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Veröffentlicht am 09.03.2018

Ein mitreißender historischer Roman und rundum gelungener Schmöker

Das Geheimnis der Muse
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INHALT
In den 1960er Jahren verlässt die junge Odelle Bastien ihre Heimat Trinidad, um in England ein besseres Leben zu finden und vor allem ihren Traum vom Schreiben verwirklichen zu können. In London ...

INHALT
In den 1960er Jahren verlässt die junge Odelle Bastien ihre Heimat Trinidad, um in England ein besseres Leben zu finden und vor allem ihren Traum vom Schreiben verwirklichen zu können. In London findet sie schließlich eine gut bezahlte Anstellung als Schreibraft bei der angesehenen Kunstgalerie Skelton. Ihre neue Chefin Marjorie Quick erkennt rasch Odelles wahre Leidenschaft und fördert ihre schriftstellerischen Ambitionen. Odelle lernt den jungen Engländer Lawrie kennen, der von seiner kürzlich verstorbenen Mutter ein Gemälde geerbt hat und mehr über den Künstler in Erfahrung bringen möchte. Schon bald steht fest, dass es sich bei dem sensationellen Fund um ein verschollenes Werk des im Spanischen Bürgerkrieg verschwundenen Künstlers und Revolutionärs Isaac Robles handelt. Bei ihren Nachforschungen stößt Odelle auf eine mysteriöse Geschichte, die ihren Ursprung in den späten 1930er Jahren auf einem Landgut in Andalusien hat, und auf ein unergründliches Geheimnis, das sich um die junge Malerin Olive Schloss und das Geschwisterpaar Robles rankt.
MEINE MEINUNG
Nach ihrem weltweit erfolgreichen Debütroman „Die Magie der kleinen Dinge“ ist Jessie Burton mit „Das Geheimnis der Muse“ erneut ein fesselnder historischer Roman gelungen, der mich mit seiner vielschichtigen Handlung und seinen interessanten, lebendigen Charakteren überzeugen konnte. Hierin erzählt Burton sehr abwechslungsreich die faszinierenden Lebensgeschichten dreier junger Frauen zu zwei unterschiedlichen Zeitepochen.
Mit ihrem wundervoll einfühlsamen, mitreißenden Schreibstil und geschickt gesetzten Perspektivwechseln ist es der Autorin mühelos gelungen, mich immer tiefer in die mysteriösen Geschehnisse und aufregenden Verwicklungen rund um das Gemälde und das damit verknüpfte Geheimnis hineinzuziehen, so dass ich schon bald das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte. Zugleich entführt sie uns mit ihren anschaulichen, atmosphärisch dichten Beschreibungen zu zwei faszinierenden Schauplätzen: zum einen in die schillernde Metropole London der Swinging Sixties mit Odelle als Protagonistin und zum anderen in ein kleines Dorf in Andalusien in den späten 1930ger Jahren kurz vor Ausbrechen des Spanischen Bürgerkriegs, in der Olive und das spanische Geschwisterpaar Teresa und Isaac Robles im Mittelpunkt stehen.
Sehr gelungen sind vor allem die im heißen, ländlichen Andalusien angesiedelten Ereignisse, die eine spannungsgeladene Zeit des Umbruchs beschreiben, in der das Leben aller von den Vorboten des Spanischen Bürgerkriegs überschattet wird.
Jessie Burton verwebt in ihrem Roman äußerst geschickt die zwei auf unterschiedlichen Zeitebenen angesiedelten Handlungsstränge zu einer fesselnden Hintergrundgeschichte, bei der zunächst nur das für verschollene gehaltene Gemälde der gemeinsame Verknüpfungspunkt zu sein scheint. Gebannt verfolgt man die rätselhaften Geheimnisse rund um die Hauptfiguren und versucht die tragischen Verwicklungen zu ergründen, die ihr Leben unausweichlich beeinflussen und auf einschneidende Weise verändern werden. Hier kommen große Emotionen ins Spiel - Liebe, Leidenschaften, Eifersucht, Freundschaft, Loyalität und Verrat lassen die Lektüre oft zu einer spanungsgeladenen Achterbahnfahrt von großem Glück, tiefen Enttäuschungen und persönlichen Tragödien werden.
Fasziniert haben mich vor allem die hervorragend ausgearbeiteten weiblichen Hauptfiguren Odelle und Olive, die im Laufe der Handlung viele charakterliche Gemeinsamkeiten erkennen lassen. Beide Frauen haben Träume und Wünsche für ihr Leben, die nicht in die gesellschaftlichen Vorstellungen und das vorrangig patriarchalisch geprägtes Denken ihrer Zeitepoche passen. So werden insbesondere ihre „nicht frauentypischen“, künstlerischen Talente vom ignoranten Umfeld eher belächelt als akzeptiert und gefördert. Aus Angst vor Enttäuschung und offener Ablehnung trauen sie sich nicht zu ihrer Kunst zu stehen. Dennoch sind es zwei Frauen, die ihre Leidenschaft für die Kunst auf ganz unterschiedliche Weise unterstützen und sie in die Öffentlichkeit bringen. Die Geschichte der beiden beschreibt Burton sehr mitreißend, einfühlsam und nachvollziehbar.
Auch die übrigen Charaktere sind vielschichtige, interessante Persönlichkeiten, deren Gedankenwelt und Verhalten gut nachvollziehbar ist.
Der Autorin gelingt es hervorragend, die Spannung bis zum Schluss aufrecht zu erhalten und uns mit der Auflösung des folgenschweren Geheimnisses um das Gemälde und einigen fesselnden Hintergründen zu überraschen. Sehr gelungen finde ich dabei den als Nachtrag betitelten Ausklang des Romans.
FAZIT
Ein sehr mitreißender, historischer Roman und ein rundum gelungener Schmöker, den ich kaum aus der Hand legen konnte. Allen in allem ein tolles Buch, welches ich gerne weiter empfehlen kann!

