Buch gern weiter.

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Veröffentlicht am 16.04.2025

Eine Geschichte, die bleibt

Ósmann
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Jón Magnússon ist Färmann und wird von allen Ósmann genannt. Er ist ein Bär von einem Mann, rau wie das Klima in Island, doch auch herzlich und ein Poet. Er schreibt Gedichte, die sich durch diesen Roman ...

Jón Magnússon ist Färmann und wird von allen Ósmann genannt. Er ist ein Bär von einem Mann, rau wie das Klima in Island, doch auch herzlich und ein Poet. Er schreibt Gedichte, die sich durch diesen Roman hindurchziehen. In seiner kleinen Hütte ist jeder immer willkommen. So begleiten wir Ósmann durch mehrere Jahrzehnte, nicht immer chronologisch.

Ich hatte am Anfang so meine Schwierigkeiten mit der besonderen Schreibweise, nach ein paar Seiten war ich dann aber voll dabei. Rau, manchmal düster wird uns langsam die Geschichte erzählt. Ósmann hat viel erlebt, die Jahre und die Erfahrungen haben ihn geformt. Erzählt wird aus der Sicht eines Freundes in der Zeit zwischen Ende des 19. Jahrhunderts und Anfang des 20. Jahrhunderts. Das raue Leben und die faszinierende Landschaft wurden wunderbar bildgewaltig beschrieben. Als Leser hat man das Gefühl, man ist mittendrin.

Ein Roman, den man langsam und in Ruhe lesen sollte. Eine Geschichte, die im Kopf bleibt.

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Veröffentlicht am 13.04.2025

Aufwühlend

Brennende Himmel
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„Hast du nie Lust, dir ein Häutchen abzuziehen, so viel du kannst, und immer weiter zu machen, bis du dich lebendig häutest, um zu sehen, wie es sich anfühlt, nichts zu sein? Irgendwas Formloses, das zwar ...

„Hast du nie Lust, dir ein Häutchen abzuziehen, so viel du kannst, und immer weiter zu machen, bis du dich lebendig häutest, um zu sehen, wie es sich anfühlt, nichts zu sein? Irgendwas Formloses, das zwar existiert, aber nicht da ist“


Winter 2019: Niccolò behandelt Frauen wie Dreck, nimmt alle Drogen, die er in die Finger bekommt und fühlt sich leer. Seinen richtigen Vater sieht er nur sporadisch, seine Mutter nennt ihn nur: der da. Was zwischen seinen Eltern damals vorgefallen ist, weiß er nicht, darüber wird nicht gesprochen. Als sein Vater Riccardo ihn mal wieder abholt, überredet er ihn zu einem Ausflug, um ihn mit seiner Vergangenheit zu konfrontieren.

Sommer 2000: Teresa macht Urlaub mit ihren Eltern. Sie wird streng gläubig erzogen, bekommt immer wieder gesagt was alles an ihr falsch ist und weiß eigentlich gar nicht wer sie selber ist. Ihre Mutter ist gewalttätig, ihr Vater passiv, er hält sich meistens raus. Als sie im Urlaub auf Riccardo trifft, ist auf einmal alles anders und sie beginnt sich für ihn zu interessieren. Riccardo macht nur was er will und kennt keine Grenzen. Zwei völlig unterschiedliche Teenager treffen hier aufeinander und das Drama nimmt seinen Lauf.

Mich hat hier dieses wunderschöne Cover direkt angesprochen. In diesem Roman steckt viel mehr als der junge Mann auf dem Cover. Wer sich dafür interessiert, sollte vorher bitte unbedingt die Triggerwarnung vorher lesen.
Intensiv, rau, hart und aufwühlend ist dieses Buch. Teresa leidet unter häuslicher Gewalt, Riccardo ist ein verwöhntes Söhnchen aus reichem Haus. Er ist verwegen und rücksichtslos. Eine toxische Mischung.
Es geht um Schuld, nie so zu werden wie es die Eltern erwarten, ums geliebt werden und darum, wer die eigenen Eltern eigentlich sind. Wie kann man mit einer Schuld leben? Wie kann man aushalten, wenn man nicht weiß wer man selber ist? Ziemlich heftig, nichts für schwache Nerven. Ein Buch, dass definitiv im Kopf bleibt. Hier treffen einige kaputte Seelen aufeinander, die nicht wissen wohin mit dem Schmerz und all der Wut.
Mir hat es sehr gut gefallen, ich empfehle es gern weiter.

