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Veröffentlicht am 28.07.2025

Jörgensen trifft auf seltsame Wesen

Ein tierischer Fall für den Kommissar
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Kommissar Jörgensen fühlt sich langsam zu alt für seinen Job. Der Ruhestand ist in greifbarer Nähe, aber vorher muss er noch unter Schleswig-Holsteins Politikern einen (sa-)tierischen Fall aufklären. Ob ...

Kommissar Jörgensen fühlt sich langsam zu alt für seinen Job. Der Ruhestand ist in greifbarer Nähe, aber vorher muss er noch unter Schleswig-Holsteins Politikern einen (sa-)tierischen Fall aufklären. Ob ihm eine ominöse junge Urlauberin dabei helfen kann?
Das Cover nimmt einen natürlich sofort in seinen Bann. Was sollte auch besser zu einem tierischen Fall passen als ein Tier? Dabei ist es gar nicht so sehr die Katze, sondern eher das Blau ihres Auges, das den Betrachter einnimmt. Passend zum Titel verfügen die Charaktere über tierische Namen und auch das beschreibende Personenverzeichnis am Anfang verweist darauf, dass es in diesem Kriminalfall nicht unbedingt ganz ernst zugehen wird. Außerdem verfügt das Buch über einen Kieler Stadtplan und einige zum Inhalt passende Schwarz-Weiß-Bilder. Die Kapitel sind aus unterschiedlichen Perspektiven wiedergegeben und die Überschriften aussagekräftig
Den fließenden, sehr angenehmen Schreibstil des Autors kenne ich bereits aus seinen anderen Büchern. Zum Kieler Lokalkolorit passend, schnackt auch der eine oder andere Platt, was die Handlung durchaus auflockert. Diese verwickelte Geschichte führt vom Pferdestall in den Landtag und an andere Orte; und auch die „ominöse“ Urlauberin Monique passt perfekt dazu. Sie ist, wie etliche andere Charaktere überzogen dargestellt. Ich habe mich überhaupt sehr gefreut, Monique hier wiederzufinden, da ich sie bereits als Protagonistin aus Ambronns anderen Geschichten kenne. Und ihr Auftauchen macht durchaus Sinn bei der Ermittlung – Kommissar Jörgensen sehnt ja bereits seinen Ruhestand herbei.
Der Krimi streift unterschiedlichste Themen und so trifft man unbeirrbare Politiker, Konsumenten von Psychopharmaka und Viren, die auf irgendeine Weise in die Welt gebracht werden. Immer wieder schön sind die Vergleiche, die Ambronn heranzieht, hier zum Beispiel aus Filmen; oder aber auch kulinarische Köstlichkeiten, die er in die Geschichte einbaut. Diese erinnern einen beim Lesen an primäre Bedürfnisse und Lesepausen. Denn so ganz ohne Grund möchte man das Buch eigentlich gar nicht aus der Hand geben.

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Veröffentlicht am 26.07.2025

Die Wellenkinder und die verlorene Zeit

Das Geschenk des Meeres
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Der Fischer Joseph findet im Winter 1900 einen leblosen Jungen am Strand von Skerry, einem Dorf an der schottischen Küste. Das Kind erinnert alle an den Sohn der Lehrerin Dorothy, der vor langer Zeit nachts ...

