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Veröffentlicht am 03.03.2020

Eine berührende Geschichte über ein kleines Mädchen mit riesengroßen Sorgen und Nöten

Helsin Apelsin und der Spinner
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Helsin ist ein kleiner Wirbelwind. Erst 8 Jahre alt und – wenn es sie, d.h. der Spinner, überkommt - kaum in ihrer Energie zu bremsen. Sie besucht die zweite Klasse und hat klare Abmachungen mit der Lehrerin ...

Helsin ist ein kleiner Wirbelwind. Erst 8 Jahre alt und – wenn es sie, d.h. der Spinner, überkommt - kaum in ihrer Energie zu bremsen. Sie besucht die zweite Klasse und hat klare Abmachungen mit der Lehrerin und den Mitschülern: sobald sich der Spinner wieder gelegt hat, wobei ihr bei Ausbruch des Spinners durchaus bewusst ist, dass sie sich mal wieder unmöglich aufgeführt hat, entschuldigt sie sich mit Handschlag bei dem/den Anderen. Wenn da nur nicht der Klassenneuling Louis wäre, der ihre Entschuldigung für ihren Faustschlag auf seine Nase einfach nicht akzeptieren will. Und dies versteht Helsin nicht – sich nicht an Regeln halten, die zwar von ihr aber nicht von Louis eingehalten werden. Dass daraus alles andere als eine Freundschaft entsteht, ist offensichtlich. Und als sich Helsin immer mehr aus der Klassengemeinschaft ausgegrenzt fühlt und auch die Freundschaft zu ihrem einzigen Freund auf der Kippe steht, begeht Helsin einen großen Fehler und verletzt Louis damit sehr. Wohl wissend um ihr Fehlverhalten, von dem sie nicht weiß, wie sie es wieder ins Lot bringen kann, folgen weitere Handlungen, die sie – in ihren Augen – immer weiter abgleiten lassen und sie zu einem schlechten Menschen machen. Dass und wie sich dann letztendlich doch wieder alles zum Guten wendet, soll hier und jetzt nicht verraten werden.
Dem Klappentext des Buches nach handelt es sich um eine Geschichte für 8jährige Leseratten. Aber auch für Erwachsene bietet es nicht nur eine unterhaltsame Lektüre, sondern setzt so manchen Impuls, über den sich nachzudenken lohnt. Der Autorin gelingt es auf eine wunderbar einfühlsame und berührende Weise, ein kleines Mädchen zum Leben zu erwecken, das sich über seine eigenen Macken durchaus bewusst ist und sich in ein unsagbares Dilemma hineinmanövriert, aus dem es letztendlich keinen anderen Ausweg sieht, als ihre heißgeliebten Eltern zu verlassen. Das Gefühl der Scham, der Enttäuschung, die sie ihren Eltern bereitet, die Verzweiflung, aber auch die Angst – man erlebt und spürt sie deutlich mit. Am liebsten würde man Helsin in die Arme nehmen und ihr tröstend und aufmunternd zur Seite stehen.
Eine aktuelle und wichtige Thematik, die von der Autorin und in Form von Helsin sprachlich und gedanklich hervorragend aufbereitet und dargestellt wird. Man leidet, weint und freut sich regelrecht mit. Und staunt über die unsagbar große Liebe der Eltern zu ihrem kleinen "Rumpelstilzchen". Dabei muss ich einfach betonen, dass mir die Charakterisierung von Vater und Mutter sehr gut gefallen, ja, sie sogar als hervorragend gelungen bezeichnen möchte. Alle für den Handlungsablauf wichtigen Personen sind mit einzigartigen, treffenden und besonderen Charakterzügen ausgestattet. Man schließt sie sofort ins Herz und insgeheim beschleicht einem der Wunsch, sie unbedingt persönlich kennenlernen zu wollen.
Eines der schönsten aber auch anspruchsvollsten Kinderbücher, die ich bisher gelesen habe. Sehr empfehlenswert – für alle Altersklassen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.01.2019

Ein lesenswerter Begleiter durch die Vorweihnachtszeit

Gnadenbringende Weihnachtszeit
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Elisabeth Eberle beschreibt in drei Kurzgeschichten die Entstehung von zwei bekannten Weihnachtsliedern und des Adventskranzes.

Sie lässt uns teilhaben am Leben und Wirken von Georg Weissel, Johannes ...