Veröffentlicht am 06.03.2018

Ein gelungenes Debüt

Wenn Martha tanzt
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INHALT
New York, 2001: Der junge Deutsche Thomas reist in die USA, um bei der Versteigerung des Tagebuchs seiner Urgroßmutter Martha bei Sotheby's dabei sein zu können. Nach dem Tod seiner Großmutter hat ...

INHALT
New York, 2001: Der junge Deutsche Thomas reist in die USA, um bei der Versteigerung des Tagebuchs seiner Urgroßmutter Martha bei Sotheby's dabei sein zu können. Nach dem Tod seiner Großmutter hat er es in einem alten Rucksack entdeckt. In der Fachwelt gilt das Notizbuch als eine Sensation, denn es enthält neben den Tagebucheinträgen unbekannte Skizzen und Zeichnungen von später berühmt gewordenen Bauhaus-Künstlern wie Feininger, Klee und Kandinsky. Geboren wurde Martha als Tochter eines Kapellmeisters im Jahr 1900 in einem kleinen Dorf in Pommern, wo sie eine glückliche Kindheit verbrachte. Als junges vielseitig talentiertes Mädchen beschließt sie, an das von Walter Gropius geleitete Bauhaus nach Weimar zu gehen. Dort lernt sie viele Künstler kennen und taucht in eine völlige neue Welt ein. Auf der Suche nach ihrer wahren Begabung entdeckt sie schließlich das Tanzen als neue Ausdrucksform. Bis die und Marthas Zeit am Bauhaus kommt jedoch zu einem abrupten Ende, da die Nazis die Kunstschule schließen. Mit einem Baby kehrt sie in ihre Heimat zurück, eröffnet ein Tanzstudio, doch das Schicksal meint es nicht gut mit ihr. Auf der Flucht in den Wirren des Zweiten Weltkriegs enden Marthas Tagebucheinträge abrupt und ihre Spur verliert sich ...