Der Fischer Joseph findet im Winter 1900 einen leblosen Jungen am Strand von Skerry, einem Dorf an der schottischen Küste. Das Kind erinnert alle an den Sohn der Lehrerin Dorothy, der vor langer Zeit nachts verschwand. Die Gegenwart des Kindes bringt dem ganzen Dorf die Vergangenheit wieder ins Gedächtnis und wirft Fragen auf. Dass gerade Dorothy den fremden Jungen vorläufig aufnimmt, verwundert. Und warum war Joseph in der Nacht des Verschwindens von Dorothys Sohn am Strand und findet dort nun ausgerechnet den Jungen? Warum hat Joseph mit Dorothy gestritten? Eigentlich waren die beiden ineinander verliebt, ohne je ein Paar gewesen zu sein ...
Das Cover ist schlicht in meerblau und schwarz gehalten; ein einsames Haus auf einer Klippe trotzt den tosenden Wellen. Der Originaltitel „The Fisherman´s Gift“ wurde abgewandelt, aber beide Titel passen sehr gut zur Geschichte; genau wie die gesamte Übersetzung durch Claudia Feldmann perfekt gelungen ist. Alternierend werden die Abschnitte auf den beiden Zeitschienen der Gegenwart und der Vergangenheit erzählt. Dabei ist jedes Kapitel immer aus der Sicht eines der mitwirkenden Charaktere erzählt. Diese Zeit- und Perspektivenwechsel sind gut aufeinander abgestimmt und ergeben einen sehr harmonischen Text. Jeder einzelne Charakter ist sehr außerdem lebensecht und auch sehr genau beschrieben. Dadurch erhält der Leser nach und nach ein vollständiges Bild der Geschehnisse, aber vor allem auch der Gedanken und der Gefühle der Handelnden. Somit erfährt man bis zum Ende alles Wichtige aus deren Leben, und alle ihre Handlungen sind schlüssig erklärbar – und berühren einen tief. Die Geschichte verfügt über einen perfekten Spannungsbogen, der sehr langsam entsteht und es bleiben am Ende keine entscheidenden Fragen offen.
Der ruhige Schreibstil ist sehr ansprechend, an vielen Stellen poetisch. In der Gegenwartsform verfasst, geht einem als Leser alles Geschriebene sehr nah. Der Stil passt außerdem großartig zur gesamten Atmosphäre. Man kann sich das harte Leben in dem abgeschiedenen Fischerdorf und die gesamte Umgebung genau vorstellen. Irgendwie hat mich das Vorhandensein eines Teddybären zunächst irritiert. Gab es solche Stofftiere damals schon? Im Grunde ist das aber auch egal. Denn das Wesen von uns Menschen ist an keinen Ort und an keine Zeit gebunden. Was Moralvorstellungen und Konventionen angeht, ist die Geschichte sicherlich gut in diesem einsamen Fischerdorf Ende des 19. Jahrhunderts aufgehoben. Aber eigentlich könnte sie immer und überall spielen. Getuschel und Lügen, Geheimnisse und Missverständnisse, Stolz und verpasste Chancen, Pflichtgefühl und Familie, Wiedergutmachung und Loslassen, Einsamkeit und Ungesagtes, Liebe und Hoffnung, die Anzahl der Themen ist schier endlos – und alle diese Themen trafen früher schon und treffen auch heute noch auf uns zu. Und immer wieder tragen Menschen einen Kampf mit sich selber aus, tragen etwas mit sich herum, oft jahrelang, ohne je mit jemandem darüber gesprochen zu haben.
Im Lauf der Lektüre bekam ich immer mehr den Eindruck, dass die Autorin das Wesen der Menschen sehr gut erfasst hat. Ich möchte sogar sagen, dass es sich bei ihr um eine Person handelt, die ganz genau begriffen hat, worum es im Leben wirklich geht. Das erkannt zu haben, ist eine Sache, diese Erkenntnis dann aber auch noch in Worte fassen zu können, ist eine wahre Kunst. Für mich stellt dieses Buch daher ohne Frage den literarischen Höhepunkt dieses Jahres dar.

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Veröffentlicht am 25.06.2025

Monique auf heißer Spur

Monique und der siebte Rabe
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Die Französin Monique Meurisse ist eine Topagentin in London. Kein Wunder, dass sie ab und zu Entspannung braucht. Diese hofft sie im Landhaus ihrer englischen Freunde zu finden. Leider kommt ihr da aber ...