Elisabeth Eberle beschreibt in drei Kurzgeschichten die Entstehung von zwei bekannten Weihnachtsliedern und des Adventskranzes.

Sie lässt uns teilhaben am Leben und Wirken von Georg Weissel, Johannes Falk und Johann Wichern. Auf berührende Weise gelingt es ihr, das Wirken dieser Männer in längst vergangene Zeiten darzustellen und dabei auch auf die Schwierigkeiten und Schrecken hinzuweisen.

Die Entstehungsgeschichte des Liedes "Macht hoch die Tür, die Tor macht weit" ist eine ganz besondere und da der gesamte Text am Ende der Geschichte abgedruckt ist, entfaltet der Liedtext - nach Lektüre der vorhergehenden Erzählung - eine ganz besondere Wirkung, wenn man das Lied ebenfalls in Ruhe bis zum Ende liest und auf sich wirken lässt

Mir war nicht bekannt, dass die Melodie zu dem zweiten im Buch vorgestellten Lied "O du fröhliche" zu einem alten sizilianischen Fischerlied gehörte. Am Heiligen Abend 1816 spielt Johannes Falk zum ersten mal dieses Lied den ihm zu diesem Zeitpunkt anvertrauten 25 Kindern auf seiner Geige vor. Noch heute kann man sich vorstellen, welchen Zauber dieser Vortrag bei den Zuhörern entfalten haben muss, wenn man sich die Melodie ins Gedächtnis ruft.

Und für Erzählung über die Entstehung des Adventskranzes wurde die Überschrift "Ein Wagenrad voller Lichter" gewählt. Treffender hätte sie nicht gewählt sein können. Auch wenn im Laufe der Jahrzehnte die 4 Adventskerzen übrig geblieben sind, so trägt die Geschichte sehr gut zum Verständnis der damaligen Nöte und der Liebe von Johann Wichern und seiner Frau zu den Kindern, die oft unter erbärmlichen Umständen ihr Leben meistern mussten, bei.

Alles in allem ein Buch, das sich gerade in der Vorweihnachtszeit zu lesen lohnt. Die Erzählungen sind recht kurz und sehr verständlich gehalten und laden geradezu ein, sich bewusst eine Auszeit zu nehmen. Ein Vorweihnachtsbuch, das sich für Großeltern, Eltern und Kinder zu lesen (oder vorzulesen) lohnt.

Veröffentlicht am 25.01.2019

Unvergessliche Lesestunden über längst vergangene Zeiten

Gut Greifenau - Abendglanz
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Ein Roman, der mehr enthält als eine reine Familiensaga. Für Kenner der Fernsehserie "Das Haus am Eaton-Place" oder "Dowton-Abby" ein unbedingtes "muss" mit Lesevergnügen auf 560 Seiten.

Auf der einen ...

Ein Roman, der mehr enthält als eine reine Familiensaga. Für Kenner der Fernsehserie "Das Haus am Eaton-Place" oder "Dowton-Abby" ein unbedingtes "muss" mit Lesevergnügen auf 560 Seiten.

Auf der einen Seite kann Anteil genommen werden an den Sorgen und Nöten der Grafenfamilie Auwitz- Aarhayn und auf der anderen Seite lernt man vielfältigen Probleme, mit denen die Bediensteten zu kämpfen haben, kennen.

Besonders gelungen ist die Darstellung der Gräfin, die ihre Kinder mehr oder wenige als Ware betrachtet und möglichst gewinnbringend für die gesamte Familie verheiratet werden sollen. Ist ihr dies bereits bei einer Tochter gelungen, so erwarten sie ungeahnte Schwierigkeiten, als ein Mitglied des kaiserlichen Hauses großes Interesse an der noch sehr jungen jüngsten Tochter zeigt. Unbarmherzig verfolgt die Mutter ihren Plan und scheut auch nicht davor zurück, ihre Tochter mit dem Hinweis auf das Karriereende des älteren Bruders beim Militär zu erpressen. Zum Glück für den ältesten Sohn und Erben ist die Gräfin noch nicht über das Interesse des Sohnes an der Dorflehrerin interessiert – auch dies wüsste sie mit Sicherheit zu verhindern. Ein weiterer Sohn, der durch einen Jagdunfall eine bleibende Gehbehinderung erlitten hat und großes Musiktalent besitzt, ist zum einen noch auf der Suche nach sich selbst, auf der anderen Seite durchschaut er klar und deutlich die Arroganz und den Standesdünkel seiner Gesellschaftssicht. Der Graf selbst erscheint relativ blass, der kein großes Interesse und auch Kenntnisse von der Führung des Gutes besitzt und stattdessen das ererbte Vermögen für kurzweilige Vergnügen verschleudert. Auch hier immer wieder Konfliktstoff mit dem ältesten Sohn, den er hinsichtlich angestrebter technischer Fortschritte ausbremst.