MEINE MEINUNG
Mit seinem Debüt „Wenn Martha tanzt“ ist Tom Saller ein sehr bewegender und mitreißender Roman gelungen, der zugleich ein geschichtlich sehr lehrreicher „Jahrhundertroman“ ist. Der Autor erzählt in seiner großartigen, fiktiven Geschichte die bewegte Biographie einer außergewöhnlichen jungen Frau. Einfühlsam und dennoch mit einer angenehmen Leichtigkeit zeichnet er verschiedene Lebensstationen im letzten Jahrhundert nach – ihre Suche nach künstlerischer Selbstverwirklichung, ihr Leben geprägt durch die Zwänge der damaligen gesellschaftlichen Realität und ein tragisches Schicksal bestimmt durch die historischen Umstände im Zweiten Weltkrieg.
Die zwei sich abwechselnden, auf unterschiedlichen Zeitebenen angesiedelten Erzählstränge haben mich rasch in ihren Bann gezogen. In der fesselnden Rahmenhandlung lernen wir den sympathischen Ich-Erzähler Thomas in der Gegenwart kennen und erfahren mehr über die genaueren Hintergründe zum Fund des Tagebuchs seiner Urgroßmutter und seine Erlebnisse anlässlich der Versteigerung dieses Sensationsfundes bei Sotheby’s. In der Haupterzählebene erfahren wir aus Marthas Sicht verschiedene wichtige Episoden aus ihrem einzigartigen Leben, beginnend mit ihrer glücklichen Kindheit und Jugend, ihre Studienzeit am Bauhaus in Weimar bis hin zu ihrer überhasteten Flucht aus Pommern im Jahr 1945. Geschickt lässt der Autor seine beiden Erzählstränge zu einer fesselnden Familiengeschichte zusammenlaufen, die mit vielen unvorhersehbaren Wendungen und überraschenden Enthüllungen gespickt ist.
Mit den Tagebuchaufzeichnungen nimmt uns der Autor mit auf eine faszinierende Zeitreise. Nach Marthas sehr persönlichen Erinnerungen an ihre unbeschwerte Kindheit und Jugend im ländlichen Pommern, im Land am Meer, bricht sie auf ins turbulente Weimar der 1920ger Jahre, einem Ort in Aufbruchstimmung, voller Kreativität und neuen Lebenskonzepten. Zwei Schauplätze im Wandel der Zeiten, wie sie nicht unterschiedlicher und kontrastreicher sein könnten – von Saller atmosphärisch dicht eingefangen und anschaulich beschrieben, so dass man mühelos in die vergangenen Zeiten eintauchen kann. Für mich persönlich war vor allem Marthas Zeit am Bauhaus Weimar mit den vielen sorgsam recherchierten Informationen ein besonderes Highlight. Die interessanten Ausführungen des Autors haben mich parallel zur Lektüre des Romans dazu angeregt, weitere Hintergründe und Details über das Bauhaus, seine Konzeption und die damaligen Künstler herauszufinden. Saller ist es hervorragend gelungen, uns seine vielschichtige und lebensnah wirkende Protagonistin Martha mit ihrer schillernden Persönlichkeit, ihrer außergewöhnlichen synästhetischen Veranlagung und ihrer charakterlichen Entwicklung im Laufe der Zeitgeschichte näher zu bringen. Sehr fesselnd und aufschlussreich ist ihre Suche nach ihrer künstlerischen Bestimmung gestaltet, ihre Auseinandersetzung mit dem Kunstverständnis am Bauhaus und ihren Begegnungen mit teilweise sehr ungewöhnlichen Menschen unter den Lehrern und Studenten, aber auch ihre ganz persönlichen Enttäuschungen.
Die sprachliche Umsetzung von Marthas Geschichte, die oft ohne große Worte auskommt, vieles nur szenisch anreißt und der eigenen Fantasie freien Lauf lässt, hat mich schnell gefangen genommen. Sehr passend zum Bauhaus-Stil hat der Autor für Marthas innere Stimme eine prägnante, eher nüchterne und schnörkellose Sprache verwendet. Auch der Erzählstrang mit Thomas in der Gegenwart ist sehr ansprechend ausgearbeitet und gibt uns einen nachvollziehbaren Einblick in das Gefühlsleben des jungen Ich-Erzählers, seinen Intentionen und seinem Bezug zur Vergangenheit seiner Familie. Die unvorhersehbare Wendung in seiner Erzählung zum Ende hin gab der Geschichte noch einmal eine besondere Note. Interessant und sehr schlüssig, wie er schließlich mit seinem ganz eigenen Geheimnis umgeht.
FAZIT
Ein wunderbarer, gelungener Debütroman! Eine beeindruckende, berührende und mitreißende Geschichte über eine außergewöhnliche Frauenfigur im vorigen Jahrhundert!

Veröffentlicht am 03.03.2018

Unterhaltsame, ziemlich abgedrehte Familiengeschichte

Die erstaunliche Familie Telemachus
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INHALT
In den 1970ger Jahren war die „Erstaunliche Familie Telemachus“ im Fernsehen bei Talk und Late Night Shows mit ihren aufsehenerregenden, übernatürlichen Auftritten sehr gefragt. Nachdem bei einer ...