Die Französin Monique Meurisse ist eine Topagentin in London. Kein Wunder, dass sie ab und zu Entspannung braucht. Diese hofft sie im Landhaus ihrer englischen Freunde zu finden. Leider kommt ihr da aber nach der ersten – leider recht unruhigen - Nacht im Himmelbett eine Leiche dazwischen. Gleichzeitig verschwindet auch noch ein brisantes Dossier aus den 30er-Jahren. Dieses sogenannte Wendover-Papier soll geheime Aufzeichnungen über die Beziehungen des englischen Königs zu Hitler-Deutschland enthalten. Die Suche nach dem Mörder und dem geheimnisvollen Dokument kann also beginnen. Und diese Schnitzeljagd, die kreuz und quer durch London führt, ist nicht nur rasant und spannend, sondern auch überaus humorvoll.
Das Cover gibt schon einige wichtige Hinweise auf das Geschehen in dieser Krimi-Satire; Doppeldeckerbusse, eine Venus-Statue, der Rabe, der auch im Titel enthalten ist. Der Schreibstil ist fließend und mit viel Humor gestaltet. Die Bilder des Umschlags zeigen nur einen kleinen Aspekt der vielen Anspielungen, die dieses Buch enthält. Und diese Anspielungen sind – so vermerkt es der Autor am Beginn – auch durchaus beabsichtigt. Vom römischen Kaiser bis zum englischen König, von Hitchcock zum japanischen Kino, die Verweise betreffen Literatur, bildende Kunst, Musik und weitere Themen. Ich glaube kaum, dass ich alle Hinweise erkannt erkannt habe. Aber selbst wenn ich keine davon gefunden hätte, wären einige schöne Stunden voller Spannung und Humor geblieben. Monique ist einfach eine Agentin, der alles zu gelingen scheint. Sie ist aber auch wirklich mit einem großartigen Instinkt gesegnet. Was kann da schon schiefgehen?
Das Buch kann gut als einzelnes Werk gelesen werden. Wer allerdings bereits andere Bücher von D.G. Ambronn kennt, wird sich sehr über ein Wiedersehen mit alten Bekannten freuen. Und er wird so weitere Puzzleteile zum Leben und zu den Charakteren jener Protagonisten hinzufügen können, die er schon aus den anderen Romanen kennt, die, wie hier in England, oder aber in Italien spielen.

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Veröffentlicht am 25.06.2025

Von Kohlmeisen und Geigenklängen

Das Vogelhaus
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Len Howard (1894-1973) verbrachte die zweite Hälfte ihres Lebens in einem kleinen, abgelegenen Haus in Sussex, Südengland. Sie veröffentlichte äußerst erfolgreiche Bücher über wild lebende Vögel, die sie ...

Len Howard (1894-1973) verbrachte die zweite Hälfte ihres Lebens in einem kleinen, abgelegenen Haus in Sussex, Südengland. Sie veröffentlichte äußerst erfolgreiche Bücher über wild lebende Vögel, die sie in ihrer Umgebung beobachtete, und obwohl sie keine Biologin war, galt sie als Pionierin auf dem Gebiet der Tierforschung. Die faszinierende Lebensgeschichte dieser zu Unrecht vergessenen Vogelkundlerin inspirierte die Philosophin und Schriftstellerin Eva Meijer zu einem ganz besonderen Roman, der die Beziehung zwischen Mensch und Natur neu beleuchtet.
Das Cover ist wir eine Mappe gestaltet, verschlossen mit einer Schleife; vorne wie hinten sind Vögel abgebildet. Die Sprache, welche die Philosophin und Schriftstellerin Meijer wählt ist sehr poetisch. Howards Lebensgeschichte wird in zwei Erzählsträngen wiedergegeben. Verfasst sind diese jeweils aus der Sicht der Ich-Erzählerin Len Howard. Ein Erzählstrang beruht auf den Schriften der Vogelkundlerin und befasst sich daher vor allem auf deren „Leben“ mit den Vögeln. Diese Kapitel heben sich durch Kursivschrift hervor und wirken wie eine Art Tagebuch. Der andere erzählt über das Privatleben und den Werdegang von Howard, wobei die Autorin hier Fakten und Fiktion vermischt.
Len Howard spielt Jahrzehnte in einem Orchester in London, bis sie sich zu einem Leben in einem abgeschiedenen Haus in Sussex entscheidet. Schon ihr Vater, ein Schriftsteller, hatte sich für Vögel begeistert. Für Wissenschaftler ist die Vogelkundlerin nicht professionell genug, dennoch werden die Bücher, in denen sie die Ergebnisse ihrer Forschung zu Verhalten, Sprache und Charaktereigenschaften der Vögel veröffentlicht, zu Bestsellern.
Mit dem Buch ist eine stille Hommage an eine erstaunliche Frau gelungen, die die Hälfte ihres Lebens vollkommen der Vogelwelt rund um ihr Haus gewidmet hat. Fast wie nebenbei erfährt man hier Wissenswertes und hört nun gern manchem „Gespräch“ der gefiederten Nachbarschaft aufmerksamer zu.

