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Veröffentlicht am 31.08.2018

Ein Manuskript, sie alle zu finden

Der Fall von Gondolin
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Lange bevor Bilbo den Einen Ring fand, noch lange bevor der Ring überhaupt geschmiedet wurde, standen sich im Norden Mittelerdes Morgoth, der Ursprung allen Bösen und Ulmo, der Herr der Wasser, gegenüber. ...

Lange bevor Bilbo den Einen Ring fand, noch lange bevor der Ring überhaupt geschmiedet wurde, standen sich im Norden Mittelerdes Morgoth, der Ursprung allen Bösen und Ulmo, der Herr der Wasser, gegenüber. Im Mittelpunkt ihrer Rivalität steht die geheime elbische Stadt Gondolin, die Morgoth zerstören, Ulmo jedoch beschützen und erhalten möchte. Dazu wählt er den Mensch Tuor aus und führt in nach Gondolin, um dessen Bewohner zu warnen. Gondolins König entscheidet sich jedoch dafür, die Warnung zu missachten. Als Morgoth durch Verrat schließlich die Lage der Stadt erfährt, nimmt der Fall von Gondolin seinen Lauf.

„Der Fall von Gondolin“ ist keine neue Geschichte. Wer Tolkiens Werke kennt, hat in „Das Silmarillion“, den „Nachrichten aus Mittelerde“ oder in „Das Buch der Verschollenen Geschichten – Teil 2“ mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit schon etwas vom Untergang Gondolins gelesen. Die jetzige Neuausgabe beschäftigt sich aber nicht nur mit der Geschichte selbst, sondern vor allem mit ihrer Entwicklung und Entstehungsgeschichte. Dazu gibt es Anmerkungen von J. R. R. Tolkiens Sohn Christopher Tolkien, in denen Entstehungsdaten rekonstruiert werden oder sich Anmerkungen zu bestimmten Textpassagen finden. Tolkiens Sohn und Nachlassverwalter gelingt es außerordentlich gut, Ordnung in die oft widersprüchlichen Notizen zu bringen und diese für den Leser nachvollziehbar zu machen. Nicht zu vergessen ist an dieser Stelle die Arbeit des Übersetzers Helmut W. Pesch, der für die deutsche Ausgabe zusätzlich 150 Verse im Stabreim zu übertragen hatte, was nun wirklich keine leichte Aufgabe, ihm aber äußerst treffend gelungen ist.

„Der Fall von Gondolin“ steht in einer Reihe mit „Die Kinder Húrins“ und Beren und Lúthien“, spielt es doch ebenfalls im Ersten Zeitalter von Mittelerde. Da „Der Fall von Gondolin“ keine neue Geschichte ist, eignet sich das Werk vor allem für Tolkien Fans, die sich näher und intensiver mit seinem Werk auseinandersetzen oder auseinandergesetzt haben. Geht man von der endgültigen, letzten Fassung der Geschichte aus, dann wird Gondolins Fall auf gerade einmal 64 von 352 Seiten erzählt. Zum Vergleich: Die erste Fassung umfasst 83 Seiten. Als Lesebuch eignet sich das Werk daher nur bedingt. Wer aber die Entstehungsgeschichte kennen lernen und gerne verschiedene Versionen vergleichen, vielleicht sogar akademisch damit arbeiten möchte, für den hält das Buch interessante Erkenntnisse und auch die eine oder andere Anekdote bereit. Zusätzlich wird der Text durch acht Farbtafeln und fünfzehn Illustrationen des Künstlers Alan Lee bereichert, der bereits zahlreiche Werke Tolkiens illustriert und auch an den Verfilmungen mitgewirkt hat.

Veröffentlicht am 20.08.2018

Für alle, die zu träumen wagen

Palace of Fire - Die Kämpferin
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Rea ist eine Magdalena, sie kann bei Hautkontakt die Gedanken anderer Menschen nicht hören, sondern diese auch manipulieren. In ihrem Heimatland England herrscht deswegen ein striktes Berührungsverbot, ...