INHALT
In den 1970ger Jahren war die „Erstaunliche Familie Telemachus“ im Fernsehen bei Talk und Late Night Shows mit ihren aufsehenerregenden, übernatürlichen Auftritten sehr gefragt. Nachdem bei einer ihrer Darbietungen in der Mike Douglas-Show einiges schief gelaufen war und sie von ihrem Erzfeind vor laufender Kamera als Trickbetrüger entlarvt wurden, ging es mit ihrem Ruhm und ihrem Glück schlagartig bergab. Ihr mediales Debakel war ein einschneidendes Erlebnis für alle, aber nach dem plötzlichen Tod von Maureen haben sich sie mehr schlecht als recht durchs Leben geschlagen.
Matty, Enkel des großen Familienpatriarchs Teddy Telemachus, ist eigentlich ein ganz normaler vierzehnjähriger Junge mitten in der Pubertät, bis er die Entdeckung macht, dass er plötzlich recht ungewöhnliche Fähigkeiten besitzt. Voller Neugier beginnt er, mehr über die ihm völlig verheimlichte Vergangenheit seiner einst berühmten Familie in Erfahrung zu bringen. Besitzt seine so gewöhnliche Familie etwa doch wesentlich mehr Talente als er bisher für möglich gehalten hat. Könnte er diese vielleicht sogar geerbt haben?
MEINE MEINUNG
„Die erstaunliche Familie Telemachus“ des amerikanischen Autors Daryl Gregory ist ein komplex angelegter, etwas skurriler und unglaublich unterhaltsamer Roman. Mit seinen paranormalen Elementen, irrwitzigen Verwicklungen und skurrilen Figuren wird er allerdings nicht jedermanns Geschmack treffen.
In dieser wundervoll witzig geschriebenen, teilweise ziemlich abgedrehten Familiensaga geht es um die sehr außergewöhnliche Familie Telemachus, die alles andere als eine Vorzeigefamilie ist, sondern eher eine Ansammlung von sehr exzentrischen Charakteren und gescheiterten Existenzen.
Geschickt beginnt der Autor seine recht komplizierte, detailreiche Geschichte mit Einblicken in das eher tragische und bizarre Leben der Familie. Der Einstieg in die Geschichte ist jedoch nicht einfach, denn Gregorys Erzählweise wirkt trotz der Untergliederung in Kapitel zunächst chaotisch und scheint eher eine Auflistung von unzusammenhängenden Geschehnissen zu sein. Erzählt wird die im Jahr 1995 angesiedelte Haupthandlung abwechselnd aus der Sichtweise der verschiedenen Familienmitglieder. Zudem erfolgen immer wieder Zeitsprünge mit Rückblenden auf wichtige Ereignisse aus der Vergangenheit. Die ständigen Perspektivwechsel, in denen immer neue Aspekte kurz beleuchtet werden, Fragen aufwerfen und aber dann längere Zeit nicht mehr aufgegriffen werden, unterbrechen zunächst immer wieder den Lesefluss. Die eingestreuten Andeutungen auf zukünftige dramatische und sehr unheilvolle Verwicklungen machen sehr neugierig auf den Fortgang der mysteriösen Geschichte. Das Auftauchen eines Agenten einer geheimen Regierungsorganisation und anderer vermeintlicher Widersacher sowie alte Kontakte zum Chicagoer Mob steigern ungemein die Spannung. Erst