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Veröffentlicht am 13.04.2025

Tolles Thema

Scham
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Ein Buch über ein Thema, das uns allen bestens bekannt ist. Wir alle kennen dieses Gefühl aber irgendwie spricht niemand darüber.

Matthias Kreienbrink setzt sich hier mit der Scham auseinander, erläutert ...

Ein Buch über ein Thema, das uns allen bestens bekannt ist. Wir alle kennen dieses Gefühl aber irgendwie spricht niemand darüber.

Matthias Kreienbrink setzt sich hier mit der Scham auseinander, erläutert was Scham eigentlich ist, beschreibt beschämende Erfahrungen, die wir oft schon in der Kindheit erleben und wie uns dieses Gefühl auch helfen kann. Durch sie werden uns z. B. Grenzen aufgezeigt. Er beschreibt viele Situationen, in denen Scham entstehen kann und lässt verschiedene Menschen zu Wort kommen.

Die persönlichen Beispiele haben mir hier sehr gut gefallen. Das macht das Buch auch nahbar und authentisch. Wissenschaftliche Analysen werden gekonnt mit den persönlichen Erlebnissen verknüpft, so ist das Buch informativ und lässt sich einfach lesen.

Insgesamt ein interessantes Buch über ein gern verschwiegenes Thema.

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Veröffentlicht am 10.04.2025

Atmosphärisch

Wildhof
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„So ist das nun mal mit der Vergangenheit. Springt einen an wie ein hechelnder Hund, schmeißt einen in den Graben, das war keine Absicht, die macht nichts, die will nur spielen, so ist sie halt, ungestüm ...

„So ist das nun mal mit der Vergangenheit. Springt einen an wie ein hechelnder Hund, schmeißt einen in den Graben, das war keine Absicht, die macht nichts, die will nur spielen, so ist sie halt, ungestüm und wild, und will überall dabei sein, ist immer auf der Suche, obwohl sie im Heute nichts verloren hat.“

Die fast dreißigjährige Lina kehrt zurück in ihren Heimatort Wildhof im Schwarzwald. Sie muss sich um einen Käufer für das Elternhaus und die Beerdigung der Eltern kümmern. Schon lange war sie nicht mehr in ihrer Heimat. Zu schmerzlich war der Verlust ihrer Zwillingsschwester Luise. Sie will schnell wieder weg, doch trifft sie auf alte Freunde und findet eine neue Spur zu ihrer Zwillingsschwester.

Ein Roman wie eine Naturgewalt, kraftvoll, tief und dann wieder zart. Lina will abschließen mit ihrer Vergangenheit, doch da sind überall diese Erinnerungen an Luise und ihre Eltern, an ein fröhliches Leben. Ihre Schwester wurde nie gefunden und das lässt Lina keine Ruhe. Sie sucht Antworten. Mal wütend, mal traurig blickt Lina auf ihr Leben zurück. Man spürt die Verzweiflung, den Schmerz, die Einsamkeit. Ihre Dämonen lassen sie nicht los, quälen sie.

In der großartig erzählten Familientragödie steigert sich allmählich die Spannung, in ein für mich völlig unerwartetes Finale. Als Leser bekommt man Gänsehaut, ist völlig versunken in dieser atmosphärischen Geschichte. Ab und an reihen sich ein paar mystische Elemente in die Story ein, die wunderbar zur dunklen Atmosphäre im Schwarzwald gepasst haben.

Insgesamt ein toller, sehr empfehlenswerter Roman, spannend und atmosphärisch.

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