Im s.g. Dienstbotenbereich ist die dort herrschende Hierarchie sehr schön dargestellt und nachvollziehbar. Da gibt es die Hausdame und den Butler, wobei vor allem der Butler seine Stellung gegenüber den anderen Bediensteten sehr deutlich auslebt. Jede/r Bedienstete wird mit seinem Aufgabengebiet, aber auch seiner Arbeitseinstellung, seinen besonderen Begabungen und Talenten, aber auch seinen Defiziten sehr überzeugend dargestellt. Besonders berührend ist die Szene, in der die junge Hedwig, auf der Suche nach ihren verschollenen Geschwistern, ihre Schreib- und Leseunfähigkeit zugibt, die sie daran hindert, mit Waisenhäusern Kontakt aufzunehmen. Wie gut, dass sie eine hilfreiche und menschenfreundliche Unterstützerin findet, die sie auf ihrer Suche begleitet. Und auch der junge Eugen, dessen besonderes Talent und Gespür für Tiere beim Einfangen eines Stieres wunderschön beschrieben wird, lädt geradezu ein, sich mit ihm und dem Roman weiter zu befassen. Natürlich gibt es auch noch ein sehr geheimnisvolles neues Mitglied bei den Bediensteten, dessen wahre Absichten sich erst später erkennen lassen.

Ein Buch, das mich von der ersten Seite in Bann gezogen hat. Es liest sich sehr gut, es gibt viele verschieden Charaktere, deren Wesenszüge und Lebenswege fein herausgearbeitet worden sind und die regelrecht dazu einladen, sie auf ihrem Weg in eine sich abzeichnende dunkle Zeit der deutschen Geschichte zu begleiten. Und es weckt beim Lesen das Interesse, sich einmal etwas intensiver mit diesem geschichtlichen Zeitraum zu beschäftigen.

Besonders gelungen finde ich die ersten Seiten, in denen in Form eines Lageplanes alle Gebäude und Wege, die auf den folgenden Romanseiten eine Rolle spielen, bildlich dargestellt werden. So hat man gleich einen guten Überblick oder Eindruck über die Größe des Gutshofes. Zudem werden auf den beiden folgenden Seiten alle Akteure des Buches mit Namen und Stellung aufgeführt. Zu Beginn vielleicht etwas verwirrend, aber im Laufe der Geschichte werden die einzelnen Figuren sorgfältig und fließend vorgestellt und die Auflistung wird mehr und mehr entbehrlich. Aber schon interessant und gelungen, sich bereits vor der ersten Zeile mit den Akteuren beschäftigen zu können. Zeichnet in meinen Augen ein Buch besonders aus.

Besonders betont werden sollte auch noch der Ort der Handlung: Pommern, eine in den beiden Weltkriegen bekannte, bedeutungsvolle und wichtige Gegend. Sie und Ihre Bewohner mit diesem Buch wieder zum Leben zu erwecken, macht Laune, sich gerade heute noch einmal intensiver damit zu beschäftigen. Und wenn man Gelegenheit besitzt, Urlaubstage dort zu verbringen, dann gewinnen die Bilder, die mit den im Buch verwendeten Worten gemalt werden, eine ganz besondere Bedeutung.

Dieses Buch ist unbedingt weiterzuempfehlen und weckt das Interesse, die Familie weiter begleiten zu wollen. Gut, dass es zwei Folgebände gibt, die bereits in Kürze erscheinen werden.

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Veröffentlicht am 25.01.2019

Wunschleben Wunschleben Vera Nentwich Rezension vom 04.12.2018 (4) Wunschleben Bereits mit dem Titel stellte sich mir die Frage: Führe ich ein Wunschleben, d.h. führe ich mein Leben so, wie ich es mir wünsche?