allmählich beginnt man die Zusammenhänge zwischen den vielen kleinen Puzzlestücken zu erkennen und lässt die geniale Konzeption dahinter erkennen. Zum Höhepunkt hin ergibt sich aus den vielen Details ein äußerst facettenreiches, aber stimmiges Gesamtbild. Gregory ist es gelungen, auf den verschiedenen Erzählebenen eine unglaublich abwechslungsreiche und grandios geplottete Gesamtstory zu schaffen. Sehr kunstvoll hat er ein feines Netz um seine Charaktere gesponnen und sie in die vielschichtige, wendungsreiche Handlung eingewoben.
Sehr gelungen sind dem Autor auch seine sehr unterschiedlichen Charaktere, die er äußerst facettenreich und lebendig ausgearbeitet hat. Im Laufe der Geschichte lernen wir die Familienmitglieder des Telemachus-Clans stückchenweise besser kennen. Die verschrobenen, teilweise wenig sympathischen aber mit all ihren Ecken und Kanten doch irgendwie interessanten Charaktere der Familie ziehen einen unweigerlich in ihren Bann. Teddy ist der etwas großspurige Patriarch der Familiensippe, ein genialer Trickbetrüger und früher sehr talentierter Falschspieler ohne jegliche übernatürliche Gabe. Seine viel zu früh verstorbene, über alles geliebte Frau Maureen, mit ihrem Talent zu Astralreisen, hat ihre paranormalen Fähigkeiten an ihre Kinder vererbt. Für sie stellen ihre paranormalen Fähigkeiten mehr Fluch als Segen dar und haben gelernt, auf ganz unterschiedliche Weise mit ihrem Schicksal fertig zu werden. Irene, die Tochter, ist ein menschlicher Lügendetektor; Frankie, der älteste Sohn, hat große Probleme seine telekinetischen Fähigkeiten zu steuern und der jüngste, in sich gekehrte Sohn Buddy ist hellseherisch begabt. Sehr schön ist es mitzuerleben, wie der fast schon verloren gegangene Familienzusammenhalt angesichts ungeahnter Bedrohungen wiederbelebt wird, und die Telemachos sich zusammenraufen und ihre unsichtbaren Kräfte reaktivieren.
Zum Ende hin nimmt der Roman nochmals enorm an Fahrt auf und gipfelt in einem fesselnden, geradezu filmreifen Showdown. Als gelungenen Ausklang präsentiert uns Gregory noch einige äußerst überraschende Wendungen. Das sehr stimmige und in sich abgeschlossene Ende seiner Familien-Geschichte lässt dennoch Raum für einige Spekulationen.
Sehr gelungen ist auch der angenehm zu lesende Schreibstil, der mit vielen humorvollen, recht schrägen aber äußerst amüsanten Momenten angereichert ist, so dass man immer wieder einfach schmunzeln muss und sich bestens unterhalten fühlt.
FAZIT
„Die erstaunliche Familie Telemachus“ ist eine äußerst unterhaltsame, ziemlich abgedrehte Familiensaga voll irrwitziger Verwicklungen und skurriler Figuren! Ein ungewöhnliches, aber unglaublich fesselndes und amüsantes Leseerlebnis, das sich zu lesen lohnt!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Charaktere
  • Geschichte
  • Humor
  • Fantasie
Veröffentlicht am 13.02.2018