Rea ist eine Magdalena, sie kann bei Hautkontakt die Gedanken anderer Menschen nicht hören, sondern diese auch manipulieren. In ihrem Heimatland England herrscht deswegen ein striktes Berührungsverbot, welches auch der Grund ist, warum Rea Handschuhe trägt, die sie nur für eigentlich verbotene Kämpfe auszieht. Als der Geheimdienst auf sie aufmerksam wird, beginnen die Ereignisse ihren Lauf zu nehmen. Sie wird als Leibwächterin von Kronprinz Robin eingestellt, es dauert jedoch gar nicht lange, bis die beiden deutlich mehr verbindet. Als herauskommt, dass Rea eine Magdalena ist, flieht sie nach Paris, wo deutlich liberalere Gesetze im Bezug auf Magdalenen gelten. Reas Traum von einem friedlichen Leben währt jedoch nicht lange, denn Ninon, Schwester des französischen Königs und Reas Freundin, bittet sie ebenfalls um Personenschutz. Als dann auch noch Robin auftaucht und um Ninons Hand anhält, ist das Chaos beinahe perfekt. Die Anwesenheit eines englischen Prinzen spaltet die Pariser Gesellschaft in Befürworter und Gegner der Berührungsfreiheit und auch am Hof gibt es sowohl für die eine als auch die andere Seite, Sympathisanten, die ihre eigenen Ränkespiele realisieren. Allen voran Madame Hiver, die Mätresse des Königs. Als Robin schließlich nicht Ninon, sondern Rea einen Heiratsantrag macht, wagt Rea an Robins Seite eine Rückkehr nach London, obwohl das Risiko, aufgrund ihrer Fähigkeiten verurteilt zu werden, eigentlich zu groß ist. Hinzu kommt ihr Pakt mit Madame Hiver, dessen Vereinbarung sie zu erfüllen hat. Als Robin schließlich verschwindet und für gesetzlos erklärt wird, spitzt die Situation sich zu.

Nachdem der erste Band Motive der Sage von König Arthur aufgegriffen hat und der zweite Teil Die drei Musketiere ins Spiel gebracht hat, steht diesmal Robin Hood Pate. Die Elemente der Sagen und Geschichten sind dabei zwar immer klar erkennbar, werden aber zu einer neuen spannenden Geschichte, die mit ihren literarischen Vorlagen letztendlich nur noch die Bezüge teilt. Palace of Glass, Palace of Silk und Palace of Fire haben genug an Hintergrund und eigener Handlung zu bieten. So ist die Welt von Rea, in der Berührungen verboten sind, schlüssig durchdacht. Sowohl was die Kleidung, die gesellschaftliche Ordnung, als auch das alltägliche Leben betrifft. Und wie überall, wo es Verbote gibt, gibt es ebenso Befürworter und Gegner dieses Verbots, wodurch die Palace-Saga einen politischen Aspekt bekommt, ohne dabei zu politisieren. Im Vordergrund steht Reas Geschichte. Ihr Verlangen nach Berührung und Freiheit, ihr Traum von einer Welt, in der Berührungen nicht verboten sind und ihr Kampf dafür und gegen ihre inneren Dämonen. Das ist mitunter düster und grausam, aber genau diese Eigenschaften lassen die Ereignisse real wirken. Und dann gibt es noch die Liebesgeschichte zwischen Rea und Robin, die wie, ein Gegenpol, allen Schrecken gegenübersteht. Und natürlich wünscht man den beiden, dass sie am Ende zusammenfinden. Weil sie sich lieben, weil sie sich gemeinsam für eine Sache einsetzen und weil sie sich schon so einigen Schwierigkeiten stellen mussten. Allerdings sind die Nebencharaktere auch nicht ohne, weshalb man für sie ebenfalls auf ein gutes Ende hofft und genauso wie bei den Hauptcharakteren mitleidet, wenn sie Rückschläge hinnehmen müssen.

