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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.01.2024

Es geht bloß um Eier, Zucker, Butter und Mehl

Der späte Ruhm der Mrs. Quinn
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Mrs. Quinn, die seit fast sechzig Jahren glücklich mit Bernard verheiratet ist, lebt in einem kleinen englischen Dorf und liebt das Backen. Sie greift dabei vor allem auf Familienrezepte zurück, die gleichzeitig ...

Mrs. Quinn, die seit fast sechzig Jahren glücklich mit Bernard verheiratet ist, lebt in einem kleinen englischen Dorf und liebt das Backen. Sie greift dabei vor allem auf Familienrezepte zurück, die gleichzeitig ihre wertvollsten Erinnerungen sind. Aus einem Gefühl heraus, etwas in ihrem Leben verpasst zu haben, bewirbt sie sich als Kandidatin für eine TV-Backshow. Vor Bernard verbirgt sie nicht nur diese Bewerbung, sondern auch ein viel größeres, dunkles Geheimnis, dem sie sich nun nach Jahrzehnten stellen muss.
Das Cover mit der appetitlichen Torte hat mich sofort angesprochen, der am Klappentext versprochene Inhalt des Romans hat mich jedoch nicht überzeugt. Die Kapitelüberschriften sind jeweils mit den Namen von Backwaren betitelt; diese verbinden die Herausforderungen der Backshow mit dem Erzählstrang aus Jennys Vergangenheit, wo dieselben Kuchen ebenfalls eine tragende Rolle spielten. Anekdoten aus Jennys Kindheit und Jugend sind kursiv hervorgehoben. Der Schreibstil ist nicht herausragend und die Geschichte läuft insgesamt ohne Konflikte ab. Da sie zu konstruiert und vorhersehbar ist, kommt auch keine rechte Spannung auf; weder die Herausforderungen der Backshow betreffend, noch das lange gehütete Geheimnis der Protagonistin.
Jenny konnte ich nicht viel Sympathie entgegenbringen. Es ist eine Sache, seinem Mann vorerst die Teilnahme an einer Backshow zu verheimlichen, aber eine völlig andere, ihm eine Entscheidung aus der Vergangenheit vorzuenthalten, die das weitere gemeinsame Leben betroffen hat. Dem Verweis vom Klappentext auf eine lebenslange Liebe kann ich daher nicht zustimmen. Liebe sollte nicht einseitig sein, sie besteht nicht aus Nehmen von einer Seite und Vergeben von der anderen.
Das Buch macht Appetit – auf Kuchen, leider jedoch nicht so sehr auf die Handlung.

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Veröffentlicht am 06.01.2024

Die bronzene Glocke aus dem Süden

Die Insel der weißen Lilien
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Linnea zieht nach ihrer Trennung von Oslo auf eine kleine Insel in Nordnorwegen ins Haus der verstorbenen Großtante ihrer besten Freundin. Sie entdeckt nicht nur den wunderschönen Garten, die neue Umgebung ...

Linnea zieht nach ihrer Trennung von Oslo auf eine kleine Insel in Nordnorwegen ins Haus der verstorbenen Großtante ihrer besten Freundin. Sie entdeckt nicht nur den wunderschönen Garten, die neue Umgebung der felsigen Insel und den charmanten Karsten, sondern in Maries Haus eine bronzene Glocke mit geheimnisvoller Inschrift. So macht sich Linnea auf die Suche nach Maries Geheimnis und entdeckt deren dramatische Vergangenheit.
Das Cover wirkt verträumt mit dem kleinen Haus auf der Insel, eingerahmt von weißen Lilien. Der Klappentext verspricht eine Romance in Nordnorwegen – wer nun auf eine seichte Liebesgeschichte hofft, wird etwas enttäuscht. Natürlich spielt die Liebe eine Rolle, aber dieses Buch überrascht vielmehr mit einem Erzählstrang aus Maries Vergangenheit im Zweiten Weltkrieg, der das Leben im besetzten Norwegen mit seinen negativen Seiten beleuchtet und eine Spur nach Serbien legt. Immer wieder sind Gedichte und nie verschickte Briefe aus Maries Notizbuch eingeschoben, die die Handlung noch authentischer machen. Auch Linneas Erzählstrang in der Gegenwart ist lebendig erzählt; nur langsam gelingt es ihr sich an das raue Inselleben zu gewöhnen und das Vertrauen der Bewohner zu gewinnen.
Die Sprecherin Irina Salkow macht das Hören sehr angenehm. Ruhig und eigentlich ohne viel Emotionen gibt sie die fesselnde Geschichte wieder. Dass dieser Abstand gewahrt wird, ist auch gut, denn die Handlung und die Worte in die sie gefasst ist, geben genug an Gefühlen der Protagonisten an die Hörer weiter.
Insgesamt ist dieses Hörbuch sehr empfehlenswert und bietet neben einer lebensechten Rahmenhandlung einen überraschenden Einblick in ein Kapitel norwegischer Geschichte.