Überzeugendes Krimidebüt

Der weiße Affe
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INHALT
Berlin in den Goldenen Zwanzigern. Der junge Kommissar Ariel Spiro frisch aus dem Provinznest Wittenberge zur Kriminalpolizei nach Berlin gewechselt. Gleich sein erster Fall gibt viele Rätsel auf. ...

INHALT
Berlin in den Goldenen Zwanzigern. Der junge Kommissar Ariel Spiro frisch aus dem Provinznest Wittenberge zur Kriminalpolizei nach Berlin gewechselt. Gleich sein erster Fall gibt viele Rätsel auf. In einem ziemlich runtergekommenen Wohnviertel wurde der jüdische Bankier Eduard Fromm mit eingeschlagenem Schädel vor der Wohnung seiner blonden Geliebten aufgefunden. Verdächtige gibt es einige, so der Verlobte mit seinem zwielichtigen Kumpel, der Stellvertreter im Bankhaus bis hin zu den etwas exzentrischen Mitgliedern der gutsituierten Familie des Mordopfers, der Ehefrau Charlotte und den erwachsenen Kindern Nike und Ambros. Auch ein politisches Motiv ist zunächst nicht auszuschließen. Während der junge Spiro schon bald Bekanntschaft mit dem wilden, zügellosen Berliner Nachtleben macht, scheinen seine Ermittlungen immer mehr auf der Stelle zu treten. Wird ihm der Fall nach einer großen Blamage endgültig entgleiten?
MEINE MEINUNG
Der fesselnde, historische Kriminalroman »Der weiße Affe« ist das äußerst gelungene Debüt der deutschen Autorin Kerstin Ehmer.
Hierin entführt sie uns ins Berlin der Goldenen 1920er Jahre, eine pulsierende Metropole im Wandel der Zeiten und voller Kontraste zwischen Luxus, Reichtum, Existenzkampf, Kriminalität und Armut. Gekonnt und atmosphärisch dicht portraitiert Ehmer das facettenreiche Alltagsleben in der damaligen Hauptstadt der Weimarer Republik. Sie lässt uns am Schicksal der Menschen teilhaben, vermittelt ein sehr stimmiges, authentisches Bild der damaligen Zeit und gibt uns sogar Einblick in die kriminalistische Ermittlungsarbeit.
Der Krimi lebt neben den unglaublich lebendig geschilderten Schauplätzen vor allem von seinen interessanten, vielschichtig angelegten Figuren. Hervorragend gefallen hat mir der sympathische „Neuling“ Spiro als Protagonist, der sehr gebildet und eloquent ist, manchmal gerne mit verdeckten Karten spielt, aber in einigen Situationen auch sehr unbedarft wirkt. Gemeinsam mit dem aus der Provinz ganz frisch nach Berlin gekommenen Kommissar Ariel Spiro tauchen wir ein in diese faszinierende Welt und begleiten ihn bei seiner rastlosen Ermittlungsarbeit zu seinem komplizierten Mordfall, bei dem sich trotz zahlreicher Verdächtiger keine heiße Spur auftun will. Mit ihm lernen wir das schillernde, dekadente Nachtleben kennen, in dem die Reichen sich amüsieren und nach Alkohol- und Drogenkonsum ungehemmt ihre sexuellen Neigungen ausleben. Doch Spiros Ermittlungen führen uns auch zu den vielen dunklen Seiten der Gesellschaft, dorthin wo Elend, Armut, Alkoholismus und Verbrechen allgegenwärtig sind, lassen uns bei Gesprächen den aufkommenden Antisemitismus spüren und konfrontieren uns schließlich bei der Aufklärung des Falls mit den Abgründen der menschlichen Existenz.
Zunächst verwirrend, aber sehr spannend sind die eingeschobenen, kursiv gedruckten Passagen, die uns einen zweiten Handlungsstrang aus einer völlig anderen, eindringlichen und recht bizarren Perspektive erleben lassen. Erst allmählich wird die Bedeutung dieser verstörenden Passagen immer klarer, wodurch die Geschichte eine besonders fesselnde Note und überraschende Wendung erhält.
Sehr gelungen ist auch Ehmers außergewöhnlicher und zugleich anspruchsvoller Erzählstil, der eine ganz eigenwillige, pointiert eingesetzte Sprache verwendet, wodurch man sich auch sprachlich in die damalige Zeit zurückversetzt fühlt.
Ich würde mich sehr freuen, wenn es bald einen neuen Fall für Kommissar Spiro gäbe.
FAZIT
Ein fesselnder, atmosphärisch dichter historischer Kriminalroman mit interessanten Charakteren, der uns gekonnt ins quirlige Berlin der 20er Jahre abtauchen lässt. Sehr lesenswert!

Veröffentlicht am 12.02.2018

Ein äußerst fesselndes, einfallsreiches Jugendbuch

Der Schein
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INHALT
Die 16-jährige Alina aus Berlin ist nicht gerade begeistert, als sie von ihrem alleinerziehenden Vater erfährt, dass er beruflich nach Amerika muss, und sie für ein halbes Jahr auf das noble Internat ...