Die Geschichte um Rea spielt nicht nur vor einem gut durchdachten Hintergrund, sondern ist auch tiefgründig. Keine Figur ist in irgendeiner Weise oberflächlich gestaltet, selbst Reas Widersacher haben ihre Motive. Ebenso wie die erzählte Welt ebenfalls einen Ursprung und eine Geschichte hat. Trotz der verschiedenen Figurenhintergründe entstehen keine Längen, vielmehr fügen sich diese Details zu einem Ganzen. C. E. Bernard hat die Palace-Saga auf Englisch verfasst, sodass sie auf Deutsch in der Übersetzung von Charlotte Lungstrass-Kapfer vorliegt. Die jedoch wunderbare Arbeit geleistet hat, die richtigen Worte für die richtigen Stellen zu finden. Der Erzählstil ist packend und macht es leicht in die Geschichte einzutauchen. Hinzu kommt, dass die Handlung selten vorhersehbar ist. Charaktere, die man bereits auf bestimmte Handlungsmuster festgelegt hatte, agieren auf einmal völlig anders als erwartet. Bei manchen Szenen muss man ganz schön schlucken, allerdings ist man zu gebannt, um mit dem Lesen aufzuhören oder zu überblättern. Darüber hinaus haben die Szenen absolut ihre Berechtigung, da es nicht um sie selbst, sondern um den Zustand der erzählten Welt geht.

Man muss die Sagen und Geschichten, die in die Handlung geflochten sind, nicht kennen, um die Palace-Saga zu verstehen. Wer sie hingegen kennt, der findet immer wieder kleinere und größere Details in der Handlung, die sich der Artussage, den drei Musketieren oder Robin Hood zuordnen lassen, was beim Lesen für den einen oder anderen Moment der Wiedererkennung sorgt. Der Schreibstil lädt dazu ein, die Geschichte flüssig weglesen zu wollen. Oberflächlich lesen lässt sich die Geschichte aber nicht. Dazu sind Figuren und Handlungen zu komplex, was aber bewirkt, dass man beim Lesen völlig in die Geschichte eintauchen kann. Als Strandlektüre eignet sich die Palace-Saga daher vielleicht nur bedingt, da man bei Ablenkung vielleicht das eine oder andere Detail überliest, zum immer wieder Lesen dagegen ziemlich gut, da einem beim erneuten Lesen sicherlich noch einige Details mehr auffallen, als bei der ersten Lektüre. Vor allem ist die Palace-Saga aber eine Geschichte für alle, die träumen. Von Gerechtigkeit, Gleichheit und Gemeinschaft. Und auch, wenn die französische Revolution schon einige Zeit zurück liegt, sind ihre Ideale, in Reas und in unserer Welt, in gewisser Weise immer noch aktuell.

Veröffentlicht am 20.08.2018

Mit Macht spielt man nicht

The Crown's Game
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Vika Andrejewa kann zaubern. Genauso wie Nikolai Karimov. Aber leider kann es immer nur einen Magier des Zaren geben. Also müssen beide zum „Spiel der Krone“ antreten, einem Wettkampf, bei dem beide ihre ...

Vika Andrejewa kann zaubern. Genauso wie Nikolai Karimov. Aber leider kann es immer nur einen Magier des Zaren geben. Also müssen beide zum „Spiel der Krone“ antreten, einem Wettkampf, bei dem beide ihre magische Fähigkeiten unter Beweis stellen müssen. Allerdings setzt ein Wettkampf bereits voraus, dass es einen Gewinner und einen Verlierer geben muss. Der Gewinner erhält jegliche verfügbare magische Macht, die gleichzeitig den Tod des Verlierers bedeutet. Die Erkenntnis, das der Wettkampf den Tod des jeweils anderen bedeutet, gefällt weder Vika noch Nikolai. Allerdings ist es da bereits zu spät, um aus dem Wettkampf auszusteigen.