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Veröffentlicht am 04.01.2024

Ein Festbetrieb, gar nicht so galant

Himmelfahrt. Höllenfahrt.
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Der Schauplatz Lüdenscheid 1976 bietet den drei Hobby-Ermittlern in ihrem vierten Fall einige Rätsel. Theo Kettling kommt gerade selber von einem Begräbnis, als ihm Sabine aufgelöst vom tödlichen Unfall ...

Der Schauplatz Lüdenscheid 1976 bietet den drei Hobby-Ermittlern in ihrem vierten Fall einige Rätsel. Theo Kettling kommt gerade selber von einem Begräbnis, als ihm Sabine aufgelöst vom tödlichen Unfall der kleinen Schwester ihrer besten Freundin erzählt. Lieselotte Larisch wittert einen Mordfall – oder doch gleich mehrere? Dass schließlich selbst Antiheld Theo verdächtigt wird, steigert die Spannung dieses Krimis zusätzlich.
Der VW Käfer am Cover erinnert sofort an die Siebziger, die Dogge an Lieselotte Larisch und die hinten sitzende Person an Theo – wortwörtlich hinten, denn das Foto des Autos erstreckt sich auch auf die Rückseite. Die Kapitel haben eine angenehme Länge, die Dialoge sprühen vor Lebendigkeit; der Autor verwendet oft lange, verschachtelte Sätze, er macht deren Inhalt durch die kluge Wortwahl aber dennoch sehr verständlich und zu einem richtigen Genuss.
Das ungleiche Ermittlertrio schließt man sofort ins Herz, auch wenn man die Vorgänger dieses Krimis nicht kennt. Alle drei sind wahre Sympathieträger, die oft nervige Lieselotte, die sture Sabine und Theo, so unscheinbar und zurückhaltend er auch erscheint, ist ohnehin eine Ausnahmeerscheinung. Der Krimi lebt vom gut durchdachten Kriminalfall, von den starken Charakteren, dem humorvollen Unterton, der vor allem in Theos Gedanken zu Vorschein kommt und vom Ambiente der Siebziger Jahre. Immer wieder, aber immer nebenbei, werden Autos, Einrichtung, Musik, Essen oder Fernsehsendungen eingestreut, die einen guten Einblick ins damalige Leben und Lebensgefühl geben (viele Zigaretten und Alkohol inklusive). Wer die Zeit selber erleben durfte, fühlt sich in die Vergangenheit katapultiert, sei es mit Wehmut oder auch Erleichterung, dass die Zeiten sich verändert haben. Für jüngere Generationen bietet das Buch ein authentisches Kennenlernen jener Zeitspanne, ohne jemals schulbuchmäßig belehrt zu werden. Daher ist dieser Sauerland-Krimi durchaus allen zu empfehlen. Mir hat er erfreuliche und spannende Lesestunden beschert und mich auf weitere Abenteuer des Ermittertrios recht neugierig gemacht.

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Veröffentlicht am 05.12.2023

Der Schlüsselclub

Der Schlüssel zum Mord
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Anne-Maj Mortensen findet ihren Ex-Mann nackt im Whirlpool und die Polizei geht von Suizid aus – was die Hobby-Spürnase natürlich nicht glauben will. Gemeinsam mit ihrem Dackel Mortensen beginnt sie zu ...