INHALT
Die 16-jährige Alina aus Berlin ist nicht gerade begeistert, als sie von ihrem alleinerziehenden Vater erfährt, dass er beruflich nach Amerika muss, und sie für ein halbes Jahr auf das noble Internat Hoge Zand auf der kleinen Ostseeinsel Griffiun gehen soll. Genervt sitzt sie nun auf der öden Insel fest - ohne ihre Freunde Lukas und Pinar, ohne Handynetz und dafür mit jeder Menge zickiger oder verschrobener Internatsschüler. Doch so schlimm wie befürchtet ist es gar nicht: immerhin gibt es die sympathische „Klette“ Cara und die vier „Lonelies“, die schon bald zu ihrer neuen Freundes-Clique werden. Als Alina eines Nachts ein dunkles Schiff am Horizont und seltsame Blitze am Himmel sieht, beschließt sie den mysteriösen Erscheinungen auf den Grund zu gehen. Schon bald überschlagen sich die Ereignisse und Alina macht eine abenteuerliche Entdeckung, die ihr Leben völlig auf den Kopf stellen wird …
MEINE MEINUNG
„Der Schein“ ist ein äußerst fesselnder, einfallsreicher Jugendroman aus der Feder der beiden deutschen Autorinnen Antje Wagner und Tania Witte, die das Buch unter dem offenen Pseudonym Ella Blix veröffentlicht haben. Es handelt sich bei dem Roman um eine gelungene Mischung aus Internatsgeschichte und einem Mystery-Thriller mit interessanten übernatürlichen Elementen, die mich sehr begeistert und bestens unterhalten hat. Zugleich ist es aber auch eine berührende Geschichte über Freundschaft, Solidarität, Verlust, Trauerbewältigung und der Suche nach der eigenen Identität.
Erzählt wird die vielschichtig angelegte Geschichte hautsächlich aus Alinas Sicht in der ersten Person. Zudem sind in die Handlung kursiv hervorgehobene Tagebucheinträge von Alina eingeschoben, die sie witziger Weise an ein fiktives DU richtet. Die spannenden Rückblenden auf Alinas Kindheit und Jugend geben schrittweise Einblick in ihr Seelenleben aber auch in die näheren Umstände des rätselhaften Verschwindens ihrer Mutter. Der Anfang ist wie eine typische Internatsgeschichte gestaltet mit Alinas Ankunft, dem Kennenlernen der Örtlichkeiten und der verschiedenen Charaktere sowie ersten Anpassungsprobleme mit dem neuen Umfeld. Doch in die Normalität des Internatslebens schleichen sich zunehmend rätselhafter werdende Ereignisse, so dass man schon bald zu Spekulieren beginnt, in welche Richtung sich die geheimnisvollen Geschehnisse bewegen werden. Durch das Auftauchen des ominösen „Dunklen Schiffs“ aus den uralten Legenden nimmt die mitreißende Handlung rasch einen völlig unerwarteten, sehr mysteriösen Verlauf und hat mich vollkommen in ihren Bann gezogen.
Sehr gut gefallen hat mir die vielschichtige, äußerst sympathische Hauptfigur Alina, die sehr einfühlsam und liebevoll ausgearbeitet ist, so dass sie mit ihren Eigenarten und Verletzlichkeiten sehr lebendig und lebensnah wirkt. Im Laufe der Geschichte muss sie so manches Mal ihr „Schubladen-Denken“ über Bord werfen, sich der Vergangenheit stellen und über ihren Schatten springen.
Aber auch viele der interessanten Nebenfiguren bereichern die Geschichte und sind rundum gelungen: Vor allem die vier sehr außergewöhnlichen und facettenreichen Charaktere der Lonelies und die so überaus patente Cara, aber auch die faszinierende Fremde Tinka, die mit ihrer exotischen Spezialausrüstung im Naturschutzgebiert campiert und eine besondere Beziehung zu Alina besitzt oder schließlich der seltsame Herr Mühstetter, der mit seinem Zylinder und Monokel etwas aus der Zeit gefallen zu sein scheint und für einige Gruseleffekte sorgte.
Mit vielen einfallsreichen Details gelingt es den Autorinnen mühelos, die ganz spezielle Atmosphäre im Internat zum Leben zu erwecken aber auch die toll beschriebenen Schauplätze der Insel wie beispielsweise das unheimliche Naturschutzgebiet mit seiner aggressiven Herde von Urwildrindern. Mit der zunehmend temporeich verlaufenden Handlung und immer neuen rätselhaften Entwicklungen wird schrittweise eine enorme Spannung aufgebaut, so dass ich der Auflösung richtig entgegen gefiebert habe. Die Geschichte endet mit einem äußerst fesselnden Finale voller Überraschungen und Dramatik, das in sich schlüssig war und mich mit keinen offenen Fragen zurückgelassen hat. Insgesamt haben die Autorinnen ein sehr passendes und zufriedenstellendes Ende für ihre tolle, gut durchdachte Story gefunden.
Neben ihrem sehr lebendigen, jugendsprachlich geprägten Schreibstil konnten die Autorinnen mich auch mit wundervoll bildreichen, poetischen Formulierungen überzeugen. Sehr gelungen sind auch die vielen amüsanten, humorvollen Passagen, die dem Roman eine besondere Würze verleihen und für beste Unterhaltung sorgen.
FAZIT
Ein äußerst fesselndes und einfallsreiches Jugendbuch, mit tollen Charakteren, witzig und locker-flockig geschrieben und insgesamt sehr unterhaltsam!
Sehr lesenswert!