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Veröffentlicht am 05.08.2022

Immer wieder donnerstags

Am liebsten sitzen alle in der Küche
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Zufällig treffen drei Frauen um die 50 aufeinander und werden schließlich sogar zu Freundinnen. Und das, obwohl sie unterschiedliche Lebensgeschichten hinter sich haben: eine alleinerziehende Ärztin, eine ...

Zufällig treffen drei Frauen um die 50 aufeinander und werden schließlich sogar zu Freundinnen. Und das, obwohl sie unterschiedliche Lebensgeschichten hinter sich haben: eine alleinerziehende Ärztin, eine frisch Geschiedene und eine kinderlose Powerfrau aus der Werbebranche. Und doch finden sie - neben anderen Vorlieben – eine maßgebende Gemeinsamkeit: sie wollen sich an einem bestimmten Mann rächen, der sich selbst über- und die drei Frauen unterschätzt.
Das bunte Cover zeigt einzelne Zeichnungen der drei unterschiedlichen Protagonistinnen, den Großteil des Umschlags beansprucht aber der Titel des Buches. Aussagekräftige Überschriften leiten jeweils die Kapitel ein, der Schreibstil ist recht salopp und lässt einen rasch in der Geschichte vorankommen; die Dialoge sind teils in Umgangssprache verfasst, die Gedanken und manche Aussagen der Werbefachfrau in ihrer türkischen Muttersprache, deren Bedeutung sich immer aus dem nachfolgenden Text ergibt.
Die Geschichte ist sehr unterhaltsam und auch nachvollziehbar. Die Dialoge der drei Frauen, die sich wöchentlich zum gegenseitigen Austausch treffen, sind lebensecht und auch ihre Charaktere sind authentisch. Die am Küchentisch besprochenen Themen wirken wirklich wie aus dem Leben von Personen, die sich in der zweiten Lebenshälfte befinden. Auf recht humorvolle Weise gelingt es der Autorin sogar ernsteren Themen wie Fremdenfeindlichkeit, der Begegnung mit undurchsichtigen Gestalten aus Partnerportalen oder anonymen Bewertungen im Internet mit einem Augenzwinkern den Schrecken zu nehmen.
Die im Klappentext angekündigte Rache kommt recht spät und auch eher nur kurz zum Zug. Doch eigentlich ist oder wäre sie auch gar nicht unbedingt notwendig, um den Zusammenhalt der drei Frauen darzustellen. Denn das Hauptaugenmerk dieses Buches liegt in der Freundschaft, die für die drei recht spät, aber dafür umso haltbarer im Entstehen ist. Insgesamt handelt es sich um eine recht kurzweilige Geschichte mit minimalen Längen und ein paar Klischees, die dem Publikum unbeschwerte Lesestunden schenkt.

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Veröffentlicht am 05.08.2022

Politisch korrekt?

Die Cellistin
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Der einst reichste Russe Wiktor Orlow wird in seinem Exil in London mit einem tödlichen Nervengift getötet. Dabei wollte er in England ein ruhiges Leben fernab der Kleptokraten des Kremls führen. Eine ...

Der einst reichste Russe Wiktor Orlow wird in seinem Exil in London mit einem tödlichen Nervengift getötet. Dabei wollte er in England ein ruhiges Leben fernab der Kleptokraten des Kremls führen. Eine verdächtige Person ist schnell gefunden, doch Gabriel Allon sieht mehr als einen simplen Mord dahinter und will den Fall restlos aufklären. Die Spuren führen quer durch Europa und bringen den fähigen Mann selbst in Gefahr.
Das Cover zeigt das Bild der St. Paul's Cathedral in London, der Stadt, in welcher die Geschichte ihren Anfang nimmt. Die fünf Teile des Romans sind mit Begriffen aus der Musikwelt bezeichnet und verweisen damit auf eine der Protagonistinnen, auf die Cellistin. Die Überschriften der Kapitel sind jeweils mit dem Ort des Geschehens angegeben. Am Beginn des Buches befindet sich zur besseren Orientierung – wohl vor allem für Leser des amerikanischen Originals - eine Skizze der Schweiz und der angrenzenden Staaten.
Die Geschichte startet im Jahr 2020 und der Autor bezieht auch die Corona-Pandemie sowie die damit zusammenhängenden Maßnahmen in die Handlung ein. In den Anmerkungen am Ende des Thrillers betont der Autor, dass die Geschichte rein fiktiv und eine Ähnlichkeit mit lebenden Personen zufällig sei. Dennoch werden zum Beispiel die Präsidenten in Washington und Moskau dezidiert erwähnt und so ein Bezug zur aktuellen Weltlage hergestellt.
Die Schnitzeljagd durch Europa könnte ein recht spannender Spionagethriller sein. Geheimdienste verschiedener Länder, Under-Cover-Agenten, Auftragskiller und Investigativ Journalisten treten auf, Bankgeschäfte wie Geldwäsche und Spiegelgeschäfte werden behandelt. Und doch weist die Geschichte einige Längen auf, die nicht nur durch das ständige Betonen der Covid-Situation verursacht werden. So spannend und gefährlich man sich das Leben der Leute im Geheimdienst auch vorstellen mag, die Wandlung der titelgebenden Cellistin von der Bankerin zur abgebrühten Topagentin wirkt nicht sehr überzeugend, vor allem weil ihr Motiv dazu bis zum Ende unklar bleibt.
So wertvoll funktionierende Demokratien auch sind, das ständige Betonen ihrer Wichtigkeit wird vom Autor aufs Äußerste gereizt und bleibt schließlich beim Klischee von bösem Russen hängen. Einzig die USA, Israel und einige wenige europäische Länder scheinen die Wahrheit und Unfehlbarkeit für sich gepachtet zu haben. Etwas mehr Reflexion und weniger Pauschalisierungen hätten dem Buch sicher gutgetan. Eigentlich schade um die vielen Seiten, die durchaus auch besser unterhalten hätten können.

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