„The Crown’s Game“ spielt in St. Petersburg im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts, in einer Welt, in der Magie möglich ist. Evelyn Skye versteht es, diese längst vergangene Zeit lebendig werden zu lassen und „ihr“ St. Petersburg dem Leser näher zu bringen. Obwohl der Verlag damit wirbt, dass es sich auch um eine Liebesgeschichte handelt, liegt der Fokus allerdings eindeutig auf dem magischen Wettkampf, den Unterschieden zwischen Vikas und Nikolais Zauberkünsten, sowie verschiedenen magischen Raffinessen, die sich die beiden einfallen lassen. Auf die Dreiecksgeschichte zwischen Nikolai, Vika und Pawel wird zwar immer wieder angespielt, allerdings wird sie nie ganz zu einem Ende geführt. Eine Tatsache, die in Anbetracht des politischen Aspekts der Handlung und der Frage, wie weit man für eine Sache gehen würde bzw. der offensichtlichen Abscheu Vikas und Nikolais einander zu töten, eher in den Hintergrund gerät. Zusätzlich werden die russische Gesellschaft und deren damalige Kultur thematisiert.

Die Darstellung der erzählten Welt ist Evelyn Skye hervorragend gelungen. Durch viele kleine Details lässt sie St. Petersburg zur Zeit des russischen Zarenreichs vor dem inneren Auge lebendig werden. Einzig eine Karte, auf der man die, im Roman erwähnten, Orte nachverfolgen kann, fehlt. Mit Beginn des Magierwettstreits lässt sich eigentlich ein mögliches Ende der Geschichte bereits erahnen, das tatsächliche Ende ist dann aber doch überraschend und lässt Luft für den bereits angekündigten Folgeband. Zugegeben, dadurch, dass die beiden Magier eher halbherzig darauf aus sind, sich gegenseitig zu töten, fehlt dem Wettkampf selbst etwas an Spannung und auch die Liebesgeschichte ist kein zentrales Thema. Stattdessen lässt sich „The Crown’s Game“ eher als fantastischer Gesellschaftsroman lesen und als solcher funktioniert die Geschichte einwandfrei.

Veröffentlicht am 20.08.2018

Ein Meer aus Erinnerungen

Das rote Adressbuch
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Hast du genug geliebt? Doris ist 96 Jahre alt. Ein Alter, in dem man durchaus schon mal auf sein Leben zurückblickt. Um ihrer Großnichte Jenny etwas zu hinterlassen, wenn sie einmal nicht mehr ist, beginnt ...

Hast du genug geliebt? Doris ist 96 Jahre alt. Ein Alter, in dem man durchaus schon mal auf sein Leben zurückblickt. Um ihrer Großnichte Jenny etwas zu hinterlassen, wenn sie einmal nicht mehr ist, beginnt sie anhand ihres roten Adressbuchs ihre Erinnerungen niederzuschreiben. Das Adressbuch wird dabei zum Reiseführer durch Doris Vergangenheit und lässt sie erneut Bekanntschaft mit verschiedensten Menschen machen, die ein Stück ihres Lebenswegs mit ihr geteilt und ihr Leben auf die unterschiedlichste Art und Weise geprägt haben. Und am Ende müssen Doris und auch Jenny erkennen, wie wichtig die Bedeutung der Liebe für das Leben ist.

„Das rote Adressbuch“ ist wie eine Novelle aufgebaut. Doris Lebensgeschichte wird vor dem Hintergrund ihrer gegenwärtigen Situation erzählt. Während die Kapitel, in denen von der Gegenwart erzählt wird, nummeriert sind und im Präsens verfasst sind, sind die Kapitel, die von Doris Vergangenheit handeln, mit Namen verschiedener Personen übertitelt und im Perfekt verfasst. Hinzu kommt ein Wechsel der Erzählperspektive zwischen den beiden Erzählebenen. Die Idee, Personennamen als Kapiteltitel zu nehmen, ist originell und macht deutlich, dass verschiedene Menschen tatsächlich so etwas wie Kapitel in der Lebensgeschichte sind. Manche Kapitel sind länger, manche kürzer und manchmal ist es nicht nur ein Kapitel, sondern ein durchgehendes Erzählmotiv. Inhaltlich hat der Roman ein paar kleine Schwächen, da einige von Doris Erlebnissen zu konstruiert wirken. Weil allerdings keine dieser Erinnerungen auf Effekte aus ist, sondern der Schwerpunkt auf der Darstellung liegt, ändert dies nichts an der Aussage, Wirkung und Qualität des Texts.