Wunschleben
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Anja, eine (Transgender-)Frau kurz vor ihrem 40. Geburtstag, hat sich entschlossen, ihr Wunschleben zu leben, auch wenn dies mit einer grundlegenden Veränderung einhergegangen ist. Sie hat sich ihr Wunschleben ...

Anja, eine (Transgender-)Frau kurz vor ihrem 40. Geburtstag, hat sich entschlossen, ihr Wunschleben zu leben, auch wenn dies mit einer grundlegenden Veränderung einhergegangen ist. Sie hat sich ihr Wunschleben auf den ersten Blick zwar erfüllt, doch fällt es ihr ungemein schwer, sich in Gesellschaft anderer Menschen aufzuhalten. Sie ist noch nicht in der Lage, sich selbst so zu sehen, wie die Umwelt sie wahrnimmt. Ohne Kontakt zu ihrem ehemaligen Freundes- und Verwandtenkreis und nach dem Umzug in eine andere Stadt will sie nun ihr Wunschleben führen. Glücklicherweise findet sie unerwartet in der Nachbarin eine gute Freundin, die sie so auf- und annimmt, wie sie ist: eine Frau. Der es allerdings alles andere als leicht fällt, dies auch zu leben, da es sich um völlig neue Erfahrungen handelt. Bettina, der Freundin, gelingt es aber, Anja aus ihrem Schneckenhaus zu locken und ermutigt sie – auch durch praktische Tätigkeiten wie einer "typisch weiblichen shopping-tour" zu einem völlig neuen, aber treffenderen, äußerlichen Erscheinungsbild. Besondere Lesemomente waren für mich das Geburtstagsgeschenk des Nachbarjungen. Er hatte ein Bild gemalt, auf dem Anja deutlich zu erkennen ist und sie eine Puppe an der Hand erhält. Sein knapper Kommentar dazu: "Das ist eine Puppe. Weil du noch keine hast und Mädchen haben Puppen." Welch feines Gespür der Junge da an den Tag legt. Leider endet das Buch mit einem weiteren wichtigen Ereignis in Anjas Leben: Anja erhält an ihrem 40. Geburtstag einen Brief von ihrer Mutter. Der Inhalt wird seitens der Autorin des Buches leider nicht verraten – ich hoffe auf eine Fortsetzung der Geschichte von Anja.

Vera Nentwich greift in ihrem Roman ein Thema auf, das zum Nachdenken anregt. Über eigene Wünsche und Ziele, die Bereitschaft zu Veränderungen mit folgenden umfangreichen Konsequenzen und dem Mut, neue Ziele zu stecken und neue, noch unbekannte Wege zu gehen. Zunächst in kleinen Schritten, um dann festzustellen, dass es sich lohnt, größere Schritte auf dem neuen Lebensweg zu machen.

Nachdenklich gemacht haben mich aber auch die vielen Kleinigkeiten, die für mich als Frau selbstverständlich sind bzw. über die ich gar nicht erst nachzudenken brauche. Sie ergeben sich nahezu automatisch und Reaktionen erfolgen ohne vorhergehendes Abwägen, wie es bei Anja zu Beginn war. Im Laufe der Zeit wird sie immer mutiger und auch authentischer. Sie ist auf dem besten Weg, ihr wahres Ich zu finden und zu leben.

Ein Buch, das sich unbedingt zu lesen lohnt. Öffnet es nicht nur den Horizont für die (Verwirklichung) der eigenen Vorstellungen und Wünsche sondern öffnet auch die Augen für die Bereitschaft, jeden Menschen um seiner selbst anzunehmen und wertzuschätzen.

Veröffentlicht am 25.01.2019

Die französische Revolution:Eine wagemutige und emanzipierte Adlige und das Schicksal der Emigranten

Die Rose des Herzogs
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Am 01. Mai 1841 erwacht die 73jährige Prinzessin Charlotte de Rohan-Rochefort mit der Gewissheit, dass dieser Tag ihr Todestag sein wird. Körperlich sehr schwach und doch versöhnt mit ihrem baldigen Lebensende, ...

Am 01. Mai 1841 erwacht die 73jährige Prinzessin Charlotte de Rohan-Rochefort mit der Gewissheit, dass dieser Tag ihr Todestag sein wird. Körperlich sehr schwach und doch versöhnt mit ihrem baldigen Lebensende, verbringt sie diesen Tag in ihrem Schlafzimmer und verliert sich in ihren Träumen immer wieder in die zurückliegenden Jahre, in denen sie viel erlebt, viel erlitten, viel geliebt hat und viel geliebt wurde und unbeschreiblich viel Geduld und Wagemut an den Tag gelegt hat.