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Veröffentlicht am 25.06.2025

Über Leute, die aufräumen

Frau Morgenstern und das Böse
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Die pensionierte Lehrerin Violetta Morgenstern verschafft sich ihr Recht auf ganz persönliche Weise. Da kann dann auch schon einmal einer mit seinem Leben bezahlen. Als sie schließlich doch dabei erwischt ...

Die pensionierte Lehrerin Violetta Morgenstern verschafft sich ihr Recht auf ganz persönliche Weise. Da kann dann auch schon einmal einer mit seinem Leben bezahlen. Als sie schließlich doch dabei erwischt wird, hat sie die Wahl: entweder Gefängnis oder die Zusammenarbeit mit dem geheimen Schweizer Killer-Ministerium „Tell“, das durch Auftragsmorde den Lauf der menschlichen Natur korrigiert. Eine Aufgabe wie geschaffen für die Rentnerin, die hier ganz legal ihre Giftpflanzenkenntnisse einsetzen kann. Zusammen mit ihrem Ausbilder Miguel Schlunegger, einem Ex-Söldner, kommt sie einer Verschwörung auf die Spur ...
Das Cover in giftigem Grün und einer schwarz gekleideten Frau, aus deren Handtasche eine Pistole ragt, verheißt nichts Gutes. Schon eher das Böse, das der Titel ankündigt. Und davon gibt es in diesem Auftakt zur Morgenstern-Reihe genug. Huwylers Sprache reißt einen nur so mit. Sein witziger Schreibstil – manchmal ist der Humor versteckt, manchmal kommt er ganz direkt daher – lässt einen über so manches ernste Thema hinweglachen. Wortkreationen, die durchaus sehr aussagekräftig sind, streut er so in den Text ein, dass man sich wundert, warum diese Ausdrücke nicht schon längst den Weg ins Wörterbuch gefunden haben.
Morgenstern und Schlunegger sind trotz ihrer doch recht eigenartigen Arbeit, die sie verrichten, im Privatleben sehr lebensnahe und recht sympathische Menschen. Sie haben recht viel auf dem Kasten, aber auch so ihre Geheimnisse, deren Auflösung den Rahmen dieses Buchs überschreitet. In den Folgebänden erfährt man Schritt für Schritt mehr darüber.
Persönlich habe ich erst mit dem zweiten Buch über die Morgenstern gestartet und kenne alle weiteren Bücher, weil sie mir mit ihrer Art einfach ans Herz gewachsen ist. Dass ich mit der Lektüre des ersten Teils so lange gewartet habe, kann ich mir bis heute nicht erklären. Umso mehr habe ich mich allerdings gefreut, so einige Dinge über sie und Schlunegger zu erfahren, die mir bisher unbekannt waren.

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