Sofia Lundbergs Roman ist stimmig durchkonzipiert. So, dass sich Aufbau des Textes und der Inhalt der Handlung ergänzen. Der rote Faden ist in diesem Fall das Adressbuch, welches Doris dabei hilft ihre Erinnerungen niederzuschreiben. Erinnerungen, die dazu anregen über Träume, sowie über genutzte und ungenutzte Gelegenheiten nachzudenken. Aber auch darüber hinaus stellt Sofia Lundberg in ihrem Roman dar, was es bedeutet zu lieben und wie wichtig Mitgefühl, Anerkennung und Toleranz nicht nur in der Liebe, sondern im Leben allgemein sind. „Das rote Adressbuch“ begleitet einen noch über das Lesen hinaus und regt dazu an, über Menschlichkeit und Mitgefühl nachzudenken. Eine berührende Geschichte über Erlebnisse, Bekanntschaften und darüber, was das Leben ausmacht.

Veröffentlicht am 19.08.2018

"Und lauf nicht vom Wege ab...”

Hazel Wood
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Alice Proserpine und ihre Mutter Ella bleiben nie lange an einem Ort. Fast so, als wären sie auf der Flucht. Und tatsächlich scheinen Pech und Verkettungen unglücklicher Ereignisse Mutter und Tochter zu ...

Alice Proserpine und ihre Mutter Ella bleiben nie lange an einem Ort. Fast so, als wären sie auf der Flucht. Und tatsächlich scheinen Pech und Verkettungen unglücklicher Ereignisse Mutter und Tochter zu verfolgen. Als Alice Großmutter Althea unerwartet stirbt beschließt Ella sesshaft zu werden und eine Zeitlang scheint das auch tatsächlich zu funktionieren, doch irgendwann kommt das Unglück zurück: Ella verschwindet. Alice bleibt zunächst ratlos und mit der Warnung sich von Hazel Wood fernzuhalten zurück. Ihr wird jedoch bald klar, dass sie wohl nur in Hazel Wood Antworten erhält.

Melissa Albert erschafft mit „Hazel Wood“ eine ganz eigene Märchenwelt. Das Kernelement bildet dabei das Märchenbuch „Geschichten aus dem Hinterland“, das Alice Großmutter Althea Proserpine vor vielen Jahren verfasst hat und das vielleicht doch nicht ganz so fiktiv ist, wie Alice sich das zu Beginn denkt. Alice selbst ist eine schwierige Protagonistin, mit der man als Leser auch nicht wirklich warm wird. Trotzdem übt ihre stachelige, schwer greifbare Art, die sie zur Anti-Heldin des Romans macht, eine starke Anziehung aus. Auch wenn die Geschichte aus Alices Perspektive erzählt wird, ist es für die Handlung nebensächlich, ob man sie sympathisch findet oder nicht. Melissa Albert stellt die Geschichten aus dem Hinterland und Hazel Wood selbst in den Vordergrund. Und passend zur Warnung und der Bezeichnung Hinterland findet sich hier eine eher düstere Stimmung, die durch das bedächtige und eindringliche Erzähltempo, sowie Alice schwierigen und teilweise recht wechselhaften Charakter zusätzlich verstärkt wird.

“Hazel Wood” ist eine Geschichte, auf die man sich einlassen muss, die dann aber aufgrund des Erzähltons, der Sprache und der bildhaften Beschreibung der Handlungsorte ziemlich schnell ihren Sog entwickelt. Ist man erst einmal in die Geschichte eingetaucht, entwickelt auch Alices schwierige Persönlichkeit ihren gewissen Reiz. Wer Märchen mag, der wird die eine oder andere Anspielung erkennen, wobei in “Hazel Wood” eine völlig eigene Geschichte erzählt wird. Wer allerdings eine Märchenwelt mit Happy End erwartet, wird sicherlich enttäuscht werden. Der Roman reiht sich eher bei den düsteren Erzählungen ein. Das allerdings so fesselnd, dass sich das Buch nur schwer beiseite legen lässt.