Aufgewachsen als zweites Kind einer zum damaligen Zeitpunkt verarmten alten aber hochangesehenen Adelsfamilie pflegt sie einen liebevollen und innigen Kontakt zu ihrem unermesslich reichen Großonkel, Kardinal Louis de Rohan-Rochefort; bestens bekannt im Zusammenhang mit der s.g. Halsbandaffaire. Verliebt sie sich einige Jahre vor der französischen Revolution in einen adligen jungen Mann, so verliert sie ihn kurz vor der Hochzeit in den Wirren der Revolution. Gemeinsam mit ihrem Onkel emigriert sie bereits 1790 nach Ettenheim in Deutschland und verbringt dort mit ihm viele Jahre. Sie erlebt hautnah das Schicksal weiterer Emigranten, die sich im Hause ihres Onkels treffen und auch das verzweifelte Bemühen dieser Menschen, ihrem Heimatland wieder zum Frieden zu verhelfen und zurückkehren zu können. Zu diesen Emigranten zählt auch der ihr aus längst zurückliegenden Zeiten bekannte, deutlich jüngere Louis-Antoine, Herzog von Enghien. Auch wenn sie sich im Laufe der Zeit innig lieben, wobei Prinzessin Charlotte sich lange Zeit gegen diese Gefühle sträubte, heiraten sie letztendlich in aller Heimlichkeit. Zu groß sind die Vorbehalte des Herzogs, da sein Großvater eine Heirat rigoros ablehnt. Eine Entscheidung, die Prinzessin Charlotte verletzt.

Das gemeinsame Glück währt leider nicht lange, da Napoleon in Herzog Enghien einen großen Rivalen sieht, da es sich bei ihm um den Abkömmling eines alten Bourbonengeschlechts Anspruch auf die Königskrone handelt. Er lässt ihn kurzerhand aus Deutschland entführen und in einem mehr als unwürdigen Gerichtsverfahren zum Tode verurteilen. Das Urteil wird umgehend umgesetzt.

Dank des dem Roman vorangestellten Personenverzeichnisses, in dem reale und fiktive Personen deutlich gekennzeichnet sind, findet man schnell Zugang zu den agierenden Personen und den Verwandtschaftsverhältnissen. Es erleichtert ungemein den Zugang zum Romaninhalt. Die einzelnen Charaktere werden "lebensecht" und vorsichtig in den Roman eingeführt und es entsteht beim Lesen schon mal der Eindruck, dass man sich mitten unter den handelnden Personen befindet. Sehr glaubwürdige, nachvollziehbare und verständliche Gespräche und Handlungen, mitten im Alltag der damaligen Zeit, machen die Lektüre des Buches zu einem großartigen Leseereignis.

Was mir vor Lektüre des Buches völlig unbekannt war, ist das Schicksal der Emigranten, die zum Teil in Deutschland eine, wenn vielleicht auch nur vorübergehende, Bleibe gefunden hatten. Ihr Bemühen, auch teilweise mit kriegerischem Einsatz, ihre Heimat zu retten, bzw. dafür zu sorgen, dass dort wieder Recht und Ordnung herrscht, hat mich sehr stark angesprochen. Auch die bedingungslose Hilfsbereitschaft der deutschen Bevölkerung war ist bemerkenswert und ich bin der Autorin sehr dankbar, dies in dem vorliegenden Roman vorzustellen. Alles in allem ein Aspekt der französischen Revolution, der mir bisher völlig unbekannt war, mich aber dazu angestiftet hat, mich neu mit diesem Zeitabschnitt und Aspekten zu beschäftigen.


Diesen Roman möchte ich von Herzen gerne weiterempfehlen. Das reale Schicksal von Prinzessin Charlotte de Rohan-Rochefort und des Herzogs von Enghien sind es wert, für die Nachwelt aufgeschrieben und festgehalten zu werden. Dies ist Marita Spang hervorragend gelungen. Sehr gut recherchiert, was von ihr im Rahmen einer Leserunde immer wieder deutlich dokumentiert wurde. Für Liebhaber historischer Romane, die reale Ereignisse be- und umschreiben ein absoluter Genuss!