Anne-Maj Mortensen findet ihren Ex-Mann nackt im Whirlpool und die Polizei geht von Suizid aus – was die Hobby-Spürnase natürlich nicht glauben will. Gemeinsam mit ihrem Dackel Mortensen beginnt sie zu ermitteln und entdeckt ein Paar beim Liebesspiel, sowie einen dubiosen Immobilienmakler. Und dann geschieht ein weiterer Mord und Anne-Maj sucht Zusammenhänge zum geheimnisvollen Leben ihres Ex-Manns.
Das Cover zeigt eine Häuserreihe am Meer und eine übergroße Hand mit Schlüsselbund und verspricht einen Hygge-Krimi. Das Hörbuch ist der dritte Fall der neunmalklugen Pensionistin Anne-Maj, das allerdings recht wenig Hygge-Stimmung verbreitet. Sprecherin Sabine Fischer tut ihr Bestes, ihre Stimme und Intonation machen das Zuhören zum Vergnügen. Die Geschichte selbst kann allerdings nicht ganz überzeugen. Die Kenntnis der ersten beiden Bücher ist fürs Verständnis nicht notwendig, knappe Rückblicke geben eine kurze Übersicht über das bisherige Leben der Protagonistin. Die Vorgeschichte bis zur Aufklärung des eigentlichen Falls zieht sich sehr in die Länge. Der Krimi greift viele Themen auf, die von der eigentlichen Handlung ablenken und ist an etlichen Stellen eher unrealistisch, die Geschehnisse unlogisch. Die Protagonistin Anne-Maj macht sich mit ihrer Besserwisserei keine Freunde bei der Polizei, aber auch als Leser tut man sich schwer, sie sympathisch zu finden.
Insgesamt bietet das Hörbuch zwar nette Unterhaltung, die Stimmung eines Wohlfühlkrimis kann es allerdings nicht vermitteln. Es gibt etliche Nebenschauplätze, viel Privates um die Charaktere, aber die leichte Atmosphäre fehlt hier leider.

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Veröffentlicht am 05.12.2023

Eigentum des Windes

Das Leuchten der Rentiere
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Sámi-Mädchen Elsa wird mit neun Jahren Zeugin am Mord ihres Rentierkalbs und vom Täter zum Schweigen gezwungen. Die Polizei sieht darin Diebstahl und bleibt untätig. Seither plagen Elsa Schuldgefühle gegenüber ...

Sámi-Mädchen Elsa wird mit neun Jahren Zeugin am Mord ihres Rentierkalbs und vom Täter zum Schweigen gezwungen. Die Polizei sieht darin Diebstahl und bleibt untätig. Seither plagen Elsa Schuldgefühle gegenüber ihrem Umfeld. Im Lauf der Zeit steigt die Bedrohung der Sámi und ihrer Rentierherden, aber auch die Gleichgültigkeit der Behörden. Elsa beschließt dagegen anzugehen und sich endlich ihrer Schuld, Wut und Angst vor den brutalen Tätern zu stellen.
Das Cover zeigt eine Rentierherde in der Weite einer winterlichen Landschaft. Das Hörbuch besteht aus drei Teilen, die in kurze Kapitel gegliedert sind. Die Stimme der Sprecherin Jana Marie Backhaus-Tors ist angenehm und belebt die Geschichte. Die Autorin beschreibt die Landschaft, vor allem aber das Leben der Sámi sehr detailliert. Immer wieder sind Begriffe aus deren Sprache eingebaut, deren Bedeutung sich zwar aus dem Geschehen erklärt, für die ein hilfreiches Glossar aber natürlich in der Hörbuchversion leider fehlt. Auch der Übergang in andere zeitliche Abschnitte erfolgt im Hörbuch abrupter und man wünscht sich als Hörer eine bessere Abgrenzung.
Dennoch ist hier eine großartige Geschichte gelungen. Die Diskriminierung der Sámi löst eine Beklemmung aus, die schonungslose Beschreibung der Brutalität an den Rentieren durch Wilderer sogar große Abscheu. Die Ausgrenzung der Samen wird spürbar, aber auch die strengen Regeln innerhalb des Volksstammes. Elsa kämpft daher nicht nur gegen die Feindseligkeit der Bevölkerung an, die fordert auch innerhalb der samischen Dorfgemeinschaft eine eigene Stimme, und will gleichberechtigt gegenüber den Männern auftreten.
Die Geschichte berührt und macht betroffen. Zum nebenbei Hören eignet sich dieses Hörbuch nicht. Im Gegenteil – es fordert Konzentration und Mitdenken.

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